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Bei einer Explosion starben in Los Angeles mehrere Menschen. Die Öffentlichkeit glaubte an einen Terroranschlag. Doch unter den Toten befanden sich auch die Agents Vince Stewart und Doris Finley. Sie hatten einem FBI-Team angehört, das in Kalifornien und in Oregon einen großangelegten Schlag gegen die dortigen Sektionen der Yakuza plante. Da die Operation unter größter Geheimhaltung stattfand, kam unweigerlich der Verdacht auf einen Verrat in den eigenen Reihen auf ...
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Seitenzahl: 136
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Ein Inspektor auf Abwegen
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: (Film) »American Yakuza«/ddp-images
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-5152-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Ein Inspektor auf Abwegen
Als Agent Vince Stewart in den Dienstwagen stieg, hatte er nur noch drei Minuten zu leben. Er reichte einen der beiden Kaffeebecher an seine Partnerin Doris Finley weiter.
»Danke, Vic. Ich frage mich, ob Beschattungen immer so langweilig sind. Es kommt mir vor, als wäre der Verdächtige schon eine halbe Ewigkeit bei der Massage.«
Agent Stewart grinste. »Ich wette, dass der Massagesalon nur der Tarnung dient.«
Agent Finley hatte nicht zugehört. Sie schaute zu einem Buick hinüber, der an der Ecke Garfield Avenue parkte.
»Was ist los, Doris?«, fragte Stewart.
»Wir sollten das Kennzeichen dieses Fahrzeugs überprüfen. Diese Typen kommen mir verdächtig vor, weil …«
Der Satz blieb unvollendet, da in diesem Moment eine gewaltige Explosion die beiden FBI-Agents sowie sechs weitere Menschen tötete.
Phil und ich waren in schlechter Stimmung, als der Jet mit dem Landeanflug auf den Los Angeles International Airport begann. Und das lag nicht an dem Häusermeer, das sich von der Pazifikküste bis zu den Gebirgsausläufern erstreckte.
Mr High hatte uns in die kalifornische Metropole geschickt, weil wir einen undurchsichtigen Fall aufklären sollten. Es hatte eine Bombenexplosion gegeben, und neben sechs zivilen Opfern waren auch zwei junge Agents des hiesigen Field Office ums Leben gekommen.
Obwohl inzwischen ein Bekennerschreiben aufgetaucht war, bestand der Verdacht auf einen Verrat in den eigenen Reihen. Phil und ich hatten die Aufgabe, diese Möglichkeit vorbehaltlos zu untersuchen.
Nach der Landung und dem Security Check wurden wir von einem jungen weiblichen Agent erwartet. Vanessa Bloom hatte rotes Haar und trug einen grauen Hosenanzug. Ihr Gesichtsausdruck war so ernst, als ob sie auf einer Beerdigung wäre.
Ich stellte Phil und mich vor, dann fragte ich: »Haben Sie mit den getöteten Kollegen direkt zusammengearbeitet, Agent Bloom?«
Sie nickte. »Doris Finley war meine Freundin. Wir haben gemeinsam die Ausbildung in Quantico absolviert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand aus unseren Reihen sie und Vince Stewart auf dem Gewissen hat.«
»Das wünscht sich niemand von uns«, stellte ich fest. »Deshalb ist es wichtig, dass Inspektor Decker und ich so schnell wie möglich die Wahrheit ans Licht bringen.«
Während wir mit der jungen Kollegin sprachen, gingen wir zum Parkplatz. Die Sonne knallte vom Himmel, es war hier an der Westküste weitaus wärmer als im verregneten Washington. Agent Bloom setzte sich ans Steuer eines Chevrolet Tahoe.
»Das Bekennerschreiben stammt von einer Gruppe, die sich Axt der Rache nennt«, berichtete Vanessa Bloom. »Der Brief ist allerdings schon auf dem Weg nach Quantico, um dort analysiert zu werden. Man vertraut uns hier in L.A. ja nicht mehr.« Die junge Kollegin schnaubte ironisch.
Phil zog die Augenbrauen zusammen. »Sie kennen die Vorschriften, Agent Bloom. Es ist für uns kein Vergnügen, Kollegen verdächtigen zu müssen. Wir sind hierhergekommen, damit die Opfer nicht ungesühnt bleiben.«
Bloom atmete tief durch, hüllte sich ansonsten aber in Schweigen. Ich konnte verstehen, dass sie aufgebracht war. Aber in unserem Job muss man seine Gefühle zurückstellen, um die Aufgaben erfüllen zu können. Je eher sie das lernte, desto besser war es für sie.
