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An mehreren Küstenabschnitten verschiedener Bundesstaaten wurden Plastikpakete mit Kokain angeschwemmt. Ein Pensionär fand eines der Pakete bei einem Strandspaziergang. Nachdem er den Fund den Behörden übergeben und die Story an die Medien verkauft hatte, war er kurz darauf tot - grausam gefoltert. Offenbar war jemand davon überzeugt gewesen, dass der Mann gewusst hatte, wo sich der Rest der Ladung befand. Wir übernahmen den Fall, als sich herausstellte, dass das Paket zu einer Kokainladung gehörte, von der ein Teil vor vielen Jahren vom FBI konfisziert worden war ...
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Seitenzahl: 133
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Palmen, Strand und heißer Schnee
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: (Film) »The Beach«/ddp-images
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-5784-4
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Palmen, Strand und heißer Schnee
Vor der Atlantikküste von South Carolina
»Hey, entspann dich!«, sagte George Raydon. Er stand am Steuerrad der Jacht. Der Wind blähte die Segel. Der grauhaarige, drahtige Mann grinste die junge Frau im Bikini an, die sich gegen die nautischen Armaturen lehnte. Der Wind hatte ihr blondes Haar zerzaust. »Ich schließ den Deal in Miami ab, und dann tun wir beide gar nichts mehr. Jedenfalls nichts, was uns keinen Spaß macht, Cathy.«
Cathy wirkte schlaftrunken. »Ich dachte, wir machen nur Urlaub, George.«
»In Zukunft machen wir immer Urlaub!«
Die junge Frau rieb sich die Nase. Sie war gerötet und wirkte entzündet.
»Für die Menge an Koks, die du geschnupft hast, ist deine Laune immer noch reichlich schlecht«, meinte Raydon.
Im nächsten Moment gab es einen Knall.
Der vordere Teil der Jacht explodierte. Eine Sekunde später hatte sie keinen Bug mehr. Wasser strömte ein, und ein Ruck ging durch das Boot. Es senkte sich schnell abwärts. Aber die Fahrt in die Tiefe hatte noch gar nicht begonnen, als eine weitere Explosion das Heck zerriss.
Cathy wurde wie eine Puppe durch die Luft geschleudert. Ihr Körper stieß gegen die Reling. Ihr Schrei erstarb, als ihr der Aufprall auf der Reling das Rückgrat brach.
George Raydon klammerte sich ans Steuerrad. Dann schlug das Wasser über ihm zusammen.
Er strampelte, versuchte zu schwimmen. Irgendetwas prallte gegen seinen Kopf. Einige Augenblicke war er benommen.
Er ruderte mit den Armen. Dass er auf der Highschool mal eine Schwimmmeisterschaft gewonnen hatte, war Jahrzehnte her. Aber er war immer noch ein guter Schwimmer, der es auch mit Jüngeren aufnehmen konnte.
Allerdings dämmerte ihm, dass ihm dies wohl kaum nutzen würde.
Nicht so weit draußen im Atlantik.
Mindestens dreißig Seemeilen lagen zwischen der letzten Position der Jacht und der Küste. So weit konnte niemand schwimmen. Nicht mal jemand wie George Raydon.
Todesangst erfasste ihn. Panik machte sich breit. Er erreichte die Wasseroberfläche. Von der Jacht war kaum noch etwas zu sehen. Nur einige Trümmerteile, die schnell sanken.
Und ein paar Päckchen, die sich an der Oberfläche hielten. Eines war so nah, dass ihm die Aufschrift geradezu ins Auge viel.
KLM Columbiana stand dort in verschnörkelten und zu einem kunstvollen Emblem miteinander verschmolzenen Buchstaben.
Verdammt, ging es ihm durch den Kopf, so nah am Ziel – und jetzt das Ende!
Er wusste, dass er seinen Tod nur hinauszögern, aber nicht mehr verhindern konnte.
Das Spiel ist aus, dachte er. Für immer.
***
Myrtle Beach, South Carolina, Atlantikküste
Marvin Brady nahm das Stück Treibholz und warf es so weit er konnte. »Na los, hol es zurück!«, rief er.
