Jerry Cotton 3148 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3148 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Die Segal-Brüder hatten die Drogenszene von Washington fest im Griff. Als Terence Segal und einer seiner Bodyguards ermordet wurden, tauchte der Profikiller Jared Sweeny in der Stadt auf. Aber wer hatte ihn engagiert? Der Bruder von Terence, Bruce Segal, oder Raffaele Muccino? Raffaele gehörte zum aufstrebenden Muccino-Clan, der die Segal-Brüder vom Markt drängen wollte und in dem mit einem Mal das große Sterben begann. Doch wir waren längst nicht überzeugt, dass Sweeny für Bruce Segal arbeitete ...

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EPUB

Seitenzahl: 142

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Ein Mann, ein Mord

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: (Film) »Hitman«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5325-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Ein Mann, ein Mord

Wir lagen auf der Lauer. Hellgraue Nebelfetzen schwebten über den dunklen Potomac River und krochen lautlos an Land. Man hätte sie für Gespenster halten können. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr.

»Die Nacht wird immer länger«, brummte ich mit wachsender Ungeduld.

Wir warteten seit einer Stunde – Phil, ich und die Kollegen von der DEA –, um eine Drogenlieferung abzufangen, die für die Segal-Brüder bestimmt war.

Und endlich wurden wir für unsere Ausdauer belohnt …

Der weiße Crownline-270-CR-Kajütkreuzer näherte sich dem kleinen Holzbootshaus. Ich stand mit meinen Kollegen in permanentem Funkkontakt.

Sie würden die Falle erst zuschnappen lassen, wenn ich dafür den Startschuss gab. Noch hieß es warten, warten, warten. Dass das an den Nerven zerrte, war klar. Aber wenn wir zu früh zuschlugen, gingen uns der Drogenkurier und eine Rauschgiftlieferung, die nach unserer Information einen Marktwert von schätzungsweise 100.000 Dollar hatte, durch die Lappen, und dazu durfte es auf keinen Fall kommen. Deshalb mussten wir uns wohl oder übel in Geduld fassen.

Soeben erreichte der Kajütkreuzer das Bootshaus und verschwand darunter. Es war so weit. Das Warten hatte ein Ende. Ich gab das vereinbarte Kommando.

Zwischen Büschen und Bäumen tauchten Bewaffnete auf, die bis vor einer halben Minute noch nicht zu sehen gewesen waren. Sie trugen, wie wir, dunkle Kevlar-Westen und näherten sich so rasch und lautlos wie möglich dem Bootshaus.

Phil hielt seine Glock schussbereit mit beiden Händen. Seine Miene wirkte hart und entschlossen. Auch ich zog meine Waffe aus dem Gürtelholster.

Bruce und Terence Segal hatten die Drogenszene von Washington seit Jahren fest im Griff: Heroin, Meskalin, Kokain, LSD, Ecstasy, Opium, Steroide … Was immer das Junkie-Herz begehrte, sie konnten es beschaffen. Ihre illegalen Geschäfte liefen weitgehend reibungslos ab.

Tauchten Probleme auf, wurden diese von ihren starken Männern zumeist im Keim erstickt. Dass sie sowohl dem FBI als auch den DEA-Kollegen ein Dorn im Auge waren, war verständlich. Und deshalb mischten seit kurzem auch wir mit – damit man den Brüdern endlich das schmutzige Handwerk legen konnte.

Wir erreichten den Strand. Heller, feinkörniger Sand befand sich jetzt unter unseren Schuhen. Wir hinterließen tiefe, gut sichtbare Spuren.

Scharfe Stimmen drangen aus dem Bootshaus. Schneidende Befehle. Stampfende Schritte. Gepolter. Plötzlich ging ein Ruck durch den Körper meines Partners.

»Da versucht einer abzuhauen, Jerry!«, stieß er hervor, und im nächsten Moment zischte er ab wie ein von der Sehne geschnellter Pfeil.

Der Fliehende stürzte sich panisch in die Fluten und versuchte, sich schwimmend in Sicherheit zu bringen, doch das ließ Phil nicht zu.

Er steckte die Glock weg, warf sich in voller Montur ebenfalls ins Wasser und schwamm hinter dem Drogenkurier her. Sobald er den Mann eingeholt hatte, kam es zu einem wilden Handgemenge. Das Wasser spritzte und schäumte so lange, bis mein Partner den renitenten Gegner mit einem präzisen Faustschlag außer Gefecht setzte, um nicht mit ihm unterzugehen.

