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Jerry Cotton 3228 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Killer Inc.

Seit einigen Wochen explodierte die Mordrate in New York, doch die Fälle hatten nichts gemeinsam. Mal sah es wie ein Unfall aus, mal war es der Schuss auf offener Straße. Bei den Opfern handelte es sich überwiegend um unbescholtene Bürger, und es ließ sich zwischen den Opfern auch keinerlei Verbindung herstellen. Phil und ich tappten bei unseren Ermittlungen völlig im Dunkeln ... bis wir einen Tipp von unserem IT-Experten Ben Bruckner erhielten: Im Darknet kursierten Gerüchte, dass eine "Killer Inc." am Werk sei, die Morde auf Bestellung verübe - für einen Betrag, den sichjeder leisten konnte, und mit der hundertprozentigen Garantie, dass es unmöglich war, die Spur zum Auftraggeber zurückzuverfolgen ...

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Seitenzahl: 142

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Killer Inc.

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: Nomad_Soul/shutterstock

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-7953-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Killer Inc.

John Snider, seines Zeichens mittelmäßig erfolgreicher Börsenmakler, hastete aus der U-Bahn-Station die Wall Street hinunter, als ihm in der Menge ein Gesicht auffiel, das er gestern in der U-Bahn schon gesehen hatte. Es gehörte zu einer farblosen, jungen Frau mit strähnigen Haaren und dicker Brille, die ihn zwischen Lafayette Avenue und Chambers Street ununterbrochen angestarrt hatte.

Jetzt stand sie am Fuß der Treppe zur Bank of New York und sah ihn an, als habe sie ihn erwartet. Hatte er eine Stalkerin?

So etwas wie Stolz durchzuckte ihn. Mit einem Mal hatte er das Gefühl, dass in seinem Leben endlich etwas Aufregendes passierte!

Dann sah er, wie sie etwas aus ihrer Manteltasche zog. Sie hatte eine Waffe in der Hand.

John Snider hörte nicht einmal mehr den Knall des Schusses, der ihn mitten ins Herz traf.

Der Chef rief uns zu sich, als wir gerade mitten im Papierkram aus unserem letzten Fall steckten. Wir hatten jede Menge Verhöre geführt und Hunderte von Stunden Bandaufnahmen mit den Abschriften verglichen, als mein Handy klingelte.

»Kommen Sie beide bitte sofort zu mir«, sagte Mr. High und beendete das Gespräch wieder.

Erleichtert legte ich die Abschrift beiseite, die ich gerade überprüft hatte, stand auf und reckte mich. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es wieder einmal spät geworden war.

»Arbeit wartet«, rief ich Phil zu, der gerade so konzentriert ein Band mit einer Zeugenaussage abhörte und mit dem Schriftstück auf seinem Tisch verglich, dass er gar nichts von dem Anruf mitbekommen hatte.

»Bitte?«, murmelte er nur und sah mich an.

»Arbeit«, wiederholte ich und griff mit Schwung nach meiner Jacke, die über meiner Stuhllehne hing.

Phil riss sich sofort den Kopfhörer herunter und griff ebenfalls nach seiner Jacke.

Wir waren beide froh, unsere Arbeit hier unterbrechen zu können, um uns wieder einem neuen Fall zuzuwenden.

Als wir im Büro unseres Chefs ankamen, fiel uns sofort auf, dass sein Schreibtisch mit Akten übersät war. Zettel mit Notizen lagen zwischen den Akten, die alle das Siegel des NYPD trugen.

Mr. High stand mit dem Rücken zu uns am Fenster und telefonierte.

»Schicken Sie sie rüber«, bat er gerade seinen Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung, während er hinunter auf die Federal Plaza blickte. »Was? Fünf neue? In nur zwei Tagen?«

Eine Pause entstand, in der Mr. High sich umdrehte und uns mit einen Wink bedeutete, dass wir uns setzen konnten. Wir nahmen auf den beiden Stühlen vor seinem Schreibtisch Platz, und der Chef drehte sich wieder um, um weiterzutelefonieren.

»Ja«, sagte er in den Hörer. »Schicken Sie mir alle. – Nein, nein, auch die, von denen Sie denken, dass Sie sie zuordnen können. Ich habe meine beiden besten Agents hier, wir werden sie uns selbst ansehen und dann entscheiden.«

Mr. High beendete das Gespräch, kam zum Tisch, setzte sich und deutete auf den Wust von Akten vor sich.

