Jerry Cotton 3152 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3152 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Wir sollten zwei grausame Morde aufklären, die sich in Mississippi und Louisiana ereignet hatten. Bei den Toten, die am Red River gefunden worden waren, handelte es sich um den demokratischen Stadtrat Luke Heller und die Historikerin aus dem Museum für indigene Kunst, Barbara Collum. Beide hatten sich vehement gegen die Pläne des Stadtrats von Alexandria ausgesprochen, aus der nahe gelegenen Kleinstadt Dry Prong ein Spielerparadies zu machen. Es war klar, dass die Opfer mit ein und derselben Waffe getötet worden waren. Doch bevor wir uns näher mit den Tatumständen befassen konnten, verschwand Phil spurlos ...

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EPUB

Seitenzahl: 136

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Das Tribunal der Choctaw

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: (Film) Studio Publicity Stills »Bury my heart at Wounded Knee«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5430-0

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das Tribunal der Choctaw

Die Bar war nur spärlich gefüllt. Zwei bärtige, korpulente Männer in Baumwollhemden saßen an der Theke und tranken Bier. Drei Tische waren besetzt, an einem saß eine Gruppe alter Männer und spielte Karten, an zwei anderen saßen Pärchen, die ein spätes Essen zu sich nahmen. Der Barkeeper polierte Gläser und sah mich gelangweilt an.

»Wohin ist der Mann gegangen, der eben hier reingekommen ist?«, wollte ich von ihm wissen.

Der Mann stellte das Glas zurück und warf sich das Geschirrtuch über die Schulter.

»Was für ein Mann?«, fragte er lapidar.

»Darf ich kurz um Ihre Aufmerksamkeit bitten?«, richtete ich nun das Wort an die Anwesenden.

Die Unterhaltung der Männer, die in der Bar saßen, verstummte. Alle sahen mich an.

»Vor ungefähr zwei Minuten ist ein Mann hier in diese Bar gekommen. Er ist ein Freund von mir. Ich möchte wissen, wo er ist. Kann mir das jemand verraten?«

»Haben Sie schon unten nachgesehen?«, fragte der Barkeeper.

Ich nickte. »Auf der Toilette ist auch niemand, weder auf der von den Männern noch auf der von den Frauen. Aber irgendwo muss mein Freund sein. Und Sie wissen es. Sie alle. Denn Sie müssen ihn gesehen haben.«

Einer der Kartenspieler ergriff das Wort. »Hören sie, Mister. Hier ist ein Mann reingekommen, den niemand von uns kannte. Nämlich Sie. Ein anderer Fremder ist hier nicht erschienen, seit wir hier sitzen. Und wir sitzen hier schon seit einigen Stunden.«

Ich verließ die Bar und rief Lieutenant Walker an. Mein Vorgesetzter, Assistant Direktor High, hatte mir seine Nummer gegeben. Phil und ich sollten uns morgen früh bei ihm melden, um den Ermittlungsstand zu den beiden Morden zu erfahren, die wir bearbeiten sollten.

Walker nahm nach dem zweiten Klingeln ab.

»Hier spricht Inspektor Cotton«, meldete ich mich.

Walker atmete tief durch, ich hatte ihn offensichtlich aus dem Schlaf geholt.

»Ah, Inspektor. Assistent Direktor High hatte Sie angekündigt, aber, um ehrlich zu sein, ich habe erst morgen früh mit Ihnen gerechnet.«

»Das war auch so geplant, Lieutenant. Aber nun ist hier etwas vorgefallen, was Ihre Anwesenheit erforderlich macht.«

»Jetzt?«, fragte Walker irritiert. »Was ist denn passiert?«

»Mein Partner ist verschwunden.«

***

Lieutenant Walker war ein Mann um die vierzig, der zu Adipositas neigte. Er gähnte ausgiebig, bevor er mich begrüßte und die Konversation beginnen konnte.

»Hören sie, Inspektor Cotton, ist das wirklich notwendig?«

»Mein Partner ist nicht hier in der Bar, er ist nicht im Hotel, und er sitzt auch nicht im Wagen. Und da fragen Sie mich allen Ernstes, warum ich Sie hergebeten habe?«

»Okay, was schlagen Sie vor, Inspektor Cotton?«

»Ich habe Inspektor Decker in diese Bar gehen sehen. Niemand der hier Anwesenden kann das allerdings bestätigen. Daraus folgt: Entweder ich lüge – oder die Gäste dieser Bar.«

»Vielleicht haben die Leute ihn ja einfach nicht gesehen, und er ist zum Hinterausgang wieder hinausgegangen. Ausschließen können sie das nicht«, bemerkte Walker.