Von der Axt der Rache hatte ich noch nie zuvor gehört. Ob es sich um die erste Straftat dieser Gruppe handelte? Wir konnten auch nicht ausschließen, dass ein Einzeltäter den Verdacht in eine falsche Richtung lenken wollte. Die Beschaffenheit der Bombe sowie die verwendeten Zutaten bei einem selbst gebauten Sprengsatz waren für unsere Experten wahre Fundgruben, um den Täterkreis besser eingrenzen und Muster erkennen zu können.
Das FBI Field Office befand sich am Wilshire Boulevard, in einem der schönsten Teile dieser widersprüchlichen Metropole Los Angeles. Dort wurden wir bereits von SAC Calvin Archer erwartet. Er war ein stämmiger Farbiger Mitte fünfzig, der uns durch die Gläser seiner Hornbrille forschend anschaute.
»Es ist gut, dass Sie so schnell kommen konnten«, sagte er, nachdem wir uns vorgestellt und in seinem Büro Platz genommen hatten. Nachdem er uns Kaffee hatte bringen lassen, fuhr er fort: »Jedes Todesopfer ist eines zu viel, ob es sich nun um Unbeteiligte oder um Agents handelt. Aber ich fürchte, dass dieses Attentat unsere monatelangen verdeckten Ermittlungen zunichtegemacht hat.«
»Bringen Sie uns bitte auf den neuesten Stand!«, forderte ich Archer auf. »Wir haben in Washington bisher nur erfahren, dass Sie schwerpunktmäßig gegen die Yakuza ermitteln. Einzelheiten kennen wir noch nicht.«
Der SAC nickte und senkte seinen Blick auf die Papiere in seinem Schnellhefter. »Die Operation unterliegt strengster Geheimhaltung, Inspektor Cotton. Es geht um verstärkte Aktivitäten der Itabashi-Gang, und zwar nicht nur in Kalifornien, sondern auch in Oregon und New Mexico.«
»Die Itabashi-Gang kontrollierte früher in mehreren Städten Floridas das Glücksspiel- und Prostitutionsgeschäft, wenn ich mich richtig erinnere«, warf Phil ein.
Archer nickte. »Die Keimzelle dieser Yakuza-Organisation befindet sich in dem Tokioter Stadtteil Itabashi, daher der Name. Vor dreißig Jahren hatten die Gangster nur Teile ihrer Heimatstadt in ihrer Gewalt. Dann wurden sie durch eine noch mächtigere Yakuza-Gruppe verdrängt und wichen für ihre miesen Machenschaften nach Florida aus.«
»Ich verstehe«, sagte ich nickend.
»In Japan ist die Gang gar nicht mehr aktiv. Es hat vor kurzem einen Generationswechsel bei der Itabashi-Gang gegeben. Jetzt hält ein gewisser Jiro Yoshida die Zügel in der Hand. Er ist hochintelligent, gebildet und völlig skrupellos. Yoshida ist meiner Meinung nach weitaus gefährlicher als sein Vorgänger. Ihn sollten meine Leute beschatten, bevor ihr Leben in Erfüllung ihrer Pflicht ausgelöscht wurde.«
Den letzten Satz presste der SAC zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Es war Archer anzumerken, dass auch ihn der Tod von Doris Finley, Vince Stewart sowie der übrigen Opfer nicht kalt ließ. Aber da er über viel mehr Diensterfahrung verfügte als Vanessa Bloom, hatte er seine Gefühle besser im Griff.
»Jiro Yoshida leitet also die Yakuza-Aktivitäten hier an der Westküste?«, vergewisserte ich mich.
»Ja, Inspektor Cotton. Yoshida hat in Harvard studiert, er ist nach außen hin ein seriöser Investmentberater mit blütenweißer Weste. Und ich kann mir sogar vorstellen, dass er selbst noch nie einen Mord begangen hat. Dafür sind seine Schergen zuständig, an deren Händen Blut klebt. Ich muss nicht betonen, dass er selbst ein perfektes Alibi für die Tatzeit hat. Als die Bombe hochging, ließ er sich in dem Massagesalon Nippon Flowers durchkneten.«
Phil machte sich eine Notiz.
