Jerry Cotton 3136 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3136 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Ein Informant verriet Phil und mir, wo sich Jaffar Al-Malik versteckte, der sich einer radikalen islamischen Sekte angeschlossen hatte und seit Jahren im Untergrund lebte. Doch bevor wir Al-Malik in die Finger bekamen, wurde er erschossen. Wir fanden heraus, dass der Mann Kontakt zu einem geheimen Netzwerk gehabt hatte, das einen Anschlag auf das TAT 14 plante, die wichtigste Datenverbindung zwischen den USA und Europa. Riss sie ab, würde die komplette Infrastruktur der Staaten und weiterer Länder zusammenbrechen. Die dramatischen Folgen: Wirtschaftskrise, massive Versorgungsengpässe und der Verlust von Millionen Arbeitsplätzen - Nährboden für die schlimmsten Verbrechen!

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EPUB

Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Abgeschnitten

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: (Film) »Source Code«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5058-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Abgeschnitten

Es war eine ganze Weile her, dass ich das letzte Mal im Central Park von New York gewesen war. Und die Tatsache, dass ich an diesem sonnigen, aber kühlen Tag auf einer Bank im Heckscher Playground saß, hatte rein gar nichts mit einem Freizeitvergnügen zu tun, auch wenn es nach außen vielleicht so wirken mochte.

Ich wollte mich mit Jack Ahmadi treffen, einem Informanten aus der Szene der islamistischen Terror-Gefährder. Erwartet hatte ich einen dunkelhaarigen Mann mit braunen Augen. Der Mann, der sich neben mich auf die Parkbank setzte, war allerdings blond, ziemlich blass und hatte blaue Augen.

»Sehen Sie mich nicht direkt an, Inspektor Cotton!«, sagte der Blonde. »Hören Sie mir genau zu! Ich werde nichts von dem, was ich Ihnen jetzt sage, wiederholen. Es steht ein Schlag gegen ein für die nationale Sicherheit der USA relevantes Top-Ziel bevor. Und ich gebe Ihnen die einmalige Chance, diesen Anschlag zu verhindern. Vorausgesetzt, meine Bedingungen werden erfüllt.«

Eines musste man meinem Gesprächspartner wirklich lassen: Er verstand es, sein Anliegen wirkungsvoll auf den Punkt zu bringen.

»Sind Sie wirklich Jack Ahmadi?«, fragte ich.

»Wieso?«

»Sie sehen nicht wie Jack Ahmadi aus.«

»Ich nehme Ihre Bemerkung als Kompliment«, erwiderte der Blonde.

»Für Ihren Maskenbildner?«

»Meine Devise ist: Die wirklich wichtigen Dinge sollte man immer selbst erledigen.«

»Und sein Aussehen zu verändern gehört dazu?«

»Das ist leider manchmal notwendig, Inspektor Cotton. Ich lebe nämlich zu gerne, um mir in dieser Hinsicht irgendeine Nachlässigkeit zu erlauben.«

»Um welches für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten wichtige Top-Ziel geht es bei dem geplanten Anschlag?«, wollte ich wissen.

»Diese Frage kann ich Ihnen noch nicht beantworten. Aber gehen Sie davon aus, dass es sich tatsächlich um ein Top-Ziel handelt und das Gelingen dieser Aktion für dieses Land, seine Regierung und jeden einzelnen Bürger nachhaltige Konsequenzen haben würde.«

»Und deswegen bin ich extra nach New York gekommen, um mir derartig vage Aussagen anzuhören?«, fragte ich etwas irritiert.

Ahmadi griff in die Innentasche seiner Jacke und setzte eine Sonnenbrille auf. Nachdem ich etwas mit ihm geredet hatte, konnte ich mir zumindest vorstellen, dass wirklich Ahmadi neben mir saß.

»Ich nehme an, Sie kennen den Namen Jaffar Al-Malik.«

»Der steht in der Liste untergetauchter terroristischer Top-Gefährder ganz oben«, gab ich zurück. »Er wurde als amerikanischer Staatsbürger unter dem Namen George Hickory geboren und ist später zum Islam konvertiert. Was genau zu seiner Radikalisierung geführt hat und dazu, dass er sich terroristischen Gruppierungen angeschlossen hat, ist uns bis heute ein Rätsel.«

Ahmadi lächelte kühl. »Konvertiten neigen öfter mal zu einem besonderen Glaubenseifer«, stellte er fest. »Sie wissen, dass Al-Malik eine tickende Zeitbombe ist.«

»Er hat drei Soldaten bei dem Versuch getötet, Sprengstoff aus einem Army-Depot zu stehlen«, sagte ich nickend.