Ehe der Mann versank, packte Phil ihn wie ein geübter Rettungsschwimmer und brachte ihn ans Ufer. DEA-Leute eilten herbei.

Ich half Phil, den Bewusstlosen aufzuwecken. Das dauerte nicht lange. Sobald wir den Burschen auf die Beine gestellt hatten, klickten für ihn die Handschellen. Man las ihm seine Rechte vor und führte ihn ab. Kein einziger Schuss war gefallen. Es gab keine Verletzten. Ein toller Erfolg, prima gelaufen – hätte man meinen können. Doch das war ein großer Irrtum, wie sich tags darauf herausstellte.

***

Dorothy Taylor rief mich an und bat mich, mit Phil sofort in Mr Highs Büro zu kommen.

Mein Partner strahlte. »Ich bekomme einen Orden, weil ich den Drogenkurier der Segal-Brüder aus dem kalten Potomac River geholt habe.« Er plusterte sich auf, zeigte auf sich. »So sehen Helden aus.«

Ich winkte ab. »Jaja, schon gut. Komm endlich, Phil!«

Im Büro unseres Chefs gab es dann keine großartige Auszeichnung, nicht einmal eine Belobigung, sondern etwas ganz anderes.

»Jerry, Phil«, begrüßte uns Mr High knapp.

Ich ahnte Unerfreuliches.

Phil nicht. »Guten Morgen, Sir«, sagte er aufgekratzt.

Assistant Director High bot uns mit ernster Miene einen Platz an. Wir setzten uns. Phil war immer noch der Meinung, unser Chef würde ihn jeden Moment mit Lob überschütten. Seine Augen funkelten erwartungsvoll.

Er schwebte so lange auf irgendeiner nummerierten Wolke, bis Mr High sagte: »Da haben Sie gestern ja einen ganz besonders kapitalen Bock geschossen, Gentlemen.«

Phil sah mich irritiert an. Er schien sich vergewissern zu wollen, dass er richtig gehört hatte. Ich nickte kaum merklich.

»Wie bitte, Sir?«, fragte mein Partner mit belegter Stimme. Er war völlig durcheinander. »Wir haben doch letzte Nacht einen guten Job gemacht. Keine Toten, keine Verletzten …«

»Die ganze Aktion war ein blamabler Schlag ins Wasser«, erklärte Mr High emotionslos. »Wenn das an die Öffentlichkeit gelangt, lacht die gesamte Ostküste über uns.«

Phil kratzte sich hinterm Ohr. »Ich verstehe nicht, Sir.«

»Homer Grimes, der Mann, den Sie aus dem Fluss gefischt haben, ist so kriminell wie Sie und ich«, behauptete Mr High.

»Das kann nicht sein, Sir«, sagte Phil. »Er hat versucht, das Weite zu suchen. Das tut doch keiner, der ein reines Gewissen hat.«

»Versetzen Sie sich in seine Lage!«, verlangte Mr High. »Er schippert gemächlich durch die Nacht, erreicht völlig ahnungslos das Bootshaus, das plötzlich von bewaffneten Männern gestürmt wird, gerät in Panik und flieht. Das kann man ihm nicht verübeln.«

Phil schluckte. »Hat man Grimes verhört?«

»Noch in der Nacht. Er hat alles, was man ihm vorwarf, vehement bestritten.«

Phil lachte gekünstelt. »Ist ja klar, Sir. Sagst du Ja, bleibst du da. Sagst du Nein, gehst du heim. Das wissen solche Typen auf allen fünf Kontinenten.«

»Homer Grimes hat nichts mit den Segal-Brüdern zu tun. Er weiß nicht einmal, wer die beiden sind.«

»Das hat man ihm abgekauft, Sir?«, vergewisserte sich Phil.

»Die DEA-Spezialisten haben den Kajütkreuzer komplett auseinandergenommen und nicht einmal ein verbotenes Hustenbonbon gefunden. Der Mann ist absolut sauber.«

Phil wollte das immer noch nicht glauben. »Was hatte er mitten in der Nacht in diesem Bootshaus zu suchen?«

»Damit wollte er zunächst nicht herausrücken«, antwortete Mr High. »Zuerst schwieg der Mann, dann fing er an zu lügen, und irgendwann gestand er, dass er eine verheiratete Dame zu einem Schäferstündchen abholen wollte.«

Das war eine kalte Dusche für Phil. »Was macht Grimes beruflich?«, erkundigte er sich.

