Jerry Cotton 3129 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3129 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Der republikanische Richter James Lord, ein ehemaliger Imperial Wizard der "White Knights of the Ku Klux Klan", kandidierte für das Amt des Gouverneurs in Georgia. Am Vorabend der Wahl wurde Lord auf einem brennenden Kreuz, Symbol des Ku-Klux-Klans, hingerichtet. Der Mann hatte dem Klan vor vielen Jahren abgeschworen und seitdem bei Gerichtsverfahren meist im Sinne der Farbigen geurteilt. Verdächtige gab es viele. Und schon bald gerieten Phil und ich bei unseren Ermittlungen mitten auf ein Minenfeld ...

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EPUB

Seitenzahl: 140

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Klan kennt keine Gnade

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: (Film) »Verraten«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4896-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Der Klan kennt keine Gnade

Das gigantische Holzkreuz war mit weißen Tüchern umwickelt, die mit Benzin getränkt waren. Die beiden Männer richteten es mühsam auf und ließen es in den Boden ein. Nachdem sie das Kreuz mit Keilen gesichert hatten, trat einer der Männer mit einer brennenden Fackel vor und entzündete den unteren Teil.

Das Feuer glitt das Kreuz hoch und tanzte schließlich über den schlaffen Körper von James Lord.

Das Feuer knisterte und knackte in der Dunkelheit, Hitze legte sich auf ihre Gesichter.

»Jemand hat mal über Lord gesagt, dass er als junger Mann in einer weißen Robe Schwarzen Angst gemacht hat und dann später als Richter in einer schwarzen Robe weißen Menschen. Das trifft es ziemlich gut«, sagte der eine Mann, ohne die Leiche aus den Augen zu lassen.

»Wie war euer Verhältnis?«, wollte der andere wissen.

»Wir sind uns aus dem Weg gegangen, wenn es möglich war. Aber gelegentlich sind wir uns zwangsläufig begegnet.«

»Zwangsläufig?«

»Zum Beispiel im Gerichtssaal«, sagte der Mann.

»Verstehe. Habt ihr miteinander gesprochen?«

»Nur wenn es unbedingt sein musste. Er war ein widerlicher Querulant und Egomane.«

»Und nun ist er tot«, stellte der andere fest.

»Ja. Und das hat er selbst zu verantworten. Ich hatte ihn gewarnt. Aber das hat ihn nur noch mehr angespornt.«

Die beiden Männer sahen, wie der gesamte Körper von James Lord inzwischen Feuer gefangen hatte. Seine Kleidung brannte lichterloh, und nachdem die Haare verbrannt waren, schien nun sein Gesicht in den Flammen aufzugehen.

»Wie viel mag er gewogen haben? Hundertneunzig Pfund?«

»Kommt ungefähr hin.«

»Ist doch erstaunlich. Da wiegt jemand hundertneunzig Pfund, und eine Stunde später ist nur noch ein Häufchen Asche von ihm übrig. Hast du noch Benzin?«

»Sicherlich. Wir wollen ja nicht, dass irgendetwas von ihm übrig bleibt.«

***

Ein junger Farbiger betrat die kleine Bühne und nickte den Musikern auf dem Podium zu. Der Pianist sagte einen Titel an. Der Farbige nahm das Mundstück seines Altsaxofons in den Mund, und nachdem der Pianist angezählt hatte, begann das Quartett einen Jazzstandard von Charlie Parker zu spielen.

An der Bar saßen vier Leute. Phil und ich waren zwei von ihnen.

»Kommt ihr öfter hierher?«, wollte Lea von mir wissen.

Auch ihre Freundin Amy blickte uns interessiert an.

»Genauso selten wie ihr«, entgegnete ich.

»Woher weißt du, dass wir selten hier sind?«, fragte Lea erstaunt.

»Ganz einfach: Wenn ihr häufiger hier wärt, wüsstet ihr, dass wir nie hier sind – weil ihr uns noch nie gesehen habt.«

»Bist du so eine Art Sherlock Holmes?«

Phil sah mich amüsiert an und wandte sich dann an die beiden jungen Frauen. »Darf ich meinen Freund vorstellen? Jerry Holmes.«

Die beiden kicherten.

»Und das ist Doktor Phil Watson«, entgegnete ich. »Mein treuer Freund und Wegbegleiter.«

Wieder kicherten die beiden Frauen.

