Jerry Cotton 3188 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3188 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Eine attraktive Blondine bat mich um ein vertrauliches Gespräch. Ihr Auftraggeber besaß angeblich brisante Daten der Anwaltskanzlei Maddison & Maddison, die sich auf Steuerfragen und Offshore-Geschäfte spezialisiert hatte. Mithilfe dieser El Dorado Papers sollten der Kanzlei kriminelle Machenschaften, Geldwäsche und Kontakte zu mafiösen Syndikaten nachgewiesen werden können. Phil und ich waren skeptisch - bis wir auf den Namen Adolfo Alvarado stießen. Sofort schrillten alle Alarmglocken bei uns: Waren wir wieder einmal der CITU, einer hochkriminellen Organisation, mit der wir es schon häufiger zu bekommen hatten, auf der Spur?

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EPUB

Seitenzahl: 146

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Der Informant

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: (Film) »The Informant«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6493-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Der Informant

Sein Atem ging stoßweise. Er schwitzte, obwohl der Raum heruntergekühlt war. Das Licht des Computerbildschirms flackerte.

»Na, komm schon, Baby«, drängte er leise. »Mach schneller.« Doch der Balken, der den Fortschritt des Kopierprozesses anzeigte, stand seit endlosen Minuten auf 95 Prozent.

An der Außentür wurde ein Schlüssel ins Schloss gesteckt. Der Mann vor dem Computer erstarrte. Der Wachmann kam zu früh!

Endlich bewegte sich auf dem Bildschirm etwas. 99 Prozent. Dann signalisierte ein leises Geräusch das Ende des Kopiervorgangs. Der Mann riss den Stick aus der Buchse und fuhr den Computer herunter.

»Hallo?«, rief der Wachmann. »Ist da jemand?«

Der Eindringling zog eine Waffe, presste sie dem überrumpelten Wächter an die Schläfe und drückte ab. Als er über den leblosen Körper stieg, wusste er, dass er von nun an zu den meist gejagten Männern der USA zählte.

Ein Gewitter lag in der Luft. Dunkle Wolkenberge türmten sich über Downtown Washington, und es war bereits am frühen Morgen unerträglich schwül, als ich vor dem Gebäudekomplex hielt, in dem sich Phils Penthouse befand.

Ich war früh dran und musste einige Zeit auf meinen Partner warten. Als er endlich aus der Tür trat, staunte ich nicht schlecht. Er trug ein himbeerfarbenes Hemd, eine helle Hose und ein safrangelbes Jackett. Dazu bordeauxrote Schuhe.

»Guten Morgen, Jerry«, begrüßte er mich fröhlich. »Sieht nach Gewitter aus, findest du nicht?«

»Sieht eher nach Mardi Gras aus, wenn du mich fragst«, murmelte ich nüchtern.

Er runzelte die Stirn, dann lachte er und blickte an sich herunter. »Candice«, sagte er zur Erklärung. Am Wochenende hatte ihn eine alte Flamme aus New Yorker Zeiten besucht. Sie war für ihren etwas speziellen Geschmack berüchtigt.

»Shoppingtour?«, fragte ich deshalb mitfühlend.

»Den ganzen Samstag. Wie findest du das Ergebnis?«

»Gewöhnungsbedürftig.«

»Ach, Jerry! Man muss mit der Zeit gehen. Die Farben sind der letzte Schrei, sagt Candice.«

»Ein ziemlich schriller Schrei.«

»Mit deiner neuen Kollektion in Taubengrau kann ich natürlich nicht konkurrieren.« Phil spielte den Beleidigten.

In der Ferne grollte ein erster leiser Donner. Wir konnten Regen und ein wenig Abkühlung brauchen. Der Sommer hatte sich bislang heiß und schwül präsentiert.

»Und wie war dein Wochenende?«, lenkte Phil ein.

»Baseball«, antwortete ich knapp. Damit konnte mein Partner nicht allzu viel anfangen, er schaute sich lieber mal ein Footballspiel an. Aber mir hatte der Nachmittag im Nationals Park gutgetan. Die New York Yankees hatten ein Benefizspiel gegen die Washington Nationals absolviert, und obwohl es dabei genau genommen um nichts ging, hatte mich ihr Sieg in gute Laune versetzt.