»Ich hoffe, Sie haben nichts anderes vor in den nächsten Tagen«, sagte er und drückte auf den Knopf der Gegensprechanlage, um bei Helen Kaffee zu bestellen. Dann wandte er sich wieder uns zu. »Sie haben sicher schon bemerkt, dass diese Akten nicht von uns, sondern vom NYPD stammen. Es sind allesamt Mordakten aus den letzten zwei Monaten, insgesamt achtundsiebzig an der Zahl.«

Er bemerkte unsere überraschten Blicke und lächelte bedauernd.

»Genau«, sagte er. »Das macht fast zehn Morde in der Woche. Das ist furchtbar, nicht nur für jeden einzelnen Fall, sondern auch erschreckend viel, wenn man bedenkt, dass es uns in den letzten zwanzig Jahren gelungen ist, die Mordrate von exorbitanten Höhen auf den niedrigsten Stand in der Geschichte der Stadt herunterzubekommen. In der Welt hält man New York zwar immer noch für den blutigsten Boden in ganz Amerika, aber das entspricht schon lange nicht mehr den Tatsachen. In den Neunzigern lagen wir noch bei über zweitausend Morden pro Jahr, aber das ist Vergangenheit, wie Sie wissen. Teilweise harte und umstrittene Maßnahmen haben die Verbrechensquote konsequent gesenkt. Im Durschnitt verzeichnen wir heutzutage etwas über dreihundert Morde im Jahr. Sie werden sich schon ausgerechnet haben, dass achtundsiebzig Morde in den letzten zwei Monaten statistisch gesehen eine Erhöhung um mehr als fünfzig Prozent bedeuten.«

Wir nickten, noch etwas fassungslos über die dramatische Zahl.

»Ich sitze seit zwei Tagen über den Akten, die das NYPD mir geschickt hat, weil die Kollegen einfach nicht weitergekommen sind«, fuhr der Chef fort. »Einige würde ich als Mafiamorde einordnen, einige sind eindeutig Drogendelikte. Familienstreitigkeiten sind auch dabei. Bandenrivalität haben wir natürlich auch. Einige sehen wie Unfälle aus, lassen aber Zweifel zu. Bei über einem Drittel der Fälle ist einfach kein eindeutiges Motiv feststellbar, und es gibt keine Verbindung zwischen den Opfern. Das wäre beides nicht weiter relevant – Motive zu suchen, ist unsere tägliche Arbeit, und natürlich ist eine Verbindung zwischen zwei Morden eher die Ausnahme als die Regel. Aber bei einer statistischen Erhöhung in diesem Ausmaß muss es einfach eine Verbindung zwischen den Ereignissen geben!«

»Was vermuten Sie?«, hakte ich nach.

»Vielleicht haben wir es mit einer Säuberungsaktion der Mafia oder etwas Ähnlichem zu tun. Das herauszufinden, wird unsere Aufgabe sein. Wie Sie wahrscheinlich bei meinem Telefongespräch von eben mitbekommen haben, haben wir in den letzten beiden Tagen fünf neue Fälle hereinbekommen. Die Unterlagen sind auf dem Weg, aber wir sollten schon mal mit dem beginnen, was wir haben.«

Wir fingen sofort an. Zuerst nahmen wir uns die Akten vor, die Mr. High schon als Morde in Zusammenhang mit Bandenrivalität, Drogendelikten oder ähnlichem abgelegt hatte.

Nach etwa einer Stunde und einigen Diskussionen legten wir drei der Akten auf den Stapel, den wir uns noch genauer betrachten wollten, schoben den Rest beiseite und machten eine kurze Pause mit ein paar belegten Brötchen, die Hellen uns gebracht hatte. Ein Bote vom NYPD kam und brachte uns die fünf angekündigten Fälle aus den letzten beiden Tagen.

Wir beschlossen, uns die neuen Fälle sofort anzusehen.

Bei dem ersten Fall handelte es sich um einen Bäcker, den man in seiner Backstube mit einem Messer erstochen hatte. Nachforschungen des NYPD hatten ergeben, dass es sich nicht um einen Raubüberfall oder ein Drogendelikt handelte. Alles im Laden des Mannes war unberührt, selbst die Tageseinnahmen in der Kasse waren unangetastet gewesen. Es gab auch keine Hinweise auf einen Mafiamord: keine Botschaften und keine Hinweise, dass der Mann Schutzgeld hätte bezahlen müssen und dem nicht nachgekommen wäre.

