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Der Gangsterboss Paul Nero wurde in Atlantic City auf offener Straße von drei maskierten Männern erschossen und in seiner Heimatstadt Boston begraben. Angeblich steckte die Mafia hinter dem Anschlag, der Nero mehrere Millionen Dollar schuldete. Wollte die Cosa Nostra ein Exempel statuieren? Als sich herausstellte, dass Neros Sarg leer war, heftete sich ein weiterer Hitman an seine Fersen. Ein letzter Auftrag für den Profikiller, der so lange morden sollte, bis sich der Gangsterboss ergab. Und für Phil und mich begann damit ein Wettlauf gegen die Zeit!
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Seitenzahl: 140
Veröffentlichungsjahr: 2018
Cover
Impressum
Sein letzter Auftrag
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelfoto: (Film) »The Matador«/ddp-images
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-6494-1
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Sein letzter Auftrag
Atlantic City. Der Bostoner Unterweltboss Paul Nero verließ um null Uhr zehn mit zwei attraktiven It-Girls gut gelaunt das Spielcasino Golden Nugget und hatte die Absicht, sich mit den heißen Schönheiten noch ein, zwei Stunden im Casino des Hotels Tropicana zu vergnügen. Aber dazu sollte es nicht mehr kommen, denn er wurde von drei maskierten Männern erwartet.
»Da ist er«, zischte der erste. Er war muskulös und überragte seine Komplizen um einen halben Kopf.
»Fett und aufgeblasen«, sagte der zweite verächtlich.
»Ich mag ihn auch nicht«, knurrte der dritte.
»Okay, bringen wir es hinter uns«, sagte der erste.
Der dritte zog seinen Revolver. »Schnell und schmerzlos«, brummte er, und dann ging der Feuerzauber auch schon los.
Ohne sich um die entsetzt kreischenden Frauen zu kümmern, schossen die Killer den Gangsterboss eiskalt zusammen. Ihre Kugeln brachten Nero auf groteske Weise zum Tanzen. Er zuckte, zappelte, drehte sich einmal um die eigene Achse, stolperte über seine stämmigen Beine und schlug lang hin. Ehe die Schockstarre von seinen Begleiterinnen und einigen weiteren Augenzeugen abgefallen war, waren die Attentäter verschwunden. Niemandem wäre es in den Sinn gekommen, sich ihnen in den Weg zu stellen. Man war schließlich nicht lebensmüde.
Obwohl ein Krankenwagen erstaunlich rasch zur Stelle war, gab es für Paul Nero keine Hilfe mehr. Laura, seine Witwe, ließ seine sterbliche Hülle nach Boston überstellen und auf einem kleinen, alten Friedhof in der Nähe des Franklin Park beerdigen. Das tat sie nicht nur, weil er als Ehrenmitglied häufig auf dem Grün des angrenzenden William J. Devine Golf Course anzutreffen gewesen war, sondern vor allem deshalb, weil er da vor Kurzem eine Grabstätte gekauft hatte.
Offenbar für alle Fälle, da ein Gangsterboss schließlich nicht nur Freunde hat. Möglicherweise hatte er befürchtet, eines Tages so zu enden.
Nur die engsten Familienangehörigen gaben dem Toten, gut abgeschirmt von den zahlreich erschienenen Medienvertretern, das letzte Geleit.
Da es danach weder Statements noch Interviews gab, begann, wie in solchen Fällen üblich, die Gerüchteküche zu brodeln. Man munkelte, die Mafia, der Paul Nero angeblich mehrere Millionen Dollar geschuldet hatte, stecke hinter dem niederträchtigen Mordanschlag, und es gab wohl niemanden, der diesen Verdacht von vornherein für hirnrissig gehalten und als völlig haltlos abgetan hätte.
Der Ehrenwerten Familie war schließlich so gut wie alles zuzutrauen. Es gab aber auch Gegenstimmen, die meinten, niemand wäre so unvernünftig, seinen Schuldner umzubringen und damit zwangsläufig auf derart viel Geld zu verzichten. Doch wenn es der Cosa Nostra darum ging, ein aufrüttelndes Exempel zu statuieren, konnte sie sich das in jedem Fall leisten. Der Verlust mehrerer Millionen war zwar auch für diese Leute schmerzlich, aber wenn man damit erreichte, dass alle anderen säumigen Zahler nicht einmal mehr daran zu denken wagten, die Mafia übers Ohr zu hauen, war durchaus vertretbar.
Ich verfolgte den Fall aus der Ferne, saß in Washington im J. Edgar Hoover Building in meinem Büro und erledigte, was hin und wieder leider auch sein musste, den lästigen Papierkram.
