Jerry Cotton 3171 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3171 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

In einer Shoppingmall in Philadelphia starben fünf Menschen bei einem Sprengstoffanschlag. Kurz darauf bekannte sich eine islamistische Terrororganisation zu der feigen Tat. Doch unser Instinkt sagte uns, dass wir dem keinen Glauben schenken durften - erst recht, nachdem weitere Bekennerschreiben folgten. Es gab genügend Verdächtige, die ebenfalls ein Motiv hatten, darunter Fanatiker, Angestellte, die ihren Arbeitgeber bestahlen, und Schutzgelderpresser. Als Phil und ich uns diese Kandidaten vornahmen, erreichte uns bereits die nächste Bombendrohung ...

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EPUB

Seitenzahl: 126

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Bombenalarm in Philly

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: (Film) »Nuklear-Anschlag: Die Bombe im Atomkraftwerk«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5920-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Bombenalarm in Philly

»Ich will noch eben bei Pandora vorbeischauen«, sagte Tara McDermon zu ihrem Mann.

»Dann warte ich hier auf dich«, erwiderte er. »Kannst du das mitnehmen und wegwerfen?«

»Sicher«, sagte sie, nahm die Papiertüte entgegen, die er ihr reichte, und ging los.

Während er auf einer Bank Platz nahm, warf sie die Tüte mit den Essensresten in den nächstbesten Mülleimer.

Sekunden später erschütterte eine Explosion die Fashion District Philadelphia Mall. Glasscheiben zersplitterten, und Menschen wurden wie Puppen durch die Luft geschleudert.

Marc McDermon, den die Druckwelle von der Bank gerissen hatte, richtete sich langsam auf. Als er sich taumelnd umschaute, bot sich ihm ein Bild der Verwüstung. Die Schaufenster der Geschäfte um ihn herum waren völlig zerstört. Er sah Körper, die reglos auf dem Boden lagen.

»Tara!«, rief er entsetzt und suchte nach seiner Frau.

Doch sie konnte nicht mehr antworten.

Ich saß gerade mit Phil im True Burgers Diner in Washington, als jemand den Fernseher lauter stellte und wir die aktuellen Nachrichten mitbekamen.

»… hat der Anschlag in der gerade erst renovierten und stark frequentierten Fashion District Philadelphia Mall, früher bekannt als The Gallery at Market East, nach bisherigen Erkenntnissen mindestens fünf Todesopfer gefordert. Die Zahl der Verletzten ist weitaus höher, einige wurden in die umliegenden Krankenhäuser gebracht. Die örtliche Polizei hat die Ermittlungen bereits aufgenommen. Ob es sich um eine politisch oder religiös motivierte Tat handelt, ist zur Stunde unklar. Auch gab es noch keine Verlautbarungen über den oder die Täter. Wir halten Sie auf dem Laufenden …«

Die anderen Gäste im Diner schauten geschockt. Nur der Mann hinter der Theke zeigte sich unbeeindruckt und fuhr mit gelangweiltem Blick fort, Gläser zu polieren.

»Furchtbar«, sagte Phil und schaute auf die Laufschrift des Fernsehgeräts. »Da steht, der Anschlag hat sich im Zentrum von Philadelphia ereignet.«

Bevor ich etwas erwidern konnte, klingelte mein Handy.

Es war Dorothy. »Inspektor Cotton, Mister High möchte Sie umgehend sprechen. Sind Sie in der Nähe?«

»Gerade beim Essen, wir können aber in einer Viertelstunde da sein«, sagte ich. »Geht es um den Anschlag im Einkaufszentrum?«

»Er hat nichts Genaues gesagt«, antwortete sie. »Ist aber gut möglich.«

»Bis gleich.« Ich verabschiedete mich und steckte mein Handy wieder ein. »Sieht so aus, als werden wir gebraucht.«

Kurz darauf saßen wir im Jaguar und fuhren Richtung J. Edgar Hoover Building. Dort angekommen gingen wir mit schnellen Schritten zum Büro unseres Chefs. Unterwegs kamen uns einige Agents und andere FBI-Mitarbeiter entgegen, die es eilig hatten. Ich war mir sicher, dass die Hektik mit dem Anschlag zu tun hatte.