»Alte Liebe rostet eben nicht«, bemerkte Phil weise, als wir kurz darauf bei den FBI Headquarters im J. Edgar Hoover Building ankamen. Ein greller Blitz zerriss den Himmel, der Donner folgte in angemessenem Abstand. Große Regentropfen trommelten auf meinen Jaguar, bevor wir damit in der Tiefgarage verschwanden.

Auf meinem Schreibtisch fand ich eine Nachricht: Mary-Lou will Sie sprechen.

Ich kramte in meinem Gedächtnis, aber eine Mary-Lou kam dabei nicht zum Vorschein. Die Woche begann seltsam.

»Wer ist Mary-Lou?«, fragte ich telefonisch bei der Kollegin am Empfang nach, von der die Nachricht stammte.

»Na, wenn Sie es nicht wissen …« Ein merkwürdiger Unterton schwang in ihrer Stimme mit. »Wollen Sie die Lady nun empfangen?«

Meine Neugierde war geweckt. »Natürlich«, sagte ich. »Schicken Sie sie rauf in mein Büro.«

***

Sie hatte die längsten Beine, die ich je an einer Frau gesehen hatte. Platinblonde Locken fielen ihr bis zur Hüfte, ihre übergroßen Brüste wurden von einem weißen Tanktop eher betont als verborgen. Ein großes silbernes Kreuz baumelte an einer Halskette in Bauchnabelhöhe, knappe weiße Shorts endeten haarscharf unter den Pobacken. Ihr olivfarbener Teint kontrastierte perfekt mit der hellen Kleidung. Die Augen strahlten in einem tiefen Blau, sie wurden von fein geschwungenen Wimpern akzentuiert. Die Lippen waren voll und leuchteten kirschrot.

Auf den zweiten Blick verrieten ein paar Falten um Mund und Augen, dass Mary-Lou nicht mehr ganz so jung war, wie sie wirken wollte.

Sie musterte mich ebenso ungeniert wie ich sie. Dann setzte sie sich schweigend und unaufgefordert auf den Besuchersessel, wo sie mit einer gewissen Grazie die Beine übereinanderschlug und sich zurücklehnte.

»Hey«, sagte sie. »Sie sind Inspektor Jerry Cotton?« Ihre Stimme klang überraschend tief.

»Der bin ich, Miss …«

»Mary-Lou.«

»Und wie weiter?«

»Gar nichts weiter. Mary-Lou genügt.« Sie zwinkerte mir zu.

»Okay. Und was führt Sie zu mir, Mary-Lou?«

Sie seufzte demonstrativ, ihre Hände suchten nach der Kette mit dem großen Kreuz und spielten nervös damit herum. »Man hat mich beauftragt, Ihnen ein Angebot zu unterbreiten«, erwiderte sie. Es klang bedauernd, als hätte sie lieber mit mir über das Gewitter geplaudert, das sich nun mit voller Kraft entlud.

»Wer hat Sie beauftragt?«, hakte ich sofort nach.

»Sie sind aber mächtig auf Namen fixiert, Jerry.« Sie lächelte. »Wollen Sie nicht erst einmal wissen, worum es überhaupt geht?«

»Na schön, dann schießen Sie los.« Ich lehnte mich zurück. Diese Woche fing wirklich reichlich merkwürdig an.

»Haben Sie schon einmal von den Paradise Papers gehört?«, begann sie. »Oder den Panama Papers?« Sie wartete keine Antwort ab. »Sicher haben Sie das. Jeder hat schon davon gehört. Das sind vertrauliche Unterlagen verschiedener Anwaltskanzleien, die für zahlungskräftige Kunden Offshore-Geschäfte abwickeln. Immer mit dem Ziel, ihren Klienten Steuern zu ersparen.« Sie beugte sich verheißungsvoll nach vorne und senkte die Stimme. »Und wenn ich von zahlungskräftigen Kunden spreche, dann meine ich das auch so. Politiker, Großunternehmer, Finanziers, Spitzensportler und Filmstars.«

Ich zog fragend die Augenbrauen hoch, als sie eine Kunstpause einlegte. Noch hatte ich keine Ahnung, worauf sie hinauswollte.

