Jerry Cotton 3271 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3271 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Die Klimaaktivistin Terry Hinfort von der nationalen Klimaschutzorganisation Climate for Humanity brach bei einem Gala-Dinner tot zusammen! Bei der Obduktion wurde festgestellt, dass Terry vergiftet worden war. In der Folge stachelten Klimaaktivisten ihre Anhänger auf, und in New York kam es bei Protestmärschen zu gewalttätigen Ausschreitungen.
Derweil eruierten Phil und ich sämtliche Hassmails und Drohungen, die Terry in der Vergangenheit erhalten hatte. Schnell stellte sich heraus, dass vor allem die rechtsextreme Szene gegen die linke Klimaaktivistin mobil gemacht hatte. Allen voran Butch Parrado, der Anführer der New Yorker Alt-Right-Bewegung ...

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Seitenzahl: 136

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Blutzoll für die Klima-Queen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelfoto: DarkBirds/shutterstock

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-9271-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Blutzoll für die Klima-Queen

Der Sensenmann kam zur Buchvorstellung. Doch niemand der Dutzenden Anwesenden, die sich zwischen den Buchregalen im »Strand Bookstore« versammelt hatten, um Terry Hinfort zuzuhören, ahnten etwas davon. Die meisten von ihnen waren Klimaschutzbefürworter genauso wie die zweiundzwanzigjährige Autorin selbst, die an diesem Abend ihr erstes Buch zu diesem aktuellen Thema vorstellte.

Die letzten fünfundvierzig Minuten hatte sie mit glockenheller Stimme aus »Klimahölle USA« vorgelesen. Jetzt machte sie eine kleine Pause. Zuvor hatte sie ihre Fans noch darauf hingewiesen, dass sie erst am Ende der Buchvorstellung eine Signierstunde geben würde.

Terry war klein und zart, ihr attraktives Gesicht wurde von rostbraunen Haaren eingerahmt. Sie saß an einem rechteckigen Tisch, auf dem mehrere Stapel ihres Buches lagen.

Direkt davor hockten interessierte Leser und Gäste der Buchhandlung auf Plastikstühlen oder standen in der Runde um sie herum. Viele von ihnen nutzten die Unterbrechung, um miteinander über das bisher Gehörte zu diskutieren.

Terry suchte kurz die Toilette auf und kam gleich danach wieder zurück. Langsam machte sich Hunger in ihr breit, denn sie hatte den ganzen Tag über noch nichts gegessen. Sie griff nach dem selbstzubereiteten Sandwich, das auf einem Teller neben ihr lag, und biss herzhaft in die beiden diagonal zu Dreiecken geschnittenen, ungerösteten Toastbrotschreiben hinein, zwischen denen Thunfischstücke, Eier, Käse-, Gurken- und Tomatenscheiben steckten. Der Snack war einfach köstlich!

Doch dann war es der jungen Frau, als würde ihr Hals urplötzlich in einen Schraubstock eingespannt und zugedreht. Im Bruchteil einer Sekunde bekam sie keine Luft mehr!

Das Sandwich rutschte aus ihren kraftlosen Fingern, fiel zu Boden.

Das schmale Gesicht der Klimaaktivistin lief dunkelrot an. Sie verdrehte die Augen, bis nur noch das Weiß der Pupillen zu sehen war. Röchelnd würgte sie Essensreste hervor, als hätte sie eine Fischgräte verschluckt.

Erst jetzt wurden die Anwesenden auf den Todeskampf der jungen Frau aufmerksam. Einige schrien laut auf. Andere wiederum rannten von den Besucherstühlen zum Tisch hinüber, um ihr Erste Hilfe zu leisten.

Aber es war bereits zu spät!

Noch ein, zwei krampfhafte Atemzüge, dann fiel Terry Hinfort leblos und mit dem Kopf vornüber zwischen die Buchstapel auf den Tisch.

Sie war tot.

Wie üblich wollte ich Phil nach dem Dienst, der heute ausnahmsweise nur acht Stunden gedauert hatte, an unserer gewohnten Ecke absetzen. Der Jaguar kämpfte sich quälend langsam zwischen den Häuserschluchten des winterlichen Manhattan hindurch.

Der Himmel war mit bleigrauen, schweren Wolken bedeckt, aus denen unablässig dichter Schnee rieselte. Selbst für Februar war es mit gerade mal vierzehn Grad Fahrenheit viel zu kalt.

Schwerfällig wälzte sich der Verkehr durch die Straßen, die Autos krochen im Schritttempo dahin. Ab und an drehten Reifen auf dem mit Matsch bedeckten Asphalt durch, Busse schoben sich nur zollweise vor und mussten wieder stehen bleiben.

