Jerry Cotton 3310 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3310 E-Book

Jerry Cotton

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Gregory Abkarian gehörte das größte Onlinereisebüro der Ostküste. Dass seine Firma gleichzeitig eine bestens funktionierende Drogendrehscheibe war, wussten nur wenige. Wir vom FBI hatten den gerissenen Unternehmer, der das Rauschgift mithilfe von Kurieren, die als Touristen getarnt waren, aus allen Ländern der Welt einfliegen ließ, schon seit Längerem auf dem Radar. Doch bevor Phil und ich ihm auf die Pelle rücken konnten, schoss ihm jemand drei Kugeln ins Gesicht. Um seine Nachfolge entbrannte daraufhin ein erbitterter Gangsterkrieg, den wir schnellstens beenden mussten!


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 142

Veröffentlichungsjahr: 2020

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Aufs Kreuz gelegt

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Jub-Job / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0566-0

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Aufs Kreuz gelegt

Sie war noch nie von Mörderhänden gestreichelt worden. Es war eine ungemein sinnliche, erregende, prickelnde, atemberaubende Erfahrung ... Sie hatte so intensive Gefühle niemals zuvor erlebt.

»Du machst mich verrückt, Bella!«, keuchte er.

Sie lächelte zufrieden. Wohlige Schauer rieselten über ihren wohlgeformten Körper. Sie hätte beinahe die Kontrolle über das lustvolle Geschehen verloren, löste sich im letzten Moment von ihm und flüsterte: »Du musst jetzt gehen, Bill.«

Er wollte mehr, und sie versprach ihm mehr – danach. Nicht jetzt. Er musste sich die Belohnung erst verdienen.

»Geh!«, sagte sie, wieder Herrin über ihre aufgewühlten Gefühle. »Geh! Leg ihn um und komm wieder! Dann kriegst du alles.«

Und Bill Serkis, der Auftragskiller aus Dallas, ging ...

Der Hit war sorgfältig, bis ins kleinste Detail geplant. Bella hatte nichts dem Zufall überlassen. Sie hatte Serkis vom Haus seines Opfers einen Zweitschlüssel gegeben und gesagt: »Du gehst hinein, jagst Gregory Abkarian drei Kugeln ins Gesicht und verschwindest wieder.«

»Eine leichte Übung.«

»Ich habe nicht gesagt, dass es schwierig sein wird.«

»Wieso holst du dafür einen Profi aus Dallas nach New York?«

»Ich habe meine Gründe.«

»Zwanzig Riesen. Bar auf die Kralle.«

»Wie abgemacht.«

Das war der Deal. So leicht hatte sich Bill Serkis noch nie sein Geld verdient. Es war ein feucht kühler Abend. Serkis näherte sich dem Haus seines Opfers.

Im Erdgeschoss brannte in allen Räumen Licht. Er schraubte kaltblütig einen Schalldämpfer auf seine Pistole. Er trug Handschuhe aus schwarzem Nappaleder. Die Straße war menschenleer.

Unter einem roten koreanischen SUV catchten und kreischten zwei Kater. Keiner wollte dem anderen das Revier kampflos überlassen. Sie heulten bisweilen wie Babys in nassen Windeln. Serkis erreichte die Haustür, schloss auf und trat ein. Er war zum ersten Mal hier, fand sich aber dennoch sofort zurecht, denn Bella hatte ihm Fotos gezeigt und die Räumlichkeiten für ihn fast maßstabgetreu skizziert.

Serkis hörte Stimmen. Er stutzte. Verdammt, Abkarian war nicht allein. Eine Frau war bei ihm. Damit hatte er nicht gerechnet.

Bella hatte ihm versichert, dass niemand bei Gregory Abkarian sein würde. Hatte er unverhofft Besuch bekommen?

»Warum hast du das getan?«, schluchzte die Frau.

»Es ist passiert«, rechtfertigte sich der Mann zerknirscht. »Ich wollte das nicht. Ehrlich nicht. Ich liebe dich doch. Ich war betrunken. Wir hatten diesen hässlichen Streit. Ich dachte, es wäre aus zwischen uns, glaubte, ich hätte dich verloren. Und da war ... Susannah ...«

»Meine beste Freundin«, sagte sie vorwurfsvoll.