»In den vergangenen Jahren haben sogenannte Whistleblower immer wieder solche vertraulichen Daten aus den betreffenden Anwaltskanzleien der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Panama Papers und zuletzt die Paradise Papers, benannt nach den Steuerparadiesen, aus denen sie stammen.«

Ein Blitz erhellte mein Büro, und nur Bruchteile von Sekunden später krachte der Donner so gewaltig, dass die Fensterscheiben zitterten.

Mary-Lou zuckte zusammen. »Unheimlich, nicht wahr?«

Ich wusste nicht, ob sie das Gewitter meinte oder die Geschichte, die sie mir erzählte.

»Häufig sind diese Offshore-Geschäfte ganz legal«, fuhr sie fort. »Unmoralisch zwar, aber gesetzeskonform. Alle wissen davon, niemand unternimmt etwas dagegen. Aber manchmal ist es eben auch illegal. Diese Modelle eignen sich hervorragend zur Geldwäsche.« Sie stand auf und trat ans Fenster. »Wow, ich glaube, die Welt geht unter.«

Mir wurde es nun doch zu bunt. »Vielen Dank für die nette kleine Unterrichtsstunde in Steuerrecht. Aber wenn Sie nichts weiter zu sagen haben … Es war nett, mit Ihnen zu plaudern.«

»Aber, Jerry!« Sie drohte mir spielerisch mit dem Zeigefinger und setzte sich wieder hin. »So ungeduldig? Ich habe ja noch gar nicht von dem Angebot gesprochen.« Ein gewinnendes Lächeln umspielte ihre Lippen. »Der Mann, der mich zu Ihnen schickt, ist nämlich ein solcher Whistleblower. Er ist im Besitz von brisanten Steuerdaten, die einer Menge Leute das Genick brechen können. Außerdem können der Kanzlei kriminelle Machenschaften und Kontakte zu mafiösen Organisationen nachgewiesen werden.«

Endlich hatte sie meine volle Aufmerksamkeit. Ein Whistleblower also. Die wandten sich normalerweise an die Presse. Was wollten sie von mir?

Sie schien meine Gedanken zu erraten. »Mein Auftraggeber ist bereit, Ihnen die Daten unter bestimmten Bedingungen auszuhändigen.«

»Mir? Oder dem FBI?«

»Wo ist der Unterschied? Verkörpern Sie nicht das FBI?«

Irgendetwas war an der Sache faul. Warum kam sie mit ihrem Angebot ausgerechnet zu mir? Warum nicht zum Field Office? Ich stellte die Frage laut.

Mary-Lou lachte. »Das werden Sie schon früh genug erfahren, Jerry.«

»Ich bin gar nicht befugt, so etwas allein zu entscheiden, Miss.«

»Dann beraten Sie sich, Darling. Aber zögern Sie nicht zu lange! Das Angebot hat nicht ewig Gültigkeit.«

Mir gefiel nicht, wie sich das Gespräch entwickelte. »Sie erwähnen Bedingungen, die Ihr Auftraggeber stellt. Was sind das für Bedingungen?«

»Auch das werden Sie früh genug erfahren.«

Ich schlug mit der Faust auf den Tisch. »Sie müssen schon ein wenig konkreter werden, Schätzchen, wenn wir ins Geschäft kommen sollen. Also raus mit der Sprache!«

Mary-Lou klammerte sich wieder an ihre Halskette und verzog die roten Lippen zu einer beleidigten Schnute. Sie sah aus wie ein kleines Mädchen mit viel zu aufreizenden Klamotten und zu grellem Make-up.

