Jerry Cotton 3300 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3300 E-Book

Jerry Cotton

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein mächtiges Kartell verschiffte massenhaft Drogen in die Staaten. Cyrus Woolsey, einer unserer verdeckten Ermittler, der dabei war, die nächste Großlieferung auszukundschaften, flog, ohne es zu wissen, auf und wurde anschließend mit Fehlinformationen gefüttert. Deshalb nahm das FBI das falsche Schiff hoch. Woolsey hatte doppelt Pech: Er wurde von einem Kartellmitglied liquidiert. Das schmeckte dem Boss des Drogenrings allerdings ganz und gar nicht, denn er wollte ein Druckmittel gegen die Bundesbehörde in der Hand haben. Er setzte alle Hebel in Bewegung, um einen neuen Informanten aus unseren Reihen in seine Gewalt zu bringen. Und seine Wahl fiel - auf mich!


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2020

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

SOS Todesschiff

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: MilanTomazin / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9968-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

SOS Todesschiff

Im kolumbianischen Dschungel… Der Schweiß rann den Männern in Strömen von der Stirn. Auch mitten in der Nacht zeigte das Thermometer noch achtzig Grad Fahrenheit an. Sie waren zu dritt und ächzten unter der schwülen Hitze und der Anstrengung.

Ein schwerer Sack nach dem anderen wanderte durch die Luke des zigarrenförmigen Ungetüms, das auf einem großen Transporter festgezurrt war. Aber es schien, als würde die Ladung einfach nicht weniger werden.

„Scheißplackerei“, maulte einer. „Nimmt das denn gar kein Ende?“

„Du wirst dich in den kommenden Tagen noch nach dieser Arbeit zurücksehnen“, prophezeite ein anderer. „Also halt die Klappe und mach weiter. Was sind schon ein paar Tage in der Hölle gegen zweihunderttausend Dollar? Zweihunderttausend, Mann! Und jetzt Schluss mit dem Gequatsche. Noch ein Wort und ich mach dir Beine!“

Die Männer stöhnten und ließen den nächsten Sack Kokain in der Luke verschwinden.

Eine weitere halbe Stunde später verkündete der Mann, der das Sagen hatte: „Zigarettenpause, Männer. In Kürze haben wir es geschafft und können uns aufs Ohr hauen. Und ich rate euch, das auch zu tun! Bald werdet ihr kaum noch zum Schlafen kommen. Das hier“, er tätschelte liebevoll das Ungetüm auf dem Transporter, „ist kein Luxushotel. Unser Boot hat nicht mal sanitäre Anlagen. Wir werden zwischen Kokain, Diesel und unserem eigenen Dreck hausen.“

Er lachte rau. Besser, die Jungs wussten rechtzeitig, was auf sie zukam! Er hasste es, mit Neulingen zu arbeiten. Mit Männern, die er nicht kannte und von denen er nicht wusste, ob sie die Nerven bewahren würden. Aber seine bisherige Crew war beim letzten Einsatz mitsamt dem U-Boot und seiner kostbaren Fracht auf dem Grund des Atlantiks gelandet. Purer Zufall, dass er nicht dabei gewesen war, weil sich der Job mit eingegipstem Arm nun mal nicht erledigen ließ.

Während er sich eine zerknautschte Selbstgedrehte anzündete, betrachtete er die beiden Neulinge. Muskulös waren sie beide, der eine schwerfällig, der andere schlank und wendig. Doch Kraft allein reichte für diese Arbeit nicht aus. Man musste im Notfall schnelle Entscheidungen treffen können und bereit sein, ein Risiko einzugehen. Und natürlich musste man ein U-Boot steuern können.

„Geben diese verdammten Mücken denn niemals auf?“ Der Schwerfällige schlug sich auf den Oberarm und kratze ihn danach blutig.