»Gut, dass Sie da sind«, begrüßte uns Dorothy mit ernstem Blick. »Inzwischen ist klar, dass es um den Anschlag geht. Die Sache kommt von ganz oben. Es geht das Gerücht um, dass der Präsident höchstpersönlich mit Director Fuller telefoniert hat.«

Das war ungewöhnlich. Zwar sprach der US-Präsident die Ernennung des FBI-Directors aus, die anschließend vom Senat bestätigt werden musste, er war aber nicht sein direkter Vorgesetzter. Dazwischengeschaltet war das Justizministerium.

»Das bedeutet nichts Gutes«, murmelte Phil und zog die Stirn kraus.

Wir betraten Mr Highs Büro. Er war gerade am Telefon und bedeutete uns, die Tür zu schließen und Platz zu nehmen.

»Natürlich, Sir, wir werden der Sache sofort auf den Grund gehen und die Ermittlungen mit Hochdruck vorantreiben«, sagte er und verabschiedete sich. Nachdem er den Telefonhörer aufgelegt hatte, schaute er uns ernst an. »Ich nehme an, Sie haben bereits gehört, was in Philadelphia passiert ist.«

»In groben Zügen, Sir, aus den Nachrichten«, gab ich zurück.

Der Assistant Director lehnte sich im Sessel zurück, sein Blick schweifte durchs Büro und hielt kurz beim Foto seiner verstorbenen Familie inne.

Seine Frau und seine Tochter waren vor langer Zeit ermordet worden. Die Geschehnisse in Philly weckten möglicherweise Erinnerungen bei ihm, schreckliche Erinnerungen. Er hatte es geschafft, nicht an den damaligen Ereignissen zu zerbrechen, sondern war in der Lage gewesen, das, was er fühlte, konstruktiv zu kanalisieren. Seitdem hatte er sich der Verbrechensbekämpfung verschrieben.

»Viel mehr als die Presse wissen wir auch noch nicht«, informierte er uns. »Im Fashion District Philadelphia, einer großen Mall, ist ein Sprengsatz explodiert. Bisher ist von fünf Toten und dreizehn Verletzten die Rede, es könnten aber mehr sein. Wer dafür verantwortlich ist, wissen wir nicht. Allerdings geht die Nachricht bereits durchs Land und verbreitet sich über die ganze Welt. Auf Authentizität wird wahrscheinlich nicht allzu viel Wert gelegt.«

»Der Fluch der neuen Medien«, meinte Phil.

»So ist es. Der Präsident hat das Thema aufgegriffen und versprochen, für schnelle Aufklärung zu sorgen und die Verantwortlichen zu fassen. Seine Formulierungen hörten sich ein wenig drastischer an, aber es läuft darauf hinaus, dass wir den Fall in Rekordzeit aufklären müssen.«

Ich nickte. »Natürlich, Sir. Special Agent in Charge Gordon ist ein fähiger Ermittler und hat ein gutes Team.«

»Das ist richtig«, stimmte er mir zu. »Allerdings ist SAC Gordon gerade im Krankenhaus und wird es noch für ein paar Tage sein. Er ist also nicht einsatzbereit. Vertreten wird er durch Assistant Special Agent in Charge David Everett. Er ist ein fähiger Mann, aber er hat mit Fällen solcher Dimension keinerlei Erfahrung. Daher hat er mich um Unterstützung gebeten.«

»Ich verstehe«, sagte ich.

»Und da kommen Sie ins Spiel: Sie werden nach Philadelphia fliegen und die Ermittlungen leiten. Dabei haben Sie volle Handlungsbefugnis und berichten wie üblich direkt an mich. Falls wir keine schnellen Ergebnisse erzielen, kann es sein, dass Director Fuller Sie direkt kontaktieren wird – oder sein Vorgesetzter. Der Präsident hat, was den Kampf gegen den Terror betrifft, einiges versprochen. Dementsprechend enthält die Situation auch eine gewisse politische Brisanz. Sie verstehen, was ich meine?«

»Vollkommen, Sir«, antwortete ich. »Wir machen uns gleich auf den Weg. Philly ist kaum mehr als hundert Meilen entfernt. Mit dem Wagen sollten wir in gut zweieinhalb Stunden dort sein.«

»So viel Zeit haben wir nicht«, erwiderte er. »Sie nehmen den Hubschrauber. Er ist startbereit. Ihnen stehen alle nötigen Ressourcen zur Verfügung. Natürlich können und sollten Sie auch das Scientific Research Team hinzuziehen. Wir können sie ebenfalls nach Philly fliegen lassen. Noch irgendwelche Fragen?«

»Im Moment nicht«, erwiderte ich und stand auf.