Der junge Saxofonist setzte zu einem atemberaubenden Solo an, für das ich jedoch kein Ohr hatte. Mein Smartphone vibrierte, und auf dem Display sah ich, dass unser Chef versuchte, mich zu erreichen.

»Entschuldigt mich einen Moment!« Ich verließ die Bohemians Bar und nahm das Gespräch an.

»Jerry, gut, dass ich Sie erreiche. Störe ich Sie?«

»Nein, Sir.«

»Wo sind Sie, Jerry?«

»Wir sind in dem neuen Jazz Club in der New Street.«

»Da Sie ›wir‹ sagen: Ist Phil bei Ihnen?«

»So ist es. Was ist passiert, Sir?«

»Ich würde Sie bitten, ins Headquarter zu kommen. Ich habe einen Fall für Sie.«

***

Amy und Lea waren ziemlich enttäuscht, als ich ihnen mitteilen musste, dass der Abend bereits beendet war, bevor er richtig angefangen hatte. Auch Phil zeigte deutliche Anzeichen von Widerwillen, hatte er doch gerade die beiden Damen auf ein Getränk eingeladen.

»Das hätte eine schöne Nacht werden können, Jerry«, sagte Phil sichtlich genervt.

»Es spricht nichts dagegen, dass es noch eine schöne Nacht wird. Außerdem wirst du doch zumindest eine der beiden wiedersehen. Oder was bedeutet die Ziffernkombination auf deinem Handrücken?«

Phil grinste. »Die Ziffern sind der Schlüssel zu einem aufregenden Abenteuer. Ich kann Amy auch nach der Nummer von Lea fragen. Wie sie dich angeschaut hat, hätte sie bestimmt nichts dagegen, wenn du dich bei ihr meldest.«

»Mal sehen.«

»Was will Mister High von uns?«

»Es geht um einen Fall. Mehr hat er am Telefon nicht gesagt. Aber wenn er uns zu so später Stunde behelligt, dann wird es etwas Ernstes sein.«

Die Pennsylvania Avenue war um diese Uhrzeit fast unbefahren, und so steuerte ich nach wenigen Minuten meinen Jaguar in die Tiefgarage des FBI Headquarter.

***

Unser Chef, Assistant Director High, war wie immer tadellos gekleidet. Er empfing uns in seinem Büro mit einem kräftigen Händedruck und bat uns, Platz nehmen. Vor ihm lag eine Reihe von Fotos, die er uns zuschob. Die Fotos zeigten allesamt ein uns bekanntes Motiv: ein gigantisches brennendes Holzkreuz. Auf dem Kreuz befand sich ein Mensch, dessen ganzer Körper auf einigen Bildern vom Feuer erfasst worden war.

»Woher haben Sie die Fotos, Sir?«, fragte ich.

»Sie sind uns anonym per E-Mail zugeschickt worden. Ein Techniker ist gerade dabei und prüft, ob er den Verfasser ausfindig machen kann.«

»Mir ist nicht bekannt, dass der Klan Menschen an den Kreuzen verbrennt«, meinte ich.

»Das ist mir auch neu. Aber es handelt sich bei dem Opfer nicht um irgendeinen Menschen.«

»Das Gesicht kommt mir bekannt vor, aber ich kann es nicht zuordnen«, murmelte ich.

»Es ist Richter James Lord aus Georgia.«

»Der republikanische Kandidat für die Gouverneurswahlen?«

»So ist es, Jerry. Die Wahl wäre morgen gewesen und wurde bereits abgesagt.«

»Hatte der Richter denn keinen Personenschutz?«, wollte Phil wissen.

»Doch. Die beiden Kollegen vom FBI wurden betäubt.« Und an mich gewandt: »Was haben Sie, Jerry?«

»Ist es auszuschließen, dass die Bilder ein Fake sind?«

»Der Techniker hat seine Untersuchung noch nicht abgeschlossen, aber da die beiden FBI-Agents außer Gefecht gesetzt worden sind und James Lord verschwunden ist, müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen.«

»Gibt es ein Motiv, warum der Ku-Klux-Klan Lord verbrannt haben könnte?«

»Es gibt jede Menge Motive, Jerry. Lord war als junger Mann sehr aktiv bei den White Knights of the Ku-Klux-Klan, bevor er seine Frau kennenlernte und mit ihr eine Familie gründete.«

»Aber eine Familie zu gründen passt doch in das Familienbild des Klans«, wandte mein Partner ein.