»Ich liefere Ihnen den Kerl frei Haus. Sie brauchen ihn nur noch einzusacken. Und außerdem bekommen Sie die Leute, mit denen er im Augenblick sein großes Ding plant.«

»Okay.«

»Ich gebe Ihnen eine Liste der beteiligten Personen, ihren Treffpunkt – und ich werde Ihnen auch verraten, welches Ziel sie haben. Na, ist das nichts?«

»Wenn es nicht nur Gerede ist, dann würde uns das tatsächlich weiterhelfen«, gab ich zu.

»Die Liste haben Sie schon auf Ihrem Smartphone.«

»Wie kommen Sie an die Nummer?«, fragte ich.

»Sie erwarten nicht im Ernst eine Antwort darauf, oder?«

»Nein, eigentlich nicht.«

»Meine Bedingungen kennen Sie ja, Inspektor Cotton.«

»So viel kann ich Ihnen dazu schon jetzt sagen: Sie können Immunität nur für Verbrechen erhalten, die mit diesem Ermittlungskomplex zu tun haben. Sollten Sie noch irgendwelche anderen Leichen im Keller haben …«

»Ach, Inspektor … Wer hat das nicht? Noch andere Leichen im Keller … Wie Sie das sagen, klingt das sehr hässlich.«

»Es ist möglicherweise hässlich.«

»Was ich will, ist in Anbetracht meiner Gegenleistung alles andere als unverschämt«, erklärte der Blonde und schob sich die Sonnenbrille wieder ein Stück die Nase hoch. »Ich will doch nichts weiter als ein Leben, bei dem ich nicht Gefahr laufe, jederzeit erschossen zu werden.«

»Und was ist mit Ihrem Glauben? Sie haben die radikalen Ansichten dieser Leute doch schließlich mal geteilt.«

»Das ist vorbei, Inspektor Cotton. Ich weiß inzwischen, dass es nur hohle Phrasen sind, die nichts bedeuten. Aber ich erzähle Ihnen sicher nichts Neues, wenn ich Ihnen sage, dass man aus dieser Szene nicht so einfach aussteigt, als würde man keine Lust mehr haben, seinen Beitrag im Bowling Club zu bezahlen. Für die werde ich in Zukunft ein Verräter sein. Jemand, der den Tod verdient hat. Sagen Sie mir einfach Bescheid, ob mein Angebot akzeptiert wird. Dann werde ich liefern.«

»Wie kann ich Sie erreichen?«, wollte ich wissen.

Ahmadi verzog das Gesicht. Er hatte eine Narbe an der Lippe. Vorher war sie kaum zu sehen gewesen. Vom Schminken schien er wirklich etwas zu verstehen. Aber jetzt hatte die unwillkürliche Bewegung seiner Mundwinkel die Narbe für einen Moment sichtbar gemacht, denn die betreffende Stelle bewegte sich anders. Immerhin war spätestens jetzt der letzte Zweifel ausgeräumt, dass es sich bei meinem Gesprächspartner tatsächlich um Jack Ahmadi handelte, denn diese Narbe gehörte zu den unveränderbaren Merkmalen, die in unseren Datensätzen verzeichnet waren.

Aber was bedeutete schon der Begriff »unveränderbar« in diesem Zusammenhang?

»Sie können mich gar nicht erreichen«, erwiderte Ahmadi.

»Ach, ja?«

»Ich erreiche Sie, Inspektor Cotton. Regeln Sie bis dahin alles, was es zu regeln gibt.«

»Ich werde sehen, was ich tun kann«, versprach ich.

Ahmadi erhob sich von der Bank. Er sah sich um. »Immerhin rechne ich es Ihnen hoch an, dass Sie wirklich allein gekommen sind«, meinte er. »Ich hatte eigentlich erwartet, dass Sie mich in diesem Punkt hintergehen.«

Ich lächelte. »Sie kennen mich eben nicht.«

»Doch, ich kenne Sie. Ich weiß, dass Sie viele Jahre in New York im Dienst waren. Ich weiß, dass Sie eine Wohnung in der Upper Westside hatten und einen Jaguar fahren … Farbe: rot. Ja, ich pflege mich über Leute zu informieren, mit denen ich spreche. Sollten Sie auch tun. Vor allem dann, wenn so viel davon abhängt.«

Er drehte sich nicht noch einmal zu mir um, sondern ging einfach davon, wich einem Jungen auf einem Skateboard aus und verschwand wenig später in einer Gruppe Passanten.