»Hey«, rief sie. »Bleiben Sie locker, Jerry. Ich bin nur die Überbringerin der Botschaft. Ich gebe nur weiter, was mir mein Boss aufgetragen hat. Er will wissen, ob Sie überhaupt an seinen El Dorado Papers interessiert sind.«

»Sagen Sie ihm, das hängt davon ab.«

»Wovon denn?«

»Von seinen Bedingungen zum Beispiel.«

»Gut. Ich richte es ihm aus.«

»Außerdem brauche ich weitere Informationen. Von wem wurden die Dokumente geklaut?«

Sie zögerte kurz. »Geklaut ist kein schönes Wort. Es klingt so ordinär. Mein Auftraggeber hat den Computer der Anwaltskanzlei Maddison and Maddison in Nashville, Tennessee, gehackt. Von dort stammen die Daten.«

Geht doch, dachte ich. Endlich hatte ich einen Namen. Er war mir zwar noch nie untergekommen, aber wenigstens gab es nun einen Ansatzpunkt.

»Wir werden das prüfen und besprechen«, sagte ich. »Wie kann ich Sie erreichen, Mary-Lou?«

»Gar nicht, Darling. Ich melde mich zu gegebener Zeit.« Sie erhob sich, lächelte und winkte mir zu. »Bye, Jerry.«

***

Das Gewitter war so schnell vorüber, wie es aufgezogen war. Die Abkühlung blieb jedoch aus. Als ich Phils Büro betrat, kam schon wieder die Sonne durch. Er hatte die Klimaanlage ausgeschaltet und das Fenster geöffnet. Schwülwarme Luft wehte mit dem Straßenlärm herein. Ich erzählte ihm von meiner merkwürdigen Besucherin.

»Körbchengröße F?«, fragte er amüsiert nach.

»Mindestens.«

»Echt oder gepolstert?«

»Mit Sicherheit aufgepumpt.«

Phil wurde wieder ernst. »Das macht sie natürlich noch lange nicht zur Lügnerin oder zu einer Gegnerin, die man unterschätzen sollte. Was hältst du von der Sache?«

»Ich weiß nicht recht. Es macht mich stutzig, dass sie direkt zu mir kam. Woher kennt sie meinen Namen?«

»Das sollten wir schleunigst herausfinden«, erwiderte mein Partner. »Und natürlich müssen wir diese Anwaltskanzlei überprüfen.«

»Du bist dabei, Phil?«

Er ließ seinen Blick über einen geöffneten Aktenordner zu dem Bericht wandern, an dem er gerade arbeitete. »Sicher, Jerry. Ich habe sowieso nichts Besseres vor.«

Uns war klar, dass wir mit dieser Sache bei Mr High vorsprechen mussten, sobald wir weitere Informationen in der Hand hatten. Aber wir wollten unseren Chef nicht mit der Angelegenheit belästigen, bevor wir mehr darüber wussten.

Unsere erste Anlaufstelle war der CJIS, der strafrechtliche Informationsdienst in Clarksburg, West Virginia. Wenn Maddison & Maddison mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren, würden wir hier fündig werden.

»Ich maile Ihnen die Trefferliste in ein, zwei Stunden«, versprach der Mitarbeiter vom CJIS mit scharrender Stimme am Telefon. Wir hatten also Zeit, eigene Nachforschungen anzustellen.

Die Kanzlei wurde unter den Geschäftsführern Graham und Joanna Maddison geführt.

»Klingelt da etwas bei dir?«, fragte Phil.

»Allerdings«, rief ich. »Joanna Maddison ist vor einigen Monaten mit unserem Freund Juan Contarras von der CITU nach Untaba geflogen!«

Die Organisation CITU war uns schon mehrfach begegnet, und wir bissen uns bislang die Zähne an ihr aus. »Die weiteren Nachforschungen haben allerdings keine geschäftlichen Zusammenhänge zwischen den beiden ergeben«, fuhr ich fort. »Was nichts heißen muss, denn wir haben bislang keinen Zugriff auf die Daten der Kanzlei.«

Phil spitzte nachdenklich die Lippen, dann griff er zum Telefon, stellte es laut und wählte mit unterdrückter Nummer, damit der Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung nicht sehen konnte, wer anrief.