Ich dachte an Phil. Wäre ich doch auf seine Wette eingegangen! Dann hätte ich jetzt triumphiert.

Unwillkürlich musste ich grinsen, Phil bemerkte das natürlich.

»Was belustigt dich denn so?«, fragte er mich scheinheilig, obwohl er sicher genau wusste, was Sache war, hatten wir doch erst vor wenigen Minuten das besagte Thema angeschnitten.

»Du hast die ganze Zeit steif und fest behauptet, dass die Klimaschutzaktivisten, die in den letzten Wochen überall im Land auf die Straße gegangen sind, niemals im Big Apple demonstrieren würden.«

»Ich erinnere mich nicht mehr daran.«

»Wirklich nicht?« Ich grinste wieder. »Du wolltest sogar um ein Essen im Mezzogiorno wetten.«

Das war unser Stammitaliener, bei dem wir öfters gemeinsam speisten.

»Daran kann ich mich tatsächlich nicht mehr erinnern, Jerry«, versicherte er.

»Auch nicht daran, dass die Klimaschutzbewegung Climate for Humanity vor wenigen Stunden verkünden ließ, dass sie schon bald ihren Protest nach New York tragen wird? Tausende Demonstranten wollen in Manhattan die Straßen lahmlegen.«

»Keine Ahnung, wovon du sprichst«, feixte Phil weiter, als ginge ihn das Ganze nichts an.

»Das heißt, dass du mir spätestens dann ein Essen schuldig bist.«

»Wenn wir gewettet hätten, was wir aber nicht getan haben …«

Ich wollte gerade zum finalen Schlagabtausch ausholen, als sich unser Kollege Joe Brandenburg, der im Field Office noch Dienst schob, über Sprechfunk meldete. Er unterrichtete uns darüber, dass vor Kurzem die bekannte Klimaaktivistin Terry Hinfort im Strand Bookstore, dem größten Buchgeschäft der Stadt,tot zusammengebrochen war. Das NYPD ging inzwischen von einer Vergiftung aus. Näheres würde jedoch erst die Obduktion ergeben.

Ich bedankte mich bei Joe für die Information. Bevor ich das Gespräch beendete, erkundigte ich mich nach dem Gesundheitszustand von Les Bedell. Sein Dienstpartner lag noch immer mit einer schweren Grippe flach. Ich trug Joe auf, ihm von mir und Phil gute Besserungswünsche auszurichten.

Angesichts dieser Nachrichten war uns die Flapserei bezüglich der Klimaschutzbewegung vergangen. Viel wusste ich über Terry Hinfort nicht, nur das, was allgemein in den Medien über sie bekannt war.

»Wenn sie ermordet wurde, dann ist es ein Fall für das FBI«, meinte Phil.

Er hatte recht. Die junge Frau hatte überall im Land Gegner, manche sprachen sogar von regelrechten Feinden. Das jedenfalls hatte ich erst kürzlich in den Nachrichten gehört. Ein ungutes Gefühl stieg in mir auf.

Auch der unablässige Schnee, der die Straßen von Manhattan zusehends in eine Rutschbahn verwandelte, weil die Räumdienste nicht mehr nachkamen, trug nicht gerade dazu bei, meine trüben Gedanken zu vertreiben.

Für Captain Ethan Armstrong war es ein schlechter Morgen. Nicht nur, wenn er an seine beruflichen Probleme dachte …

Wegen einiger Schwierigkeiten mit seinem neuen Vorgesetzten hatte er sich vom Revier Midtown North in das 9th Precinct versetzen lassen. Dabei hatte er großes Glück gehabt, dass dort ein ranggleicher Kollege in den verdienten Ruhestand gegangen war.

Nun also hatte er einen neuen Arbeitsplatz – und gleich den ersten Mord, der schon für gehörige Schlagzeilen sorgte. Schließlich war das Opfer die weithin bekannte Klimaschutzaktivistin Terry Hinfort, die während einer Lesung tot zusammengebrochen war. Nach der ersten Einschätzung des Coroners war sie Opfer eines Giftanschlags geworden.

Nun stand Armstrong, ein Mann so groß und breit wie ein Footballspieler, dessen Hautfarbe an glänzendes Ebenholz erinnerte, im sterilen Seziersaal in den Katakomben des NYU Langone Medical Center in der First Avenue. Es war gerade mal sechs Uhr morgens.

