Jerry Cotton 3177 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3177 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

James Sheppard, Bürgermeister von Lexington, Kentucky und Kandidat für den Senatorenposten, war überall in den Medien. An seiner Seite stand Ricardo Castello, ein honduranischer Geschäftsmann, der für die Unabhängigkeit von Untaba, einer kleinen karibischen Insel, kämpfte.Bei einem gemeinsamen Fernsehauftritt der beiden, den Phil und ich zufällig sahen, entdeckten wir im Hintergrund ein Gesicht, das uns nur allzu bekannt vorkam: Der Mann hatte vor einem Jahr versucht, uns zu bestechen, als wir auf Untaba ermittelten. Wir nahmen die Fährte auf - und gerieten mitten in einen blutigen Bandenkrieg!

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EPUB

Seitenzahl: 140

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Rekrutierer

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: (Film) »Die purpurnen Flüsse«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6406-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Der Rekrutierer

Boston, Massachusetts

Aurora Ignoffo war müde und freute sich auf ihr Bett. Sie warf einen Blick auf die Armbanduhr, während Francesco den mächtigen Cadillac Escalade durch die enge Salem Street navigierte.

Fast Mitternacht.

Ein großer weiß-roter Lieferwagen, der vor dem Caffe Lil Italy auf dem Seitenstreifen stand, drückte sich vor ihnen auf die Straße.

»Idiot«, brummte Francesco und bremste bis auf Schritttempo hinunter.

Als sich der Escalade auf Höhe des Cafés befand, schoss ein Wagen aus der dahinterliegenden Hull Street und blieb mit aufgeblendeten Lichtern hinter dem SUV stehen. Gleichzeitig flogen die hinteren Türen des Lieferwagens auf. Vier mit MPs bewaffnete Männer sprangen heraus. Sie trugen Sturmhauben.

Auroras erschrockener Schrei galt jedoch dem Mann, der auf der Ladefläche geblieben war. Denn der richtete eine Panzerfaust auf sie!

»Merda«, presste Francesco zwischen den Zähnen hervor, während Burt auf dem Beifahrersitz automatisch nach seiner Beretta griff.

»Los, austeigen, sofort!«, schrie einer der Angreifer und fuchtelte mit einer Kalaschnikow herum. »Oder ihr verabschiedet euch als Feuerball von dieser Welt!«

Der Escalade war gepanzert und hätte selbst der Wucht einer Handgranate standgehalten. Nicht aber einer Panzerfaust. Aurora wusste das. Trotz ihrer Angst befahl sie mit zitternder Stimme: »Wir steigen aus.«

Francesco schluckte zweimal schwer. Dann nickte er und hob die Hände. Burt legte seine Pistole in den Fußraum und tat es Francesco nach. Die Leibwächter öffneten die Autotüren und stiegen aus. Sie hoben die Arme. Die Angreifer richteten ihre Waffen nach oben. Schüsse ratterten los. Sie hackten Steinsplitter aus den Fassaden der roten Backsteinhäuser und ließen Scheiben zerbersten.

Aurora drückte sich zitternd in den Rücksitz und schaute mit weit aufgerissenen Augen zu. Die Angreifer schwenkten ihre Waffen – und richteten sie nun auf Francesco und Burt!

Erneut ratterten die MPs los.

»Neeeiiin!«, schrie Aurora panisch, während die Männer von Kugeln durchsiebt wurden. Sie tanzten regelrecht unter den Einschlägen, bevor sie nach hinten fielen und auf den Asphalt schlugen.

Ihre Schreie wurden hysterisch. Die hintere Tür wurde aufgerissen. Ein Maskierter warf sich auf sie und presste ihr einen durchdringend riechenden Lappen aufs Gesicht. Verzweifelt wand sie sich unter dem Mann und versuchte, ihr Gesicht aus dem Lappen zu drehen. Vergeblich. Er war viel stärker als sie. Die Bewusstlosigkeit erlöste sie von ihrer furchtbaren Angst.

Vorerst.

***

Insel Untaba, Honduras

Lautlos wie Schatten schlichen die Männer der Spezialeinheit Cobra durch den nächtlichen Regenwald. Das Mondlicht brach sich auf den Läufen ihrer Schnellfeuergewehre. Tiere schrien, irgendwo fauchte ein Jaguar. Dumpfer Motorenlärm klang auf. Der Coronel hob die Hand. Die Cobras verharrten kurz. Scheinwerferkegel geisterten durch das Unterholz, zwischen den Bäumen wurde kurz ein mächtiger Truck sichtbar, der sich über die schmale Urwaldpiste zur Lichtung durchkämpfte. Dorthin wollten auch die Cobras.