»Sprechen wir von einem seriösen Institut oder von einem getarnten Bordellbetrieb?«, wollte er wissen. »Gehört der Massagesalon zum Imperium der Itabashi-Gang?«
»Nach unseren Erkenntnissen läuft bei Nippon Flowers nichts Illegales ab«, erwiderte Archer. »Yoshidas bürgerliche Fassade ist perfekt. Dennoch muss er ja irgendwann mit seinen Handlangern persönlichen Kontakt aufnehmen. Man kann schließlich nicht alles per Telefon oder im Internet organisieren, auch als hochmoderner Gangsterboss nicht. Deshalb wird er durch verschiedene Teams rund um die Uhr observiert.«
»Wer wusste konkret, dass die Agents Finley und Stewart zum Zeitpunkt der Bombenexplosion Yoshida beschattet haben?«, fragte ich.
»Das kann ich Ihnen leider nicht sagen«, lautete Archers Antwort. »Das Operationsteam besteht aus Agents verschiedener Field Offices. Die Einsätze werden von hier aus geleitet, aber verantwortlich für die Einsatzplanung sind die Inspektoren Jim Beatty und Steve Fenton.«
»Dann werden wir jetzt mit diesen Kollegen sprechen«, sagte ich.
***
Agent Bloom brachte uns zum Operationsteam. Die Agents teilten sich mehrere Büros im Westflügel des Field Office. Dort herrschte eine gereizte Stimmung, wie ich gleich beim Eintreten feststellte.
»Warum müssen wir hier herumsitzen wie die Ölgötzen, anstatt den Killer zu jagen?«, rief mir ein stämmiger, sonnengebräunter Mann mit grau meliertem Blondhaar anstelle einer Begrüßung zu.
»Das ist Inspektor Beatty«, erklärte Agent Bloom, bevor ich etwas entgegnen konnte. »Ich möchte Sie außerdem mit Inspektor Fenton bekannt machen.«
Sie deutete auf einen schlanken Mann mit hellen Augen und kahlrasiertem Schädel. Während uns Beatty ablehnend gegenüberstand, wurden wir von Fenton ernst, aber höflich begrüßt. Außer den beiden Inspektoren waren die Agents Keira Arms, Luigi Massini und Charly Collins anwesend. Sie alle waren schätzungsweise zwischen Mitte dreißig und Anfang vierzig. Phil und ich wurden misstrauisch von ihnen beäugt, aber das war für uns keine neue Erfahrung. Es ist nie angenehm, als Agent selbst ins Visier interner Ermittlungen zu geraten. Daher wunderte ich mich nicht über ihre Reserviertheit.
Nachdem ich Phil und mich vorgestellt hatte, fiel mir Beatty gleich ins Wort.
»Schön, Inspektor Cotton. Da sind Sie und Inspektor Decker also den weiten Weg von Washington hierhergekommen, um uns zu verdächtigen? Und das, obwohl es bereits ein Bekennerschreiben für diese feige Bluttat gibt?«
»Sie wissen so gut wie ich, dass Verbrecher auch falsche Spuren legen können«, gab ich zurück. »Es ist noch nicht einmal gesichert, ob überhaupt eine Gruppe mit dem Namen Axt der Rache existiert. Und ich halte die Yakuza für skrupellos genug, um bei der Ermordung von Agents den Tod von Zivilisten in Kauf zu nehmen.«
»In dem Punkt sind wir uns immerhin einig«, knurrte Beatty. »Trotzdem halte ich diese Untersuchung für Zeitverschwendung. Glauben Sie im Ernst, dass einer von uns bei diesem feigen Attentat die Finger im Spiel hat?«
»Es geht nicht um Mutmaßungen, sondern um Beweise«, erwiderte ich. »Wir werden uns mit jedem Einzelnen von Ihnen unterhalten. Außerdem sind wir befugt, die Büroräume zu durchsuchen.«
Beatty verschränkte trotzig die Arme vor der Brust. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Ich habe nichts zu verbergen!«
Kein FBI-Kollege ist begeistert, wenn er unter Korruptionsverdacht gerät. Aber die Agents sahen ein, dass die Untersuchung notwendig war. Sie murrten, fügten sich aber ins Unvermeidliche. Ich ging mit sämtlichen Anwesenden in einen Aufenthaltsraum, während sich Phil Latexhandschuhe überzog und damit begann, die Schreibtische in den Büros des Operationsteams zu durchstöbern.
Was die Durchsuchung der PCs anging, konnten wir auf Hilfe durch unsere Informatikerin Dr. Mai-Lin Cha zählen. Sie war von Quantico aus in der Lage, auf sämtliche Rechner im Field Office zuzugreifen und die Daten zu checken. Außerdem konnte sie auch die Datenströme zurückverfolgen. Allerdings würde wohl kein Verräter so dumm sein, den Dienst-PC für illegale Kontakte zu benutzen.
