Jerry Cotton 3191 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3191 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Mr High schickte Phil und mich nach Paraguay. Offiziell hieß es, ein Überfall auf ein Geldtransportunternehmen sei gescheitert. Nicht bekannt wurde, dass dabei die jüngere Schwester eines US-Senators entführt worden war. Die paraguayische Polizei sollte nicht eingeschaltet werden, denn bei einer ähnlichen Entführung vor gut zehn Jahren war die Tochter eines Ex-Präsidenten trotz Lösegeld ums Leben gekommen - vergewaltigt, geschwängert und lebendig begraben. Für uns begann damit ein Wettlauf gegen die Zeit, denn wir mussten alles daransetzen, dass die Schwester des Senators nicht das gleiche Schicksal ereilte!

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EPUB

Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Entführt in Paraguay

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: (Film) »Die purpurnen Flüsse«/ddp-images

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6496-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Entführt in Paraguay

Brandi Anderson fuhr aus dem Schlaf hoch. Ein Geräusch, dachte sie. Da war irgendein ungewöhnliches Geräusch. Jetzt herrschte Stille. Die junge Frau tappte ans Fenster. Es war Nacht in Ciudad del Este, aber der Hof des Geldtransportunternehmens war hell erleuchtet, und Brandi sah den Mann vom Wachdienst, der auf der Außenseite am Gitter des großen Eingangstors vorbeiging. Alles in Ordnung.

Da war das Geräusch wieder! Ein Schaben von Metall auf Metall, als würde ein Schlüssel im Schloss probiert. Die junge Frau griff zum Handy. Die Nummer des Wachdienstes war auf der Kurzwahl. Sie lauschte dem Rufzeichen.

In dem Moment wurde die Tür zu ihrem Zimmer mit roher Gewalt aufgebrochen. Holz splitterte. Drei Männer stürzten herein. Der eine von ihnen hielt eine Maschinenpistole in den Händen. Er richtete die Mündung der Waffe auf Brandi.

Widerstand war zwecklos. Sie hob die Arme. Niemand sprach ein Wort. Die beiden anderen Gangster fesselten Brandi und stülpten ihr einen Sack über den Kopf.

Entsetzt hörte sie, wie jemand das Handy ausschaltete.

Das Flughafengebäude war nicht viel mehr als eine Baracke. Die einzige Hinweistafel wies auf eine Tankstelle, an der man Flugbenzin bekommen konnte.

Wir hatten gewusst, dass uns ein Angestellter der Botschaft vom Flughafen abholen würde. Um unsere Ankunft geheim zu halten, waren wir nicht in Asunción gelandet, sondern auf dem Dr. Louis María Argaña International Airport, einem kaum genutzten riesigen Flugplatz mitten im Gran Chaco. Es waren US-Amerikaner in Zivil, die uns an dem paraguayischen Zöllner vorbeiführten. Der Mann blickte gelangweilt in die andere Richtung. Phil und ich waren die einzigen Fluggäste.

»Wo ist das Taxi?«, fragte Phil.

Es gab kein Taxi. Vor dem Gebäude parkte ein einsamer Wagen, dessen Fahrer jetzt ausstieg und auf uns zukam.

»Willkommen in Paraguay!« Diego Fleming, ein Mitarbeiter der US-Botschaft, nahm uns in Empfang. »Hatten Sie einen guten Flug?«

»Ja, danke«, antwortete ich matt. Der Flug war das kleinste Problem gewesen.

Fleming erklärte uns, dass er als Landeskenner und Übersetzer fungieren würde. »Ich werde Sie bei Ihrer Arbeit in Paraguay unterstützen, Inspektoren. Der Botschafter hat mich über die Einzelheiten Ihres Auftrags informiert.«

Ich nickte. Phil und ich waren von Assistant Director High, unserem Chef, darüber informiert worden, dass mithilfe eines Tunnels ein Überfall auf das Geldtransportunternehmen Security Worldwide in Ciudad del Este durchgeführt worden war. Es hieß, dieser Überfall sei gescheitert. Es sei den Gangstern nicht gelungen, in den Tresorraum einzudringen. Das war die offizielle Version.

Was jedoch nicht bekannt geworden war: Die Einbrecher waren sehr wohl in das Gebäude eingedrungen und hatten eine Frau entführt. Brandi Anderson war Sicherheitsexpertin. Sie war aus den USA eingeflogen, um die jährliche Überprüfung der Computersysteme und elektronischen Schließeinrichtungen des Büros vorzunehmen. Security Worldwide war eine US-amerikanische Firma, die ihre Dienste in vielen Ländern der Erde anbot. Die Zentrale für Paraguay lag nicht in Asunción, der Hauptstadt, sondern in dem viel kleineren Ciudad del Este. Hier wurden größere Geldmengen bewegt, nicht zuletzt wegen der offenen Grenze zu Brasilien, wo mehr Geld verdient und mehr Geld ausgegeben wurde.