Sie ließen dem Truck ein wenig Vorsprung. Dann gingen sie weiter. Am Rand der Urwaldlichtung, die von einer früheren Brandrodung übrig geblieben war, standen drei große hölzerne, teilweise von Grünpflanzen überwucherte Schuppen. Sie bildeten ein vorne offenes Karree. Ein gutes Dutzend Schwerbewaffneter stand herum.

Der Truck hielt zwischen den Schuppen. Männer ohne Waffen begannen, ihn zu entladen und die Ware in den mittleren Schuppen zu transportieren. Währenddessen kreisten die Cobras die Lichtung ein. Als der Truck vollständig geleert war, zogen die Cobras Gasmasken über. Dann gab der Coronel das Zeichen zum Angriff.

Blendgranaten explodierten und tauchten die Lichtung für einen Moment in gleißendes Licht. Schreie ertönten, die Bewaffneten schossen blind um sich. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Cobras eröffneten ebenfalls das Feuer und rückten vor. Sechs Männer fielen im Kugelhagel, die Plane des Trucks wurde durchsiebt. Die überlebenden Unbewaffneten warfen sich auf den Boden und verschränkten die Arme im Genick.

Aus dem mittleren Schuppen schlug den Cobras erbittertes Abwehrfeuer entgegen. Mindestens vier Männer hatten sich hinter dem offenen Tor platziert und schossen unablässig zurück.

Ohrenbetäubender Explosionsdonner ließ die Lichtung für einen Augenblick erbeben. Die Cobras hatten ein Loch in die Rückseite des Schuppens gesprengt. Diesen Moment der Verwirrung nutzte der Coronel, der mit drei Männern hinter dem Truck kauerte. Er warf in hohem Bogen eine Rauchgranate in den Schuppen. Sofort quoll starker Rauch daraus hervor, während die Verbrecher wieder zu schießen anfingen. Da der Rauch starken Hustenreiz auslöste, zogen sie sich in den Schuppen zurück.

Nun drangen die Cobras von beiden Seiten ein. Dank der Gasmasken konnten sie ungehindert vom Rauch agieren. Trotz erbitterter Gegenwehr dauerte es keine zwei Minuten, bis sie den Schuppen erobert hatten.

Zehn Minuten später fuhren Polizeifahrzeuge und Krankenwagen auf die Lichtung, die jetzt in das Licht starker Scheinwerfer getaucht wurde. Unter anderem stiegen Polizeichef Héctor Tablada und Rechtsanwalt Juan Contarras aus.

Es sah aus wie im Krieg. Überall lagen Tote herum, der Boden badete in einem Meer von Blut.

Tablada scherte sich nicht darum. Er beglückwünschte den Anführer der Cobras. »Gute Arbeit, Coronel, danke. Sie und Ihre Männer haben sich drei Tage Sonderurlaub verdient. Haben wir Verluste?«

»Nur drei Leichtverletzte, El Jefe Superior. Sie wurden bereits erstversorgt. Von den Verbrechern haben nur drei Mann überlebt, neunzehn sind tot.« Der Coronel salutierte und trat weg.

Tablada und Contarras gingen in den Schuppen. In einem tiefen Loch unter herausgebrochenen Bodenplanken stapelten sich fein säuberlich die Plastiktüten. Sie enthielten Heroin.

»Das müssen mehrere Tonnen sein«, schätzte Tablada, und aus seinen Augen leuchtete der Stolz. »Damit ist uns einer der größten Schläge überhaupt gegen die Drogenmafia in Honduras gelungen. Ich werde den Stoff nach Tegucigalpa transportieren lassen, sobald die Untersuchungen hier abgeschlossen sind. Sollen die sich darum kümmern.«

Contarras nickte bedächtig. »Ja, Héctor, mach das.«

***

Washington D. C.

Phil und ich saßen auf ein Feierabendbier an der Theke des Ventnor Sports Café. Im Fernsehen lief ein Footballspiel, die Cleveland Browns spielten gegen die Pittsburgh Steelers. Das war eher Phils Domäne, ich bevorzugte Baseball. Während ich nur mit einem Auge hinschaute und lieber die Leute im Lokal beobachtete, fachsimpelte Phil mit seinem Nachbarn.