Schulden hatte das Opfer ebenfalls bei niemandem gehabt, und auch die Familie bot keine Anhaltspunkte. Der Mann war jung gewesen, seine Frau hatte sich zum Zeitpunkt der Tat bei ihrer Schwester in Detroit aufgehalten. Es gab keine Hinweise auf häusliche Gewalt oder einen eifersüchtigen Liebhaber, der den Ehemann für sie aus dem Weg geräumt hätte. Im Gegenteil: Die Frau war zum ersten Mal schwanger und freute sich, allen Befragten zufolge, sehr auf das Kind.

Beim zweiten Fall handelte es sich um einen Börsenmakler, den man auf der Wall Street am helllichten Tag erschossen hatte. Der Mann hatte keine Familie oder sonstigen Anhang in New York, hatte unauffällig gelebt und war in seinem Beruf erst seit zwei Jahren tätig und mittelmäßig erfolgreich gewesen. Zeugen zufolge war der Schuss von einer Frau Anfang dreißig abgegeben worden, die sofort nach der Tat in der U-Bahn verschwunden war.

Die Frau war, den Beschreibungen nach, wenig attraktiv gewesen, hatte eine dicke Brille getragen und Kleidung, die vor zehn Jahren mal modern gewesen war. Das Opfer war Single, also war die Täterin keine Geliebte, die ihn hätte loswerden wollen.

Auch das Arbeitsumfeld des Opfers war unauffällig, seine Vorgesetzten zufrieden mit seiner Arbeit. Kein Hinweis auf Unterschlagungen, illegale Geschäfte oder sonst etwas, was ein Motiv geliefert hätte.

Die einzige Unregelmäßigkeit im Leben des Mannes war ein Streit mit der Wohnungsgesellschaft, weil er sich gegen eine Mieterhöhung gewehrt hatte. Nachforschungen hatten allerdings ergeben, dass er in dieser Angelegenheit nur einer von Dutzenden gewesen war und die Rechtsabteilung der Gesellschaft bereits den Klageweg beschritten hatte – ein Routinevorgang, aus dem man unmöglich ein Mordmotiv ableiten konnte. Davon abgesehen, wie bei dem Bäcker, keine Hinweise auf Drogen, Mafiakontakte oder sonst etwas, womit wir es sonst täglich zu tun hatten.

Der dritte Fall war unserer Meinung nach eindeutig ein Mafiafall. Eine Frau war mit einem Auto überfahren worden, und der Fahrer war geflüchtet. Was die Kollegen vom NYPD nicht gewusst oder übersehen hatten und unser Chef nicht wissen konnte: Ein Cousin des Ehemannes des Opfers war ein mittelgroßes Tier in einer der fünf New Yorker Mafiafamilien. Vor einem halben Jahr hatte dieser Cousin einer der anderen Familien ein Geschäft vermasselt. Der Mord war also augenscheinlich ein Racheakt der Mafia. Wir machten einen entsprechenden Vermerk und informierten die Kollegen vom NYPD.

Und so ging das weiter.

Doch als die Morgensonne uns dazu zwang, die Jalousien in Mr. Highs Büro herunterzulassen, waren zweiunddreißig Morde an unbescholtenen Bürgern übrig geblieben, bei denen kein Motiv oder Hinweis auf den oder die Täter zu erkennen war. Und alle zweiunddreißig Morde waren in den letzten zwei Monaten, verstreut über ganz New York, verübt worden.

Die Waffe hatte Maja Cornwell vor drei Jahren von ihrem Onkel geerbt. Es war eine ganz alte Pistole aus dem Zweiten Weltkrieg, die ihr Onkel wiederum von seinem Vater geerbt hatte. Sie kannte sich nicht aus mit Waffen, aber auf dem Lauf stand »Sauer 38H«, und sie nahm an, dass das der Name der Pistole war.

Maja hatte sie immer wegwerfen wollen, aber ihr Mann Robert hatte immer gesagt, dass man eine Waffe nicht so einfach wegwerfen konnte. Wer wusste schon, wer sie dann fand und was dieser jemand dann damit tat? Nein, man müsse sie bei der Polizei abgeben – oder zumindest beim Waffenladen an der Ecke.