»Dann viel Erfolg!«

Zusammen mit Phil verließ ich das Büro.

Wenig später stiegen wir in den Hubschrauber, dessen Rotorblätter sich bereits drehten, und schnallten uns an.

»Wir können«, sagte ich übers Headset zum Piloten.

Er nickte schweigend und zog die Maschine gekonnt nach oben. Unter uns wurde das J. Edgar Hoover Building kleiner und kleiner. Als wir etwa tausend Fuß hoch waren und die Gebäude der Stadt unter uns nur noch wie Spielzeugmodelle aussahen, beschleunigte der Hubschrauber in Richtung Nordosten.

Mit Höchstgeschwindigkeit überflogen wir die Peripherie von Washington und dann weitere Städte, Highways, Wälder und Ackerland. Eine halbe Stunde nach unserem Start landeten wir beim Field Office Philadelphia, wo man uns bereits erwartete. Allen voran David Everett, der stellvertretende Leiter des Field Office. Er war ein Mann Mitte dreißig, hochgewachsen, attraktiv und aufgeweckt. Er wurde von zwei Männern und einer Frau begleitet.

Nach einer kurzen, förmlichen Begrüßung gingen wir schnellen Schrittes zum Parkplatz. Auf dem Weg unterrichtete uns Everett über den Stand der Dinge.

»Gut, dass Sie es so schnell einrichten konnten«, meinte er. »Mir ist klar, wie heikel die Situation ist, Mister High hat mich bereits unterrichtet. Ich habe alle Agents, die heute frei hatten, aufgefordert, sich einsatzbereit zu machen. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit dem Philadelphia Police Department zusammen. Es wurden Straßensperren errichtet, Passanten und Autofahrer werden kontrolliert, laut Protokoll für ein solches Attentat.«

»Sehr gut«, erwiderte ich. »Gibt es schon irgendwelche Verdächtigen?«

Everett schüttelte den Kopf. »Nein. Es wurden ein paar Personen verhaftet, die auffällig waren, aber ob sie tatsächlich verdächtig sind, kann ich nicht sagen.«

Ich nickte. »In Ordnung. Fahren wir zuerst zum Tatort. Wenn wir uns dort umgeschaut haben, werden wir über das weitere Vorgehen entscheiden.«

Phil und ich stiegen mit Everett in einen schwarzen Chevrolet Tahoe LS mit getönten Scheiben. Nachdem wir gestartet waren, nahm ich mir einen Augenblick Zeit, Everett einzuschätzen.

Er machte einen guten Eindruck, war wortgewandt und besaß, soweit ich es beurteilen konnte, eine schnelle Auffassungsgabe. Was mir aber ebenfalls auffiel, war eine gewisse Nervosität, die er vergeblich zu kaschieren versuchte. Aufgrund des Zeitdrucks, unter dem wir standen, hatte ich keine Gelegenheit gehabt, einen Blick in seine Akte zu werfen. Ich entschied mich, das nachzuholen.

Als wir die Mall erreicht hatten, drängten sich dort bereits Schaulustige und Pressevertreter. Ich zählte ein Dutzend Übertragungswagen und einen weiteren, der gerade eintraf. Vor Scheinwerfern und Kameras profilierten sich geschminkte Nachrichtensprecherinnen und Nachrichtensprecher, versuchten, sich gegenseitig zu übertrumpfen und die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich zu lenken.

»Verdammt, hier geht es ja zu wie auf einem Jahrmarkt«, fluchte Everett.