»Der Barkeeper sieht genau auf die Tür, ebenso die beiden Männer, die am Tresen sitzen. Der Hinterausgang ist für jemanden, der noch nie in der Bar war, nicht einfach zu finden, zudem führt der Weg an beiden Tischen vorbei, die besetzt waren. Ungeachtet der Tatsache, dass Inspektor Decker keinen Grund hatte, sofort die Bar durch den Hinterausgang zu verlassen, ist es also meines Erachtens unmöglich, ihn nicht beim Betreten der Bar gesehen zu haben.«

»Und was denken Sie, warum niemand Ihren Partner gesehen haben will?«

»Das kann ich Ihnen nicht sagen, Lieutenant. Aber ich möchte jeden Einzelnen verhören, und ich möchte, dass der ganze Laden hier auf den Kopf gestellt wird.«

»Sie können die Leute gerne verhören, Inspektor Cotton, aber ich habe zu wenig Personal, um …« Weiter kam Walker nicht.

»Lieutenant«, sagte ich scharf. »Ich habe keine Bitte formuliert, und ich habe auch keinen Vorschlag gemacht. Der Laden hier wird auf den Kopf gestellt, und zwar jetzt!«

***

Knapp drei Stunden später saß ich mit Lieutenant Walker im Police Department von Alexandria vor einem dampfenden Becher Kaffee. Ich hatte jeden der Barbesucher verhört und die Personalien aufgenommen. Es waren allesamt Bewohner der Stadt, unbescholtene Bürger. Niemand war bislang straffällig geworden. Und niemand hatte Phil gesehen oder, wie sie sagten, gewusst, dass wir in die Stadt kommen würden.

»Ich verstehe das nicht«, sagte ich kopfschüttelnd.

Walker trank einen Schluck Kaffee. »Gibt es irgendetwas, das erklären könnte, warum Ihr Partner das Weite gesucht haben könnte?«

»Nein, wir hatten weder einen Streit noch ist irgendetwas anderes vorgefallen. Außerdem würde Phil nie verschwinden, ohne mich zu informieren. Das ist völlig absurd.«

Walker zögerte. »Wir sollten zum jetzigen Zeitpunkt alle Möglichkeiten in Betracht ziehen.«

»Haben Sie denn eine weitere Erklärung?«, wollte ich von ihm wissen.

Walker zögerte. »Ich möchte Ihnen eine Frage stellen, Inspektor Cotton, und ich möchte eine ehrliche Antwort von Ihnen.«

Ich nickte und sah Walker erwartungsvoll an.

»Wem würden Sie eher glauben? Menschen, die Sie schon sehr lange kennen, oder einem Einzelnen, dem Sie gerade erst begegnet sind?«

»Wollen Sie damit anzweifeln, dass ich die Wahrheit sage?«

»Nicht unbedingt. Vielleicht denken Sie ja wirklich, dass Ihr Partner in die Bar gegangen ist.«

Ich hatte nur mit Mühe meine Emotionen im Griff, was allerdings nicht so sehr an Lieutenant Walkers Vermutung lag, sondern vielmehr an der Besorgnis um meinen verschwundenen Partner.

»Soll das etwa heißen, dass Sie glauben, ich würde fantasieren? Oder lügen?«

Es klopfte an der Tür von Lieutenant Walkers Office.

»Herein«, rief Walker energisch.

Die Tür wurde geöffnet und ein junger Officer asiatischen Aussehens trat ein.

»Was gibt es, Officer Chen?«, fragte Walker ungeduldig.

Chen seufzte. »Nichts. Kein einziger Hinweis auf Inspektor Decker«, entgegnete der Mann.

Das kann doch nicht sein, dachte ich. Konnten die Menschen in der Bar recht haben und Phil war nicht in der Bar? Bin ich vielleicht tatsächlich einer Täuschung aufgesessen? Vielleicht saß Phil gar nicht mit mir im Auto. Vielleicht habe ich, ohne es zu wissen, Drogen zu mir genommen. Vielleicht halluziniere ich.