»Das schon, Phil, aber nicht, wenn es sich um eine dunkelhäutige Frau handelt.«

Phil nickte. »Das ändert tatsächlich alles.«

»Soweit ich bislang in Erfahrung bringen konnte, lebt seine Frau nicht mehr. Allerdings studiert seine Tochter in Georgia. Die Kollegen von der State Patrol haben sie bereits über den Mord informiert.«

»Lord hatte doch sicherlich ein Büro. Wurden dort schon Hinweise sichergestellt, die auf ein Motiv schließen lassen?«, fragte ich.

»Sein Büro ist in Brand gesetzt worden«, sagte Mr High bedauernd. »Ich habe nur die kurze Info erhalten, dass dort nichts offensichtlich Verwertbares gefunden werden konnte.«

»Da hat jemand ganze Arbeit geleistet«, gab ich zu.

Phil runzelte die Stirn. »Und es ist gesichert, dass es sich bei den Mördern um den Ku-Klux-Klan handelt?«

»Die Symbolik macht zumindest den Anschein. Ob es wirklich so ist, sollen Sie beide in Atlanta herausfinden. Dorothy hat bereits alles in die Wege geleitet.«

Phil sah mich an. »Ich habe heute Nacht nichts mehr vor. Wie sieht es bei dir aus?«

Ich zuckte die Schultern. »Ich bin lange nicht mehr den Ford Stealth aus der Fahrbereitschaft gefahren.«

»Umso besser. Hier ist der Name des Lieutenant, der den Fall bearbeitet. Melden Sie sich bitte vorher bei ihm an! Gute Fahrt!«

***

Phil gähnte und summte Georgia on my mind.

Der Ford glitt durch die Nacht. Kurz nach sechs Uhr fuhr ich an eine Tankstelle. Das Diner direkt gegenüber machte gerade auf, und so entschieden wir uns, ein sehr frühes Frühstück einzunehmen: Ham and Eggs und schwarzen Kaffee.

Trotz der frühen Stunde war die ältere Dame in der Küche schon in Plauderstimmung.

»Wo kommt ihr beiden denn her? Und warum seht ihr aus wie zwei Agents vom FBI?«

Phil grinste. »Wir kommen aus Washington.«

»Ist nicht wahr! Seid ihr die Nacht durchgefahren?«

»So ist es, Ma’am.«

»Und habt ihr auch ’ne Antwort auf meine zweite Frage?«

»Haben wir auch, Ma’am.« Nun war ich an der Reihe. »Wir sehen nicht nur so aus wie Agents vom FBI, wenn Sie verstehen, was ich meine.«

Die alte Dame klatschte in die Hände und lachte aus tiefster Kehle. »Ich glaub’s nicht. Zwei echte FBI-Agents?«

»Inspektoren, wenn man es genau nimmt«, gab ich zurück.

»Und da nehme ich es ganz genau«, erwiderte die Dame grinsend und klatschte erneut in die Hände. Dann schichtete sie das Rührei auf zwei Teller und brachte es uns mitsamt dem Kaffee an den Tisch.

»Ich habe selten so hohen Besuch hier bei mir. Was habt ihr denn in East Point vor? Oder ist das streng vertraulich?«

»Absolut streng vertraulich«, erwiderte Phil in einem verschwörerischen Ton. »Meinst du, wir können es ihr sagen, Jerry?«

Ich nippte vorsichtig an meinem heißen Kaffee und nickte.

»Okay, Ma’am. Aber Sie dürfen es niemandem erzählen, haben Sie verstanden?«

Die Lady, auf deren Namensschild Tilda stand, nickte uns mit zusammengekniffenen Augen zu. Ihr ganzer Körper schien wie unter Spannung zu stehen und sich auf eine unmittelbar bevorstehende Entladung vorzubereiten.

Phil deutete ihr an, sich zu ihm herunterzubeugen. Sie folgte seiner Aufforderung.

»Wir haben gehört, dass hier in dem Laden die schönste Frau von East Point arbeitet«, flüsterte er, »und das wollten wir mal persönlich in Augenschein nehmen.«

Tilda begann wiehernd zu lachen, und auch Phil und ich konnten uns ein breites Grinsen nicht verkneifen.

»Ihr seid mir ja zwei Schätzchen«, sagte Tilda kopfschüttelnd und zog lachend in die Küche ab.

»Hast du die Akte dabei, die uns der Chef mitgegeben hat?«, fragte ich, als sie außer Hörweite war.

