Jerry Cotton 3154 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3154 E-Book

Jerry Cotton

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Leiche von Special Agent Lionel Doyle vom Field Office Birmingham, Alabama wurde durch Zufall auf einem heruntergekommenen Schrottplatz entdeckt. Der Mann war übel zugerichtet worden und lag in einem Cadillac, der am nächsten Tag in der Stahlpresse gelandet wäre. Mr High, schockiert über die Grausamkeit der Tat, übertrug Phil und mir den Fall. Wir fanden schnell heraus, dass der Kollege gegen eine gemeinnützige Organisation ermittelt hatte, die sich um ehemalige Strafgefangene kümmerte. Um Doyles Mörder dingfest zu machen, schleusten wir Phil als Ex-Häftling bei den "Angels of Mercy" ein - und brachten ihn damit in Lebensgefahr!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 145

Veröffentlichungsjahr: 2017

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Angels of Mercy

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: (Film) »Get rich or die tryin’«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5551-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Angels of Mercy

McKenzie war nicht mehr der Jüngste. In seiner dünnen Jacke fühlte er sich der nächtlichen Kälte hier draußen fast schutzlos ausgeliefert. Wenn er sich nicht den Tod holen wollte, musste er sich beeilen. Schwer atmend suchte er sich seinen Weg zwischen den düster vor ihm aufragenden Metallhaufen. Endlich fand er, was er suchte.

Im matten Mondlicht wirkte der cremefarbene Cadillac Eldorado seltsam unwirklich. Was hatte so ein prachtvoller Schlitten auf diesem vergammelten Schrottplatz zu suchen? Der Alte schüttelte unwillig den Kopf. Morgen würde der Wagen in der Schrottpresse landen. Und dann war es vorbei mit all der Herrlichkeit. Manche Menschen hatten wirklich vor nichts Respekt.

McKenzie wusste, dass in den Fahrzeugen immer wieder Sachen liegen blieben. Und in diesem Fall war er sich fast sicher, dass es etwas abzugreifen gab. Gierig tasteten seine klammen Finger nach dem Öffnungsmechanismus des Kofferraums. Der Riegel klemmte, aber schließlich öffnete sich die Klappe leise quietschend.

McKenzie wollte schreien, aber seine Kehle war wie zugeschnürt.

Vor ihm lag ein Mann in einer riesigen, dunklen Blutlache. Der Kopf mit den aufgerissenen Augen war zwischen seinen Beinen platziert.

An einem Dienstagmorgen um neun Uhr trafen Phil und ich bei Mr High ein. Draußen auf den Straßen von Washington sorgte am letzten Novembertag nasskaltes Wetter für getrübte Stimmung. Es war, als hätte sich etwas davon in das Büro des Chefs übertragen. Irgendwie hing Unheil in der Luft. Mr High beobachtete schweigend, wie Phil und ich uns setzten und an dem Kaffee nippten, den Dorothy vorsorglich bereitgestellt hatte. Schließlich straffte er sich auf dem Stuhl hinter seinem Schreibtisch.

»Ich denke manchmal, dass mich kaum noch etwas erschüttern kann«, sagte er. »Ich gebe zu, ich habe mich geirrt.«

Phil und ich wechselten einen kurzen Blick. Das war mehr als ungewöhnlich. Der Chef wirkte zugleich bedrückt und wütend. Wir fragten nicht, was ihm so zu schaffen machte, sondern warteten, bis er von selbst darauf zu sprechen kam.