Der Kerl quatschte zu viel! Der andere hingegen, der Drahtige, bekam den Mund überhaupt nicht auf. Wenn er etwas gefragt wurde, gab er kurz angebundene Antworten, die über ein Ja oder Nein selten hinausgingen.

Das war auch wieder nicht gut. Auf diese Weise konnte man sich kein Bild von ihm machen. Er wusste gern, mit wem er es zu tun hatte. Er beschloss, den Schweigsamen im Auge zu behalten.

„Wann stechen wir endlich in See?“, wollte der Schwerfällige wissen. „Das Boot mag ja die Hölle sein, wenigstens gibt’s dort draußen keine Moskitos.“

„Wir brechen auf, sobald wir den Befehl dazu bekommen“, knurrte er. „Mehr müsst ihr nicht wissen.“

„Wir sollten wenigstens das Ziel unserer Reise kennen und erfahren, wie lange wir auf diesem Drecksboot aushalten müssen“, beharrte der Mann.

„Es genügt, wenn ich das weiß!“ Ärgerlich schnippte er seine Kippe in den Dschungel. Der Typ ging ihm allmählich ernsthaft auf die Nerven.

„BB hat recht“, schaltete sich überraschend der Schweigsame ein. Er wurde von den anderen beiden „CC“ genannt, während er, der Boss, auf die Anrede „AA“ hörte. Ihre echten Namen kannten sie nicht. „Wir müssen uns entsprechend mit Proviant eindecken. Und für die Psyche ist es auch besser, wenn wir eine Ahnung haben, was auf uns zukommt.“

„So, so“, höhnte er. „Für die Psyche. Bist wohl ein ganz schlauer Bursche, was?“ Er fixierte den Drahtigen. „Deine Psyche interessiert mich einen Scheiß, CC! Und um den Proviant kümmere ich mich, das geht dich gar nichts an, verstanden?“

Der Schweigsame nickte. Dann stand er auf und entfernte sich ein paar Schritte von dem Transporter.

„Hey, wohin willst du? Wir sind noch nicht fertig! Feierabend ist erst, wenn wir den Stoff verladen haben. Und wenn ich es dir sage.“

„Ich muss pissen, Boss.“

AA runzelte die Stirn. Der Kerl gefiel ihm nicht. BB mochte mit seinem Gequassel nervtötend sein, aber er war wenigstens leicht zu durchschauen: ein Junge aus ärmlichen Verhältnissen, der es dank seines technischen Geschicks geschafft hatte, vom Kleinkriminellen zum Besatzungsmitglied eines Schmuggel-U-Boots aufzusteigen.

CC hingegen war gar nicht einzuschätzen. Ein Mann auf der Flucht? Ein Spitzel des Clan del Golfo? Ein Abenteurer, der im Drogenschmuggel nur einen Kick suchte?

Am liebsten würde er den Kerl nicht mit an Bord nehmen. Aber das lag außerhalb seiner Entscheidungsbefugnis. CC war ihm zugeteilt worden, also hatte er sich innerhalb der Organisation wohl entsprechend bewährt.

Als sie gerade die letzten Säcke ins Boot luden, kam einer der Techniker aus der Lagerbaracke auf sie zu. Er wirkte verschlafen. „Nachricht von Crazy“, sagte er. „Ihr sollt euch bereit halten. Spätestens morgen Nacht geht es los. Name und Position des Kontaktschiffs gibt er im Laufe des Vormittages durch.“

„Danke, TT One“, sagte AA und konnte einen ärgerlichen Unterton kaum unterdrücken. Warum musste der Techniker den Namen „Crazy“ laut aussprechen?

Es war unangenehm schwül, und wir steckten im Stau fest. Auf der 12th Avenue ging nichts mehr. Ein Pick-up hatte seine Ladung verloren, ein paar Tausend Gummienten, wenn man den Verkehrsnachrichten glauben durfte. Wir waren zwischen einem Chevrolet Silverado und einem Toyota Camry eingekeilt und hatten keine Chance zu entkommen. Aus dem Radio dudelten die Beach Boys mit Surfin’ U.S.A.