Mai-Lin wollte sich umgehend bei mir melden, falls sie Auffälligkeiten entdeckte. Wenn jemand codierte oder passwortgeschützte Dokumente im Handumdrehen knacken konnte, dann war sie es.
Ich holte mir die Personen eine nach der anderen in einen leeren Besprechungsraum. Als Erster kam Jim Beatty an die Reihe.
Er machte immer noch einen ungehaltenen Eindruck, hielt aber einstweilen den Mund. Ich bat ihn, Platz zu nehmen.
»Berichten Sie mir bitte von der Operation gegen die Itabashi-Gang, Inspektor Beatty.«
Er breitete die Arme aus.
»Wo soll ich anfangen? Wir halten Jiro Yoshida für den Mastermind der Yakuza-Machenschaften hier an der Westküste. Er hält Kontakt zu zahlreichen japanischstämmigen Amerikanern sowie zu japanischen Staatsbürgern. Wir tauschen unsere Informationen mit den Kollegen in Florida aus, wo die Itabashi-Gang in der Unterwelt fest etabliert ist. Daher wissen wir, dass nur ein Teil von Yoshidas Bekannten Gangster sind.«
»Seit wann beobachten Sie den Hauptverdächtigen?«, fragte ich.
»Während der letzten sechs Wochen haben wir Yoshida nicht mehr aus den Augen gelassen. Mit einem richterlichen Beschluss konnten wir sein Telefon und seine Internetkommunikation überwachen. Genutzt hat es leider nichts. Dieser Verbrecher ist gerissen. Seine biedere Fassade ist perfekt. Man könnte ihn für einen Langweiler halten, wenn man es nicht besser wüsste.«
»Demnach weiß Yoshida, dass er unter FBI-Beobachtung steht?«, hakte ich nach.
»Was wollen Sie damit andeuten?«, blaffte Beatty. »Wir sind nicht korrupt, verflixt noch mal!«
»Das habe ich nicht gesagt«, stellte ich richtig. »Hatten Sie Hinweise, dass Yoshida in dem Massagesalon jemanden treffen wollte?«
Beatty schüttelte den Kopf. »Nein, das war eine Routine-Überwachung. Worauf wollen Sie hinaus?«
»Angenommen, die Yakuza steckt wirklich hinter der Sprengstoffdetonation. Da frage ich mich doch, weshalb die Bombe ausgerechnet dann gezündet wurde, als Yoshida im Nippon Flowers war. Es sollte um jeden Preis verhindert werden, dass die Agents seine Kontaktperson sehen. Dafür nahm Yoshida sogar den Tod von Unbeteiligten in Kauf.«
Beatty legte nachdenklich die Stirn in Falten. »Ja, so könnte es gewesen sein. Das ist eine plausible Erklärung. Sie sehen, der Fall klärt sich ganz von selbst auf, Inspektor Cotton. Es ist also völlig unnötig, uns zu verdächtigen.«
»Das wird sich zeigen«, erwiderte ich. Beatty war zwischenzeitlich offener geworden. Doch als er merkte, dass ich mich bei meinen Nachforschungen nicht beirren ließ, wurde er deutlich schroffer.
»Wie ist das Verhältnis Ihrer Agents untereinander?«, hakte ich nach. »Gibt es Freundschaften oder Rivalitäten? Haben sich Dinge ereignet, von denen ich wissen sollte? Wissen Sie von Schwachstellen, die von Kriminellen ausgenutzt werden könnten?«
Beatty lachte laut, aber ohne Humor. »Wir sind hier beim FBI und nicht in einer Seifenoper. Ich weiß nicht, wie man im Hauptquartier arbeitet. Wir gehen unserem Job jedenfalls mit größter Professionalität nach.«
Beatty gab sich abweisend, aber ich hatte schon härtere Nüsse geknackt. Schließlich dankte ich ihm für seine Mitwirkung und bat ihn, seinen Dienstpartner zu mir zu schicken.
Inspektor Fenton lächelte scheu, als er den Raum betrat. Er begann zu sprechen, bevor ich ihn dazu aufforderte.