»Es tut mir ...«

»Wie konntest du nur ...? Wie konntet ihr nur ...? Ich habe niemandem so sehr vertraut wie euch ...«

»Ich war so verzweifelt ... Susannah hat mich mit so viel Wärme und Mitgefühl getröstet ... Und ... und ... und da ist es ... passiert. Ohne unser Zutun. Ohne jede Absicht ... Einfach ... einfach so ...«

Leise Musik setzte ein, sanfte Geigenklänge schwebten durch das Haus, und Serkis begriff, dass die Stimmen aus der Soundbar eines Fernsehapparats kamen. Völlig unverfälscht. Total realistisch.

Er ist allein, dachte Bill Serkis zufrieden. Wie Bella es vorhergesagt hat.

Er ging der Musik und den Stimmen entgegen. Man hätte das TV-Gerät, vor dem Abkarian auf einer weißen Ledercouch saß, für eine Public-Viewing-Veranstaltung nutzen können. Es war riesig. Ein monströses Hightechgerät. Serkis' Blick war starr auf sein Opfer gerichtet. Sein Herz schlug kein bisschen schneller. Er machte so etwas schließlich nicht zum ersten Mal, hatte genug Routine, um den Ablauf des Geschehens voll unter Kontrolle zu behalten.

Während es im Fernsehen zur großen, kitschüberfrachteten Versöhnung kam – untermalt von den aufwühlenden Klängen eines emotional total entfesselten Orchesters –, trat Bill Serkis zwischen Gregory Abkarian und die Liebenden und hob seelenruhig seine Waffe.

Abkarian wurde leichenblass und riss entsetzt die Augen auf. Er wollte aufspringen, doch das ließ Serkis nicht zu. Er drückte eiskalt dreimal ab und seine Kugeln zerstörten, wie von Bella gewünscht, das Gesicht des Opfers.

Warum ihr das so wichtig war, wusste er nicht. Es interessierte ihn aber auch nicht besonders. Sie würde dafür schon ihre Gründe haben.

Die Geschosse stießen den Kopf des Opfers brutal zurück, der Auftrag war damit erledigt. Aus. Fertig. Halleluja. Serkis holte sein Smartphone hervor, fotografierte den Toten von allen Seiten, drehte die TV-Seifenoper ab, schraubte den Schalldämpfer vom Pistolenlauf und löschte im Vorbeigehen mehrere Lichter. So unbemerkt, wie er gekommen war, verließ er das Haus wieder. Fünf Straßen vom Tatort entfernt bestieg er ein Taxi.

Der Fahrer, ein junger Mexikaner, begrüßte ihn freundlich. »Wohin, Sir?«

Bill Serkis nannte die Adresse des Apartments, in dem Bella auf ihn wartete.

Der Cab Driver fuhr los. »Fremd in der Stadt, Sir?«, erkundigte er sich.

»Ich war vor sieben Jahren schon mal hier.«

»Geschäftlich?«

»Ja.«

»Möchten Sie etwas Aufregendes erleben?«, erkundigte sich der Mexikaner augenzwinkernd. »Ich kenne ein paar Nachtklubs ... Da geht voll die Post ab.«

Serkis schüttelte den Kopf. »Kein Interesse.«

»Wenn Sie lieber zu zweit allein sein möchten ... Ich habe auch ein paar Telefonnummern extrem heißer Ladys parat, die für jeden Spaß zu haben sind. Sie brauchen mir nur zu verraten, was Sie bevorzugen ... Blond, schwarz, braun, rot ... Schlank, mollig, Super Size ... Und welche Hautfarbe ... Den Rest kann ich für Sie managen.«

Serkis griente. »Ich finde es fast schade, dass ich Ihr verlockendes Angebot nicht annehmen kann ...«

»Sind Sie knapp bei Kasse?«, fragte der geschäftstüchtige Mexikaner. »Es gibt auch preiswerte Mädchen ...«

Bill Serkis zog die Brauen hoch. »Mich erwartet am Ende dieser Fahrt eine Wahnsinnsfrau ...«

»Und die macht's auch noch umsonst.«

»Nicht umsonst, aber gratis.«

»Alles klar, Sir«, sagte der Mexikaner verständnisvoll und ließ seinen Fahrgast danach in Ruhe.