»Brandi Anderson, dreißig Jahre alt«, sagte Fleming und deutete auf das Foto in seiner Hand. Es zeigte eine hübsche junge Frau mit langem blonden Haar.

»Gibt es schon irgendwelche Hinweise auf die Täter?«, erkundigte sich Phil.

Fleming schüttelte den Kopf.

»Und was sagt die Polizei?«, fragte ich.

»Nichts. Die Polizei weiß nichts davon.«

Die Firma hatte sich direkt an die amerikanische Botschaft gewandt, erklärte er uns, und es war Stillschweigen vereinbart worden. Das Entführungsopfer war die jüngere Schwester eines US-Senators. Die Polizei sollte nicht eingeschaltet werden.

»Warum?«, fragte ich.

Fleming klärte uns auf: Als bei einer dramatischen Entführung vor gut zehn Jahren die Tochter eines Ex-Präsidenten als Geisel genommen worden war, waren die Maßnahmen der paraguayischen Polizei PNP spektakulär gescheitert. Obwohl das Versteck der Geisel bekannt gewesen war, hatte die PNP über einen Monat abgewartet. Der Vater hatte das Lösegeld gezahlt, doch die Tochter hatten die Täter trotzdem umgebracht. Vergewaltigt, geschwängert und lebendig begraben. Sie war nur zweiunddreißig Jahre alt geworden.

Die Geschichte gefiel mir nicht. »Wenn wir bei Entführungen eingeschaltet werden, ist es unerlässlich, dass wir mit der örtlichen Polizei so eng wie möglich zusammenarbeiten.«

»Unsere Vorgesetzten haben anders entschieden«, erwiderte Fleming ungerührt.

»Ihre Vorgesetzten«, korrigierte ich. Ich war mir ziemlich sicher, dass Mr High nichts von dieser Absprache wusste.

»Ehe ich es vergesse«, meinte Fleming, »es gibt ein Abkommen mit Paraguay, dass US-Militär hier im Land nicht strafrechtlich belangt werden kann. Wir interpretieren diese Vereinbarung so, dass dies auch für das FBI gilt. Sie sollen die Geisel freibekommen. Wie Sie das machen, ist Ihre Sache. Sie haben völlig freie Hand.«

»Danke«, gab ich zurück. »Wir werden uns an die Gesetze halten.«

Auf der endlos langen Autofahrt in die Hauptstadt gab es reichlich Gelegenheit, die Details unseres Auftrags zu diskutieren. Aber es gab wenig konkrete Informationen.

Unser Mittagessen nahmen wir in dem kleinen Restaurant einer Tankstelle ein. Ich rief Mr High an und schilderte ihm die Lage.

»Das ist unangenehm«, sagte er. Ich wusste, dass er es genauso wenig schätzte wie wir, wenn sich Politiker in unsere Arbeit einmischten. »Im Augenblick haben wir jedoch keine andere Möglichkeit, fürchte ich, als unter diesen erschwerten Bedingungen unser Äußerstes zu tun, um die Geisel freizubekommen. Bitte denken Sie daran: Sie brauchen nicht zu ermitteln, Sie brauchen niemanden zu verhaften, Sie müssen nur die Geisel befreien, auf welche Weise auch immer.«

Ich bemühte mich, meinen Ärger nicht zu zeigen. »Wäre das nicht eigentlich ein Job für einen Privatdetektiv, Sir?«

»Sie wissen sehr gut, warum wir gerade Sie beide geschickt haben. Finden Sie die junge Frau. Retten Sie sie. Ich bemühe mich inzwischen, von Washington aus die Lage zu entschärfen und dafür zu sorgen, dass Sie mit der Polizei zusammenarbeiten können.«

»Wir tun, was wir können«, versprach ich.

Diego Fleming machte einen müden Eindruck. Er gähnte hinter vorgehaltener Hand.

»Sie haben die letzten Tage wahrscheinlich auch nicht viel Schlaf bekommen«, stellte ich fest.

Fleming nickte. »Seit dieser Geiselnahme bin ich sozusagen Tag und Nacht im Einsatz.«

Phil zog die Augenbrauen hoch. »Und was machen Sie konkret?« Seine Stimme klang freundlich, aber ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er genauso verärgert war wie ich. Die Polizei war von den Ermittlungen ausgeschlossen, und stattdessen führte der Fahrer der amerikanischen Botschaft die Untersuchungen.