Ich schob diese Gedanken beiseite und gab Lieutenant Walker eine Klarsichtfolie.

»Was soll ich damit, Inspektor Cotton?«, fragte mich Walker überrascht.

»Es ist eine Folie aus einer Dokumentenmappe, die Phil durchgesehen hat. Es sind Phils Fingerabdrücke darauf. Ich möchte, dass die Spurensicherung Fingerabdrücke in der Bar sichert. Auf den Türklinken, auf dem Tresen, auf den Tischen, in der Toilette. Wenn sich irgendwo ein Fingerabdruck von Phil befindet, dann wissen wir, dass er in der Bar war. Und dann wissen wir auch, wer gelogen hat.«

***

Gegen acht Uhr rief ich unseren Chef, Assistant Direktor High, an und berichtete ihm von Phils Verschwinden.

»Wie kann ich Ihnen helfen, Phil zu finden, Jerry?«

»Nun, Sir, ich bin selbst ein wenig ratlos. Die Crime Scene Unit hat die Fingerabdrücke von Phil mit denen verglichen, die sie in der Bar gefunden hat. Es gab keine Übereinstimmungen.«

»Sollte er keine Handschuhe getragen haben, dann hätten doch zumindest Fingerabdrücke auf dem Türgriff der Bar gewesen sein müssen.«

»Es könnte sein, dass gerade jemand herausgekommen ist, als Phil am Eingang stand, und ihm die Tür aufgehalten hat. Oder aber jemand hat den Türgriff abgewischt, kurz nachdem Phil ihn angefasst hat. Da die Spurensicherung erst einige Zeit später den Türgriff untersucht hat, waren wieder ausreichend neue Fingerabdrücke darauf.«

»Das hört sich für mich nicht besonders plausibel an, Jerry. Wieso sollte irgendjemand Spuren beseitigen, die Phil beim Betreten einer Bar hinterlassen hat? Was soll in der kurzen Zeit, in der Phil in der Bar war, passiert sein, das so ein Verhalten rechtfertigt? Dass viele, bisher unbescholtene Bürger der Stadt lügen und das sogar der Polizei gegenüber. Welchen Grund sollte das haben?«

»Das weiß ich nicht, Sir. Noch nicht. Aber ich denke nicht, dass ich verrückt geworden bin. Und wenn wir das ausschließen, dann bleibt eine unumstößliche Tatsache bestehen: Phil hat wenige Minuten vor mir diese Bar betreten, und kurze Zeit später hat er aus unerfindlichen Gründen die Bar wieder verlassen.«

»Jerry, wir müssten auch in Betracht ziehen, dass er die Bar nicht freiwillig verlassen hat.«

»Das halte ich ohnehin für wahrscheinlicher, denn welchen Grund hätte er sonst haben sollen, dass er mir nicht Bescheid gesagt hat?«

»Phil ist entführt worden, anders kann ich mir das nicht erklären. Kann es etwas mit dem Fall zu tun haben, dessentwegen Sie dort sind?«

»Um den Fall habe ich mich noch nicht gekümmert. Aber das werde ich nun ändern.«

***

Wir hatten nicht gerade das, was man einen guten Start nennen würde. Daher hatte ich Lieutenant Walker zum Frühstück eingeladen, und nun saßen wir in Maggie’s Diner. Doch nach Frühstück war mir nicht. Ein akustisches Signal von Walkers Smartphone kündigte den Eingang einer SMS an.

»Nachricht von der Spurensicherung?«, fragte ich ungeduldig.

»Die Kollegen haben mich gerade benachrichtigt. Bislang kein Ergebnis. Wenn wir eines haben, sind Sie der Erste, der es erfährt.«

Ich nickte. In was für eine Geschichte waren wir da hineingeraten? Die Mordserie, wegen der Phil und ich eigentlich gekommen waren, hatte ich noch mit keiner Silbe angesprochen.

»Zwei Minuten ist Inspektor Decker vor Ihnen in die Bar gegangen, sagen Sie«, begann Walker.

Ich nickte bestätigend.