Wir mussten einige Zeit warten, bis jemand ranging. Schwülstige Countrymusik sollte uns die Warteschleife versüßen, zehrte aber gewaltig an den Nerven. Dann meldete sich endlich eine Frau.

»Guten Tag, Sie sprechen mit der Anwaltskanzlei Maddison and Maddison, mein Name ist Brittanee Black. Was kann ich für Sie tun?«

Phil lächelte gewinnend in den Apparat, als könnte die Sekretärin ihn sehen. »Ich heiße De …« Er zögerte. »Dexter. Phil Dexter. Ich möchte Mister Graham Maddison sprechen.«

Die Sekretärin schwieg kurz. »Mister Maddison ist nur noch stiller Teilhaber der Kanzlei. Er praktiziert nicht mehr. Sicher meinen Sie Mrs Joanna Maddison. Haben Sie einen Termin?«

»Leider nein. Können Sie mir einen besorgen, Brittanee?«

Sie lachte. »Nur nach Rücksprache. Aber vielleicht kann ich Ihnen selbst vorerst weiterhelfen. Worum geht es denn?«

»Um eine Firma, die ich gerne auf den Cayman Islands gründen möchte. Ihre Kanzlei ist doch auf Offshore-Geschäfte spezialisiert.«

»Das sind wir, Mister Dexter. Die übliche Vorgehensweise ist folgende: Sie schicken uns einen kurzen Businessplan mit den wichtigsten Angaben zu ihrer künftigen Firma. Vor allem müssen wir wissen, um welche Summen es sich handeln wird. Dann erhalten Sie ein erstes Beratungsgespräch mit einem der Anwälte, der Ihnen bei gegenseitigem Interesse ein auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Steuermodell erarbeitet.«

»Das klingt wunderbar, Brittanee. Was kostet mich ein solches Beratungsgespräch?«

Sie nannte eine Summe, die mein Jahresgehalt bei Weitem übertraf. Ich wandte mich ab, um ein Husten zu unterdrücken.

Phil blieb gelassen. »Danke, Brittanee. Ein fairer Preis. Gut möglich, dass wir ins Geschäft kommen. Eine Frage habe ich noch: Es liegt mir sehr daran, dass Maddison and Maddison nicht allzu genau überprüft, woher die Gelder stammen, die ich in die neue Firma auf den Caymans investieren möchte. Sehen Sie da ein Problem?«

Die Sekretärin klang immer noch freundlich, aber nicht mehr ganz so herzlich wie zuvor. »Das müssen Sie mit Ihrem beratenden Anwalt besprechen, Mister Dexter. Es übersteigt meine Zuständigkeit, Ihnen darüber Auskunft zu erteilen.«

»Ich verstehe, Miss Black. Sie haben mir sehr geholfen.«

Wir sahen uns nachdenklich an, nachdem Phil aufgelegt hatte. Immerhin wussten wir nun, wer in der Kanzlei die Fäden zog: nicht Graham, sondern Joanna Maddison.

»Ich schätze, das war die Standardantwort, die uns jede große Steuerkanzlei gegeben hätte«, mutmaßte Phil. »Damit macht sich Maddison and Maddison noch nicht verdächtig.«

***

Die Liste vom CJIS kam erst kurz vor Mittag. Sie war endlos lang. Jeder Treffer aus der Datenbank war ausführlich aufgelistet.

Ich seufzte. »Verspricht, ein spannender Nachmittag zu werden.«

Es würde Stunden dauern, sich da durchzuarbeiten. Die Datenbank hatte alles ausgespuckt, was mit dem Namen Maddison and Maddison in Verbindung gebracht werden konnte. Da es sich um eine Anwaltskanzlei handelte, gab es Hunderte von Fällen, bei denen sie als Verteidiger oder Berater in Erscheinung getreten war.

»War dein Morgen nicht schon spannend genug?« Phil zwinkerte. »Na los, bringen wir es hinter uns.«

Wir teilten den Stapel gerecht auf und zogen uns hinter unsere Schreibtische zurück. Am Abend schmerzte mein Kopf, und die Augen tränten. Jeder noch so gefährliche Einsatz war mir lieber als diese Recherchearbeit. Gefunden hatte ich nichts. Phil ging es genauso.