„Schön wär’s!“ Phil seufzte. „Sonne, Strand, Meer, ein Cocktail in der Hand, eine schöne Frau im Arm … Ach, das Leben könnte herrlich sein!“

„Urlaubsreif?“, wunderte ich mich. „Schon wieder? Du warst doch erst vor zwei Jahren auf Bali!“

„Erinnere mich nicht daran“, grummelte mein Partner. „Tagelang habe ich dort wegen dieses Vulkans festgesessen, dem Agung, der Feuer spuckte. Und zu Hause wartete ein dringender Fall.“

„Den ich ausnahmsweise auch ohne deine Hilfe lösen konnte“, erwiderte ich provozierend.

Phil ging nicht darauf ein. „Im Moment träume ich eher von Hawaii“, gestand er. „Ja, ich bin urlaubsreif.“

„Vorsicht, Partner. Auf Hawaii gibt es auch Vulkane.“ Trotz meiner Frotzelei konnte ich Phil verstehen. Auch mir hätte ein bisschen Ruhe gutgetan. Manchmal musste man Kraft tanken, ob man wollte oder nicht.

„Netty besitzt eine Segeljacht“, erklärte Phil. „Wir wären also nicht auf das Flugzeug angewiesen.“

Daher wehte also der Wind. Netty war Phils neue Flamme. Sehr sportlich, sehr attraktiv. Kein Wunder, dass er von Ferien träumte.

„Dafür gibt es im Meer Tigerhaie und giftige Quallen“, versuchte ich, meinem Partner die Idee auszureden. Ich fuhr das Fenster meines Jaguars hoch und schaltete die Klimaanlage ein. Sofort ließ der Verkehrslärm nach.

„Leider wird wohl nichts aus deinem spontanen Urlaub“, nahm ich Phil jede Illusion. „Der Chef will uns in einer dringenden Angelegenheit sprechen. Das bedeutet Arbeit.“

„Ja, Jerry. Netty wird sich also mit den Festlichkeiten zur Ankunft der Dauphine begnügen müssen.“

Ich brauchte eine Weile, bis mir wieder einfiel, worauf er anspielte. Die Dauphine war das Schiff, mit dem ein Italiener namens Verrazzano im 16. Jahrhundert erstmals die Ostküste der USA entlanggesegelt war. Ein Abenteurer aus Genua hatte den Kahn nachgebaut und die Reise wiederholt. In ein paar Tagen sollte er im historischen South Street Seaport einlaufen.

„Dieser verfluchte Stau geht mir langsam auf die Nerven“, katapultierte mich Phil wieder in die Gegenwart zurück.

Mr. High hatte uns nicht am Mobiltelefon mitteilen wollen, worum es ging. Also musste es sich um vertrauliche Informationen handeln.

Ungeduldig trommelte ich mit den Fingern aufs Lenkrad, während Phil im Büro anrief und unsere Verspätung durchgab. „Ja, Sir“, sagte er zum Abschluss. „Machen wir.“

Er zwinkerte mir zu, dann befestigte er das Warnlicht auf dem Dach und ließ die Sirene aufheulen. „Anweisung vom Chef“, erklärte er.

Innerhalb kurzer Zeit bildete sich etwas, das man mit viel gutem Willen eine Gasse nennen konnte und durch das ich den Jaguar hindurch manövrierte. Zehn Minuten später erreichten wir die Federal Plaza und weitere fünf Minuten danach saßen wir mit dampfenden Kaffeebechern in der Hand in Mr. Highs Büro.