Phil nickte. »Und die Täter bekommen das, was sie wollen: Aufmerksamkeit, viel Aufmerksamkeit.«

»Was können Sie uns über das Ziel erzählen, die Mall, meine ich, ASAC Everett«, fragte ich.

»Die ist in ganz Philly bekannt«, antwortete er. »Wurde ursprünglich neunzehnhundertsiebenundsiebzig erbaut und seitdem mehrfach verändert. Wir nennen sie einfach The Gallery, obwohl der vollständige Name The Gallery at Market East war.«

»Aha.«

»Nach dem letzten umfangreichen Umbau wurde sie in Fashion District Philadelphia umbenannt, Inspektor Cotton. Architektonisch und von der Ausstattung her recht edel. Ein Konsumtempel, wenn man so will. Wenn es jemand auf den American Way of Life abgesehen hatte, war das ein gutes Ziel. Für politische Botschaften weniger.«

»Das wird sich zeigen«, gab ich zurück. »Terroristen wollen Angst hervorrufen, Schrecken. Was würde sich besser dazu eignen, als Menschen dort anzugreifen, wo man sich Mühe gibt, dass sie sich wohlfühlen? Hinzu kommt, dass es ein weiches Ziel ist, wehrlose Zivilisten, was für die Täter mit geringerem Risiko verbunden ist. Aber wir wollen nicht zu viel spekulieren. Zeigen Sie uns bitte den Tatort, dann sehen wir weiter.«

Als wir die Mall betraten, erfasste ich die praktische wie auch ansprechende Architektur, die ich bereits von vielen anderen modernen Malls gewohnt war. Ein schön gefliester Boden, eine hohe Eingangshalle, viele helle Farben und Glas. Nach oben führten mehrere Rolltreppen.

Von den Auswirkungen der Explosion war am Eingang nichts zu sehen. Hätte es nicht von Mitarbeitern der Polizei, des FBI und verschiedener Rettungsdienste gewimmelt, wäre nicht aufgefallen, dass hier vor gerade einmal zwei Stunden ein abscheuliches Verbrechen begangen worden war.

»Der Tatort liegt weiter hinten«, erklärte Everett, deutete in die Richtung und ging vor.

Er brachte uns ohne Verzögerung durch die verschiedenen Absperrungen.

Am eigentlichen Tatort zeigte sich uns ein Bild der Zerstörung. Es war klar, dass die Explosion von der Mitte eines breiten Gangs ausgegangen war. Dort waren Überreste eines Mülleimers zu erkennen.

Der Boden rundherum war mit schwarzen Rückständen bedeckt. Bei den Geschäften im Radius von etwa zwanzig Yards waren die Schaufensterscheiben zerbrochen oder fehlten teilweise ganz. Die Auslegeware war durcheinandergeraten.

Darüber hinaus konnte ich an einigen Stellen Blut ausmachen. Nicht zu übersehen waren die großen weißen Kunststoffplanen, unter denen sich die Todesopfer des Anschlags befanden. Ich zählte vier.

»War nicht von fünf Toten die Rede?«, fragte ich.

Everett nickte. »Ja, es sollten fünf sein. Einen Moment, ich frage die Rechtsmedizinerin.«

Eine halbe Minute später stand er mit einer Frau im Tyvek-Anzug vor Phil und mir. Sie war Mitte vierzig, trug eine für meinen Geschmack etwas zu große Brille und hatte dunkelrotes Haar, von dem nur eine Strähne unter der Kapuze hervorblitzte.

Sie schüttelte mir die Hand. »Doktor West. Und Sie sind?«

»Cotton, FBI-Inspektor aus Washington. Zusammen mit meinem Partner Inspektor Decker leite ich die Ermittlungen. Könnten Sie uns bitte eine kurze Zusammenfassung dessen geben, was hier passiert ist?«

Sie nickte und deutete auf den Rest des Abfalleimers, den ich schon bemerkt hatte. »Wie unschwer zu sehen ist, befindet sich dort das Zentrum der Explosion. Von der Zerstörungskraft her würde ich auf etwas in der Größenordnung einer Handgranate tippen. Die Kollegen vom CSI haben Überreste der Bombe gefunden, wahrscheinlich wurde die Explosion über Funk ausgelöst, nicht durch einen Zeitzünder.«

Ich hob die Augenbrauen.