Der zuständige Gerichtsmediziner des Forensic Pathology Center war Dr. Brad Parker. Der Captain kannte den gemütlichen, korpulenten, silberhaarigen Mann mit der starken Brille, die seine grauen Augen hinter den dicken Gläsern fast eulenhaft vergrößerten, schon einige Zeit.

Wie immer trug der Pathologe einen grünen Chirurgenkittel und Latexhandschuhe. Ebenfalls wie immer schepperte aus einem Kofferradio klassische Musik, die zumindest ihn erfreute.

»Können Sie das Gedudel wenigstens so lange ausmachen, bis ich wieder weg bin?«, murrte Armstrong schlecht gelaunt.

Das Violinen- und Klavierstück von Mozart, Beethoven, Bach, Tschaikowsky oder sonst wem ging ihm ganz gehörig auf die Nerven. Vor allem um diese frühe Uhrzeit.

»Nein, kann ich nicht!«, gab der Pathologe, ebenfalls ruppig, zurück. »Aber wenn Ihnen mein Arbeitsumfeld nicht passt, dann ist das Ihr Problem! Ich halte Sie in meinen heiligen Hallen ganz bestimmt nicht fest.«

Der Captain seufzte leise, verzichtete jedoch darauf, erneut etwas darauf zu erwidern. Mit beruflichem Interesse blickte er auf die nackte Leiche, die vor ihm auf dem stählernen Untersuchungstisch lag. Terry Hinforts Oberkörper war mit einem langen Ypsilon-Schnitt geöffnet, der schräg von den beiden Schlüsselbeinen zum Brustbein und in gerader Form zum Schambein verlief. Der Bittermandelgeruch des verätzten Mageninhalts, der noch immer in der Luft lag, sowie die gleichförmigen, graurötlichen Leichenflecken waren gewiss nicht alltäglich.

»Die erste Einschätzung des Coroners am Tatort, dass das Opfer vergiftet wurde, trifft zu«, bestätigte Dr. Parker gleich darauf. »Es handelt sich um eine Vergiftung durch ein Zyanid. Konkret durch Blausäure.«

»Blausäure?«

Der Gerichtsmediziner ignorierte die Frage.

»Genauer gesagt handelt es sich um Kaliumcyanid, besser bekannt als Zyankali«, fuhr er stattdessen mit lauter Stimme unbeirrt fort, um die Musik aus dem Kofferradio zu übertönen. »Bei der oralen Aufnahme, wie in diesem Fall geschehen, blockiert es ein wichtiges Enzym der Atmungskette, sodass dieses keinen Sauerstoff mehr aufnehmen kann. Oder anders ausgedrückt: Der Sauerstoff bleibt im Blut und wird durch den Körper transportiert, ohne jedoch veratmet zu werden. Das wiederum führt zu einer sogenannten inneren Erstickung. Bei hoher Dosierung kommt es schon nach wenigen Sekunden zu einem Atemstillstand.«

»Ich nehme an, dass der oder die Täter das Zyankali dem Sandwich beigemischt haben, das Terry Hinfort während der Buchvorstellungs-Pause gegessen hat.«

Dr. Parker nickte. »Genau so ist es, Captain.«

Armstrong bedankte sich bei dem Pathologen, der noch am selben Tag den endgültigen Obduktionsbericht ausstellen wollte.

Als der Captain wieder in seinem Dienstwagen saß, holte er sein Handy aus der dicken Winterjacke und wählte die Nummer des FBI New York. Nachdem nun offiziell die Todesursache der bekannten Klimaschutzaktivistin feststand, war dieser Mord ein Fall für die Kollegen.

Als Phil und ich am nächsten Morgen, der genauso verschneit war wie der vorherige Abend, ins Büro kamen, wunderten wir uns, sofort von Joe Brandenburg in Beschlag genommen zu werden. Er schien durchgearbeitet zu haben. Aufgrund der Tatsache, dass Les krankheitsbedingt flachlag, sammelten sich bei ihm wohl jede Menge Überstunden an.

»Der Chef hat eine Teambesprechung anberaumt«, teilte uns der große, breitschultrige und dunkelblonde Kollege kurz und bündig mit.

Wir hatten gerade noch Zeit, uns die Schneeflocken von den Wintermänteln zu klopfen, dann saßen wir auch schon zusammen mit Joe und Ben Bruckner in Mr. Highs Büro im dreiundzwanzigsten Stock des Javits Federal Office Building an der Federal Plaza. Vor uns auf dem Tisch standen dampfende Tassen mit Helens köstlichem Kaffee – dem wohl besten in ganz New York.

