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Zwei Teenager trieben sich auf der Suche nach Wertgegenständen auf einer New Yorker Mülldeponie herum und fanden - eine Leiche. Bei dem Toten handelte es sich um einen Barbesitzer, dessen Etablissement verschiedene Mafia-Familien als Treffpunkt nutzten. Deshalb übernahmen wir vom FBI den Fall und kamen einem Skandal auf die Spur, der bis in die höchsten Kreise reichte ...
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Seitenzahl: 132
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Blutiger Boden
Vorschau
BASTEI LÜBBE AG
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Dmitri Ma / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9969-1
www.bastei.de
www.luebbe.de
www.lesejury.de
Blutiger Boden
„Da, Mann!“, sagte Brandon Martin zu seinem Freund. „Da vorne habe ich die geilen Teile gefunden!“
„Geile Teile?“, echote Jesus Chavez und versuchte, auf dem Müllberg das Gleichgewicht zu halten. „Das waren Walkmans! Alte Kassettenrecorder!“
„Discmans!“, erwiderte Brandon. „Die spielen CDs ab, keine Kassetten. Mit hervorragender Qualität. Ich habe die Dinger bei eBay für zehn Dollar und mehr verscherbeln können.“
Jesus verzog das Gesicht. „Wegen der paar Dollars klettern wir so früh am Morgen auf einer Mülldeponie herum und suchen nach Elektroschrott? Und das bei dem Geruch von … Ich habe keine Ahnung, wovon.“
„Die Sonne geht gerade auf, sodass wir genug sehen können“, verteidigte sich Brandon. „Und die Typen, die hier arbeiten, kommen erst in zwei Stunden. Also haben wir reichlich Zeit, um Beute zu machen.“
Jesus grummelte etwas Unverständliches. Er machte keinen Hehl daraus, dass er jetzt lieber in seinem Bett liegen und schlafen würde. Aber was nahm man für einen Kumpel nicht alles auf sich?
Er schaute sich um und entdeckte etwas. „Ich dachte, hierhin kommt nur Elektrozeug. Warum liegt dann da eine Schaufensterpuppe?“
Brandon hielt inne und schaute in die gleiche Richtung wie Jesus. „Keine Ahnung, das … Verdammt, das ist keine Schaufensterpuppe!“
Sie kletterten ein paar Yards vom Müllberg herunter und blieben stehen. Vor ihnen lag keine Puppe. Sondern ein Mensch. Ein Mann. Und er war tot!
„Gibt es eigentlich noch diese Modelshows, wo eine nach der anderen rausgeworfen wird?“, fragte Phil, der mit mir in unserem Büro saß.
Es war offensichtlich, dass er sich langweilte. Mr. High hatte seit drei Tagen keinen neuen Fall für uns. Drei Tage, in denen wir unsere E-Mails checken und sonstigen Bürokram erledigen konnten.
„Du meinst die Weiterentwicklung von Scream, Final Destination und all den anderen Horrorfilmen, in denen ein Teenager nach dem anderen zu Tode kommt?“, erwiderte ich und zuckte mit den Schultern.
Phil grinste.
Ich schaute auf die Uhr. Nicht mal zehn. Das versprach, ein langer Tag zu werden.
Es klopfte. Im Türrahmen stand Sarah Hunter.
„Hallo, Jungs“, sagte sie fröhlich.
„Du hier? Und nicht in L. A.?“, erwiderte ich überrascht.
Ich hatte nichts davon gehört, dass sie in die Stadt kommen würde.
„Nur ein kurzer Abstecher“, winkte sie ab. „Ich dachte, ich schau mal bei euch vorbei. Ist ja schon eine Weile her.“
„Absolut“, meinte Phil. „Wann warst du das letzte Mal in New York? Vor drei Monaten? Oder vier? Auf jeden Fall viel zu lange.“
Sarah schwieg einen Moment und schaute mich an. Diese wunderschönen Augen. Seit sie an die Westküste versetzt worden war, hatte ich sie nur hin und wieder gesehen. Dabei verband uns mehr, als dass wir vor einigen Jahren Partner gewesen waren. Es war – kompliziert.
„Wir könnten was trinken gehen“, sagte sie. „Ich bin voraussichtlich ein paar Tage im Big Apple. Wenn ihr also Zeit und Lust habt …“
„Zeit ist kein Problem“, sagte Phil sofort.