»Entweder ist die Kanzlei tatsächlich sauber, oder sie agiert sehr vorsichtig«, sagte ich und starrte missmutig auf Phils himbeerfarbenes Hemd.

»Hast du vielleicht in letzter Zeit gegen Prostituierte ermittelt und dich dabei unbeliebt gemacht?«, fragte er. »Ich meine, das Ganze könnte ja auch einfach nur ein schlechter Scherz sein. Das würde auch erklären, warum Mary-Lou so gezielt zu dir kam.«

Ich dachte darüber nach, kam aber nicht weiter. »Lass uns für heute Schluss machen«, schlug ich gähnend vor. Ein Tag im Büro ermüdete mich mehr als jeder Dauereinsatz.

»Einen Moment«, bat Phil. »Ich habe nur noch drei Seiten, dann bin ich mit meinem Stapel durch.« Er beugte sich erneut über die Unterlagen und plötzlich weiteten sich seine Augen.

»Die Kanzlei vertrat neulich bei einem kleinen, an sich unbedeutenden Steuervorwurf einen gewissen Adolfo Alvarado«, las er.

Ich war mit einem Mal wieder hellwach. »Adolfo Alvarado? Der honduranische Vorsitzende der Partido Nacional de Honduras?«

»Eben der.«

Vor Kurzem erst waren wir auf den Mann aufmerksam geworden. Ihm gehörte auf der honduranischen Karibikinsel Untaba ein zwielichtiges Pharmaunternehmen. Außerdem pflegte er Kontakte zu einem uns wohlbekannten Mann: dem Anwalt Juan Contarras.

»Glaubst du, Maddison and Maddison hat etwas mit der CITU zu tun?«, sprach ich den Verdacht aus, der in der Luft lag.

Der Name CITU stand offiziell für Cooperatión Independiente Territorial Untaba, eine Partei, die ein Mann namens Ricardo Castello gegründet hatte mit dem Ziel, die Unabhängigkeit seiner Insel von Honduras zu erreichen. Wie wir wussten, war Castello ein Studienfreund von Joanna Maddison. Inoffiziell stand der Name CITU für ein weitverzweigtes, straff hierarchisch strukturiertes kriminelles Syndikat, das seine Finger in einer ganzen Reihe schmutziger Geschäfte hatte. Wir vermuteten an der Spitze der Organisation entweder Castellos Anwalt Contarras, der immer auftauchte, wenn es irgendwo bis zum Himmel stank, oder eben jenen Adolfo Alvarado, dessen Namen wir in den Unterlagen des CJIS gefunden hatten.

Phil zuckte mit den Schultern. »Wir müssen es herausfinden, Jerry. Wenn Maddison and Maddison Geschäfte mit der CITU macht, sind Mary-Lous Daten heißer, als wir dachten. Wir könnten dadurch endlich etwas Konkretes gegen die Organisation in die Hände bekommen.«

»Oder das Ganze ist eine verdammte Falle, Phil. Das würde auch erklären, wieso die Lady ausgerechnet mich ausgewählt hat. Ich habe mit der CITU immerhin noch eine Rechnung offen.«

»Wir müssen am Ball bleiben.«

Ich nickte grimmig. Schließlich hatte ich meiner ermordeten Partnerin auf Zeit, Marina A. Mayo, geschworen, die Organisation zu besiegen.

***

Mary-Lous Anruf kam am nächsten Morgen, während ich vor Phils Apartment auf ihn wartete. Der Himmel war schwefelgelb, die Luft schwüler denn je. Die ganze Nacht waren Gewitter über Washington hinweggezogen, und es sah nicht so aus, als wäre das Unwetter schon vorüber.

»Hey, Jerry«, schnurrte die Unterhändlerin des Whistleblowers ins Smartphone. »Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen.«

»Geht so, Miss.«

Sie lachte. »Dann hatten Sie ja genügend Zeit, über alles nachzudenken. Wenn Sie an den Daten interessiert sind, können Sie mich heute Mittag um eins im