Ich sah auf die Uhr.

Wenn ich mich ranhielt, schaffte ich den nächsten Linienflug nach Washington.

***

Mr High beendete das Telefongespräch und sah in die Runde.

»Das war gerade der für den Fall zuständige Bundesanwalt«, sagte unser Vorgesetzter mit ernstem Gesicht. »Juristisch ist die Sache geregelt. Jack Ahmadi bekommt, was er verlangt.«

»Vorausgesetzt, er liefert auch«, meinte mein Kollege Phil.

Mr High nickte. »Natürlich. Ahmadi bekommt Immunität und ein neues Leben im Rahmen des Zeugenschutzprogramms. Aber es sollte niemand glauben, dass das ein Privileg ist. Er wird bis ans Ende seiner Tage nicht wissen, ob nicht einer seiner radikalen Glaubensbrüder mit einer Kalaschnikow vor der Tür steht, jedes Mal wenn es klingelt.«

Außer Phil und mir war ausnahmsweise auch Dr. Mai-Lin Cha bei diesem Meeting anwesend. Sie war Teil des Scientific-Research-Teams in Quantico, auf dessen Dienste Phil und ich zurückgreifen konnten.

Die Mathematikerin und IT-Spezialistin hatte sich insbesondere darum gekümmert, herauszufinden, was Jack Ahmadi in den letzten Jahren getrieben hatte. Und das Erstaunliche war: Sie hatte bislang buchstäblich nichts finden können. Das kam äußerst selten vor. Anscheinend hatte es Ahmadi in den letzten Jahren geschafft, sich datentechnisch so gut wie unsichtbar zu machen und nirgends Spuren zu hinterlassen. Aber seit ich gesehen hatte, wie perfekt er sein Äußeres zu verändern wusste, überraschte es mich eigentlich kaum noch, dass er auch in anderer Hinsicht ein Meister der Tarnung war.

»Tatsache ist, dass es uns kaum gelingen dürfte, Al-Malik oder einen der anderen, die uns Ahmadi angeblich auf dem Silbertablett präsentiert, zu fassen, bevor sie ihren großen Coup landen«, sagte Mai-Lin. »Zumindest schaffen wir das auf gar keinen Fall ohne Ahmadis großzügige Hilfe.«

»Gibt es irgendwelche konkreten Anhaltspunkte dafür, dass diese Gruppe um Al-Malik tatsächlich einen Anschlag auf ein für die nationale Sicherheit relevantes Top-Ziel plant?«, fragte Mr High.

»Die gibt es durchaus«, erklärte Mai-Lin. »Ich konnte durch eine mathematische Auswertung von Netz-Transaktionen nachweisen, dass es in den letzten Monaten hier in den USA mutmaßlich zu einem Handel mit typischen Sprengstoffen gekommen ist.«

»Sprengstoff kann man aus handelsüblichen Zutaten herstellen, die man in jedem Baumarkt kaufen kann«, sagte Mr High.

»Das hat mir mein geschätzter Kollege FGF auch klargemacht«, gab Mai-Lin unbeirrt zurück. Mit ›FGF‹ meinte sie Dr. Frederik George Fortesque, den Naturwissenschaftler des SRT. »Solche Sprengstoffe reichen aus, um irgendwo einen großen Schaden anzurichten und viele Menschen zu verletzen. Sie können damit eine Subway zum Entgleisen bringen oder ein parkendes Fahrzeug in einer belebten Einkaufsstraße in die Luft jagen und damit maximalen Schrecken verbreiten.«

»Darum geht es Terroristen in der Regel«, sagte Mr High.