»Fünf Personen befanden sich in der Todeszone und waren wahrscheinlich sofort tot«, fuhr Dr. West fort. »Etliche weitere sind verletzt worden, hauptsächlich Kunden der Mall, aber auch drei Verkäuferinnen. Wenn Sie einen ausführlicheren Bericht wollen, müssen Sie sich ein wenig gedulden.«

Ich nickte. »Funkzündung? Das ist interessant«, meinte ich und wandte mich an Everett. »Wir brauchen die Identitäten aller Leute, die zum Zeitpunkt des Anschlags in der Mall waren, inklusive der Opfer. Zusätzlich alle Aufzeichnungen der Videoüberwachung, auch von Kameras außerhalb des Shoppingcenters. Mit etwas Glück war der Täter nicht weit entfernt, und wir finden ihn bei einer Überprüfung des Materials.«

»Wird erledigt«, sagte Everett. »Kann der Sprengsatz nicht auch aus größerer Entfernung gezündet worden sein?«

»Kann, muss aber nicht«, antwortete Phil für mich.

»Ich mache mich wieder an die Arbeit«, meldete sich Dr. West erneut zu Wort. »Wollen Sie sich die Leichen anschauen, bevor sie abtransportiert werden?«

»Ja«, gab ich zurück. »Wir werden bei der Obduktion einen angesehenen Experten aus Quantico hinzuziehen.«

»In Ordnung«, erwiderte sie knapp. »Wie heißt er denn?«

»Willson, Doktor Gerold M. Willson.«

Ihre Miene hellte sich auf. »Der Name sagt mir etwas. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.« Sie drehte sich um und nahm ihre Arbeit wieder auf.

»Gerold trifft in etwa zehn Minuten im Field Office ein«, informierte mich Phil nach einem Blick auf sein Handy. »FGF ist auch dabei, genau wie Mai-Lin. Concita bleibt, wie geplant, vorerst in Quantico.«

Was ich der Rechtsmedizinerin über Dr. Willson gesagt hatte, war richtig. Darüber hinaus war er eine Koryphäe auf seinem Gebiet, was auch die Rechtsmedizin miteinschloss. Wie der einzige Brite in unserem Team, Dr. Frederik George Fortesque, kurz FGF, der sich als Chemiker und Physiker genauso gut mit Sprengsätzen auskannte wie Chemielehrer an der Schule mit Thermitreaktionen. Zwar hatten wir es nicht mit einem Hackerangriff oder dergleichen zu tun, doch unsere IT-Spezialistin, Dr. Mai-Lin Cha, konnte uns bei der Auswertung der Videoaufzeichnungen und dergleichen helfen.

Das Scientific Research Team, dem sie alle angehörten, hatte sich bewährt, seit wir nach Washington versetzt worden waren. Es war von unschätzbarem Vorteil, mit einem Team zusammenzuarbeiten, das man kannte. Besonders, wenn wir es mit einem Fall zu tun hatten, bei dem wir enorm unter Druck standen.

Ich schaute mich im Bereich der Explosion um. In der direkten Umgebung befand sich auf der einen Seite des Gangs ein Fast-Food-Restaurant, auf der anderen ein Schuhgeschäft. Möglicherweise, wenn meiner Einschätzung nach auch unwahrscheinlich, war eines dieser Geschäfte das Ziel des Anschlags gewesen.

»Wir können froh sein, dass es ein relativ kleiner Sprengsatz war«, bemerkte Phil. »Ein Rucksack voller Dynamit hätte deutlich mehr Schaden angerichtet.«

»Wahrscheinlich ging es den Tätern darum, nicht entdeckt zu werden«, erwiderte ich. »Und es war kein Selbstmordkommando, sonst hätte der Täter mit einem Auto voller Sprengstoff in eine Mall fahren können. Trotzdem haben sie erreicht, was sie wollten: medienwirksame Aufmerksamkeit.«

»Vielleicht eine Reaktion auf die kürzliche Rede des Präsidenten, im Kampf gegen den Terror hart durchzugreifen«, spekulierte Phil.