Zwei Monate war Paul Nero inzwischen schon tot, und unsere unermüdlich ermittelnden Kollegen wussten immer noch nicht, wer ihn erschossen hatte beziehungsweise in wessen Auftrag dies geschehen war.
Phil schaute bei mir herein.
Ich sah meinen Partner an. »Neuer Haarschnitt?«
»Ich sollte den Mann verklagen«, knurrte Phil ärgerlich. »Ich habe zwar kurz gesagt, aber nicht so kurz. Der hat ja kaum was übrig gelassen.«
»In drei Monaten siehst du wieder aus wie immer«, tröstete ich ihn.
»Und bis dahin?«
Ich zog die Schultern hoch und versuchte, ernst zu bleiben. »Hut? Mütze? Haube? Helm? Turban? Fez?«
Mein Kollege zog die Augenbrauen verdrossen zusammen. »Sehr witzig. Ich lache ein andermal darüber.« Er wechselte das Thema. »Wir sollen zu Mister High kommen.«
»Was hat er auf dem Herzen?«
»Keine Ahnung. Er wird es uns gleich sagen.«
Das Büro unseres Chefs befand sich auf demselben Flur. Im Vorzimmer des Assistant Director saß Dorothy Taylor, eine höchst attraktive farbige Endzwanzigerin.
Sie schenkte uns ein warmes, angenehm freundliches Lächeln, als wir eintraten. »Jerry. Phil.«
»Hallo, Dorothy«, gaben wir synchron zurück.
Sie war zwar, wie immer, ein wenig zu farbenfroh gekleidet, doch das bewegte sich, angesichts der strengen Kleiderordnung im HQ, gerade noch im vertretbaren Rahmen.
Dorothy zeigte auf Phil. »Trendige Frisur«, stellte sie schmunzelnd fest.
Seine Miene verfinsterte sich sofort. »Ich bin nicht stolz darauf.«
»Mir gefällt sie.«
Phil staunte. »Ehrlich? Heißt das, Sie würden mit mir ausgehen, wenn ich …?«
Sie seufzte. »Ich bin zurzeit bedauerlicherweise mit jemandem …«
Er nickte. »Verstehe.«
»Aber sonst …«
Phil winkte ab. »Schon gut«, grummelte er. »Ich brauche kein Mitleid.«
Ich deutete mit dem Kopf auf die Tür, die in das Büro des Assistant Director führte. »Können wir?«
Dorothy hatte nichts dagegen. Zum Glück kommentierte unser Chef Phils Kurz-Kurzhaarschnitt nicht auch noch. Er ging darauf mit keiner Silbe ein, kam stattdessen sofort zur Sache und erwähnte den hinterhältigen Mord an Paul Nero.
»Der Fall droht langsam, kalt zu werden«, sagte er. »Die mit der Aufklärung befassten Kollegen kommen einfach nicht weiter. Sie treten auf der Stelle. Vielleicht können Sie beide frischen Wind in die Ermittlungen bringen. Special Agent in Charge Galston traut Ihnen das jedenfalls zu. Er hat mich gebeten, Sie nach Boston zu schicken.«
Klar, warum nicht?, dachte ich mit erwachendem Tatendrang. Das ist auf jeden Fall interessanter, als Formulare auszufüllen, Rechnungsbelege zu scannen und Berichte zu schreiben. Ich wechselte mit Phil einen kurzen Blick und sah sofort, dass er genauso dachte.
Vierundzwanzig Stunden später atmeten wir bereits Bostoner Luft, hatten im Sheraton zwei nebeneinanderliegende Zimmer und konferierten in Chelsea mit SAC Galston und dessen frustrierten Agents, die mit ihren Nachforschungen in eine Sackgasse geraten waren und nicht mehr vom Fleck kamen. Man brachte uns auf den aktuellen Stand der Ermittlungen, deckte uns mit Zahlen, Fakten, Daten, Namen und protokollierten Aussagen ein, und ich spürte deutlich, dass alle froh waren, dass wir nun die Sache in die Hand nehmen würden.
Manchmal mussten wir uns mit erheblichen Kompetenzstreitigkeiten herumschlagen, wenn wir als ranghöhere Inspektoren in einem der Field Offices das Ruder übernehmen wollten. Hier waren keine zu erwarten.
Der Special Agent in Charge und seine Männer sicherten uns jede nur denkbare Unterstützung zu. So machte der Job Freude.