»Aber in diesem Fall scheinen sich die Täter höhere Ziele gesteckt zu haben.«

»Wie darf ich das verstehen, Doktor Cha?«

»Die Sprengstoffe, um die es geht, werden zu militärischen Zwecken oder im Bergbau verwendet. Oder man benutzt sie für gezielte Sprengungen von Gebäuden. Solche Stoffe werden über das Darknet gehandelt. Sie finden natürlich auf die Schnelle kaum heraus, wer da an wen verkauft hat. Aber mit geeigneten Algorithmen und Filtern können Sie durchaus herausfinden, ob überhaupt irgendjemand im Moment so etwas ankauft. Und das ist in den letzten Monaten der Fall gewesen.«

»Mit anderen Worten: Es sind Profis, keine Amateure, die nur von ihrem fanatischen Glauben beseelt sind«, schloss Phil.

»Nicht unbedingt«, widersprach Mai-Lin und wandte den Blick in Phils Richtung. Ihr Gesichtsausdruck wirkte unbewegt und fast ausdruckslos. »Es stimmt, dass es in letzter Zeit der Strategie islamistischer Terrorgruppen entsprach, mit wenig Aufwand Anschläge durchzuführen, bei denen auf Seiten der Attentäter keine oder nur geringe Vorkenntnisse erforderlich sind. Eine Splitterbombe während eines Marathonlaufs oder in einer Diskothek, ein Lastwagen, der in eine Menschenmenge rast, und so weiter.«

Ich nickte.

»Aber wir müssen auch mit Tätern rechnen«, fuhr Mai-Lin fort, »die über militärische und chemische Kenntnisse und über ein beträchtliches technisches Wissen verfügen. Manche von ihnen sind vielleicht im Ausland ausgebildet worden oder haben nach ihrer Radikalisierung gezielt in Berufen gearbeitet, in denen sie relevante Kenntnisse erwerben konnten.«

»Stelle ich mir nicht ganz einfach vor, als jemand, der untergetaucht ist und unter falscher Identität lebt, bei der Army oder in einer Polizeieinheit als Sprengstoffspezialist unterzukommen«, meinte ich.

»Eher schon im Bergbau oder in der chemischen Industrie«, erwiderte die Chinesin. »Da sind die Sicherheitshürden nicht so groß. Auch private Sicherheitsfirmen sind denkbar. Im Moment konzentriere ich mich allerdings auf Personen mit Gefährder-Potenzial, die möglicherweise im Ausland eine Ausbildung in einem Trainingscamp irgendeiner radikalen Miliz durchlaufen haben. Wenn es da Übereinstimmungen mit der Liste von Personen geben sollte, die uns Jack Ahmadi gegeben hat, sind wir einen Schritt weiter.«

»Um was für ein sicherheitsrelevantes Top-Ziel könnte es sich handeln?«, fragte Mr High.

»Ahmadi wollte uns dazu noch Näheres mitteilen, vorausgesetzt, wir erfüllen ihm seine Wünsche«, sagte ich.

»Was ja nun wohl der Fall sein dürfte«, ergänzte Phil.

»Aber wir müssen uns trotzdem unsere eigenen Gedanken machen«, meinte Mr High.

»FGF hat dazu eine Liste zusammengestellt«, sagte Mai-Lin. »Aufgrund der unspezifischen Angaben, die wir bis jetzt haben, ist sie ziemlich lang.«

»Ich nehme an, vom Pentagon bis zum Weißen Haus steht so ziemlich alles darauf, was irgendeine Bedeutung für die Sicherheit unseres Landes hat«, mutmaßte ich.

»FGF vermutet eher, dass das Ziel nicht der ersten Kategorie angehört, die so stark gesichert ist, dass für die Attentäter kaum eine Chance besteht, ihr Vorhaben auch in die Tat umzusetzen. Aber es gibt durchaus Ziele der zweiten Kategorie, auf die ein fachkundig durchgeführter Angriff verheerende Auswirkungen haben könnte. Staudämme, Atomkraftwerke, Internetknotenpunkte, sensible Energieversorgungseinrichtungen und so weiter.«

»Mit anderen Worten, es sind so viele mögliche Ziele, dass wir ohne etwas Hilfe von Mister Ahmadi keine Chance haben, den Anschlag zu verhindern«, stellte ich fest.