Der Assistant Director in Charge, der am Kopfende des Konferenztisches saß, blickte uns nach einer knappen Begrüßung der Reihe nach an.

»Wie Sie sich denken können, geht es um den Mord an der Klimaaktivistin Terry Hinfort«, kam er dann gleich zur Sache. »Captain Ethan Armstrong vom zuständigen NYPD-Revier 9th Precinct hat uns inzwischen mitgeteilt, dass die Obduktion ergab, dass sie Opfer eines Giftanschlags mit Zyankali wurde. Hier sind die Kopien des Berichts.«

Mr. High händigte jedem von uns die Dokumente aus, die wir rasch überflogen.

»Ich brauche Ihnen nicht extra zu sagen, dass die Aufklärung dieses Mordes oberste Priorität hat«, fuhr unser Chef fort. »Terry Hinfort, Aushängeschild von Climate for Humanity, war im ganzen Land bekannt. Dementsprechend hatte sie viele Tausend Anhänger, aber ebenso auch vereinzelt Gegner, die sie erbittert bekämpft haben. Aller Wahrscheinlichkeit nach befindet sich unter diesen ihr Mörder.«

»Hat sich denn jemand zu der Tat bekannt?«, wollte ich wissen.

Der ADIC schüttelte den Kopf. »Tatsächlich kommt es nach Morden an prominenten Persönlichkeiten, zu denen ich Terry Hinfort jedoch nur bedingt und auch nicht im eigentlichen Sinne zählen möchte, zu Tatbekennungen. Ob diese nun erfunden, vorgeschoben oder echt sind, sei zunächst einmal dahingestellt. In diesem Fall jedoch blieben solche bis jetzt allerdings aus.«

Mr. High machte eine kurze Pause, dann sah er den blutjungen IT-Experten der Task Force T.A.C.T.I.C.S an.

»Sie werden zunächst sämtliche öffentlichen Drohungen und Hassmails gegen die Klimaaktivistin aus der Vergangenheit überprüfen und darüber ein Dossier anlegen, Ben.« Er wandte sich an Phil und Joe: »Sie gehen den Hinweisen nach, allerdings nur den substanziellen.« Danach sah er mich an. »Sie, Jerry, leiten die Ermittlungen.«

Als wir Mr. Highs Büro verließen, waren die Rollen klar verteilt. In der Zeit, in der Ben seine Internet-Recherchen anstellte, wollten Phil und ich uns mit Captain Armstrong treffen, um den letzten Stand der Dinge zu eruieren. Joe hingegen arbeitete sämtliche Zeugenaussagen durch, die die Cops nach Terry Hinforts verhängnisvoller Buchvorstellung aufgenommen hatten. So hofften wir, auf weitere Hinweise zu stoßen.

Allerdings mussten wir uns Stunden später eingestehen, dass die ganze Mühe nicht viel gebracht hatte. Nichts deutete auf den oder die Täter hin.

Auch das vergiftete Sandwich war nicht von außerhalb gekommen, sondern die junge Frau hatte es selbst mitgebracht. Das jedenfalls sagten die Angestellten vom Strand Bookstore aus, die sie bei der Lesung betreut hatten. Zwei Klimaaktivisten, die Terry begleitet hatten, bestätigten das.

Offenbar hatte Terry alleine in einem kleinen Apartment in der Bronx gelebt. Es war davon auszugehen, dass sie das Sandwich tatsächlich selbst zubereitet hatte. Wie das Gift letztlich in das Essen gekommen war, blieb jedoch weiterhin ein Rätsel.

Nur Ben war mit seinen Recherchen weitergekommen. Als Phil, Joe und ich in seinem Büro saßen, kerbte ein leichtes Lächeln seine Mundwinkel. Neben ihm auf dem Schreibtisch lag eine leere Tüte seiner geliebten Lakritz-Bonbons, die er in den letzten Stunden am Rechner vernascht hatte. Wie immer war er mit einem klassisch-konservativen Anzug samt Krawatte bekleidet, die er auch um diese fortgeschrittene Stunde keinen Zoll lockerte.

»Terry Hinfort hatte viele Gegner und einige Feinde, die ihr sogar per Mail den Tod wünschten«, begann der einundzwanzigjährige Supervisory Special Agent. »Es handelt sich dabei um verschiedene Einzelpersonen, die zumeist der rechtsextremen Szene zuzurechnen sind. Einer hat sich dabei ganz besonders hervorgetan.«

Ben hielt kurz inne, fuhr sich mit den Fingern durch sein hellblondes, leicht gewelltes Haar, das er mit Gel zu bändigen versuchte.