»Auf einem Schrottplatz in Birmingham wurde heute Nacht gegen ein Uhr eine männliche Leiche entdeckt. Sie lag im Kofferraum eines Wagens, der für die Stahlpresse vorgesehen war. Jemand hatte den Kopf abgetrennt und zwischen die Beine des Mannes gelegt.« Es klang nüchtern. Aber Mr Highs Blick schien weit hinauszugehen aus diesem Raum, dorthin, wo man vor wenigen Stunden den Toten entdeckt hatte. »Er war einer von uns. Special Agent Lionel Doyle vom Field Office in Birmingham.«

Einen Moment herrschte Stille, ehe Phil fragte: »Woher weiß man das?«

»Ganz einfach«, vermutete ich. »Man hat ihm seine Papiere nicht abgenommen. Offenbar ging man davon aus, dass die Schrottpresse ganze Arbeit leisten würde.«

Mr High holte tief Luft, als wollte er sich von dem Druck befreien, der auf ihm lastete. »Ein Mann, der sein ganzes Leben dem Kampf für Recht und Gesetz gewidmet hat, wird einfach zu Schrott verarbeitet. Vorher trennt man ihm noch den Kopf ab, um ihn zu verhöhnen.«

Wieder schwiegen Phil und ich. Ich teilte Mr Highs Abscheu und wünschte mir schon jetzt nichts sehnlicher, als den oder die Täter zwischen die Finger zu kriegen. Aber es gab noch etwas anderes, was dem Chef zusetzte. Da war ich mir ganz sicher.

Ich sollte mich nicht getäuscht haben. Es dauerte etwas, aber dann fuhr er mit leiser, eindringlicher Stimme zu sprechen fort.

»Agent Doyle lebte allein. Seine Tochter wurde mit acht Jahren entführt und wird seitdem vermisst. Seine Frau verließ ihn damals. Der Mann hat viel durchgemacht. Und jetzt das.«

In wenigen Worten hatte Mr High angedeutet, was in ihm vorging. Sein eigenes Schicksal spiegelte sich in Doyles Tragödie. Vor langer Zeit hatten Gangster seine Frau und seine Tochter getötet.

»Ich will natürlich, dass Sie beide den Fall übernehmen«, sagte er. »Dorothy hat für Sie einen Flug buchen lassen. Abflugzeit ist halb eins. Zwei Stunden Ortszeit später kommen Sie an, wegen der Zeitverschiebung. Um zwei Uhr erwartet Sie SAC Stacy Nomad im Field Office Birmingham.« Der Chef wollte offensichtlich keine Zeit verlieren.

»Gibt es schon Vermutungen über die Hintergründe der Tat?«, fragte ich.

»SAC Nomad deutete am Telefon an, dass der Mord etwas mit der Drogenszene da unten zu unten haben könnte. Aber machen Sie sich selbst ein Bild. Die Art, wie Agent Doyle getötet wurde, ist außergewöhnlich. Wer weiß, was dahintersteckt. Nach einer der üblichen Junkiegeschichten sieht es jedenfalls nicht aus.«

Ich nickte.

Der Assistant Director stand auf, kam herüber und sah uns nachdenklich an. Er zögerte kurz, ehe er sagte: »Passen Sie auf sich auf! Sie haben es wahrscheinlich mit einem höchst gefährlichen Gegner zu tun. Rechnen Sie mit allem, und vertrauen Sie niemandem.«

Auch das war unüblich. Mr High mahnte uns zur Vorsicht.

Als wir zwanzig Minuten später das Headquarter verließen, sagte Phil: »Wer so eine Tat begeht, muss doch krank sein, oder?«

»Ich weiß nicht«, entgegnete ich. »Vielleicht auch nur Profi. Oder beides.«

»Großartig. Jedenfalls sollten wir noch irgendwo ein paar Eier mit Speck verdrücken, bevor wir die Koffer packen.«

Dagegen gab es nichts einzuwenden.

***

SAC Stacy Nomad war keine Unbekannte. Wir hatten früher schon mit ihr zusammengearbeitet und mochten sie. Mit ihren fünfundvierzig Jahren war sie eine attraktive, reife Frau, die ihre Reize nicht sonderlich betonte. Sie empfing uns in ihrem nüchtern eingerichteten Büro, in dem ein Strauß weiß blühender Amaryllis auf dem Schreibtisch das einzige belebende Element war. Ihr schwarzer Hosenanzug wirkte streng, betonte zugleich aber ihre weiblichen Rundungen.