Der zottelige Terrier ließ sich das nicht zweimal sagen. Er rannte hinter dem Holzstück her. Sein Bellen mischte sich mit dem Rauschen der Brandung. Brady ging barfuß. Er hatte seine Hose bis zu den Knien hochgekrempelt. Wenn eine Welle besonders stark war, umspülte sie die Füße des siebzigjährigen, übergewichtigen Mannes. Diesen Urlaub, dachte er, habe ich mir wirklich verdient!
Der Hund kehrte zurück.
Aber er hatte nicht das Stück Treibholz im Maul, sondern etwas anderes.
»Na, was hast du denn da, Buddy?«
Der Hund wedelte mit dem Schwanz und ließ sich das Päckchen ohne Widerstand aus dem Maul nehmen.
Das aufgedruckte Emblem fiel ihm auf.
KLM Columbiana.
Marvin Brady öffnete es. »Oh, mein Gott«, flüsterte er, nachdem er begriffen hatte, was der Inhalt war. Sein Gesicht verlor fast vollkommen die Farbe.
***
Daniel Allister saß hinter dem Steuer seines SUV. Die Zeitung, die er aufgeschlagen hatte, diente nur der Tarnung. Sein Partner Errol Piper hatte auf dem Beifahrersitz Platz genommen und die andere Hälfte des bunt bedruckten Boulevardblatts. Sie waren beide schon seit Stunden mit der Observation eines Mannes beschäftigt. Der traf sich wahrscheinlich in Kürze mit jemandem, der ihm brisante Firmengeheimnisse abkaufen würde.
Genau das waren die Fälle, auf die sich die Firma Allister & Piper, Security & Investigation in den letzten Jahren spezialisiert hatte.
»Hast du schon den Bericht über den bescheuerten Pensionär gelesen, Dan?«, fragte Piper.
»Welchen bescheuerten Pensionär?«
»Der die zwei Pfund Kokain am Strand gefunden hat. Und jetzt hat sich der Idiot damit in der Zeitung ablichten lassen. Ich wette, der kommt sogar noch in die ein oder andere Talkshow.« Piper schüttelte den Kopf. »Wie dumm kann man sein!«
»Wieso?«, fragte Allister.
»Na, muss ich dir das tatsächlich erklären? Warst du mal FBI-Agent, oder steht das nur in unserer Werbung, damit wir leichter Kunden gewinnen können und mehr Aufträge bekommen?«
»Nein, ich war wirklich FBI-Agent«, brummte Allister. »Zehn Jahre lang.«
»Also meiner Ansicht nach ist das das Blödsinnigste, was man machen kann, wenn man zufällig zwei Pfund Kokain irgendwo findet. Das gehört doch irgendjemandem! Und die Typen wollen das sicher wiederhaben, weil es schweineteuer ist. Und nette Leute sind das sicher nicht.«
»Ich nehme an, der Typ hat die Drogen längst der Polizei übergegeben«, sagte Allister und sah nun in den Bericht vor sich. Ein älterer Gentleman hielt ein Päckchen in die Kamera. Neben ihm saß ein Hund. Auf der anderen Seite posierte ein Deputy Sheriff. Ein Landpolizist aus Myrtle Beach, für den das der Fall seines Lebens war, weil er es sonst wohl nur mit gestrandeten Robben zu tun hat, ging es ihm durch den Kopf.
»Trotzdem«, meinte Piper. »Wo ein Päckchen Kokain ist, da sind noch mehr.«
»Du kennst dich da aus?«
»Ich versuche mich nur in die Typen hineinzuversetzen, die das Zeug verloren haben«, brummte Piper.
Allister überflog den Artikel.
Er war eher gelangweilt. Observationen waren nie sein Ding gewesen. Schon damals nicht, als er noch beim FBI gewesen war. Aber sie waren damals wie heute nun mal ein wesentlicher und unerlässlicher Bestandteil des Jobs. Wenigstens wurde er jetzt, da er auf eigene Rechnung arbeitete, anständig dafür bezahlt, dass er stundenlang irgendwo herumsaß und sich mehr oder minder langweilte.
Wahrscheinlich würde er diese Zeitung noch zehnmal lesen müssen, ehe sich bei der Zielperson irgendetwas tat, was eine Reaktion erforderte. Mit dem Handy herumspielen, kam nicht infrage. Schließlich wollte er nicht, dass der Akku vorzeitig schwach wurde.