»Spann uns nicht auf die Folter«, meinte Joe mit roten, übermüdeten Augen.

Er unterdrückte ein Gähnen, schließlich war er schon beinahe vierundzwanzig Stunden im Dienst.

Als Ben unsere interessierten Blicke auf sich gerichtet sah, machten sich hektische rote Flecken auf seinen Wangen bemerkbar.

»Butch Parrado, der Anführer der Alt-Right-Bewegung hier in New York, hat sich lautstark über die von Hinfort verbreitete ›Klimahysterie‹ beschwert. In einem Radiointerview sprach er sogardavon, dass die Aktivistin aufpassen müsse, den nächsten Klimasommer noch zu erleben. Exakt so drückte er sich aus. Als die Journalistin, die das Interview führte, empört etwas darauf entgegnen wollte, riss ihr Parrado das Mikrofon aus der Hand und warf es weg. Das jedenfalls berichtete der Radio-Sender etwas später.«

»Sympathischer Zeitgenosse«, bemerkte Phil trocken.

Die Alt-Right-Bewegung vertrat rassistische, islamfeindliche und antisemitische Ideologien am äußersten Rand der politischen Rechten. Im Zentrum ihres absurden Denkens stand die Annahme, dass die sogenannte Identität der weißen christlichen Bevölkerung von der multikulturellen Einwanderungsgesellschaft, der politischen Korrektheit und den Gesetzen zur Förderung der sozialen Gerechtigkeit bedroht sei und deshalb verteidigt werden müsse. Dementsprechend stand Terry Hinforts politisch links einzuordnende Climate-for-Humanity-Bewegung auch auf der Abschussliste der Neonazis.

»Zeit, dass wir uns Parrado vorknöpfen.« Joe war fest entschlossen, kannte er die Szene doch aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Captain des New York Police Departments.

Ich stimmte ihm zu. Allerdings mit einer Einschränkung …

»Das machen wir morgen, Joe. Du musst dir erst mal eine Mütze Schlaf gönnen.«

Ausnahmsweise hatte unser Kollege nichts dagegen einzuwenden.

Die wütenden Klimaaktivisten warteten nicht lange, um auf die Straße zu gehen. Der heimtückische Mord an ihrer jungen Ikone rief unbändigen Zorn hervor, aber auch neue Forderungen, endlich umzudenken.

Nur eine Umdeutung aller bisherigen Werte hinsichtlich der Klimapolitik würde den Planeten retten. Die Öl- und Gasindustrie verübte ihrer Meinung nach ein »Verbrechen gegen die Menschheit«, deshalb sollten die Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich radikal reduziert werden, um die globale Erwärmung zu begrenzen. Die US-Regierung müsse ihrer Verantwortung gegenüber der Umwelt und den nachfolgenden Generationen gerecht werden und deshalb entsprechende Konzepte vorlegen. Beispielsweise jene, die Terry Hinfort vor ihrer Ermordung in ihrem Buch Klimahölle USA vorgestellt hatte.

Für all das kämpften vor allem junge Menschen mitten im Herzen New Yorks mit ihren Protesten. Die Stadt war zwar nicht die Hauptstadt, dafür aber das Finanzzentrum der USA, in dem die Eliten der Macht saßen. Ihnen musste sprichwörtlich Feuer unter dem Hosenboden gemacht werden, denn ihre Macht strömte wie heißes Blut durch die Häuserschluchten bis hinein ins ganze Land.

So ähnelte der Big Apple in diesen Tagen dem Epizentrum eines beginnenden Erdbebens. Immer wieder kam es bei den Demonstrationen auch zu gewalttätigen Ausschreitungen.

Doch das alles war nur ein Vorgeschmack auf das, was uns noch bevorstand.

Auch an diesem Morgen versank der Big Apple unter einem weißen Schleier. Die Flocken fielen so dicht von dem tiefschwarzen Himmel, dass man kaum die Hand vor Augen sehen konnte. An manchen Stellen war der Schnee so schwer, dass die Äste der Bäume am Straßenrand unter seinem Gewicht brachen. Der eisige Dunst des steifen Windes trieb Eissplitter vor sich her.

Völlig auf den Verkehr und die miserablen Witterungsbedingungen konzentriert, saß ich hinter dem Steuer des Chevrolet Tahoe LS aus der Fahrbereitschaft des Field Office, den ich gegen meinen Jaguar eingetauscht hatte. Die Heizung lief auf Hochtouren. Natürlich lag der SUV besser auf der Straße und war auch für drei Personen bequemer.