»Ich bemühe mich, einen Kontakt zu den Entführern herzustellen«, antwortete Fleming.

Das klang ziemlich vage. Phil gab sich nicht damit zufrieden. »Und wie machen Sie das?«

»In dem ich mich umhöre. Es gibt in Asunción wie in jeder anderen Großstadt bestimmte Lokale, in denen Leute verkehren, die, sagen wir es einmal so, nicht unbedingt eine hundertprozentig reine Weste haben. Ich habe versucht, zu diesen Kreisen Kontakt aufzunehmen.«

»Ich könnte mir vorstellen«, sagte ich, »dass das nicht ganz einfach ist. Diese Leute reden nicht mit jedem.«

Fleming ließ sich durch diesen Einwurf nicht beirren. »Nein, das ist richtig, aber mit mir reden sie eher als mit der Polizei oder als zum Beispiel mit dem Botschafter. Ich spreche ihre Sprache, und wenn es erforderlich ist, mit ihnen gemeinsam eine Flasche Schnaps zu leeren, gibt es keine Vorschrift, die mich daran hindert.«

»Das ist der angenehme Teil der Arbeit«, warf Phil ein.

»Nicht so angenehm, wie Sie denken …«

In der Tat hatte ich den Eindruck, dass Diego Fleming eine ganze Reihe sehr anstrengender Stunden hinter sich hatte.

»Und was ist dabei herausgekommen?«, wollte ich wissen.

»Außer einem gewaltigen Kater nicht viel«, gab Fleming zu. »Es sieht so aus, als hätte die Unterwelt von Asunción mit diesem Verbrechen nichts zu tun. Natürlich haben sie ihre Vermutungen, wer die Tat begangen haben könnte, aber das ist reine Spekulation. Sie wissen nichts.«

»Und was denken Sie, wer es getan haben könnte?«, hakte Phil nach.

»Die Brasilianer. Die Brasilianer oder die Kommunisten. Oder brasilianische Kommunisten.« Fleming lachte. »Das sagen sie immer, wenn ihnen nichts Besseres einfällt.«

Wir fuhren weiter. Es behagte mir nicht, dass dieser Mann im Auftrag der Botschaft bereits irgendwelche Ermittlungen angestellt hatte. Es war ganz offensichtlich, dass er für eine solche Aufgabe nicht ausgebildet war, und wenn jemand blind herumstocherte, dann würde er die Nadel im Heuhaufen nicht finden, sondern allgemein für Unruhe sorgen, und die konnten wir bei unseren Ermittlungen nicht gebrauchen.

Eine Entführung war immer eine heikle Angelegenheit, und wenn die Entführer den Eindruck gewannen, dass man ihnen nachspürte anstatt auf ein Verhandlungsangebot zu warten, wurde die Lage für die Geisel noch gefährlicher. Wir brauchten Kontakt zu den Entführern, aber der ließ sich nicht mit Gewalt herstellen. Wir mussten warten, bis eine Lösegeldforderung einging.

»Entspannen Sie sich«, versetzte ich. »Man hat Sie uns als Fahrer und Übersetzer zugeteilt. Es ist nicht nötig, dass Sie selbst Ermittlungen anstellen.«

Fleming zuckte mit den Schultern. »Ich helfe, wo ich kann. Ich bin Ihnen als Fahrer, Übersetzer und ortskundiger Führer zur Seite gestellt worden. Die Botschaft erwartet, dass ich mein Äußerstes gebe, um Ihnen bei Ihrer Arbeit zu helfen.«

»Das ist der löblich«, gab Phil zurück. Doch durch die Art, wie er das sagte, wurde ziemlich deutlich, dass auch er lieber auf die Hilfe dieses Mannes verzichten würde.

Ich hielt es für falsch, Diego Fleming jetzt gleich schon vor den Kopf zu stoßen. »Sie sind unser ortskundiger Führer. Sie kennen sich also gut aus in Ciudad del Este?«

»Ich kenne mich überall in Paraguay gut aus«, erwiderte Fleming. »Ich bin in Asunción aufgewachsen, und ich kenne die Stadt wie meine Westentasche. Und hier in Gran Chaco kenne ich jede einzelne Straße.«

Das war keine Antwort auf meine Frage, und dass er im Grand Chaco jede einzelne Straße kannte, sagte auch nicht allzu viel aus, denn in den Trockenwäldern und Dornbuschsavannen westlich des Rio Paraguai gab es nicht viele Straßen. Der eigentliche Kern des Landes lag genau wie die Hauptstadt Asunción auf der anderen Seite des Flusses.