»Das wird so nichts. Heute kriegen die Browns wieder eins auf die Mütze«, sagte der ältere Mann mit dem langen grauen Zopf und dem gepflegten Kinnbart grinsend, nachdem die Steelers zum wiederholten Mal einen miserablen Pass des Browns-Quarterback abgefangen hatten. »Müssen sie auch, wenn sie das schlechteste NFL-Team aller Zeiten werden wollen«, fuhr er fort. »Mann, Mann, Mann. Mit einer Null-zu-sechzehn-Saison wären sie noch mieser als die Detroit Lions vor zehn Jahren. Sie erinnern sich, Phil? Die hatten auch mal eine Saison mit lauter Niederlagen, haben aber deutlich mehr Punkte als die Browns gemacht.«

Phil nickte eifrig. »Klar erinnere ich mich. Gut sogar. Als Browns-Fan bist du gestraft. Zum Glück bin ich keiner. Haben Sie die neuesten Fan-Posts im Internet gesehen, Elijah? Den fand ich am besten: Ein Fan beschwert sich, dass die Putzkolonne einen noch miserableren Job als die Mannschaft machen würde …«

»Hab ich noch nicht gesehen, nein. Warum das denn?«

Phil grinste breit. »Weil sie es einfach nicht schaffen, den Müll vom Feld zu kriegen. Und der sei braun, orange und weiß …«

Die Männer kicherten und prosteten sich zu. Wie ich unschwer erkennen konnte, waren das die Farben der Browns.

»Vergangene Saison haben die Browns ihre fünfzehn Niederlagen wenigstens mit einem Ehrensieg gewürzt«, sagte Elijah. »Aber eigentlich dauert das Trauerspiel schon Jahre.«

So ging es die ganze Zeit weiter. Das erste Drittel entschieden die Browns dann tatsächlich mit 7:3 für sich. In der Drittelpause brachte Fox die üblichen Nachrichten, während ich mir ein weiteres Bier bestellte. Erst jetzt schaute Phil wieder in meine Richtung.

»Ach, du bist ja auch noch da, Jerry«, meinte er grinsend. »Fast hätte ich dich vergessen. Wenn du ein wenig Unterhaltung brauchst, könnte ich die nächsten, sagen wir, knapp zehn Minuten für dich da sein …«

Ich wollte gerade etwas Entsprechendes erwidern, aber die Nachrichten lenkten mich ab. In North End von Boston hatte es einen brutalen Überfall auf offener Straße mit zwei Toten und einem verletzten Anwohner gegeben. Die Gangster hatten ringsum auf die Hausfassaden geschossen, um mögliche Zeugen von den Fenstern zurückzudrängen.

SAC Norman Galston vom Field Office Boston tauchte auf. In einem Kurzinterview am Tatort, der im Hintergrund ein Café namens Caffe Lil Italy zeigte, sagte er, dass die Toten mutmaßlich dem Umfeld der italienischen Mafia zuzurechnen seien. Die Frage, ob die Gerüchte über einen beginnenden Bandenkrieg in Boston tatsächlich stimmen würden, beantwortete er mit »Darauf gibt es im Moment keinerlei Hinweise«.

»Interessant«, sagte Phil, während über ein schweres Zugunglück in Kalifornien berichtet wurde. »Das komplette North End wird von der italienischen Mafia beherrscht. Und East Boston auch noch, wenn ich mich recht erinnere. Sollte es da wirklich Krieg geben, hat die andere Partei die italienischen Mobster im Herzen ihres Territoriums angegriffen. Das lassen die sich niemals gefallen. Dann wird Galston eine Menge zu tun bekommen.«

Ich nickte. »Denke ich auch, ja.«

Das nächste Thema beschäftigte sich mit James Sheppard, dem Bürgermeister von Lexington, der sich im Moment für den Gouverneursposten in Kentucky bewarb. Der gut aussehende Mittvierziger hatte Besuch eines alten Studienfreunds. Ricardo Castello war Vorsitzender des honduranischen Nationalkongresses und laut Nachrichtensprecher einer der bekanntesten Politiker Honduras’.

Körperlich hatte sich der gertenschlanke Sheppard deutlich besser gehalten als der ungefähr gleichaltrige Mittelamerikaner: Castello war fülliger als Sheppard, ohne jedoch dick zu sein. Das schwarze, noch volle Haar trug er kurz geschnitten, ein mächtiger Schnauzbart zierte sein durchaus sympathisches Gesicht, dem ein leichtes Doppelkinn und die schmale goldene Brille etwas Väterliches verliehen.

Beide Männer trugen dunkle Anzüge, Sheppard eine rote, Castello eine blaue Krawatte. Das Duo trat auf der breiten Treppe vor dem State Capitol in Kentuckys Hauptstadt Frankfort vor die Kamera. Das interessierte mich nicht besonders. Ich wollte mich gerade wieder Phil zuwenden, da holte ein Schlüsselwort meine Aufmerksamkeit zurück. Auch Phil schaute plötzlich interessiert.