»Er ist Kellner in einem Lobster-Restaurant am Potomac River. Da hat er die Frau kennengelernt. Gestern wollte er sie zum ersten Mal daten.«

»Hat man das überprüft?«, fragte ich dazwischen.

Mr High nickte. »Sobald er den Namen der Lady preisgegeben hatte.«

»Hat sie seine Aussage bestätigt?«, hakte Phil nach.

»Nicht in Gegenwart ihres Ehemannes«, antwortete Mr High. »Aber sie hat den geplanten Seitensprung hinterher telefonisch gebeichtet. Sie kam nicht rechtzeitig von zu Hause weg, deshalb war sie noch nicht da, als Grimes beim Bootshaus eintraf.«

»So ein Glück aber auch«, sagte Phil ironisch. Er zog die Augenbrauen zusammen. »Ein Kellner, der sich einen Crownline-270-CR-Kajütkreuzer leisten kann.«

»Er gehört nicht ihm, sondern seinem Chef«, klärte Mr High ihn auf.

Wir hatten uns nicht ohne Grund in der Nähe dieses unauffälligen Bootshauses am Potomac River auf die Lauer gelegt, sondern weil wir von Isaac Hardwick einen Tipp bekommen hatten. Der Undercover-Agent hatte uns bisher stets mit hieb- und stichfesten Fakten versorgt.

Wir hatten von ihm noch nie eine falsche Information erhalten. Er arbeitete seit einem halben Jahr mit absoluter Zuverlässigkeit für uns und bemühte sich redlich, brisantes Material zusammenzutragen, damit wir die Segal-Brüder so schnell wie möglich hochgehen lassen konnten.

Irgendetwas musste schiefgelaufen sein. Vielleicht hatte sich Hardwick verhört, ein falsches Datum aufgeschnappt oder die Lieferadresse verwechselt. Es war aber ebenfalls denkbar, dass die Drogen, aus welchen Gründen auch immer, noch nicht verfügbar waren und den Segal-Brüdern erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung gestellt werden konnten.

Da Hardwicks Job einem extrem riskanten Himmelfahrtskommando gleichkam, musste er zwangsläufig höllisch auf der Hut sein. Das bedeutete, dass außer Phil und mir niemand mit ihm in Verbindung stand. Wir waren seine einzigen Kontaktpersonen. Aber selbst das war eine Einbahnstraße: Es bedeutete, dass nur er sich bei uns melden konnte, wir uns aber nicht bei ihm.

Unser Chef hoffte, dass Homer Grimes nicht auf die Idee kam, aus dem nächtlichen Erlebnis, das für ihn ziemlich unerfreulich abgelaufen war, mit Hilfe ebenso gerissener wie unverschämter Anwälte Kapital zu schlagen. Damit entließ uns Mr High.

»Kein Orden also für deine breite Brust«, sagte ich, als ich mit Phil allein war.

Mein Partner warf mir einen griesgrämigen Blick zu. »Ziehst du mich auf?«

Ich hob abwehrend die Hände. »Aber nein. Wo denkst du hin?«

Phil nickte missmutig. »Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.« Er tippte mit dem Zeigefinger gegen mein Brustbein. »Weißt du, was für ein Tag gestern war? Freitag, der Dreizehnte.«

Ich lachte. »Seit wann bist du abergläubisch?«

Phil zuckte die Schultern. »War eine reine Feststellung.«

***

Unser bislang höchst zuverlässiger Undercover-Agent hatte zum ersten Mal Mist gebaut, und wir wussten nicht, warum. Da es uns nicht möglich war, ihn nach dem Grund dieser blamablen Fehlleistung zu fragen, mussten wir wohl oder übel warten, bis er sich bei uns meldete.

Eine Stunde, nachdem wir Mr Highs Büro verlassen hatten, bekam ich eine WhatsApp-Nachricht von Rosy. Das war Isaac Hardwick. Seine Stiefmutter hatte Rosy geheißen. Er schrieb: Washington Monument. 11 Uhr. Ich antwortete: Okay.

Zwanzig Minuten vor elf machte ich mich mit meinem Partner auf den Weg. Normalerweise hätte das gereicht. Diesmal nicht, weil der Verkehr wegen einer Sportveranstaltung großräumig umgeleitet wurde.

Frauen jeden Alters liefen für den Weltfrieden. Überall hingen bunte Transparente. Gratisproben isotonischer Getränke wurden verteilt. Bands spielten.

Das Großereignis kostete uns Zeit. Wir verspäteten uns um fünf Minuten und umrundeten den fünfhundertvierundfünfzig Fuß hohen Marmorturm im Laufschritt.