Obwohl Paul Nero in Atlantic City exekutiert worden war, gab es vage Hinweise darauf, dass ihm die Meuchelmörder aus Boston nachgereist waren, und man hatte sogar drei Verdächtige ausgeforscht. Typen, die für Geld alles machten und angeblich selbst vor einem heimtückischen Mord nicht zurückschreckten. Man hatte sie im Field Office zwar intensiv befragt, danach aber wieder laufen lassen müssen, weil ihre Alibis nicht zu erschüttern gewesen waren.
»Mal sehen, ob wir diese Nüsse knacken können«, sagte Phil.
***
Ich begrub den Klingelknopf rechts neben der Tür unter meinem Daumen. Drinnen läutete es. Ein struppiges blondes weibliches Wesen öffnete in einem kurzen, blau-weiß gestreiften, kaum zugeknöpften Herrenhemd. Hängebusen. Lange nackte Beine. Barfuß.
»Wer stört?«, wollte die schlaftrunkene Lady wissen. Sie konnte nicht älter als fünfundzwanzig sein.
Ich zeigte ihr meinen Ausweis. »FBI. Inspektor Cotton. Das ist mein Partner, Inspektor Decker.«
Sie gähnte und rümpfte die Nase, als hätten wir eine schlechte Ausdünstung. »Feds. Das hätte ich mir gleich denken können. So adrett, wie ihr gekleidet seid.«
»Und wer sind Sie?«, fragte ich trocken.
»Muss ich Ihnen das sagen?«, fragte sie widerborstig zurück.
»Es wäre besser …«, begann ich.
»Für wen?«, schnappte sie.
Phil verlor die Geduld. »Los«, sagte er schneidend. »Ziehen Sie sich an.«
»Wozu?«, blieb sie renitent.
»Wir nehmen Sie mit«, antwortete mein Freund.
»Scheiße. Wohin denn? Ich habe nichts verbrochen. Ich bin müde, habe geschlafen.«
»Es ist zwei Uhr nachmittags«, stellte Phil fest.
»Na und? Ich arbeite nachts.«
»Welches Gewerbe?«, hakte er nach.
Ihre braunen Augen versprühten Funken. »Halten Sie mich etwa für eine gottverdammte Nutte? Sehe ich aus wie eine, die auf den Strich geht?«
»Ich sage Ihnen lieber nicht, wie Sie aussehen«, gab Phil kühl zurück.
»Lassen Sie uns noch einmal von vorne anfangen«, schlug ich beschwichtigend vor. »Sie wissen, wer wir sind, und nun verraten Sie uns, wer Sie sind, okay?« Damit weichte ich ihren Widerstand ein wenig auf.
»Amy«, antwortete sie etwas zahmer. »Amy Kowalski.«
»Na also«, meinte ich zufrieden. »Geht doch. Und von Beruf sind Sie …?«
»Ich serviere im Red Rooster Speisen und Getränke. Das ist ein absolut anständiger Job. Was Ihr Partner mir zu unterstellen versucht hat, ist eine impertinente Frechheit. Bloß weil eine Frau um zwei Uhr nachmittags noch im Bett liegt, ist sie noch lange keine …«
Phil hob abwehrend beide Hände. »Ich habe nichts dergleichen behauptet.«
»Aber gedacht«, giftete Amy Kowalski meinen Partner an.
»Sie können Gedanken lesen?«
»Ich hab’s Ihnen angesehen.«
»Wir wollten eigentlich zu Wesley Beveraux«, warf ich ein.
»Schon wieder?« Amy Kowalski schüttelte den Kopf. »Ich verstehe das nicht. Wieso habt ihr G-men plötzlich so einen Narren an ihm gefressen? Er ist nicht da.«
»Sind Sie seine Freundin?«, erkundigte sich Phil.
Sie wurde gleich wieder pampig, schien gegen meinen Partner eine ziemlich kompakte Animosität entwickelt zu haben. »Was dagegen?«
Phil lächelte entwaffnend. »Nicht das Geringste«, erwiderte er. »Wissen Sie, wo wir ihn finden?«
»In der Muckibude«, antwortete Amy Kowalski. Das Hemd ihres Freunds klaffte bedenklich weit auf. Sie kümmerte sich nicht darum, geizte nicht mit ihren weiblichen Reizen, zeigte wohl jedem gerne, was sie hatte. »Da ist er immer um diese Zeit, um seine Fettzellen zu verbrennen.«
Ich wollte den Namen und die Adresse des Fitnesscenters wissen. Es nannte sich Hercules und befand sich in der Columbia Road, etwa eine halbe Meile nördlich vom Strand Theatre entfernt.
***
Am anderen Ende läutete es viermal, dann meldete sich eine dröhnende Bassstimme, die nur zu einem Hünen passte.
»Sonny?«
»Wer spricht?«, fragte Sonny.