In dem Augenblick tauchte Helen neben Sarah auf. „Hallo, Sarah. Guten Flug gehabt?“
Sarah nickte. „Ja, ohne Komplikationen.“
„Das freut mich. Mister High würde Sie gern sehen. Aber zuerst die beiden Gentlemen. Wenn mich mein Gespür nicht täuscht, gibt es Arbeit.“
„Ein Fall? Jetzt?“, gab Phil erfreut und enttäuscht zugleich von sich und blickte erst zu mir, dann zu den beiden Frauen. „Kein Problem, wir sind schon unterwegs.“
„Wir können uns dann ja später mal treffen, Jerry“, meinte Sarah. „Du hast bestimmt einiges zu erzählen.“
Ich nickte und stand auf. „Sicher. Genau wie du. Bis später.“
Sarah verabschiedete sich und verschwand am Ende des Flurs. Ich schaute ihr hinterher. Sie hatte immer noch dieses gewisse Etwas. Davon abgesehen war sie eben Sarah.
Die Tür von Mr. Highs Büro war offen. Er stand am Fenster. Nachdem wir eingetreten waren, drehte er sich zu uns um.
„Es gibt einen Fall für uns?“, fragte Phil ohne Umschweife.
Der Chef nickte und nahm Platz. „Sieht so aus. Es wurde eine Leiche gefunden. Auf einer Mülldeponie, genauer gesagt auf Keegan Landfill in Kearny, New Jersey, gut zehn Meilen von Manhattan entfernt. Bei dem Toten handelt es sich um Ted Walker. Er ist eines gewaltsamen Todes gestorben und war der Besitzer einer Bar, die sich im Bezirk der Falconettis befindet. Einer Bar, die ebenfalls ein Treffpunkt für Mitglieder anderer Mafiafamilien ist.“
„Interessant“, erwiderte ich.
„Der Name sagt mir nichts“, bemerkte Phil. „Wie heißt die Bar?“
„Pink Chiquitas“, antwortete Mr. High. „Kam mir irgendwie bekannt vor.“
Phil lächelte. „Soweit ich mich erinnere, ist das der Titel eines eher mäßig erfolgreichen Films mit Frank Stallone. Also dem Bruder von Sylvester.“
Ich warf ihm einen Blick zu.
„Was?“, erwiderte er. „Ich kenne mich eben mit Filmen aus.“
Mr. High winkte ab. „Nein, ich denke, ich kenne den Namen aus irgendwelchen Berichten. Ein paar Kollegen hatten die Bar observiert. Ist aber schon lange her. In letzter Zeit war sie nicht mehr Thema.“
„Irgendein Hinweis auf den Täter?“, fragte ich.
„Nein, bisher nicht“, gab der Chef zurück. „Übernehmen Sie die Ermittlungen, und finden Sie heraus, was vorgefallen ist. Abgesehen davon, dass wir einen Mörder seiner gerechten Strafe zuführen, eröffnet uns die Sache vielleicht die Möglichkeit, das ein oder andere Mafiamitglied hinter Schloss und Riegel zu bringen.“
„Hört sich verlockend an“, meinte Phil erfreut, wurde jedoch sofort wieder ernst, als er Mr. Highs Blick sah. „Wir werden uns der Sache annehmen, Sir.“
„Daran habe ich keinen Zweifel“, sagte Mr. High.
Wir besprachen noch ein paar Details, dann verließen wir sein Büro.
Wir hatten den Fahrstuhl noch nicht ganz erreicht, da kam uns Steve Dillaggio entgegen. „Hallo! Schon gehört, Sarah ist in New York.“
„Ja, wir wissen Bescheid“, erwiderte Phil.
Steve lächelte. „Dann habt ihr schon ein Treffen ausgemacht?“
„Noch nicht, wir haben gerade einen neuen Auftrag“, erklärte ich. „Eine Mafialeiche auf einer Mülldeponie.“
„Hört sich nicht gut an“, bemerkte Steve.
„Nein“, sagte ich und stieg zusammen mit Phil in den Fahrstuhl, der gerade anhielt. „Bis später!“
„Viel Erfolg!“, rief uns Steve hinterher.