„Cyrus Woolsey“, begann er ohne lange Vorrede. „Sagt Ihnen der Name etwas?“

Ich dachte angestrengt nach. Dann fiel es mir wieder ein. „Einer unserer Undercoverleute.“ Ich nickte. „Haben wir ihn nicht vor einigen Jahren in einen kolumbianischen Zweig des Sinaloa-Kartells eingeschleust?“

„Richtig, Jerry. Woolseys Mutter stammt aus Ecuador, er spricht fließend Spanisch. Wir hofften, er würde sich hocharbeiten und uns irgendwann wertvolle Informationen über den Kokainschmuggel in die USA beschaffen. Nur eine Handvoll unserer Leute weiß von dieser Aktion.“

„Ich habe ihn fast vergessen“, gab ich zu. „Wir haben lange nichts von ihm gehört. Ist er übergelaufen?“

„Das glauben wir nicht“, antwortete Mr. High. „Er hat sich regelmäßig bei seinem Kontaktmann gemeldet und uns über seine Fortschritte informiert. Aber Sie wissen ja, wie viel Zeit das in Anspruch nehmen kann.“

Wenn ein Undercoveragent längerfristig wirkungsvoll für uns arbeiten wollte, musste er ganz unten in der Hierarchie der Organisation anfangen, die er ausspionieren sollte. Das Hocharbeiten konnte Jahre dauern. Ein solcher Agent durfte keine sozialen Bindungen haben, keine Familie. Erst wenn sein Einsatz beendet war, konnte er an ein normales Leben denken. Bis dahin hatte sich ein ordentlicher Batzen Geld auf seinem Konto angesammelt. Undercoveragenten mussten ganz in der Rolle leben, die sie verkörperten. Mit allen Risiken und Gefahren, die damit einhergingen. Deshalb war meine Frage nicht unberechtigt gewesen. Es kam immer wieder vor, dass Undercoverleute überliefen, weil sie so tief in einer Organisation steckten, dass sie den Bezug zu ihrer früheren Identität verloren.

„Bislang hat uns Cyrus Woolsey nichts Brauchbares geliefert, oder irre ich mich?“, schaltete sich Phil ein. „Auch ich habe lange nicht an ihn gedacht.“

Ein verschwommenes Bild von einem muskulösen, drahtigen Mann mit dunklem Haar, dunkler Hauttönung und stechenden Augen tauchte in meiner Erinnerung auf. Wir hatten damals große Hoffnungen in ihn gesetzt.

Mr. High lächelte. „Das wird sich nun ändern. Er ist zum Co-Piloten eines Drogen-U-Boots befördert worden. Gestern Nacht konnte er uns eine kurze Botschaft übermitteln. Er befindet sich in einem Lager im kolumbianischen Dschungel. Sie haben zwanzig Tonnen Kokain verladen.“

„Zwanzig Tonnen!“ Phil pfiff durch die Zähne. „Wenn wir die beschlagnahmen könnten, wäre das den jahrelangen Einsatz von Cyrus wert. Und er könnte in ein normales Leben zurückkehren.“

„Ja, Phil. Das ist unsere Hoffnung“, erwiderte Mr. High.

Mich beschäftigte etwas anderes. „Im Dschungel?“, fragte ich verblüfft. „Was hat ein U-Boot im Dschungel verloren?“

„Dort wird es zusammengebaut“, erklärte Mr. High.

Ich wusste, dass diese Schmuggel-U-Boote seit einigen Jahren von den Gangstern zum Transport von Drogen eingesetzt wurden. Auf dem Seeweg konnten viel größere Mengen an Kokain in die USA gebracht werden als auf dem Landweg. Die Boote waren mithilfe von Sonar oder Radar kaum zu orten. Sie bestanden zum Großteil aus Fiberglas, außerdem hatten sie eine Bleiabschirmung, die zur Minimierung der Wärmeabstrahlung diente, was die Boote auch für Infrarotsensoren nahezu unsichtbar machte. Drogen-U-Boote ließen sich fast nur visuell ausfindig machen, und das hieß, die Stecknadel im Heuhaufen suchen.