»Und Ihr Partner hatte sein Smartphone nicht dabei, als er die Bar betrat?«

»So ist es. Sein Smartphone lag im Handschuhfach. Ich habe es gefunden, als ich versucht habe, meinen Partner anzurufen.«

»Ist das nicht ungewöhnlich? Ich meine, wer lässt sein Handy im Auto liegen, wenn er in eine Bar geht?«

»Ich kann es Ihnen nicht sagen, Lieutenant Walker. Aber vielleicht entkräftet dieser Umstand zumindest eine Ihrer Hypothesen, nämlich, dass ich allein in die Stadt gekommen bin. Denn dann würde wohl kaum Phils Smartphone im Wagen liegen.«

Walker sah mich an und zögerte. »Könnte es sein, dass Ihr Partner schon früher aus dem Wagen ausgestiegen ist? Ich meine, bevor Sie die Stadt erreicht hatten?«

Langsam wurde ich wütend.

***

Mittlerweile befanden sich alle verfügbaren Kräfte auf der Suche nach Phil. Es gab keine weiteren Indizien, weder, was mit meinem Partner geschehen sein könnte, noch, wo er sich gegenwärtig aufhielt. Ich saß in Alexandria Police Department und studierte die Mordfälle, die wir aufklären sollten.

Die Parallelen in den Mordfällen in Mississippi und Louisiana waren offensichtlich. Bei den Toten handelte es sich um den demokratischen Stadtrat Luke Heller und die Historikerin aus dem Museum für indigene Kunst, Barbara Collum. Beide hatten sich vehement gegen die Pläne des Stadtrats von Alexandria ausgesprochen, aus der nahe gelegenen Kleinstadt Dry Prong ein Spielerparadies zu machen.

Sie waren mit derselben Waffe erschossen worden, beiden war vor ihrer Haustür aufgelauert worden, und nach den tödlichen Schüssen hatte der Mörder die Leichname in ein Auto gezogen und schließlich am Ufer des Alexandria River abgeladen. Zumindest deuteten Blut- und Schleifspuren darauf hin. Keine Zeugen, vermutlich hatte der Mörder eine Waffe mit Schalldämpfer verwendet. Die Kugeln, die in den Körpern der Toten gefunden wurden, waren Kaliber.32.

Nur eine alte Dame, die auf der anderen Straßenseite des ermordeten Stadtrats wohnte, wollte in der Nacht seiner Ermordung ein leises Summen auf der Straße gehört haben.

Wer immer die Menschen getötet hatte, hatte sich keine große Mühe gegeben, zu verbergen, dass es sich um ein und denselben Täter handelte. Ich hatte gerade meine Arbeit beendet, die Fotos der Tatorte auf einer großen Pinnwand in dem Office, das ich zugewiesen bekommen hatte, zu befestigen, als Lieutenant Walker an die Tür klopfte.

»Herein«, sagte ich knapp.

Walker kam ins Büro und nickte mir zu. Er hatte zwei Kaffeetassen in der Hand, die eine stellte er auf meinen Schreibtisch. Dann setzte er sich auf einen der Stühle, nippte an seinem Kaffee und besah sich die Fotos, die ich aufgehängt hatte.

»Sie haben in Ihren Protokollen über den Fundort der Toten vermerkt, dass es sich um einen magischen Ort der Ureinwohner handeln würde. Was hat es damit auf sich?«, wollte ich wissen.

»Die Choctaw glaubten an Naturgeister. Einige ihrer Nachfahren tun das immer noch. Der Alexandria River war ein heiliges Gewässer für sie, weil sie dort der Wassergott mit dem beschenkte, was sie und ihre Herden benötigten.«

»Sie meinen, der Ablageort wurde bewusst gewählt?«, hakte ich nach.

»Das kann schon sein, Inspektor Cotton. Ich halte es zumindest nicht für ausgeschlossen. Soweit ich weiß, haben die Choctaw ihren Göttern keine Menschenopfer dargebracht, aber ich glaube nicht an Zufälle.«

»Und dass zwei Leichen an derselben Stelle gefunden werden, ist mehr als zufällig.«

Walker nickte.