Wenige Minuten später waren Phil und ich mit dem Jaguar unterwegs. F-Type, 390 PS, Höchstgeschwindigkeit 171 Meilen pro Stunde. Und natürlich rot lackiert. Ich liebte diesen Wagen. Phil auch. Wir drei waren schon ein gutes Team.
„Ted Walker, dreiundvierzig, ledig, zweimal geschieden, nicht verheiratet, keine Kinder“, legte Phil los. „Seine Strafregister ist ziemlich lang. Umfasst allerdings nur kleinere Delikte. Daher ist er meist mit Geldstrafen davongekommen. Und mit gemeinnütziger Arbeit. Einmal gab es eine Klage wegen Körperverletzung, die fallen gelassen wurde. Es wird vermutet, dass er den Schutz der Falconetti-Familie genossen hat, jedoch auch mit anderen Familien in der Gegend von Manhattan gut klargekommen ist. Seine Bar Pink Chiquitas wurde schon oft observiert. Es gab sogar drei Razzien. Herauskam nie viel. Ein Kollege vom NYPD vermutete, dass die Mafia die Bar nutzt, um sich zu vergnügen, und nicht, um dort Geschäfte abzuwickeln.“
„Nicht gerade typisch für die ehrenwerten Familien, aber auch nicht unmöglich“, kommentierte ich. „Hatte er irgendwelche bekannten Feinde?“
Phil ging die Akte weiter durch. „Nein, sieht nicht so aus. Tatsächlich wird er als intelligenter und diplomatischer Mann mit Charisma beschrieben, der sehr beherrscht agierte.“
„Vielleicht hat er seinen Emotionen einmal freien Lauf gelassen und jemanden verärgert“, mutmaßte ich. „Oder er hat der falschen Frau hinterhergeschaut. Wer weiß? Ohne Grund wird er nicht auf der Mülldeponie gelandet sein.“
Wir erreichten Keegan Landfill nach einer reibungslosen Fahrt. Bereits am Eingang standen zwei Officers und sorgten dafür, dass niemand auf das Gelände gelangte. Ich parkte den Wagen, wir zeigten unsere Dienstmarken und betraten das Areal. Es war recht groß. Mehrere Müllberge türmten sich vor uns auf.
„Das Produkt unserer modernen Wegwerfgesellschaft“, meinte Phil bissig. „Wenn man das so sieht, möchte man nicht alle zwei Jahre sein Handy wechseln.“
Ich musste lächeln. „Alle zwei Jahre? Dein Handys werden im Einsatz so oft beschädigt, dass sie bei dir selten so lange halten.“
Er verzog das Gesicht. „Das war nur ein Beispiel. Hier liegt eine Menge Müll. Wie es scheint, viel Elektroschrott. Hoffentlich wird der wenigstens recycelt. Da sollen ja wertvolle Erden und andere Rohstoffe drin sein, selbst Gold.“
Die Stelle, an der Ted Walker lag, war gut hundert Yards vom Eingang entfernt. Hinter einem Berg aus Schrott, sodass man ihn schwer entdecken konnte.
Als wir uns der Absperrung um die Leiche näherten, wurde ein Mann auf uns aufmerksam und kam auf uns zu. Er war ein Weißer, Mitte dreißig und gut gebaut. Seine Gesichtszüge erinnerten mich an den Schauspieler Paul Walker, der tragischerweise bei einem Autounfall ums Leben gekommen war.
„Sind Sie die Kollegen vom FBI, die mir angedroht worden sind?“, fragte er mit freundlichem Lächeln im Gesicht.
„Die sind wir, die Agents Decker und Cotton“, antwortete ich.