»Ich bin froh, dass ich Sie beide an meiner Seite habe. Die Sache geht mir an die Nieren. Agent Doyle und mich verband eine Art Freundschaft.« Es waren wenige Worte, mit denen sie ausdrückte, was sie empfand. Aber in ihren verschatteten Augen konnte man die Trauer über den Tod des Agents lesen. »Ich habe bereits einen Termin für uns gemacht. Ich hoffe, es ist Ihnen recht. In einer Stunde treffen wir uns mit dem Mann, der Doyles Leiche gefunden hat. Und mit dem Geschäftsführer des Verschrottungsunternehmens.«

Phil und ich nickten zustimmend.

»Vorher sollten wir uns kurz verständigen. Bitte, nehmen Sie Platz.«

Wir gruppierten uns um einen Resopaltisch mit abgenutzter Oberfläche, auf dem zwei braune Umschläge bereitlagen.

»Sie finden darin einiges über Doyles Biografie und die Fälle, an denen er in den letzten Jahren gearbeitet hat«, erklärte die Leiterin des Field Office.

»Wann haben Sie Agent Doyle zum letzten Mal gesehen?«, fragte Phil.

»Samstagmorgen.«

»Also vor drei Tagen.«

»Ja, Inspektor Decker. Als er gestern nicht zur Arbeit erschien, war ich beunruhigt. Ich rief den einzigen Menschen an, von dem ich weiß, dass Doyle mit ihm befreundet war. Auch er wusste nicht, was mit ihm los war.«

»Benahm er sich am Samstag irgendwie auffällig?«, wollte ich wissen.

»Nein, das kann man nicht sagen. Er kam allerdings nur kurz ins Office, hatte noch eine Verabredung.«

»Mit wem?«, fragte ich schnell.

Der SAC zuckte mit den Schultern. »Ich habe ihn nicht gefragt.« Es war ein bitteres Eingeständnis.

Phil machte es ihr nicht leichter. »Wissen Sie, ob es sich um eine private oder um dienstliche Angelegenheit handelte?«

»Nein, eben nicht. Ich hatte Samstag alle Hände voll zu tun.«

»Sie gehen davon aus«, vergewisserte ich mich, »dass Doyle Opfer eines Drogenrings wurde?«

»Ja, ich habe das im Gespräch mit Mister High angedeutet. Die Crocodiles waren ursprünglich eine kleinere Straßengang, die mit Crack dealte und Schutzgelder erpresste. Inzwischen sind sie zu einem Kraken herangewachsen, der ganz Birmingham in seinen Fängen hält. Andere Gangs haben sich den Crocodiles angeschlossen. Niemand wagt mehr, sich ihnen entgegenzustellen. Wir glauben, dass sie sich mittlerweile auf Waffenhandel spezialisiert haben. Lionel hat einige Mitglieder aus dem Verkehr gezogen. Sie sitzen hinter Gittern und warten auf ihren Prozess.«

»Wie passt der Umstand ins Bild«, fragte ich, »dass Doyle enthauptet wurde?«

Sie zuckte unschlüssig mit den Schultern. »Ich weiß es nicht, Inspektor Cotton. Einerseits glaube ich, dass die Kerle zu allem fähig sind. Andererseits ist so eine Tat extrem symbolträchtig. Wenn es die Crocodiles waren, was wollten Sie damit ausdrücken?« Zwischen ihren Augen hatte sich eine steile Falte gebildet. Der Umstand, dass Doyle auf derart bestialische Weise ermordet wurde, schien ihr schwer zu schaffen zu machen.

Phil und ich warteten schweigend, bis SAC Nomad selbst versuchte, eine Antwort zu finden.

»Vielleicht ein Racheakt? Rob Tate ist der Boss der Gang. Agent Doyle hatte seine Festnahme schon geplant. Aber vor zwei Wochen verschwand Tate dann plötzlich von der Bildfläche. Womöglich hatte ihm jemand gesteckt, dass wir ihm auf den Fersen waren.«

»Wer könnte wissen, wo er sich versteckt?«, fragte ich.