Dutzende Touristen ließen sich fotografieren oder machten Selfies, mit dem Weißen Haus im Hintergrund. Aber Rosy glänzte durch Abwesenheit.

»Mist«, machte Phil seinem Ärger Luft. »Er ist schon wieder weg.« Mein Partner schüttelte den Kopf. »Fünf Minuten. Fünf lächerliche Minuten. Meine Güte.«

»Er muss sehr vorsichtig sein.«

»Das ist mir schon klar, Jerry, aber …« Ein bärtiger Franzose bat Phil freundlich lächelnd in holperigem Englisch, ihn und seine hübsche Freundin vor dem Monument zu fotografieren. Mein Partner tat ihnen den Gefallen. Er knipste drei Bilder, gab dem Mann die billige Digitalkamera zurück und sah mich fragend an. »Und? Was machen wir jetzt? Außer einem schlechten Eindruck?«

Ein schlanker Mann kam mit federnden Schritten auf uns zu. Er trug ein dunkelblaues Kapuzenshirt, sah aus, als wollte er sich vor sich selbst verstecken. Seine Schultern waren hochgezogen, der Rücken leicht gekrümmt, und seine Hände waren tief in den Jeanstaschen vergraben.

»Jerry, Phil«, sagte er leise. »Ich muss mich entschuldigen.«

»Weil du dich verspätet hast?«, fragte Phil. »Das ist nicht weiter schlimm. Wir dachten, du wärst schon wieder in der Versenkung verschwunden.«

»Ich hatte einen Schatten«, sagte Isaac Hardwick. »Den musste ich erst loswerden, ehe ich hierherkommen konnte.«

»Wie läuft es bei den Segal-Brüdern?«, erkundigte ich mich.

»Manchmal sieht es so aus, als würden sie mir endlich vertrauen«, antwortete der Undercover-Agent. »Dann wieder habe ich einen ganz anderen Eindruck. Diese Typen sind wahnsinnig argwöhnisch. Hinzu kommt, dass Terence Segal sehr wankelmütig und unberechenbar ist. Er geht allen mit seinen permanenten Stimmungsschwankungen und Wutausbrüchen ziemlich auf die Nüsse, vor allem seinem älteren Bruder. Dadurch kommt es zwischen den beiden immer wieder und immer öfter zu erheblichen Spannungen.«

Es war irgendwie auch ein privater Krieg, den Hardwick gegen den illegalen Drogenhandel mit beispiellosem Eifer und großer Verbissenheit führte, seit er seine Schwester Rebecca verloren hatte. Sie war noch nicht einmal dreizehn Jahre alt gewesen, als sie an einer Überdosis Heroin gestorben war. An ihrem Grab hatte er – mit Tränen in den Augen und mit einer unbändigen Wut im Herzen – geschworen, all jenen, die sich im Drogengeschäft eine goldene Nase verdienten, gnadenlos den Kampf anzusagen und so viele wie möglich von ihnen hinter Gitter zu bringen. Koste es, was es wolle.

»Was ist los mit Terence Segal?«, wollte Phil wissen.

»Er konsumiert zu häufig Drogen«, antwortete Hardwick. »Das gefällt Bruce Segal zwar nicht, aber er kann es seinem Bruder nicht verbieten.«

»Werden Bruce und Terence Segal bald getrennte Wege gehen?«, fragte ich.

Der Undercover-Agent schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Sie brauchen einander. Einer ist nichts ohne den anderen. Das wissen sie. Deshalb werden sie weiterhin zusammenbleiben, ob ihnen das nun gefällt oder nicht.«

»Du schuldest uns eine Erklärung, Isaac«, sagte ich.

»Ich weiß, Jerry«, gab Hardwick zerknirscht zurück. »Wegen gestern Nacht.« Er schaute auf seine Sportschuhspitzen.

»Was hast du uns denn da für eine schwachsinnige Information untergejubelt, Mann?«, fragte Phil vorwurfsvoll. »Mister High war heute Morgen ganz und gar nicht erfreut, das kann ich dir flüstern. Wir tanzen bei dem Bootshaus, das du uns genannt hast, mit unseren DEA-Kollegen an und erwischen einen harmlosen Westentaschen-Casanova, der nichts weiter im Sinn hat, als sich und einer vernachlässigten Ehefrau was Gutes zu tun.«

»Was ist schiefgelaufen, Isaac?«, fragte ich.