Aber Genaues wusste Robert auch nicht, oder er hatte es ihr nicht sagen wollen, weil er sowieso nur noch selten mit ihr sprach. Wenn er es doch tat, endete es meistens damit, dass er sie schlug.

Geschlagen hatte er sie schon immer, und sie hatte sich daran gewöhnt. Hinterher hatte er sich immer dafür entschuldigt, und es war nie so heftig gewesen, dass sie dauerhafte Schäden davongetragen hätte.

Aber in letzter Zeit war es dann doch schlimmer geworden. Und er hatte angefangen, sie ins Gesicht zu schlagen, was er früher nie getan hatte.

Also hatte sie nicht mit ihm weiterdiskutiert, sondern die Waffe einfach auf dem Dachboden verstaut, in einem leeren Schuhkarton zwischen den Dachstreben, wo nicht einmal die Ratten hinkamen. Sie hatte oft davon geträumt, nachts einfach aufzustehen, die Waffe zu holen, zurück in das gemeinsame Schlafzimmer zu gehen, ihm die Waffe an den Kopf zu halten, abzudrücken und sich dann der Polizei zu stellen.

Schon zwei- oder dreimal hatte sie nachts, als sein Schnarchen sie geweckt hatte, am Fuß der Treppe gestanden und zum Dachboden hochgeschaut. Sehnsüchtig und zitternd vor Erregung.

Aber immer wieder war sie zurück ins Bett gegangen, hatte vorsichtig an ihm gerüttelt, sodass er zwar aufgehört hatte zu schnarchen, aber nicht wach geworden war. Wenn sie ihn geweckt hätte, hätte er sie vielleicht geschlagen. Dann doch lieber wach liegen, von der Waffe träumen und später schlafen, wenn er bei der Arbeit war und sie allein zu Haus.

Nie hätte sie gedacht, dass sie die Waffe doch einmal benutzen würde. Und dann nicht, um auf ihren Mann zu schießen, sondern auf einen Fremden – einen ihr völlig unbekannten Menschen.

Langsam, wie in Zeitlupe, wischte Maja Cornwell ihre Fingerabdrücke mit einem Staubtuch von der Waffe, packte sie wieder in den Schuhkarton und ging ganz langsam – damit Robert, der im Wohnzimmer fernsah, sie nicht hörte – die Treppe zum Dachboden hoch.

Die Erinnerung an den Moment, an dem sie abgedrückt hatte, ließ sie erschaudern. Doch es war kein Schauder der Reue, der Erinnerung an eine furchtbare, nie zu sühnende Schuld, die sie packte.

Es war ein Schauder der Lust! Insgeheim hoffte sie tatsächlich, dass sie noch einmal die Möglichkeit bekommen würde, die Waffe zu benutzen.

Früh am nächsten Morgen telefonierten wir mit Ben Bruckner, unserem IT-Experten. Wir erklärten ihm, worum es ging, gaben ihm unsere Liste durch und baten ihn, mal das Netz zu durchforschen.

Dann verbrachten wir den Rest des Tages damit, die Wohnorte und Verwandten der Opfer abzuklappern, um eventuellen Verbindungen zwischen den Morden und Motiven für die Taten nachzuspüren.

Als Erstes beschäftigten wir uns mit der letzten Tat, dem Mord an dem Börsenmakler namens John Snider, in der Hoffnung, dass es in diesem Fall vielleicht noch frische Spuren gab. Die Wohnung des Mannes gab uns wenig Aufschluss über die Person. Snider hatte in Queens gelebt, in einem Hochhaus, in dem jedes Apartment so aussah wie das andere. Die Wohnung war nach Katalog eingerichtet, und wie es aussah, nicht gerade nach einem Katalog der gehobenen Klasse. Es war alles so, wie man es in einem männlichen Singlehaushalt vermutete.

Als wir wieder auf den Flur traten und die Tür hinter uns schlossen, öffnete gerade ein Mann neben uns die Tür zu seiner Wohnung.

»Dürfen wir kurz stören?«, fragte ich und ging auf den Mann zu.

Der sah uns zuerst erschrocken an, nickte aber verstehend, als ich ihm meinen Ausweis zeigte.

»Hab schon gehört«, sagte der Nachbar, ein Mittvierziger mit etwas lichtem Haar. »Eine Tragödie ist das. War wirklich ein netter Kerl. Unauffällig, aber höflich.«

»Hatte er Feinde hier im Haus?«, kam ich gleich auf unser Anliegen zu sprechen.