»Ich muss mich für meinen Kollegen entschuldigen, Inspektor Cotton. Mir ist klar, dass Sie hier nur Ihre Pflicht tun. Vermutlich hat Jim es Ihnen nicht gerade leichtgemacht, das habe ich seinem Gesicht angesehen. Mein Partner hat ein hitziges Temperament, aber er macht seinen Job verflixt gut. Er kann sich einfach nicht vorstellen, dass einer der Agents, die wir hier koordinieren, gegen seine Pflichten verstoßen würde. Bitte sagen Sie mir, wie ich helfen kann! Wir alle wollen doch dasselbe, nicht wahr? Gerechtigkeit.«
Ich nickte und stellte Fenton ähnliche Fragen wie zuvor Beatty. Sein Gesichtsausdruck zeigte tiefe Nachdenklichkeit.
»Leider kann ich Ihnen momentan nicht weiterhelfen«, sagte Fenton kopfschüttelnd. »Vielleicht bin ich zu naiv gewesen. Wir haben uns völlig darauf konzentriert, Yoshida kriminelle Handlungen nachweisen zu können. Dieser Mann ist aalglatt, er scheint uns immer wieder aus den Händen zu gleiten, sinnbildlich gesprochen. Ich verspreche Ihnen aber, dass ich intensiv alle Ereignisse der letzten Tage im Geiste durchgehen werde.«
»Jede Kleinigkeit kann wichtig sein«, erwiderte ich. Aber das wusste Fenton natürlich selbst. Wer es beim FBI bis zum Inspektor bringt, ist mit den unterschiedlichsten Ermittlungstechniken und Fahndungsmethoden vertraut.
Fenton und Beatty leiteten die Operation gemeinsam. Sie teilten die Beschattungsteams ein und werteten die Ergebnisse des Lauschangriffs auf den Verdächtigen aus. Nachdem ich mit Fenton geredet hatte, nahm ich mir die drei anwesenden Agents unabhängig voneinander zur Brust. Bei ihnen konnte ich keine Auffälligkeiten feststellen, abgesehen davon, dass der Tod ihrer Kollegen sie ebenfalls mitgenommen hatte.
Mai-Lin und unsere Finanzexpertin Concita Mendez waren bereits dabei, von Quantico aus die persönlichen Verhältnisse des Operationsteams auf Herz und Nieren zu überprüfen. Dabei blieben auch die Konten nicht außen vor. Wer beim FBI arbeitete, musste jederzeit mit einer solchen unangekündigten Überprüfung rechnen.
Als ich das letzte Gespräch geführt hatte, kam Phil herein. Seine Miene verhieß nichts Gutes. Er hielt eine Plastiktüte für Beweismittel hoch. Sie enthielt ein billiges Prepaid-Handy.
»Dieses Telefon habe ich in Beattys Schreibtisch gefunden. Als ich ihn darauf ansprach, behauptete er, es noch niemals zuvor gesehen zu haben«, sagte er zu mir.
***
Das wollte ich genauer wissen. Nachdem Phil das Beweisstück per Express nach Quantico geschickt hatte, bat ich den kalifornischen Inspektor zu einer neuerlichen Unterredung. Diesmal war auch Phil dabei.
»Ich weiß gar nicht, was die Aufregung bedeuten soll«, meinte Beatty schulterzuckend. »Ordnung ist nicht gerade meine Stärke. Vielleicht habe ich das Handy irgendwo gefunden. Ich kann mich in jedem Fall nicht erinnern, es jemals zuvor gesehen zu haben. Das muss nichts bedeuten.«
»Ob es etwas bedeutet, wird die kriminaltechnische Untersuchung zeigen«, stellte ich fest.
Beatty kniff die Augen zusammen. Sein Tonfall war jetzt noch aggressiver als zuvor. »Sie wollen mir wirklich etwas anhängen, Inspektor Cotton, nicht wahr?«, knurrte er.
Ich schüttelte den Kopf. »So kommen wir nicht weiter«, gab ich zurück. »Wir sind an Ergebnissen interessiert, nicht an Vorverurteilungen. Wenn Ihnen dieses Gerät wirklich nicht gehört, dann hat es Ihnen jemand untergeschoben, und zwar ganz gewiss mit unlauteren Absichten.«
»Wem würden Sie es zutrauen, den Verdacht auf Sie lenken zu wollen?«, fragte Phil.
Beatty wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er konnte nicht stillsitzen, ging ständig zwischen dem Konferenztisch und dem Fenster hin und her. »Ich lege für jeden meiner Agents meine Hand ins Feuer. Warum machen Sie überhaupt so einen Aufstand wegen eines simplen Prepaid-Handys? Die Fingerprints werden beweisen, dass ich dieses Ding niemals in der Hand gehabt habe.«