»Kennen Sie sich aus in Ciudad del Este?«, wiederholte Phil meine Frage.

»Nicht wirklich«, gab Fleming zu.

»Was heißt das?«

»In der Stadt selbst bin ich noch nie gewesen.«

Phil und ich sahen uns an. Wir waren beide der gleichen Meinung: Es war keine übertrieben gute Idee der Botschaft, uns ausgerechnet einen Mann zur Seite zu stellen, der den Ort, an dem die Entführung stattgefunden hatte, überhaupt nicht kannte. Ciudad del Este, im Länderdreieck Paraguay – Brasilien – Argentinien gelegen, war Paraguays Hauptstadt des Verbrechens.

»Genießen Sie die Landschaft«, riet uns Diego Fleming. »Vielleicht sehen Sie einen Tapir!«

Wir sahen keinen Tapir. Phil behauptete, einen Nandú gesehen zu haben, einen dieser südamerikanischen Strauße. Ich sah nur die Geier, die eine am Straßenrand verendete Kuh zerlegten.

Fleming schlug vor, wir sollten die Nacht in einem Hotel in Asunción verbringen und erst am nächsten Morgen nach Ciudad del Este weiterfahren. Mir war vollkommen klar, dass der Mann übermüdet war, aber ich bestand dennoch darauf, dass wir weiterfuhren. Bei einer Entführung kam es auf jede Stunde an.

»Fahrerwechsel«, bot ich an. »Ich übernehme gerne das Steuer.«

Fleming schien das nicht zu gefallen. »Haben Sie denn schon einmal einen Hyundai gefahren?«

»Ich kann Autofahren«, erwiderte ich. »Auch wenn dieser Hyundai, in dem wir sitzen, ziemlich klein ist, ist er doch ein richtiges Auto, und ich kann ihn fahren.«

»Dies ist ein Leihwagen«, wandte Fleming ein. »Die Versicherung …«

»Hören Sie zu, Señor Fleming«, erwiderte ich. »Dies ist nicht irgendeine Spazierfahrt, sondern es geht darum, eine Geisel zu befreien. Wenn in diesem Zusammenhang unser hübsches Auto beschädigt werden sollte oder wenn ich es total zu Schrott fahre, dann können Sie ganz sicher sein, dass die Rechnung am Ende nicht an Diego Fleming geschickt wird, sondern dass das FBI die Kosten übernimmt.«

Fleming seufzte. Es war ganz offensichtlich, dass ich ihn nicht überzeugt hatte.

»Wir hätten fliegen sollen«, brummte Phil.

»Zu auffällig«, behauptete Fleming.

Ich war mir nicht sicher, ob unsere heimliche Einreise tatsächlich unauffälliger gewesen war als ein ganz normaler Flug über Sao Paulo nach Ciudad del Este. Auch wenn die Zöllner am Dr. Louis María Argaña International Airport uns offensichtlich ignoriert hatten, gesehen hatten sie uns auf jeden Fall.

Die Fernstraßen im östlichen Teil von Paraguay waren gut ausgebaut. Es gab wenig Verkehr. Fleming hatte uns gewarnt, wir müssten damit rechnen, dass uns Fahrzeuge ohne Licht entgegenkämen. Das sei natürlich unzulässig, aber die Polizei nehme das nicht so genau.

Wir trafen auf keine unbeleuchteten Fahrzeuge. Fleming zahlte die Autobahngebühr für uns. Einige abgegriffene Geldscheine mit vielen Nullen wechselten den Besitzer. Ich begriff, dass wir in diesem Land mit unseren Kreditkarten nicht allzu weit kommen würden. Mit Dollars auch nicht. Wir würden Geld umtauschen müssen.

Der einzige Aufenthalt auf der Fahrt bestand aus einer Polizeikontrolle. Ich weckte Fleming. Der zeigte seinen Führerschein und sprach mit den Polizisten. Ich kann kein Spanisch, aber ich habe eine ungefähre Vorstellung davon, wie die Sprache klingt. Das klang völlig anders.

»Guaraní«, erklärte Fleming. »Die meisten Leute sprechen nur Guaraní. Eine Indianersprache.«

Wir kamen vor Tau und Tag in der Stadt an. Fleming hatte ein Hotel für uns gebucht, wir schliefen ein paar Stunden. Wir hatten unter unseren richtigen Namen eingecheckt. Fleming hatte uns versichert, dass das völlig ungefährlich sei. Amerikanische Touristen fielen im Ort nicht auf.