„Sie werden im Schutz des Dschungels montiert und von dort zu ihrem Einsatzort transportiert“, fuhr Mr. High fort. „Wirklich eine sehr lästige Erfindung! Kaum aufzuspüren und von hoher Ladekapazität. Sie sind eigentlich nur halbtauchend, das heißt, sie bewegen sich knapp unter der Wasseroberfläche. Vor einiger Zeit hat die Joint Interagency Task Force South eines der Boote aufgespürt, doch die Besatzung konnte es vor dem Zugriff verlassen und mitsamt der Fracht versenken.“

„Wo kommen wir ins Spiel?“, erkundigte sich Phil. „Das Ganze ist bislang eine Aufgabe der JITFS, wie mir scheint.“

„Ganz recht. Zumindest, solange es um die Ortung draußen auf dem Meer geht. Woolsey konnte uns bislang noch nichts über die Route des Boots sagen. Nur sein Boss kennt das Ziel. Offenbar soll die Ladung auf See umgeladen werden, auf ein Schiff, das sie dann an Land bringt. Leider kennen wir weder den Namen des Schiffs noch den Hafen, den es ansteuert.“

„Das ist zu wenig“, fasste ich zusammen. „Cyrus’ Informationen sind nichts wert.“

„Er wird am Ball bleiben, Jerry. Aber etwas konnte er uns immerhin mitteilen. Er hat letzte Nacht einen Namen aufgeschnappt. Den Namen des Auftraggebers, der die Fracht empfängt. Ich bin mir sicher, Sie haben ihn schon einmal gehört.“ Er machte eine kurze Kunstpause, bevor er die Katze aus dem Sack ließ. „Crazy“, sagte er schließlich „Der Name lautet ‚Crazy‘.“

Ich spürte, wie eine heiße Woge Adrenalin durch meinen Körper schoss und sah, dass es Phil ähnlich ging.

„Crazy!“, wiederholte mein Partner. „Das kann nur unser alter Freund Alec ‚Crazy‘ Fontana sein. Den wir schon mehrmals laufen lassen mussten, weil er ein Meister darin ist, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.“

„Aber diesmal schnappen wir ihn“, versprach ich. „Ich bin in Jagdlaune!“

Cyrus Wooleys Herz klopfte heftiger als üblich. Während sich AA und BB nach der Verladung der zwanzig Tonnen Kokain tatsächlich hingelegt hatten, um sich für die bevorstehenden Strapazen auszuruhen, war er selbst nach einigen Minuten wieder aufgestanden. Seine Komplizen schnarchten laut.

Sie teilten sich zu dritt eine Baracke auf der provisorischen Baustelle. Cyrus musste leise sein, um die anderen nicht zu wecken.

Aus der zweiten Baracke, in der die Techniker hausten, klang gedämpftes Gelächter. Die meisten Monteure waren längst wieder weg, vielleicht schon auf der nächsten Baustelle. Nur zwei Männer waren noch übrig, sie mussten den Abtransport des Boots überwachen und bei technischen Problemen helfen.

Missmutig verscheuchte Cyrus die Moskitos, die ihn quälten. Alles an ihm klebte, der Schweiß hatte eine Salzkruste auf seiner Haut hinterlassen, das T-Shirt stank. Offenbar mochten die blutrünstigen Viecher das.

Leise schlich sich der Undercoveragent näher zur Baracke der Techniker.

„Full House!“, rief einer von ihnen laut. Sie spielten Poker.

Vermutlich war ihnen langweilig, sie hatten ja nichts zu tun. Ihre einzige Aufgabe bestand darin, das Satellitentelefon zu überwachen. Und genau deshalb war auch Cyrus hier.

Als AA in der Morgendämmerung in dem schäbigen Waschhaus am Rand der Baustelle verschwunden war, um sich notdürftig den Dreck vom Gesicht zu waschen, hatte sich CC in den Dschungel geschlichen.