»Amy.«
»Oh, hallo, Amy.«
»Hi. Hör zu, sag Wesley, dass hier schon wieder zwei FBI-Typen auf der Matte standen. Diesmal höhere Chargen. Inspektoren. Sie wollten Wes sprechen. Ich habe ihnen gesagt, wo er ist. Sie werden in Kürze bei euch aufkreuzen.«
»Willst du es ihm selbst sagen?«, fragte Sonny.
»Nein«, gab Amy Kowalski zurück. »Ich möchte nur, dass er Bescheid weiß.«
»Geht klar, Baby. Ich sag’s ihm.« Er räusperte sich. »Du weißt ja, ich mag ihn. Aber dich mag ich mehr. Ist ja irgendwie logo. Falls du also einmal genug von ihm haben solltest …«
»Bist du der Erste, den ich anrufe«, unterbrach sie ihn.
»Das würde mich freuen. Und ich würde dich auch ganz bestimmt nicht enttäuschen.« Seine Stimme wurde noch tiefer. »Soll ich dir verraten, was ich, sagen wir mal in gewissen Stunden, alles draufhabe?«
»Ein andermal«, gab Amy desinteressiert zurück und legte auf. Sie schüttelte den Kopf. »Ihr Typen seid alle gleich. Eure vielgepriesene wetterfeste Männerfreundschaft ist nur so lange intakt, wie kein Weiberrock in der Nähe ist. Taucht eine Frau auf, fängt eure Eintracht sofort zu bröckeln an.« Sie streifte Wesleys Hemd ab, ließ es achtlos zu Boden flattern und ging nackt ins Bad.
Womit ihr Freund sein Geld verdiente, wusste sie nicht. Das war ihr nicht wichtig. Sie war mit ihm zusammen, weil er ein cooler Typ war, einen fantastischen Körper hatte, umwerfend aussah, gut im Bett war und sie so behandelte, wie eine Frau es von einem Mann erwartete.
Der Freund, den sie vor ihm gehabt hatte, hatte sie immer vermöbelt, wenn er blau gewesen war – und das war er mindestens dreimal in der Woche gewesen. Niemand wusste, was passiert wäre, wenn sie sich nicht eines schmerzreichen Tages entschlossen hätte, die Reißleine zu ziehen.
Sie drehte die Dusche auf, war zufrieden, hatte ihre Schuldigkeit getan und Wesley vor den G-men gewarnt. Wie er jetzt damit umging, war seine Sache.
***
Beveraux reagierte nervös auf die Warnung. Er hatte keine Lust, schon wieder neugierigen Bundesbullen Rede und Antwort stehen zu müssen, brach sein Trainingsprogramm deshalb augenblicklich ab, verließ den Fitnesstempel in großer Eile und gab die Warnung telefonisch an seine beiden Komplizen weiter, weil zu erwarten war, dass die lästigen FBI-Filzläuse auch bei ihnen aufkreuzen würden.
»Werden die denn nie müde?«, grummelte Carl Donnard.
»Haben die nichts Besseres zu tun?«, ärgerte sich Hugh Shuler.
»Anderen Leuten auf die Nüsse zu gehen, ist ihr Job«, sagte Beveraux. Es hörte sich an, als hätte er Verständnis dafür.
»Nimmst du die etwa in Schutz?«, fragte Donnard verdrossen.
»Ich sage nur, wie es ist«, gab Beveraux zur Antwort. »Die werden dafür bezahlt, dass sie Leuten wie uns das Leben schwermachen.«
»Und was tun wir jetzt?«, wollte Shuler wissen.
»Das erfahrt ihr in wenigen Minuten«, antwortete Beveraux.
Er setzte sich mit der Person in Verbindung, die für den aufsehenerregenden Mord an Paul Nero in Atlantic City bezahlt hatte.
»Ich denke, wir sollten für eine Weile untertauchen, von der Bildfläche verschwinden, dafür sorgen, dass die Feds so lange ins Leere stoßen, bis sie die Arbeit an diesem Fall leid sind und ihn ungelöst zu den Akten legen«, schlug er vor.