»Vielleicht sein Bruder, Jack Tate. Er lebt in einem Heim für ehemalige Straftäter in Trussville. Es nennt sich Angels of Mercy. Agent Doyle hat Jack Tate dort aufgesucht. Aber der behauptet, sein Bruder und er seien wie Feuer und Wasser. Sie hätten schon lange keinen Kontakt mehr.«

»Wann genau wurde Doyle getötet?«, erkundigte sich Phil.

»Zwischen zehn Uhr abends am Montag und ein Uhr Dienstagnacht. Das ergab eine erste Untersuchung der Leiche am Fundort.« Sie atmete tief durch, blickte dann auf ihre Uhr. »Ich denke, wir sollten jetzt aufbrechen.«

Wir verließen das Büro. Draußen auf der Straße wartete ein schwarzer Ford Explorer auf uns. Wir durchkreuzten die City von Nord nach Süd, um in das Industriegebiet rund um die 25th Street zu gelangen. Im fahlen Sonnenlicht, das sich zwischen den zerfransten Rändern auseinanderstrebender Wolkenbänke seinen Weg suchte, wirkten die ziegelfarbenen Hochhäuser der City wie Bauklötze. Stürmische Böen zerrten am Wagen.

»Wir hatten hier unten einen wilden Herbst«, sagte der SAC und deutete mit der Hand nach draußen, wo Papierfetzen und Plastiktüten über die Fahrbahn wirbelten. »Sehen Sie sich das an. Es ist, als würde der Wind den ganzen Dreck aus der Stadt kehren.«

Schon von Weitem sahen wir die bläulich pulsierende Neonschrift über der Einfahrt des Schrottplatzes: Buck’s Auto Shredder. Wir kurvten auf den Platz vor einem lang gezogenen Wellblechschuppen, in dem sich die Büroräume befanden. Dahinter türmte sich ein Wall aus Eisen- und Metallteilen. Als wir ausstiegen, schlug uns ohrenbetäubender Lärm entgegen.

»Warten Sie bitte einen Moment«, bat SAC Nomad. »Ich verständige den Chef. Er wird uns zu der Stelle bringen, wo die Leiche gefunden wurde.«

Während sie davonging, betrachteten Phil und ich die schroffe Landschaft aus Tausenden von Schrottteilen, über die die Ausleger der Bagger fingerten wie Rieseninsekten auf der Suche nach Nahrung.

»Der ideale Platz, um eine Leiche verschwinden zu lassen«, bemerkte Phil.

»Vor allem«, verkündete eine laute, kehlige Stimme hinter uns, »wenn man weiß, was mit den angelieferten Fahrzeugen passiert.«

Wir drehten uns gleichzeitig um. Vor uns stand ein bulliger Typ mit Halbglatze und gelber Warnweste.

»Sorry«, grinste er, »nicht richtig, jemand von hinten anzuquatschen. Ich bin Buck Ferguson, der Boss hier.«

»Inspektor Cotton«, stellte ich mich vor. »Und das ist Inspektor Decker.«

»Ist mir eine Ehre.«

»Ich glaube, Special Agent in Charge Nomad sucht Sie da drin«, sagte Phil und zeigte auf das Bürogebäude.

»Bin gleich zurück«, sagte Ferguson und stiefelte breitbeinig auf die Tür zu, die ins Innere des Schuppens führte.

Kurz darauf kam er mit dem SAC zurück. Er hielt drei Warnwesten in der Hand. »Hier, ziehen Sie die an. Auf dem Gelände ist es gefährlich.«

Wir folgten der Aufforderung. Ferguson führte uns zwischen Schrottbergen durch ein Labyrinth von schlammigen Wegen zu einer asphaltierten Fläche mit Dutzenden alter Autos. Einige waren schwer beschädigt, vermutlich Unfallfahrzeuge. Aber auch die anderen wirkten ramponiert und schäbig.