»Es tut mir wirklich leid, Freunde, aber ich hatte keine Möglichkeit, euch ein zweites Mal zu kontaktieren.«

»Wo ist der Stoff?«, hakte ich nach. »Warum wurde er nicht geliefert?«

»Angeblich wollte sich der Muccino-Clan die Ware unter den Nagel reißen«, erzählte Hardwick. »Die Segal-Brüder haben im letzten Moment davon Wind bekommen und die Drogenübernahme abgeblasen. Wann und wohin die Ware zu einem späteren Zeitpunkt geliefert wird, steht noch nicht fest. Ich hoffe, das in Kürze für euch in Erfahrung zu bringen.«

Der Muccino-Clan bestand aus rücksichtslosen Newcomern, die die Segal-Brüder vom Markt verdrängen wollten. Aufgewachsen war Raffaele Muccino in Little Italy in New York. Da es dort aber schon zu viele von seiner Sorte gegeben hatte, war er mit ein paar Freunden nach Washington ausgewandert und versuchte hier mit allen Mitteln, sich einen Platz an der Sonne zu erkämpfen.

Isaac Hardwick wurde unruhig. »Ich muss gehen«, murmelte er. »Ihr hört wieder von mir.«

»Pass auf dich auf, okay?«, sagte Phil. »Du wirst noch gebraucht. Also riskier nicht zu viel!«

Der Undercover-Agent drehte sich um und entfernte sich, als würde er uns nicht kennen. Er ging am Reflecting Pool vorbei und entschwand wenig später unseren Blicken. Wann er sich wieder melden würde, stand in den Sternen. Das wusste nicht einmal er selbst. Es konnte schon in wenigen Stunden sein oder erst in einigen Tagen. Wir hatten darauf keinen Einfluss.

***

Das Treffen der beiden Männer war absonderlich. Immerhin befanden sie sich in der Cathedral Church of Saint Peter and Saint Paul, die unter dem Namen Washington National Cathedral bekannt war, und beteten nicht in andächtiger Demut und Frömmigkeit zu ihrem Herrn und Gott, sondern sprachen mit gedämpften Stimmen über Mord. Sie waren beide gut gekleidet, trugen bestens sitzende Maßanzüge. Man hätte sie für betuchte Geschäftsleute halten können.

Gerade schob der eine dem anderen ein dickes Kuvert zu. »15 Riesen. Wie vereinbart.«

Der andere nahm das Kuvert und steckte es ein. »Halleluja.«

»Noch mal so viel gibt es nach der Todesanzeige.«

»Das ist der Deal«, sagte der Profikiller gelassen.

»Ich erwarte schnelle, saubere Arbeit.«

»Geht klar. Wer von beiden soll ins Gras beißen?«

»Das ist mir egal. Ob Bruce oder Terence – mir ist bloß wichtig, dass es in Kürze nur noch einen Segal gibt.«

Der Killer nickte zuversichtlich. »Das lässt sich einrichten.« Er blickte sich um. »Auf dieses großartige Bauwerk können wir verdammt stolz sein. Ist immerhin die sechstgrößte Kathedrale der Welt.«

»Ich komme so oft wie möglich hierher und genieße ihre stille Erhabenheit.«

»Amen«, sagte der Auftragskiller und erhob sich.

Sein Auftraggeber blieb sitzen. »Ich habe mit meinem Schöpfer noch etwas zu besprechen«, sagte er und faltete die Hände zum scheinheiligen Gebet.

»Bis demnächst«, murmelte der andere und verließ die Kathedrale.

Zuvor schob er noch ein paar Geldscheine für den Erhalt der Kirche, an der vor ein paar Jahren ein Erdbeben leichten Schaden angerichtet hatte, in den Opferstock.

Im Grunde genommen hatte er nichts gegen die Segal-Brüder. Aber für 30.000 Dollar hätte er sogar seine versoffene Mutter umgelegt. Geld regiert die Welt, dachte er. So ist das nun mal. Jeder versucht auf seine Art, an den begehrten Mammon zu kommen, um sich seine Wünsche und Träume zu erfüllen. Die einen schreiben Bücher, andere gründen Banken und berauben ihre Kunden. Und wiederum andere töten für Geld. Nüchtern betrachtet ist es ein Job wie jeder andere, und man muss ihn so gut wie möglich erledigen.

***

Ich widmete mich dem anstehenden Papierkram ohne Widerwillen, weil mir klar war, dass ich nicht darum herumkam. Was sein muss, muss sein, ob man dazu Lust hat oder nicht.