Ein Detail an dem Zeitungsartikel ließ Allister plötzlich stutzen.
Es war nichts, was in dem ziemlich reißerischen Text stand, der mehr oder minder nur aus haltlosen Spekulationen bestand, weil bislang niemand wusste, wie das Kokain an den Strand gelangen konnte.
Es hatte mit dem großformatigen Foto zu tun.
Genauer gesagt mit der Aufschrift auf dem Päckchen.
KLM Columbiana stand da in verschnörkelten und zu einem Emblem miteinander verschlungenen Buchstaben.
Das darf doch nicht wahr sein!,ging es ihm durch den Kopf.
Dieses Emblem hatte er schon einmal gesehen. Lange war es her. Damals, als er noch Ermittler beim FBI gewesen war …
Irgendwann kommt alles mal wieder an die Oberfläche, dachte er. Jede Leiche und jedes Päckchen Kokain.
»Dan, da ist unser Typ!« Pipers Stimme drang wie aus sehr weiter Ferne in Allisters Bewusstsein. »Hey, bist du noch bei der Sache, oder was ist los, Dan?«
***
FBI Academy, Quantico, Virginia. Einige Tage später.
»Fortsetzung des vorläufigen Autopsieberichts zum Fall Marvin Brady. Das Opfer wurde auf die weiter oben bereits beschriebene Weise gefoltert. Es ist anzunehmen, dass als Folge dieser Folterungen schließlich ein Herz-Kreislauf-Versagen eintrat, das zum Tod führte.«
Dr. Gerold M. Willson, der Gerichtsmediziner des Scientific Research Teams hielt inne und setzte das Diktiergerät ab. Der alte Mann auf dem Seziertisch war furchtbar zugerichtet worden und musste schreckliche Schmerzen erlitten haben, bevor er gestorben war.
Offenbar war Brady einer ziemlich groben Befragung unterzogen worden, die er nicht überlebt hatte.
»Ist es mir gestattet, unseren texanischen Landarzt bei seinem Vortrag vor sich selbst zu unterbrechen, oder wäre das eine ungebührliche Kränkung Ihres Egos, Gerold?«, fragte eine Stimme mit unverkennbar britischem Akzent.
Willson drehte sich um.
In der Tür des Sezierraums stand Dr. Frederik G. Fortesque, der von allen anderen Mitgliedern des Teams nur FGF genannte Naturwissenschaftler und Ballistiker.
»Wenn es was wirklich Wichtiges ist, FGF, dann will ich über diese Kränkung hinwegsehen«, knurrte Willson.
Fortesque warf einen kurzen Blick auf den Toten. »Sind Sie schon weitergekommen, was die Todeszeit angeht? Allerdings spielt die kaum eine Rolle. Mister …«
»Brady. Marvin Brady«, ergänzte Willson.
»… mag zwar erst vor Kurzem ums Leben gekommen sein, aber der Fall ist trotzdem ein Cold Case.«
»Sie wollen mich jetzt auf den Arm nehmen, FGF?«
»Mitnichten, Gerold. Ich weiß, dass man bei Ihnen in Texas nur vergleichsweise einfache Witze goutiert und einen etwas, sagen wir mal, rustikaleren Begriff von Humor hat, während die britische Variante dieses menschlichen Kulturguts weltweit geschätzt wird.«
»Kommen Sie auf den Punkt, FGF!«
»Der Punkt ist, dass ich soeben die Analyse des Kokains abgeschlossen habe, das dieser arme Mann vor einiger Zeit am Strand gefunden hat. Und die Vermutung, dass das plötzlich erwachte Interesse eines unbekannten Folterknechts was mit diesem Drogenpäckchen zu tun hatte, mit dem sich unser Freund auch noch in der Öffentlichkeit zeigte, ist Ihnen ja ebenfalls gekommen.«
Gerold hob die Augenbrauen.
Auch wenn Frederik ihm oft genug gestelzt und umständlich erschien, fachlich war nichts gegen ihn zu sagen, und daher schätzte der Gerichtsmediziner die Unterstützung durch seinen Kollegen ungemein. Allerdings vermied er es tunlichst, das zuzugeben. Schließlich hätte das wohl nur dazu beigetragen, dass der immerhin mit einem Doktortitel ausgestattete Frederik G. Fortesque dann vielleicht nur noch mehr in seiner britisch-herablassenden Art bestärkt worden wäre.