Einzige Ausnahme war ein cremefarbener Cadillac Eldorado, der trotz des trübseligen Umfelds eine Würde ausstrahlte. Der Platz darum war von den Leuten der Spurensicherung abgesperrt, die nach wie vor ihrer Arbeit nachgingen. Der Kofferraum stand offen.

SAC Nomad blieb stehen. »Sehen Sie beide sich das allein an, Inspektor Cotton und Inspektor Decker. Ich war heute Morgen schon da.«

Phil und ich gingen hinüber.

Die Leiche war abtransportiert worden. Aber der Tote hatte Unmengen von Blut zurückgelassen, das auf dem Boden des Kofferraums eine gallertartige Masse bildete.

»Doyle ist an diesem Ort gestorben«, sagte Phil. »Soviel steht fest.«

Ich blickte auf den Asphalt unter uns, der von dunklen Flecken gesprenkelt war. »Das heißt«, stimmte ich zu, »dass er noch lebte, als man ihn herbrachte. Das macht keinen Sinn.«

Wir gingen zu SAC Nomad zurück. »Können Sie sich erklären«, fragte ich, »warum der oder die Täter das Risiko auf sich nahmen, so deutliche Spuren zurückzulassen?«

»Nein«, sagte sie, »kann ich nicht.«

Ferguson hatte meine Worte aufgeschnappt. »Schön blöd!« Er grinste. Ich war mir nicht sicher, ob er damit inzwischen schon mal aufgehört hatte. »Normalerweise wäre von dem Typen nichts übrig geblieben.«

»Der Typ war mein Kollege!«, fauchte SAC Nomad.

»Sorry.« Ferguson produzierte mit der Zunge ein schnalzendes Geräusch, das wohl seine Entschuldigung bekräftigen sollte. »Ich drücke mich manchmal ungeschickt aus. Ich meinte nur, wir leisten ganze Arbeit. Bitte kommen Sie doch mal mit. Ich möchte Ihnen was zeigen.«

Er zog ein Funkgerät aus der Tasche und gab einige Anweisungen, während wir uns tiefer in die Landschaft aus skelettierten Autos hineinbewegten. Ein Geruch aus Öl, Eisenabrieb und Fäulnis hing in der Luft. Schließlich standen wir vor einem grün gestrichenen Bagger, dessen regloser Schwenkarm über dem Wrack eines Toyota hing. Im Hintergrund machten sich weitere Bagger über andere Fahrzeuge her. Der Lärm war hier zu einer endzeitlichen Kakophonie angeschwollen. Ein unaufhörliches Kreischen, Knirschen, Dröhnen und Hämmern.

»Eine kleine Vorführung«, brüllte Ferguson gegen das Getöse an.

Noch eine Anweisung und der Fahrer, in der Kuppel des Baggers als schmaler Strich zu erkennen, senkte den Ausleger. Der Greifer schnappte nach der Motorhaube des Wracks, riss sie ab, schwenkte herum und warf sie in den Schlund eines Containers. Dann kehrte er zurück und verbiss sich in den Motorblock. Er hob ihn halb, knickte ihn mit einem jähen Ruck ab und brach ihn ganz heraus. Für Sekunden ließ er ihn triumphierend über unseren Köpfen schweben.

Nachdem der Motor entsorgt war, tauschte der Fahrer den Greifer gegen eine schwere Betonplatte am unteren Ende des Schwenkarms aus. Mehrfach ließ er sie auf das Dach des Toyota herunterkrachen, bis das Fahrzeug flach wie eine Flunder unter ihm lag.

Ferguson winkte dem Fahrer kurz zu, dann bedeutete er uns grinsend, ihm zu folgen. Wir gingen zum Bürocontainer zurück und traten ein.

Ein schmaler Gang führte in einen länglichen Raum. Außer Stühlen und einem aus Wrackteilen gebastelten Tisch gab es ein Plakat, auf dem sich eine Superblondine im Badeanzug vor der Kühlerhaube eines roten Ferrari räkelte. Dazu aus einem billigen kleinen Recorder jaulende Gitarrenriffs, begleitet von den rührseligen Klängen einer Mundharmonika. Nashville-Sound. Eine krakeelende Stimme sang Two rifles crossed. It’s like frozen blood is running. It’s pumping through my veins.