»Die Sicherheitsmaßnahmen wurden überall verstärkt, die Terrorwarnstufe erhöht«, erklärte Mr High. »Aber im Prinzip haben Sie recht, Jerry.«

»Kein Wunder, dass Ahmadi vergleichsweise leichtes Spiel mit dem zuständigen Bundesanwalt hatte«, sagte Phil. »Ich würde die Verantwortung dafür, dass ein Anschlag vielleicht nicht verhindert werden konnte, nur weil man einem Aussteiger aus der Terrorszene nicht etwas entgegenkommen wollte, auch nicht gerne übernehmen wollen.«

***

Im Augenblick blieb uns nichts anderes übrig als abzuwarten. Mr High sorgte unterdessen dafür, dass organisatorisch für alle Eventualitäten vorgesorgt war. Wenn uns der Aufenthaltsort von Al-Malik und seiner Gruppe bekannt war, mussten wir schnell zuschlagen. Eine zweite Chance würden wir vermutlich nicht bekommen, und ein fanatischer Terrorist, der uns bei dieser Operation durch die Lappen ging, wurde vielleicht zu einem völlig unberechenbaren Amokläufer, dem es nur noch darum ging, möglichst viel Schaden anzurichten.

Phil und ich waren in meinem Büro und damit beschäftigt, abzugleichen, was wir bisher über die auf Ahmadis Liste verzeichneten Personen wussten. Es waren alles gesuchte Gefährder, hinter denen das FBI seit langem her war – Leute, die sich erst radikalisiert hatten und dann untergetaucht waren. Und entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil waren sie alle Inhaber US-amerikanischer Pässe. Kein einziger Ausländer war unter ihnen.

»Weißt du, was mir Kopfzerbrechen bereitet, Phil?«

»Was?«, fragte ich.

»Dieser Jack Ahmadi.«

»Raus damit: Was geht dir durch den Kopf, Jerry?«

Ich zuckte die Schultern. »Ich meine, wenn schon unsere geschätzte Kollegin Mai-Lin nicht in der Lage war, ihn aufzuspüren, wieso braucht der dann unser Zeugenschutzprogramm? Der ist doch sehr gut in der Lage, sich selbst zu schützen und vor seinen Feinden verborgen zu halten, würde ich sagen.«

»Vielleicht überschätzt du ihn, Jerry.«

»So?«

»Ich weiß nicht, warum, aber er scheint dich bei eurem Treffen in New York ziemlich beeindruckt zu haben. Sein Äußeres zu ändern heißt doch nicht, dass man sich dauerhaft vor den Leuten versteckt halten kann, mit denen es Ahmadi in Zukunft mutmaßlich zu tun haben wird.«

Ich atmete tief durch. »Vielleicht hast du recht, aber …«

»Du traust dem Kerl aus irgendeinem Grund nicht über den Weg, oder?«

»Das ist vielleicht zu viel gesagt, Phil. Aber ich habe mir trotzdem mal seinen Lebenslauf angesehen, beziehungsweise das, was wir darüber wissen. Und das ist schillernd genug.«

»Sicher.«

»Er wurde als Reza Darya in Afghanistan geboren. Später wurde er vom CIA angeworben und arbeitete für unsere Regierung. Auf diese Weise kam er in die Staaten, wurde als US-Bürger unter dem Namen Jack Ahmadi eingebürgert. Er hat eine Reihe von Orden an seiner Brust …«

»… was ihn nicht daran gehindert hat, sich einer radikalen islamistischen Gruppierung anzuschließen und sich von einem extremistischen Moschee-Prediger in Philadelphia das Hirn aus dem Kopf reden zu lassen!«, unterbrach mich Phil. »Ich habe mir Ahmadis Lebenslauf auch angesehen und sogar mit seinem Führungsoffizier bei der CIA telefoniert. Als er angeworben wurde, hatte er gute Kontakte zu den Taliban, dann wurde aus ihm ein vorbildlicher CIA-Agent im Dienst der USA, nur um anschließend plötzlich seinen angeblich wahren Glauben zu entdecken und in der islamistischen Szene abzutauchen.«

»Und jetzt dreht er sich erneut um hundertachtzig Grad, Phil. Genau das meine ich!«

»Niemand mag Verräter, Jerry. Aber sie sind nützlich. Und wenn sie einem helfen, Menschenleben zu retten, dann ist es mir auch gleichgültig, aus welchen Beweggründen sie handeln.«

»Okay, eins zu null für dich, Phil. Trotzdem, mir kommt es so vor, als wäre da was faul.«

»Manchmal ist der Grund, weshalb jemand in dem ein oder anderen Fall die Seiten wechselt, ganz simpel und hat weder etwas mit irgendeinem Glauben, einer Ideologie noch mit der Politik zu tun.«

»Und was soll das nun heißen?«, fragte ich.