Zehn Minuten später klingelte Serkis bei Bella. Sie öffnete sofort und strahlte ihn erwartungsvoll an. »Und? Wie war's?«

»Ein Kinderspiel.« Er trat ein. »Das hättest du von so manchem New Yorker Hitman für sehr viel weniger Geld haben können.«

Sie schloss die Tür. »Aber ich wollte, dass du es tust.«

Er zeigte ihr die Fotos, die er von der Leiche gemacht hatte.

»Sehr gut«, sagte sie zufrieden. »Saubere Arbeit. Wenn man ein Ass anheuert, weiß man, was man bekommt. Du hast noch niemanden enttäuscht. Das ist bekannt.« Sie lächelte. »Ich habe inzwischen dein Geld geholt. Es liegt dort auf dem Tisch. Und der Champagner ist kalt gestellt.«

Er schlang seinen Arm um ihre schmale Taille, zog sie zu sich und presste sich fest gegen sie. »Zuerst möchte ich etwas Heißes, Süßes.«

»Du kannst haben, was immer du möchtest«, säuselte sie. »Das hast du dir verdient.«

Er küsste sie grob, und sie entzündete sich an seiner flammenden Leidenschaft. Ihr Körper bog sich ihm verlangend entgegen. Er zog sie hastig aus. Sie ließ ihn gewähren, wollte das alles genauso wie er ...

Nachdem sie dieses zügellose Zusammensein wie im Fieberwahn bis zur totalen Erschöpfung und ohne jede Reue genossen hatten, lief Bella nackt in die Küche und kam mit dem Champagner und zwei funkelnden Gläsern wieder. Sie leerten die Flasche, tranken zynisch auf Gregory Abkarians Tod. Doch irgendwann war plötzlich Schluss mit lustig.

Bill Serkis begann zu husten. Sein Gesicht verfärbte sich und lief rot an. Heftige Schweißausbrüche setzten bei ihm ein. Er begriff zuerst nicht, was mit ihm los war, und als es ihm klar wurde, war der Zug für ihn bereits abgefahren.

»Verdammt, Bella, was ...?«, röchelte er.

»Was ist denn?«, fragte sie erstaunt. »Was hast du, Bill?«

Er krümmte sich.

»Verträgst du etwa keinen Champagner?«, fragte Bella. »O mein Gott!«, stieß sie schuldbewusst hervor. »Wenn ich das geahnt hätte ... Warum hast du mir das nicht gesagt?«

»Du Hexe ... hast mir was ... ins Glas getan ...«

»Nun ja, ein bisschen Arsen«, gestand sie. »Aber wirklich nur eine ganz kleine Prise.« Sie zeigte die ungefähre Menge mit Daumen und Zeigefinger. »Man hat mir gesagt, das sei der männlichen Potenz sehr förderlich. Es würde dich zum ausdauernden Hengst machen. Liebe Güte, ich werde wohl nicht zu viel davon genommen haben!«

»Wann ... hast ... du ...?« Sein Körper krampfte sich zusammen. Er zitterte und hechelte wie ein Hund.

»Hast du's nicht gemerkt?« Sie kicherte aufgedreht. »Ich bin gut!«, rief sie stolz. »Ich bin richtig gut. Dein letzter Schluck war präpariert, dir ist es nicht aufgefallen. Das muss mir erst mal jemand nachmachen.«

Sie verließ das Bett. Er schaffte das nicht mehr. Sein Todeskampf war qualvoll, er berührte sie jedoch nicht. Sie nahm das Kuvert, in dem sich zwanzigtausend Dollar befanden, hob es hoch und wedelte damit.