»Wir wollen das Ende unseres dreitägigen Treffens nutzen, um ein gemeinsames Statement zu einer möglichen Unabhängigkeit der Insel Untaba von Honduras abzugeben«, sagte Sheppard lächelnd, während Castello sichtlich nervös seinen Krawattenknoten zurechtrückte.

Dann fing er sich und lächelte in die Kamera. »Nun, bei Untaba handelt es sich um eine kleine karibische Insel, die zu Honduras gehört. Ich denke, der Name dürfte den meisten Amerikanern kein Begriff sein …«

Phil und ich gehörten nicht dazu. Seit ungefähr einem Jahr war uns Untaba sehr wohl ein Begriff. Wir waren sogar dort gewesen.

»Untaba ist meine Heimat, die mir sehr am Herzen liegt«, fuhr Castello in nahezu akzentfreiem Englisch fort. »Deswegen war es mir immer eine Ehre und ein Vergnügen gleichermaßen, das ein oder andere für die Menschen und die Infrastruktur dort zu tun. Doch nun sehe ich mit großer Sorge auf die aktuelle politische Entwicklung meines Landes, das sich seit Jahren schleichend von der Demokratie weg und hin zu einer Diktatur bewegt. Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit sind praktisch nicht mehr vorhanden, Honduras versinkt in Chaos und Gewalt. Wir haben eine der höchsten Mordraten weltweit, zahllose Menschenrechtsverletzungen, nicht aufgeklärte Morde und Straftaten gegenüber Umweltaktivisten und, und, und.«

Da hatte er recht, dachte ich.

»Das alles schreckt nicht nur neue Investoren ab. Auch die Firmen, die wir durch Freihandel und Investitionserleichterungen in den letzten Jahren ins Land holen konnten, machen sich bereits Gedanken über ihre Zukunft in Honduras. Es darf nicht sein, dass sie wieder verschwinden, denn Honduras ist ohnehin schon eines der ärmsten Länder der Erde. Wir sind weiter auf diese Investoren angewiesen. Und wir müssen weitere ins Land holen, anstatt sie mit unserer Politik abzuschrecken …«

»Mit diesem Statement greifen Sie direkt den honduranischen Präsidenten an«, unterbrach ihn der Interviewer. »Oder sehen Sie das anders?«

Castello lächelte erneut, nahm seine Brille ab und putzte sie. »Wenn Missstände geändert werden sollen, müssen sie klar und deutlich angesprochen werden. Das tue ich hiermit.« Er setzte die Brille wieder auf und rückte sie zurecht. »Verstehen Sie, ich bin ein astreiner Demokrat, so wie es meine Familie seit vielen Generationen ist. Deswegen wende ich mich nun nicht nur an meine US-amerikanischen Freunde, von denen ich sehr viele habe, sondern auch an das ganze US-amerikanische Volk. Im Moment sehe ich keine Chance, dass Honduras wieder zu einem demokratischen Staat wird. Deswegen wird mein Land noch tiefer im Chaos versinken. Der eingeschlagene Weg ist ein falscher.« Er atmete tief durch.

Ich war gespannt, was nun folgte.

»Deswegen habe ich mich dazu entschlossen, ab jetzt für die Freiheit meiner Heimat, der Insel Untaba, zu kämpfen. Wenigstens dort soll der bescheidene Wohlstand, den ich den Menschen schenken durfte, nicht gefährdet werden. Das funktioniert aber nur, wenn Untaba unabhängig wird. Denn auch dort ist das Chaos, das Honduras heimsucht, bereits zu spüren. Deswegen habe ich eine neue Partei, die Cooperatión Independiente Territorial Untaba, kurz CITU genannt, ins Leben gerufen, der sich all diejenigen, die die Demokratie nach US-amerikanischem Vorbild als die erstrebenswerteste Staatsform erachten, anschließen können. Damit wird eine Idee, die ich schon seit mehr als einem Jahr mit mir herumtrage, nun Wirklichkeit. Ich sehe keinen anderen Ausweg und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.«

»Ein Vorhaben im Übrigen, das ich voll und ganz unterstützen werde«, sagte nun Sheppard lächelnd. »Es ist immer eine gute Sache, die Demokratie gegen Diktatur, Terror und Unterdrückung zu verteidigen. Deswegen hoffe ich sehr, dass du mit deiner gerechten Sache Erfolg haben wirst, Ricardo.«

Die beiden Männer schüttelten sich herzlich die Hand.