»Musik für richtige Männer!«, übertönte Fergusons kehlige Stimme die lärmende Musik. Er zwinkerte mir verschwörerisch zu. Als er sah, dass das nicht einschlug, stellte er die Musik ab. Er wandte sich dem Tisch zu. Dort hockte mit zusammengefallenen Schultern ein unrasierter alter Mann, der uns misstrauisch entgegenblinzelte.

»Darf ich vorstellen«, tönte Buck Ferguson großspurig, »das ist Mister McKenzie, der Nachtwächter. Ihm verdanken wir die Entdeckung der Leiche.« Dabei vollführte er eine Geste, als präsentiere er einen Musicalstar.

»Großartig«, lobte Phil, »herzlichen Glückwunsch!«

Keine Frage, Ferguson genoss die Aufmerksamkeit, die ihm der Mord auf dem Firmengelände bescherte. Es wunderte mich, dass er keinen Fernsehsender bestellt hatte, um seinen Auftritt zu dokumentieren.

SAC Nomad, Phil und ich legten die Warnwesten ab und setzten uns zu McKenzie. Ferguson blieb stehen und schmunzelte wohlwollend.

»Sie waren heute Nacht allein auf dem Posten?«

Meine Frage schien McKenzie zu irritieren. »Klar, bin ich immer. So ist das eben.«

»Und wie kommen Sie damit zurecht?«, fragte ich.

»Ziemlich gut, würde ich sagen.«

»Sie würden es also merken, wenn sich jemand Zutritt verschaffen wollte?«

Er zuckte unwillig mit den Schultern. »Ist noch nie passiert. Ich meine, außer heute Nacht.«

»Ja«, schaltete sich Phil ein, »aber da war’s gleich ein ganzer Wagen, der an Ihnen vorbeifuhr. Den müssten Sie doch gesehen haben.«

»Wie im Zirkus«, meinte McKenzie.

»Wie bitte?«

»Kennen Sie das nicht? Diese Zaubershows. Da kriegen Sie auch nicht mit, wie der Hase in den Zylinder kommt.«

»Red kein Blech!«, ranzte Ferguson ihn an. »Man muss ja denken, du bist nicht ganz richtig im Kopf!«

»Such dir doch einen anderen«, giftete McKenzie zurück.

»Schon gut«, lenkte Ferguson ein. Dann wandte er sich an Phil. »Ich habe eine Schwäche für den alten Mann. Sonst hätte ich ihn längst rausgeschmissen.«

»Quatsch«, knurrte McKenzie. »Ich bin ’ne billige Arbeitskraft.«

»Ich nehme an«, sagte Ferguson, »der gute Mac hat sich eine Auszeit gegönnt. Hat ’ne Runde geschlafen.«

»Tatsächlich?«, wunderte ich mich. »Meinen Sie, das kommt öfter vor?«

Ferguson hob die Augenbrauen. »Ich hoffe nicht.«

McKenzie schwieg finster.

»Warum«, schaltete sich der SAC wieder ein und fixierte Ferguson mit einem prüfenden Blick, »haben Sie diese Vorführung draußen für uns arrangiert?«

Ferguson stutzte kurz, dann gab er sich ganz unbefangen. »Damit Sie einen Eindruck bekommen. Davon, was sich die Gangster versprochen haben. Ich meine, weshalb sie ausgerechnet hier ihre Leichen abliefern. Eigentlich ein guter Schachzug. Es gibt keinen besseren Ort für so was. Keine Rückstände, verstehen Sie? Alles sauber.«

»Was Sie nicht sagen«, spottete Phil. »Eigentlich war uns das vorher schon klar.«

»Na ja, schließlich sind Sie nicht vom Fach«, erwiderte Ferguson gereizt.