Phil zog eine hellbraune Mappe mit dem Emblem des FBI aus seiner Tasche und legte sie auf den Tisch. »Also, was haben wir da?« Er öffnete die Mappe, die zuoberst die Fotos vom Tatort enthielt.

»James Lord vermutlich, entweder bewusstlos oder bereits tot, als er verbrannt wurde«, stellte ich fest.

»Macht das einen Unterschied?«

»Ich denke schon. Jemanden bei vollem Bewusstsein zu verbrennen zeugt von noch mehr Hass, der hinter der Tat stehen könnte.«

Phil sah sich die Fotos noch einmal an. »Er könnte auch durch die Panik bewusstlos geworden sein.«

»Möglich wäre es.« Es war auf den Fotos nicht zu erkennen.

Ein leises Surren zeigte mir den Eingang einer Kurznachricht auf meinem Smartphone an.

Ich zog es aus der Tasche. Es war eine Nachricht von Dr. Mai-Lin Cha, unserer IT-Expertin von der FBI Academy in Quantico. Ich hatte ihr die Nummer des Kollegen von der State Patrol weitergeleitet, der sich mit der Auswertung der E-Mail mit den angehängten Fotos beschäftigte.

»Privat oder beruflich?«, wollte Phil wissen.

»Mai-Lin. Sie hat die IP-Adresse geprüft, über die die Fotos ans FBI gesandt worden sind. Die Fotos unterzieht sie noch einmal einer genaueren Analyse und meldet sich dann wieder. Die Mail wurde über einen Server in Togo verschickt, mehr kann sie noch nicht sagen.«

Phil zog die Augenbrauen hoch. »Togo?«

»Das deutet auf jeden Fall darauf hin, dass sich der Versender die Mühe gemacht hat, seine Identität zu verschleiern.«

»Du meinst, die Fotos stammen von einem Klan-Mitglied, von dem die anderen nicht wissen sollen, dass es die Fotos verschickt hat?«

»Du gehst von einer Hypothese aus, die wir erst noch überprüfen müssen.«

»Die da wäre?«

»Dass für die Tötung von Lord tatsächlich derKu-Klux-Klan verantwortlich ist.«

»Du meinst, jemand hat das Ganze inszeniert, um es dem Klan in die Schuhe zu schieben?«

»Wir können es zumindest nicht ausschließen, Phil.«

»Wenn wir aber erst mal davon ausgehen, dass der Klan dahintersteckt«, spekulierte er weiter, »und die erfahren, dass Fotos gemacht worden sind, dann wissen die doch, dass ein Verräter in ihren Reihen ist. Wer geht denn so ein Risiko ein? Und warum?«

»Der Klan könnte die Fotos auch geschickt haben. Nur stellt sich dann die Frage, warum sie die Bilder ausgerechnet dem FBI haben zukommen lassen und nicht der Presse.«

»Ziemlich viele offene Fragen, und wenn ich das Material so durchgehe, das in der Kürze der Zeit zusammengestellt worden ist, dann ergibt sich daraus auch kein Anhaltspunkt, der uns weiterbringen würde.«

»Wir sollten das Briefing des Lieutenant der State Patrol abwarten, bevor wir in verschiedene Richtungen weiterdenken. Hast du seinen Namen?«

Phil tippte auf seinem Handy rum. »Hier. Lieutenant Marcio Toledo.«

***

Auf der Interstate 285 wurde der Besucher der Stadt mit den Gesichtern von James Lord und Carl Lundquist vertraut gemacht. Wenn die Fotos des Gouverneurs von Georgia aktuell waren, dann war Amtsinhaber Lundquist ein Mann in den Vierzigern, mit blondem, streng gescheiteltem Haar, einem glattrasierten Gesicht und einem gewinnenden Lächeln. Sein Herausforderer James Lord wirkte staatsmännischer. Mit den kurzen grauen Haaren, dem kantigen Gesicht und der markanten Nase sah er resolut und selbstbewusst aus.

»Wen würdest du wählen? Ich meine, wenn du nur nach den Gesichtern gehen würdest«, wollte Phil von mir wissen.

»Schwer zu sagen. Und du?«

»Beide Fotos wirken gestellt. Und beide sehen nicht sonderlich sympathisch aus.«

»Müssen sie ja auch nicht. Hauptsache, sie machen gute Politik«, fand ich.