In diesem Moment schwenkte die Kamera etwas nach rechts, wo eine kleine Personengruppe wartete. Ich spürte, wie sich meine Nackenhärchen aufrichteten.

»Das gibt’s ja nicht«, sagte Phil angespannt und starrte auf den Bildschirm. »Ist das der Kerl, Jerry?«

In diesem Moment kam der Cut, das Bild verschwand. »Einen ausführlichen Kommentar zu diesem Statement des bekannten honduranischen Politikers Ricardo Castello hören Sie in unserer Spätnachrichtensendung um elf Uhr«, sagte die Nachrichtensprecherin. »Jetzt aber wieder zurück zum Football. Schaffen es die Browns vielleicht doch noch, ihren ersten Saisonsieg einzutüten? Sie haben nur diese eine Chance, und es sieht schon mal ganz gut aus …«

Das Bild wechselte zu den Kommentatoren des Footballspiels.

»Was meinst du, Jerry, war er das?«, wiederholte Phil. Die Expertenkommentare interessierten ihn plötzlich nicht mehr.

»Ich glaube schon«, murmelte ich. »Aber hundertprozentig sicher bin ich mir nicht. Dazu war das Bild zu schnell wieder weg. Was meinst du, sollen wir uns das Band mit der Sendung schicken lassen?«

»Ja, ich denke schon«, erwiderte Phil nachdenklich. »Wenn sich der Kerl im Umfeld eines US-amerikanischen Bürgermeisters und potenziellen Gouverneurs herumtreibt, sollten wir ihn vielleicht doch mal genauer unter die Lupe nehmen. Sofern er es ist, natürlich nur.«

Ich nickte. Meine Erinnerungen an die kleine Insel waren zwischenzeitlich verblasst gewesen, nun aber wieder lebendiger denn je.

***

Untaba, vor einem Jahr

Wir hatten einen groß angelegten Schwindel mit Staatsanleihen auffliegen lassen und waren dabei auf ein Tätertrio gestoßen, das angeblich zu den Opfern des New Yorker Terroranschlags vom 11. September 2001 gehörte. Vivian Dunn, den Kopf der Bande, und Max Shane hatten wir verhaftet, Dean Howard war in die Karibik entkommen. Auf den Bahamas hatte sich seine Spur vorerst verloren. Aber Vivian Dunn, deren Tochter Jane wir aus den Händen eines Kidnappers gerettet hatten, zeigte sich dankbar und kooperierte mit uns.

Auf meine Frage, wo Howard zu finden sei, hatte sie geantwortet: »Er ist auf Untaba, das ist eine kleine Karibikinsel. Dort wartet er auf Anweisungen von mir. Wenn Sie ihn verhaften wollen, dann können Sie ihn dort pflücken wie eine reife Frucht.«1)

Bereits am nächsten Tag rief uns Mr High in sein Büro. Wir setzten uns an den Konferenztisch.

»Wie erwartet gab es kein Problem mit der Amtshilfe der honduranischen Kollegen«, eröffnete uns der Assistant Director. »Jerry, Phil, Sie beide werden gleich morgen früh, zusammen mit einem U. S. Marshal, nach Tegucigalpa fliegen, wo Sie Coronel Ramón Villeda von der Policía Nacional erwartet. Er führt ein Cobra-Team, mit dem Sie nach Untaba weiterfliegen.«

»Cobra-Team, Sir?«, fragte Phil.

Mr High lächelte. »Die honduranischen Cobra-Teams sind mit unseren SWAT-Einheiten vergleichbar, Phil. Da Honduras ein eng verbündetes Land ist, werden die Cobras von unseren SWAT-Ausbildern trainiert, sie haben sogar die gleichen Waffen. Von daher sollte bei Howards Festnahme also nichts schiefgehen. Die honduranischen Kollegen haben Dunns Angaben übrigens überprüft. Sie scheinen zu stimmen. Howard wartet tatsächlich im Hotel Monteolivos in Leona. Das ist mit dreiundvierzigtausend Einwohnern die größte Stadt auf Untaba. Eigentlich die einzige, ansonsten gibt es nur einige kleinere Dörfer. Howard hat unter seinem Aliasnamen Sean Jacobs im Monteolivos eingecheckt …«

Ich nickte. »Dem Namen, den er in seiner neuen Identität verwendet hat. Das macht eine Identifizierung nicht allzu schwierig. Ich hoffe, dass er tatsächlich auf Dunns Anweisungen wartet und so lange nichts auf eigene Faust unternimmt. Wäre äußerst dumm, wenn das Vögelchen bei unserer Ankunft plötzlich ausgeflogen wäre.«