»Worauf wollen Sie hinaus, FGF?«, fragte der Gerichtsmediziner.
»Wenn man Kokain analysiert, findet man da meistens jede Menge Zusatzstoffe. Wie allgemein bekannt ist, verkaufen Dealer immer gerne so wenig wie möglich Kokain und so viel wie möglich von irgendetwas anderem, was nicht ganz so wertvoll ist. Und das exakte Mischungsverhältnis ist wie ein Fingerabdruck für eine bestimmte Kokain-Charge.«
»Und diese spezielle Charge ist schon mal irgendwann aufgefallen, nehme ich an«, sagte Willson.
»Sie wurde vor Jahren vom FBI konfisziert, als ein großer Drogendeal aufgeflogen ist. Die Zusammensetzung ist sehr charakteristisch, da kann es keinen Zweifel geben. Und noch ein Merkmal passt dazu.«
»Welches?«
»Die Verpackung, Gerold. Die Drogen stammten den mir zugänglichen Daten nach aus Kolumbien und wurden in einer Waschmittelfabrik verpackt, die im Gebiet der Rebellen lag. Die haben damals mit Drogenhandel einen Teil ihrer Finanzen bestritten. Auf der Packung stand KLM Columbiana, das Emblem dieser Waschmittelfabrik. Die Maschinen waren wohl so eingestellt, dass das automatisch geschah.«
»Okay, und was bringt das jetzt an neuen Erkenntnissen im Hinblick auf Marvin Brady?«
»Noch gar keine«, sagte Fortesque. »Aber der Fall ist insofern ein Cold Case, weil ein Teil des Rauschgifts nie aufgetaucht ist. Die Menge, die man konfiszieren konnte, war viel kleiner als die, die mutmaßlich eingeführt wurde.«
»Das jetzt noch mal zwei Pfund davon auftauchen, sollte gewisse Abteilungen bei uns neugierig machen«, stimmte Willson zu.
»Nicht nur zwei Pfund, Gerold.«
»Wie bitte?«
»Inzwischen sind an mehreren Küstenabschnitten unterschiedlicher Bundesstaaten Kokainpakete mit dem Aufdruck KLM Columbiana angeschwemmt worden.«
»Dann sollten Sie jetzt wohl ein paar Telefongespräche führen«, schlug der Gerichtsmediziner vor.
»Ich wusste, dass Sie so etwas sagen würden.«
»Ich werde den Bericht beenden, FGF. Dann haben die Kollegen mehr in der Hand.«
»Ich werde Ihre gerichtsmedizinische Glanzleistung schon mal gebührend ankündigen, Gerold«, erwiderte Fortesque.
»Dieser Teebeutel«, murmelte Willson wenig später, aber erst, als Fortesque den Raum bereits wieder verlassen hatte. Gerold wandte sich wieder der Leiche zu. »Wir finden heraus, wer dich ermordet hat«, murmelte er. »Darauf kannst du dich verlassen!«
***
Wie üblich hatte ich Phil an diesem Morgen an der bekannten Ecke abgeholt, um dann mit ihm zusammen zum J. Edgar Hoover Building in Washington zu fahren. Dort hatten wir unsere Büros.
»Hast du heute Morgen auch ein paar Mails mit umfangreichen Anhängen bekommen?«, fragte ich meinen Partner, nachdem er sich neben mich auf den Beifahrersitz des Jaguars gesetzt hatte.
Phil sah mich erstaunt an, während ich bereits weiterfuhr und mich in den fließenden Verkehr einreihte.
»Ich habe meine Mails heute Morgen noch nicht gecheckt«, bekannte er und unterdrückte ein Gähnen.
Ich lächelte. »FGF hat uns umfangreiche Datendossiers gemailt. Ich will jetzt nicht behaupten, dass ich auf die Schnelle alles verstanden habe, aber es hat wohl mit diesem Typen zu tun, der ein Paket Kokain am Strand von South Carolina gefunden hat.«
»Davon hab ich gehört«, erwiderte Phil und gähnte jetzt doch. »Man konnte der Berichterstattung nicht ausweichen. Der Kerl war in den Zeitungen, im Radio und in mindestens zwei Talkshows.«
»Erstens wurde der Kerl ermordet und vorher ziemlich übel zugerichtet, weil jemand etwas aus ihm herauskriegen wollte.«
»Wahrscheinlich derjenige, dem das Kokain gehört«, vermutete Phil.