„Montezumas Rache“, hatte er erklärend in BBs Richtung gesagt. „Das Hühnchensandwich war wohl nicht mehr ganz frisch.“

An einer geschützten Stelle im Dschungel war sein eigenes Satellitentelefon versteckt, das ihn mit seinem Mittelsmann in Buenaventura verband. Der gab die Informationen dann an das Field Office in New York weiter.

Cyrus konnte die beiden Techniker jetzt deutlich verstehen. Sie unterhielten sich über Football und über die Hitze. Wenn er Pech hatte, kam der Anruf mit Namen und Zielhafen des Schiffs erst gegen Mittag. So lange konnte er nicht hierbleiben. Montezumas Rache mochte als Begründung für sein Fortschleichen ausreichen, aber nicht, wenn sie ihn beim Lauschen unter dem Fenster der Baracke ertappten.

Ein Vogel schrie und Cyrus’ Puls beschleunigte sich. Sein Spiel war äußerst riskant. Wenn seine Leute dadurch jedoch zwanzig Tonnen Kokain beschlagnahmen konnten, war es das wert.

Etwa eine halbe Stunde verging, bis er endlich das Gerät klingeln hörte. TT One schob seinen Stuhl zurück, Schritte erklangen, dann seine Stimme.

„Green Dolphin hier“, meldete er sich. „Was gibt’s?“ Eine Weile lauschte er schweigend, dann sprach er wieder. „Roger. Die Fracht wird auf das Schiff namens Kassiopeia umgeladen. … Ja, bei uns ist alles ruhig.“

Cyrus spannte die Muskeln. Der Moment war kritisch. Wenn TT One die Nachricht gleich zu AA brachte, konnte er nicht mehr ungesehen im Dschungel verschwinden und sie weiterleiten.

Doch er hatte Glück.

„Lass ihn ausschlafen“, sagte der andere, der originellerweise TT Two hieß. „AA kann ein bisschen Ruhe brauchen. Außerdem bist du mir eine Revanche schuldig.“

„In Ordnung“, ließ sich TT One überreden. „Aber ich gewinne wieder, wart’s nur ab!“

Cyrus Woolsey hatte genug gehört. Das war genau die Information, die er brauchte. Nun musste er sie nur noch an seinen Mittelsmann weitergeben.

Am liebsten hätte ich mir Alec Fontana gleich persönlich vorgeknöpft, doch natürlich wäre das töricht gewesen. Wir wollten den Fisch ja nicht warnen, bevor wir ihn an der Angel hatten.

Alec „Crazy“ Fontana! Den Namen hatte er sich hart erarbeitet. Er war einer der merkwürdigsten Mafiosi, die wir kannten. Während andere Männer in seinem Metier die Öffentlichkeit scheuten wie der Vampir das Tageslicht, konnte Fontana gar nicht genug davon bekommen. Er liebte es, sein Konterfei in der Zeitung zu sehen. Er betreute unter anderem eine Stiftung für an Leukämie erkrankte Kinder und gab sich als Kunstmäzen. Seine Leidenschaft galt schriller Musik, moderner Kunst und der Mode. Erst kürzlich hatte ich irgendwo gelesen, er würde ein eigenes Label entwerfen wollen.

Crazy Fontana war ein bunter Hund, den jeder kannte und den die Journalisten liebten. Kaum jemand wusste, womit er eigentlich all das Geld verdiente, mit dem er so gern um sich warf.

Wir wussten es. Alec Fontana hatte mit seinem Clan einen Drogenring aufgebaut, der sich gewaschen hatte. Natürlich beschäftigte er nur die besten Anwälte. Einmal hätten wir ihn trotzdem beinahe erwischt, irgendjemand musste ihn jedoch gewarnt haben, der Deal platzte. So etwas durfte diesmal auf keinen Fall geschehen!

„Er muss beschattet werden“, sagte Phil.

„Ja. Aber nicht von uns. Sonst riecht er Lunte.“

Natürlich kannte uns Fontana, wir waren ihm oft genug begegnet.