»Stimmt. Aber ob es gute Politik ist, liegt auch immer im Auge des Betrachters.«

»Schau mal da!« Phil deutete auf ein Schild am Straßenrand. Welcome to East Point. Where the good times roll.

»Na ja«, sagte ich schmunzelnd. »Ausnahmen bestätigen die Regel.«

***

Um kurz nach sieben hatten wir das Gebäude der State Patrol erreicht. Wir waren kaum ausgestiegen, da öffnete sich bereits die Tür des Police Department und ein Mann in beigefarbener Uniform kam auf uns zu.

»Sie müssen die FBI-Inspektoren aus Washington sein«, sagte er.

»So ist es«, entgegnete ich. »Das ist Inspektor Decker, ich bin Inspektor Cotton.«

»Lieutenant Toledo. Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.« Toledo schüttelte uns ausgiebig die Hand. Er war um die fünfzig Jahre alt und trug einen immensen Schnurrbart, dessen Enden weit über das Kinn hinausragten.

»Ich darf Sie auch im Namen von Lloyd Graham begrüßen, er ist der Leiter der State Patrol hier in East Point. Um zehn Uhr ist eine Pressekonferenz geplant, danach können wir uns dann alle zusammensetzen und den Fall besprechen.«

»Das hört sich gut an, Lieutenant. Aber wenn es möglich wäre, würden wir schon jetzt ganz gern mit Ihnen sprechen.«

»Natürlich, Inspektor Cotton. Gar kein Problem. Kommen Sie, wir gehen in den Besprechungsraum!«

Wir betraten das Police Department und wurden vom anwesenden Personal freundlich, aber auch ein wenig distanziert begrüßt. Wir hatten uns an die oftmals zurückhaltende Art von Cops gewöhnt, wenn wir auf der Bildfläche erschienen. Manche betrachteten uns wohl als Besserwisser, die aus Washington kamen, und meinten, wir würden ihre Arbeit nicht respektieren. Oftmals konnten wir diese Vorbehalte entkräften, manchmal aber auch nicht. Nichtsdestotrotz war es daher bei solchen Einsätzen auch immer wichtig, zu Beginn die Leute über unsere Aufgabe zu informieren. Wenn jemand damit nicht klarkam, dann war das nicht unser Problem. An die Spielregeln mussten sich jedoch alle halten.

Toledo führte uns in einen karg ausgestatteten Raum. »Nehmen Sie doch Platz! Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Kaffee?«

»Gern«, erwiderte ich. »Ich nehme einen Kaffee. Schwarz, bitte.«

»Den nehme ich auch«, sagte Phil.

»Cecile, bringst du uns bitte drei Kaffee? Zwei schwarz, einen mit Milch und Zucker.«

Toledo schloss die Tür. Nachdem wir uns gesetzt hatten, begann der Lieutenant mit seinem Bericht. »Sie können sich gar nicht vorstellen, was hier in den letzten Stunden los war. Heute sollte die Wahl stattfinden, und gestern Abend wird einer der Kandidaten tot aufgefunden …«

»Wie ist denn der Stand der Dinge, Lieutenant? Die Wahl kann wohl sicherlich nicht stattfinden.«

»Ganz so einfach ist es nicht, Inspektor Cotton. Ein Jurist prüft gerade, was zu tun ist. Es gibt nun zwar keinen Gegenkandidaten mehr, was allerdings nicht heißt, dass der Amtsinhaber nicht eine bestimmte Stimmenzahl auf sich vereinigen könnte, die dann prozentual ausreichend wäre, um ihn im Amt zu bestätigen.«

Ich runzelte die Stirn. »Aber das wäre ziemlich pietätlos, die Wahl nach dem Mord am Gegenkandidaten trotzdem abzuhalten.«

»Das wäre es wohl, aber möglicherweise spräche juristisch nichts dagegen, sagt der Rechtsexperte. Und der Wahlleiter will erst entscheiden, wie es weitergeht, wenn sich der Jurist abschließend zur Situation geäußert hat.«

»Haben Sie denn einen Verdacht, Lieutenant, wer James Lord getötet haben könnte?«

Toledo sah mich überrascht an. »Vieles ist in diesem Fall noch nicht klar, aber eines steht doch wohl fest: Der Ku-Klux-Klan hat Lord auf dem Gewissen. Haben Sie denn die Fotos nicht gesehen?«

»Doch, die Fotos kennen wir. Ein wichtiges Indiz. Aber ein Beweis ist das noch nicht.«

***