Er reichte uns die Hand. „Detective Clark Gunther. Nach der Identifizierung des Toten war ich mir ziemlich sicher, dass ihr euch darum kümmern werdet. FBI-Spezialeinheit?“
Ich nickte. „So ist es. Transnational Anti Crime Tactical Intervention Central Squad, kurz T. A. C. T. I. C. S. Was können Sie uns über den Toten sagen?“
„Nicht viel“, gab der Detective zurück. „Hat eine Stichwunde. Mitten ins Herz. Wahrscheinlich ist der Tod entsprechend schnell eingetreten. Der Gerichtsmediziner hat als Todeszeitpunkt gestern gegen acht Uhr abends angegeben. Das ist eine vorläufige Schätzung. Walker wurde nicht hier ermordet, das ist offensichtlich. Zu wenig Blut. Zwei junge Männer haben ihn gefunden. Waren wohl auf der Suche nach Wertgegenständen. Hat ihnen einen ganz schönen Schreck eingejagt, stattdessen auf eine Leiche zu stoßen. Die beiden sind noch auf dem Gelände, wenn Sie also mit ihnen reden wollen, ist das kein Problem.“
„Das werden wir“, sagte ich. „Können wir die Leiche sehen?“
Der Detective nickte und führte uns zu ihr. „Eine Crime Scene Unit war schon vor Ort und hat Spuren sichergestellt. Sie können sich also frei bewegen. Mit dem Abtransport der Leiche haben sie gewartet, bis Sie hier sind.“
„Vorbildlich“, bemerkte Phil. „Wie sieht es aus mit Kameraaufzeichnungen?“
„Die Überwachungsanlage der Deponie ist seit Wochen außer Betrieb“, kam es zur Antwort. „Einen Nachtwächter gibt es nicht. Lohnt sich nicht, all den Abfall und Schrott zu bewachen. Aus diesem Grund haben wir keine Möglichkeit herauszufinden, wer das Opfer hier abgelegt hat.“
„Zu dumm“, brummte Phil.
Wir folgten dem Detective zu dem, was von Ted Walker übrig geblieben war. Eine tote Hülle. Die Augen in seinem blassen Gesicht waren geschlossen. Trotzdem sah er gruselig aus. Im Kontrast zu seiner schlaffen Gestalt stand sein ziemlich teurer Anzug, der kaum beschädigt war. Abgesehen von dem Blut, das aus der Wunde in der Brust ausgetreten war. Neben dieser offensichtlichen Verletzung war keine weitere zu erkennen. Falls welche existierten, würden wir das vom Gerichtsmediziner erfahren.
„Hatte er irgendetwas bei sich?“, wollte Phil wissen.
„Seine Brieftasche, mit Geld und Kreditkarten“, antwortete der Detective. „Es war also sicher kein Raubmord.“
„Und sein Handy?“, hakte Phil nach.
„Hatte er nicht dabei. Wir haben die unmittelbare Umgebung abgesucht, aber nichts gefunden.“
Phil nickte. „Wer auch immer ihn hergebracht hat, war wohl schlau genug, das Handy vorher loszuwerden. Sonst hätten wir den Weg, auf dem er hierher gelangt ist, rekonstruieren können.“
„Profis eben“, meinte der Detective. „Passt zu Ihren Freunden von der Mafia. Freunden in Anführungszeichen, versteht sich.“
„Schon klar“, sagte ich, schaute mir die Leiche genau an und dann die Umgebung. „Ich denke, das wäre alles. Er kann abtransportiert werden. Wir reden als Nächstes mit den Zeugen.“
Detective Gunther nickte und führte uns zu den beiden jungen Männern, die zweihundert Yards entfernt in einem kleine Gebäude hockten. Sie sahen ziemlich mitgenommen aus.
„Wir haben ihn nicht umgebracht!“, gab der eine, der uns als Brandon Martin vorgestellt worden war, nervös von sich. „Ganz ehrlich!“
„Sie werden nicht verdächtigt“, versuchte ich, ihn zu beruhigen. „Oder halten Sie sich zuweilen im Pink Chiquitas auf?“
„Wo?“, erwiderte er überrascht.
„Pink Chiquitas?“, fragte der andere, ein gewisser Jesus Chavez. „Was soll das sein? Hört sich irgendwie chauvinistisch an.“
„Ist der Name der Bar des Opfers“, erklärte ich.
„Ah!“, sagten beide fast gleichzeitig.
„Waren Sie schon mal dort? In der Bar, meine ich?“
„Nein, sicher nicht“, antwortete Martin.
„Ich auch nicht“, fügte Chavez hinzu. „Wo ist die denn überhaupt?“
„In New York“, entgegnete ich. „Ist Ihnen etwas aufgefallen, als Sie hier angekommen sind? Irgendwelche Leute oder Fahrzeuge?“
„Nein, die Deponie war verlassen, keine Menschenseele war zu sehen“, gab Martin zur Antwort. „Genauso, wie ich es erwartet hatte. Jesus hat mich begleitet, aber ich bin schuld daran, dass wir hier waren. Bekommen wir jetzt Ärger?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, das muss der Eigentümer der Deponie entscheiden. Haben Sie denn etwas entwendet?“
„Nein“, beteuerte er.