»Gute Idee.«
»Können Sie da was arrangieren? Uns auf einen anderen Planeten beamen oder so?«
»Kein Problem.«
Beveraux lachte gekünstelt. »Für die zu erwartenden Unannehmlichkeiten sollte für Donnard, Shuler und mich noch ’ne kleine Sonderzahlung herausspringen. Was meinen Sie?«
»An welche Summe haben Sie gedacht?«
»Noch mal die Hälfte von dem, was wir für Atlantic City bekommen haben.«
Kurze Pause. Dann: »Ich könnte Sie jetzt für unverschämt halten.«
»Ist doch besser, als würden uns die G-men demnächst zum Reden bringen«, entgegnete Beveraux schleimig. »Die haben da so ihre unangenehmen Methoden. Schlafentzug, Elektroschocks, Water Dumping …«
»Boston ist nicht Guantanamo.«
»Ich möchte nicht wissen, was hinter den sauberen FBI-Kulissen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, alles läuft«, warf Beveraux ein. »Man hört da manchmal ziemlich böse Dinge. Wer will schon herausfinden, was davon wahr ist und was nicht?«
Die Person am anderen Ende ging – zwar widerwillig, aber doch – auf seine Forderung ein und hatte auch schon einen Plan, der Beveraux gefiel. Er erklärte sich mit dem Angebot einverstanden und informierte noch in derselben Minute seine Freunde.
»Wir werden für eine Weile gewissermaßen aus dem Verkehr gezogen«, berichtete er.
»Muss das sein?«, maulte Donnard, der als an und für sich träger Gewohnheitsmensch seinen üblichen Alltagstrott höchst ungern unterbrach.
»Glaub mir, es ist besser so«, erwiderte Wesley Beveraux vernünftig.
Als er seinen Komplizen von der Sonderprämie erzählte, die er, die Gunst der Stunde geschäftstüchtig nutzend, für sie und sich herausgeholt hatte, gab es für die beiden nichts mehr zu meckern. Wenn noch einmal Geld reinkam, ohne dass sie dafür groß was tun mussten, war das für sie in Ordnung.
»Hört zu«, sagte Wesley Beveraux energiegeladen. »Ich hole euch jetzt gleich ab, und wir fahren gemeinsam zu dem Treffpunkt, den ich mit unserem Auftraggeber vereinbart habe. Da bekommen wir dann unser Geld, die Adresse unseres Verstecks und den Schlüssel dafür.«
»Alles klar«, erwiderten Carl Donnard und Hugh Shuler wie aus einem Mund.
»Ihr nehmt nichts mit, verabschiedet euch von niemandem, geht einfach aus dem Haus und fertig.«
Donnard lachte. »Nur mal kurz Zigaretten holen.«
»So ungefähr«, gab Beveraux zurück. »Also dann. Bis gleich.«
Als Ersten gabelte er Shuler auf. Der Komplize kam ihm, die Hände in den Hosentaschen, gemächlich schlendernd entgegen. Er wirkte völlig entspannt, stieg ein und sagte: »Hi.«
Beveraux nickte. »Schnall dich an.«
»Hast du vor, zurück in die Zukunft zu rasen?«, fragte Shuler grinsend, während er den Sicherheitsgurt anlegte.
Beveraux fuhr erst weiter, als er das Klicken hörte.
Auf Donnard mussten sie warten. Der hatte es nicht so mit der Pünktlichkeit, stand mit ihr fast immer auf Kriegsfuß. Deshalb rechnete Beveraux für ihn auch normalerweise bei allen Verabredungen eine halbe Stunde dazu.
Wenn Donnard beispielsweise um zwei Uhr nachmittags zur Stelle sein sollte, sagte Beveraux, er solle um halb zwei da sein. Dann brauchten sie höchstens noch zehn Minuten auf ihn zu warten.
»Was dauert bei dem immer so lange?«, brummte Shuler verständnislos.
»Er will in jeder Lebenslage besser aussehen als wir«, erklärte Beveraux spöttisch. »Solange er mit seiner Frisur nicht zufrieden ist, geht er nicht aus dem Haus. Die muss sitzen. Das ist ihm sehr wichtig.«
Endlich erschien Carl Donnard, selbstredend mit bestens gestyltem Haar. Er öffnete den Wagenschlag und stieg ein.
»Hallo, Mädels.« Er war in eine aufdringliche Aftershave-Lotion-Wolke eingehüllt.
Shuler sah Beveraux an und verdrehte die Augen.
»Dann mal los«, sagte Donnard. »Ab in den Urlaub.« Er schlug Beveraux auf die Schulter. »Das war verdammt ausgefuchst, um nicht zu sagen genial clever von dir, noch ’nen fetten Bonus für uns herauszuschinden. Hut ab. Respekt.« Er stieß Shuler an. »He, Hugh. Hast du dich schon bei unserem geschäftstüchtigen Freund bedankt? Erinnert mich daran, dass ich bei nächster Gelegenheit einen ausgebe.«
Sie verließen die Stadt in westlicher Richtung. Als sie das Brookline Reservoir erreichten, kam ihnen ein breiter Monster-Truck entgegen.
Shuler erschrak. »Scheiße, pennt der?«