»Zweitens gehört das Paket nach Analyse von FGF zu einer Charge, von der vor Jahren ein Teil konfisziert wurde, während man nach dem Rest bis heute sucht und …«
»Hört sich an, als käme noch ein Drittens.«
Ich nickte. »Es ist nicht das einzige Päckchen von dem Stoff, das man an den Stränden von Carolina, Virginia und Georgia gefunden hat.«
»Da scheint jemand eine Ladung Drogen ganz schnell über Bord geworfen zu haben, um sie loszuwerden und nicht der Küstenwache erklären zu müssen.«
»Ich wette, wir erfahren gleich mehr, Phil.«
»Auf jeden Fall war es ganz bestimmt alles andere als eine gute Idee, mit zwei Pfund Kokain lächelnd vor irgendeiner Kamera zu posieren.«
»Ich schätze, es wird unsere Aufgabe sein, herauszufinden, was der Hintergrund ist.«
»Und der gute FGF war mal wieder ein wenig übereifrig und hat die Datenpakete schon losgeschickt, bevor wir den Fall offiziell auf dem Tisch haben.«
»Wir haben ihn auf dem Tisch, Phil«, widersprach ich. »So oder so. Nur wissen wir offiziell noch nichts davon.«
***
»Guten Morgen«, begrüßte uns Assistant Director High. Unser Vorgesetzter hatte die Hände tief in den weiten Taschen seiner Flanellhose vergraben. Die Hemdsärmel waren hochgekrempelt. Die Krawatte hing ihm wie ein Strick um den Hals.
Wir setzten uns.
»Sie haben bereits umfangreiche Datenpakete zu Ihrem neuen Fall in Ihren Mailfächern. Mit den Einzelheiten werden Sie sich selbst vertraut machen können. Es geht um einen Cold Case, der nun durch den brutalen Mord an einem Pensionär, der zwei Pfund Kokain am Strand fand, wieder aktuell geworden ist.«
»Wie viele Funde von Kokainpaketen hat es inzwischen gegeben?«, erkundigte ich mich.
Mr High hob die Augenbrauen. »Wie ich sehe, haben Sie sich bereits im Groben mit dem Fall beschäftigt oder zumindest Ihre Mails gelesen.«
»Ja, Sir.«
»Heute Morgen wurde Päckchen fünfundzwanzig in Virginia an den Strand gespült. Alle tragen die Beschriftung und das Emblem von KLM Columbiana, einer Fabrik, die früher unter der Kontrolle der kolumbianischen Rebellen stand und nach unserer Kenntnislage unter anderem dazu benutzt wurde, Drogen zu verpacken. Sie werden die Berichte unseres Scientific Research Teams noch nicht alle im Einzelnen zur Kenntnis genommen haben, aber anscheinend sind die Päckchen nicht ganz so verpackt worden, wie es hätte sein sollen.«
»Inwiefern?«, fragte Phil.
»Es gab innen Luftblasen, die für Auftrieb gesorgt haben. Zurzeit wird gerade eine Strömungsanalyse durchgeführt. Außerdem soll abgeglichen werden, welche Wasserfahrzeuge diese Ladung vielleicht verloren haben könnten.«
»Die Päckchen sind Teil eines uralten Deals, den wir jetzt noch einmal unter die Lupe nehmen müssen«, sagte ich.
»Das liegt Jahre zurück«, erklärte Mr High. »Es ging um eine sehr große Lieferung Kokain aus Kolumbien. Die Kolumbianer beherrschten damals den Handel fast vollständig. Ein gewisser Jason Grey war damals eine aufstrebende Nummer im Drogenhandel von Philadelphia. Er wollte mit einem Schlag ein riesiges Vermögen machen und kam auf die glorreiche Idee, das fast vollkommen reine Kokain aus Kolumbien zu verlängern.«
»Was nicht unüblich ist«, stellte Phil fest.