»Nicht, dass ich wüsste«, antwortete der Mann. »Es gab Ärger mit der Gesellschaft, weil sie neue Mieter in die Häuser bekommen will. Leute mit mehr Geld. Aber das machen sie mit allen. Der ganz Wohnkomplex soll erneuert und dann teurer vermietet werden.«

Ich nickte.

»Wir haben davon gehört«, sagte ich und machte mir eine Notiz. »Sonst noch etwas, was ungewöhnlich war? Irgendein Streit? Haben Sie mal was aus der Wohnung gehört oder jemanden gesehen, der zu Besuch war?«

Er schüttelte den Kopf. »Ganz ruhiger Mann, nie Besuch. Ist immer nur zur Arbeit gefahren und abends wieder nach Hause gekommen.«

»Glaubst du, die haben ihn umgebracht, weil er seine Miete nicht mehr zahlen wollte?«, fragte mich Phil, als wir wieder in meinen Jaguar stiegen, um uns dem nächsten Fall zuzuwenden, dem erstochenen Bäcker.

Ich grinste nur schief, weil ich wusste, dass die Frage nicht ernst gemeint war. Wenn es so gewesen wäre, dann hätte die Wohnungsgesellschaft rund dreihundert Menschen umbringen lassen müssen.

»Vielleicht etwas, wo wir später nochmal nachbohren müssen«, sagte ich trotzdem. »Lass uns zunächst mal sammeln, dann können wir sehen, wo wir was vertiefen müssen. Ich möchte erst einmal überhaupt eine Ahnung bekommen, was hier vorgeht, dann können wir immer noch entscheiden, wo wir ansetzen.«

Ich startete den Wagen, und wir fuhren in Richtung Bronx, wo der Bäcker seine Backstube mit angeschlossenem Laden hatte.

Wir redeten mit der Witwe, die fast die ganze Zeit über weinte. Vorsichtig fragten wir nach eventuellen Feinden, finanziellen Problemen und allem, was uns einen Ansatzpunkt geboten hätte, ernteten aber nur Kopfschütteln. Dann las ich ihr die Namen der anderen Opfer vor, aber es war niemand dabei, den sie kannte.

Wir machten den ganzen Tag mit unserer Tour weiter, klapperten Freunde, Verwandte, Arbeitskollegen und Nachbarn der Opfer von Manhattan über Queens und von Staten Island bis in die Bronx ab.

Am Abend waren wir erst bei Nummer fünf von unserer Liste angelangt. Und das alles ohne irgendeine Spur! Es ließen sich weder belastbare Motive für die Morde noch Verbindungen zwischen den Opfern feststellen.

»Das kann ja heiter werden!« Phil seufzte und ließ sich auf den Beifahrersitz fallen, während ich den Wagen startete.

»Wir müssen uns etwas einfallen lassen«, stimmte ich ihm zu. »Wir können nicht die ganze Woche damit verplempern, jeden aus dem Umfeld der Opfer zu befragen. Dann haben wir fünf neue Opfer am Ende der Woche und fangen da wieder neu an. Und dann so weiter? Nein!«

»Was schlägst du vor?«

»Wir setzen ein paar Kollegen darauf an und schauen uns die Akten noch einmal ganz genau an. Irgendeine Idee muss uns kommen.«

Wir waren müde, und die Füße taten uns weh vom Herumlaufen. Dennoch war uns beiden klar, dass jede Pause, die wir uns gönnten, die Anzahl der Opfer dieser mysteriösen Mordserie erhöhen würde.

Wir brauchten jetzt wirklich einen Anhaltspunkt, von dem aus wir unsere Suche beginnen konnten!

Sieben Stunden und drei Liter von Helens bestem Kaffee später waren wir so klug wie zuvor.

Unser Büro sah aus, als wäre in einer Papierfabrik eine Bombe hochgegangen. Wir hatten nicht nur jede freie Fläche auf unseren Tischen und eilig herbeigeschafften Flipcharts mit Kopien aus den Akten und gelben Klebezetteln bedeckt, inzwischen hingen auch Fotos, Kopien und Zettel an den Wänden.

Zwischendurch waren Zeerookah und Steve Dillaggio für eine Stunde hereingekommen, um frischen Wind in unsere Gedanken zu bringen. Keine Theorie erschien uns so abwegig, dass wir sie nicht zumindest einmal kurz durchdiskutiert hätten.