„Immerhin haben Sie die Leiche gefunden und die Behörden informiert“, sagte Phil. „Von unserer Seite bekommen Sie keine Probleme.“
„Sehe ich genauso“, fügte Detective Gunther hinzu.
Die beiden jungen Männer atmeten auf.
Wir stellten ihnen noch ein paar Fragen und ließen sie dann gehen.
„Die werden sich so schnell nicht mehr auf eine Mülldeponie verirren“, meinte Phil.
Ich lächelte. „Nein, sicher nicht. Aber immerhin haben sie jetzt etwas zu erzählen.“
Auf dem Rückweg nach Manhattan recherchierte Phil ein wenig.
„Weißt du, wie viel Müll New York im Jahr produziert? Dreißig Millionen Tonnen! Das ist eine ganze Menge. Um die Stadt sauber zu halten, arbeiten bei der Stadtreinigung rund zehntausend Personen. Und es gibt über zweitausend Müllwagen“, nannte er mir ein paar Zahlen.
„Das ist viel“, sagte ich. „Vielleicht sollten wir unseren Fastfoodkonsum ein wenig reduzieren, um Abfall zu sparen.“
Phil verzog das Gesicht. „Das macht den Kohl auch nicht fett. Doch zurück zum Thema. Interessant ist, dass es in ganz New York keine Mülldeponie und keine Müllverbrennungsanlage gibt. Sämtlicher Müll wird aus der Stadt rausgebracht.“
„Keine?“, fragte ich ungläubig. „Wenn ich recht überlege, denke ich bei Mülldeponien in New York immer an Fresh Kills Landfill auf Staten Island. Die ist ja bereits geschlossen worden und wird zu einem Park umgewandelt. Interessant. Dann ist Müll sicher ein großes Geschäft.“
Phil nickte. „Ja. Groß und schmutzig. Das passt zur Mafia.“
„Darauf sollten wir später zurückkommen. Dabei fällt mir die alte Vorgehensweise der Mafia ein, um Schutzgelder zu erpressen. Bei all den Restaurants und Klubs, die nicht zahlen wollten, wurde der Müll nicht abgeholt. Der stapelte sich, und der Gestank hielt die Kunden fern. Gibt es einen Hinweis darauf, dass derzeit etwas in der Art praktiziert wird?“
Phil forschte nach, konnte jedoch nichts finden. „Nein, weder in der Presse noch in Berichten von NYPD oder FBI ist davon die Rede. Das muss aber nicht heißen, dass es nicht der Fall ist. Bin gespannt, wie es um die Müllentsorgung beim Pink Chiquitas steht.“
Die war, wie wir kurze Zeit später feststellen mussten, mustergültig. Die Müllcontainer neben der Bar waren kürzlich geleert worden. Es gab weder Gestank noch Müll, der irgendwo herum lag.
Als wir die Bar betraten, zeigte sie sich relativ leer. Gäste waren nicht zu sehen. Nur ein Barkeeper und zwei Frauen, die dekorierten. Es war erst Nachmittag. Wahrscheinlich kamen die Gäste erst am Abend oder in der Nacht.
„Cops?“, fragte der Barkeeper, bevor wir auch nur den Mund aufgemacht hatten.
„Ist das so offensichtlich?“, erwiderte ich.
Er grinste. „Es geht. Davon abgesehen habe ich jobbedingt einen Blick dafür, Menschen einzuschätzen. Was kann ich denn für Sie tun? Einen Drink wollen Sie ja sicher nicht.“
„Nein, das ist wahr. Kennen Sie Ted Walker, den Besitzer?“, wollte ich wissen.
„Meinen Boss? Klar kenne ich den. Wenn Sie den suchen, haben Sie den Weg umsonst gemacht. Der ist nämlich nicht da.“
„Tatsächlich?“, sagte ich. „Wissen Sie, wo wir ihn finden können?“
Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Habe ihn heute noch nicht zu Gesicht bekommen. Und wenn ich ehrlich bin, gestern auch nur am Vormittag. Da war er kurz hier und ist dann wieder abgezischt.“
„Hat er sich anders verhalten als sonst?“, fragte ich.