Jetzt zeigte Fleming, dass er durchaus seine Fähigkeiten hatte. Er organisierte für neun Uhr ein Treffen mit Manuel Cervantes, dem Leiter der örtlichen Security-Worldwide-Filiale.

***

Cervantes war ein Mann mittleren Alters. Er begrüßte uns herzlich, aber es war nicht zu übersehen, dass er nervös war.

»Gibt es etwas Neues?«, fragte ich.

Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Gar nichts. Der Einbruch und die Entführung haben sich in der Nacht von Sonntag auf Montag abgespielt. Heute ist schon Dienstag. Wir machen uns große Sorgen.«

»Die Entführer haben sich noch nicht gemeldet?«, erkundigte ich mich.

»Nein.«

»Das kann noch kommen«, sagte ich. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass jemand das große Risiko einer Entführung einging und dann am Ende nicht versuchte, Geld dabei herauszuschlagen. Ob das Opfer noch am Leben war, war natürlich eine andere Frage.

»Es ist nicht das erste Mal, dass die Organisierte Kriminalität versucht hat, an unsere Gelder heranzukommen«, erklärte Cervantes.

»Bis jetzt ist immer nur sehr allgemein von Geld die Rede. Um welche Größenordnung handelt es sich eigentlich?«, wollte Phil wissen.

Cervantes wich aus. »Es handelt sich um ganz erhebliche Summen.«

Ich schüttelte den Kopf. »Señor Cervantes, das würden wir schon gern etwas genauer wissen.«

»Mehrere Millionen Dollar.« Er mauerte immer noch.

»Eine Million? Zwei Millionen?«, fragte ich nach.

»Es sind zweistellige Millionenbeträge. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Die genauen Zahlen wechseln von Tag zu Tag. Das Geld wird entweder hier zwischengelagert und dann in eine unserer Banken eingezahlt, oder es wird nach Asunción transportiert.«

Das Ganze machte einen ziemlich dubiosen Eindruck. Ich dachte an Drogengelder und an Geldwäsche. Ich konnte in unserer Zentrale nachfragen, aber das Geld war nicht unser Thema. »Sie sagen, dass kriminelle Elemente schon früher versucht haben, an diese Gelder heranzukommen.«

»Ja, Inspektor Cotton. Der jüngste Zwischenfall vor der jetzigen Geiselnahme liegt etwa ein halbes Jahr zurück. Damals ist einer unserer Fahrer mit einem der Geldtransporter verschwunden.«

»Sind die Fahrer denn nicht zu zweit?«

»Ja, natürlich. Aber dieser Mann hat seinen Kollegen ausgetrickst. Der hatte absolutes Vertrauen in seinen Partner. Beide haben mehrere Jahre lang für uns gearbeitet, und natürlich schleichen sich auf die Dauer Nachlässigkeiten ein. Als der zweite Mann draußen war, ist der Fahrer davongebraust. Die Fahrzeuge sind selbstverständlich GPS-überwacht, aber in diesem Fall hat jemand die Anlage manipuliert, sodass das Gerät nicht funktionierte. Es hat falsche Daten geliefert. Wir haben geglaubt, der Wagen sei noch in Ciudad del Este, während er in Wirklichkeit schon über hundert Kilometer entfernt war. Aber schließlich hat den Fahrer sein schlechtes Gewissen geplagt …«

»Was?« Das konnte ich nicht glauben.

Cervantes zuckte mit den Schultern. »So sind die Leute in Paraguay. Sehr emotional. Manchmal kommt etwas Gutes dabei heraus, manchmal nicht.«

Ich wollte nähere Einzelheiten wissen. »Wie hoch war die Beute?«

»Eins Komma acht Milliarden.«

Ich starrte Cervantes ungläubig an.

»Keine Dollar«, ergänzte er. »Guaraní. Unsere Landeswährung.«

»Das sind etwa dreihunderttausend Dollar«, erklärte Fleming.

Auch das war keine Kleinigkeit. »Und das Geld war noch da?«

»Leider nein«, sagte Cervantes. »Wir haben nur achthundertfünfzigtausend Guaraní zurückbekommen, also etwa hundertfünfzig Dollar. Den Rest hatte der Mann, wie er sagte, auf dem Markt an Bedürftige verteilt. Er gab an, dass ihn die ungleiche Verteilung des Reichtums in unserem Land schon lange gestört habe und er etwas dagegen tun wollte.«

»Eine Art Robin Hood also?«, fragte Phil.