»Wenn es stimmt, was Sie vermuten, sollte in der Gegend abends regelmäßig eine Streife vorbeifahren«, sagte ich bestimmt, lehnte mich in meinem Stuhl zurück und streckte mich. Langsam machte sich mein Schlafmangel deutlich bemerkbar. Meine Augen brannten, und ich fühlte mich schlapp. »Sagen Sie, Lieutenant Walker, wer wusste, dass mein Partner und ich in die Stadt kommen würden?«

Walker schien nachzudenken. Dann zuckte er mit den Schultern. »Neben mir wusste niemand davon. Zumindest von den Leuten hier nicht.«

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Phils Verschwinden ein Zufall sein soll. Egal, ob er aus freien Stücken untergetaucht ist oder entführt wurde. Mit einem Zufall haben wir es nicht zu tun.«

»Tja«, sagte Walker gedehnt. »Dann bin ich wohl der einzige Verdächtige auf Ihrer Liste, Inspektor Cotton.«

***

Ich musste kurz eingenickt sein und schreckte hoch, als die Türklingel des Police Department schrillte. Ein Blick auf meine Uhr sagte mir, dass ich fast eine Stunde geschlafen hatte. Ich hörte den Officer vom Dienst aufgeregt mit jemandem reden. Dann öffnete sich die Tür unseres Büros, und ich sah den Mann, der den Officer in Aufregung versetzt hatte.

Es war Phil.

Worte waren für mich zunächst überflüssig. Ich ging auf meinen Partner zu und nahm ihn in den Arm.

»Phil, wo warst du? Was ist passiert?«, stieß ich hervor und musterte ihn eingehend.

»Ich brauch erst mal was zu trinken.«

»Was willst du haben? Einen Whisky?«

»Nein, Wasser reicht völlig aus, Jerry. Davon habe ich in den letzten Stunden etwas zu wenig bekommen.«

Phil hatte Bartstoppeln im Gesicht, und über dem rechten Auge hatte er eine Platzwunde, das Blut war bereits verkrustet.

»Soll ich dich ins Krankenhaus fahren?«, fragte ich besorgt.

»Nein, das ist nicht nötig. Mir geht es gut.«

Walker öffnete neugierig die Tür, da er offensichtlich Stimmen gehört hatte. Als er Phil sah, weiteten sich seine Augen. »Sind Sie etwa …?«

Phil ließ sich in einen schweren Ledersessel fallen, der in der Ecke des Office stand. »Inspektor Decker. Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Lieutenant …«

»… Walker«, stotterte Walker.

»Wir sollten jetzt sofort an die Arbeit gehen, damit wir die ausfindig machen, die mir das angetan haben.«

Ich atmete tief durch. »Okay, dann leg mal los!«

»Ja, wo soll ich anfangen?«, murmelte Phil.

»Am besten mit dem Moment, in dem du die Klinke zur Bar heruntergedrückt hast.«

»Ich bin in Richtung Toilette gegangen. Auf dem Weg habe ich gedämpfte Stimmen am unteren Ende der Treppe gehört. Ich bin die Treppe hinuntergegangen und in einen erleuchteten Flur getreten, von dem ein Raum abgeht. Die Tür war einen Spalt geöffnet, und ich konnte nicht widerstehen, durch den Spalt hindurchzusehen. Ich hatte den Kopf gerade so weit nach vorne geschoben, dass ich in den Raum sehen konnte, als ich einen Schlag auf den Hinterkopf erhielt.«

»Hast du eine Ahnung, wer dich niedergeschlagen hat, Phil?«, wollte ich wissen.

Mein Partner schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Und ich habe auch noch keine Erklärung dafür, warum ich entführt worden bin. Auf jeden Fall bin ich in einem Keller wieder zu mir gekommen.« Er nahm einen großen Schluck Wasser, das ich ihm hingestellt hatte.

»Hast du das Gesicht deines Entführers gesehen?«, fragte ich ihn.

»Nein, er trug eine Sturmhaube. Er hatte großes Interesse daran, zu erfahren, was ich in Alexandria zu suchen habe. Er hat allerdings schon gewusst, dass es sich um die Morde dreht. Und nun wollte er wissen, was wir wussten.«

»Du meinst also, dass du vom Mörder gekidnappt worden bist?«

»Ich kann nur sagen, dass er ein großes Interesse am Stand der Ermittlungen hatte, Jerry.«

»Was hast du ihm gesagt?«, bohrte ich nach.

»Alles«, erwiderte Phil lapidar.

»Alles?«, fragte Walker erstaunt.

»Er hat mir etwas gespritzt. Ich vermute, es war Skopolamin.«

»Das Wahrheitsserum?«, fragte ich erstaunt.