»Ich habe einen der besten texanischen Auftragskiller nach New York geholt und ihn clever vor meinen Karren gespannt«, sagte sie selbstverliebt. »Du hast für mich erledigt, was getan werden musste, und es hat mich keinen einzigen Cent gekostet, weil du da, wo du jetzt hingehst, kein Geld benötigst.« Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, welche Währung es in der Hölle gibt. Womit bezahlt man da? Mit Seelen?«

Während Serkis langsam starb, während sein Lebenslicht mehr und mehr erlosch, zog sie sich ohne Eile an. Sie war dennoch früher fertig als er.

Also setzte sie sich auf einen Stuhl und wartete, bis er tot war. Dann zog sie ihre Rothaarperücke vom Kopf und schüttelte ihr schulterlanges blondes Haar kräftig aus. Nachdem sie die Perücke und Bill Serkis' Smartphone in ihre immens aufnahmefähige Handtasche gesteckt hatte, griff sie zu ihrem eigenen Handy und wählte eine gespeicherte Nummer.

»Ich höre«, sagte am anderen Ende ein Mann.

»Alle nötigen Vorarbeiten sind abgeschlossen«, berichtete Bella, die eigentlich anders hieß.

»Alle?«

»Alle«, bestätigte die junge Frau, die Bill Serkis als Bella kennengelernt hatte, mit Nachdruck. »Jetzt seid ihr dran.«

»Wie war's?«

»Es lief alles genau nach Plan.«

»Gab's Probleme?«

»Nicht die geringsten.«

»Wunderbar. Dann übernehmen jetzt wir.«

Ich war früher dran als sonst. Deshalb konnte ich es mir erlauben, das Frühstück – die angeblich wichtigste Mahlzeit des Tages – ausgiebig zu zelebrieren. Und selbst danach brauchte ich mich nicht zu beeilen. So geruhsam sollte jeder Tag beginnen, dachte ich.

Kannst du gerne haben, meldete sich eine Stimme in mir. Du brauchst nur eine Stunde früher aufzustehen.

Ich ließ mich auf keine Debatte ein, weil das sinnlos gewesen wäre. Wer kann schon einen Streit mit sich selbst gewinnen? Ich verließ mein Apartment, stieg in meinen roten Jaguar F, nahm Phil, wie fast jeden Morgen, an unserer gewohnten Ecke an Bord und fuhr mit ihm zu den FBI Headquarters an der Federal Plaza. Normalerweise schnitt mein Partner während der Fahrt irgendein Thema an, und wir redeten dann darüber.

Doch diesmal saß er so still neben mir, dass ich ihn fragte: »Alles in Ordnung?«

Er antwortete nicht.

»Schlecht geschlafen?«

Phil sah mich müde an. »Hm?« Sein Geist kam langsam in die Gänge. »Ja. Schlecht und wenig.«

»Wieso das?«

»Einer meiner Nachbarn hatte Streit mit seiner Frau ... Irgendeine Erbschaftsangelegenheit ... Er hat gedroht, ihr den gottverdammten Hals umzudrehen, wenn sie nicht aufhören würde, so fürchterlich zu keifen. Daraufhin hat sie kreischend die Wohnung verlassen, kam aber eine halbe Stunde später mit ihrem Bruder, einem Freestyle-Kickboxer, wieder, und der hat ihren Mann dann ziemlich brutal zusammengenagelt. Ich musste eingreifen ...«

»Alles klar«, sagte ich. »Hat der Kerl auch dich vermöbelt?«

»Das hat er nicht gewagt.«

»Weiß er, dass du FBI Agent bist?«

Phil nickte. »Es dauerte die halbe Nacht, bis sich die Aufregung gelegt hatte.«

»Und jetzt hast du so etwas wie einen Hangover, ohne groß gefeiert zu haben.«

»Keine Sorge. In längstens einer Stunde habe ich das weggesteckt«, versicherte mir mein Partner.

Und genau so war es. Als Helen, die attraktive Sekretärin unseres Chefs, anrief und uns in Mr. Highs Büro bat, lief Phil schon wieder so rund wie gewohnt, und Helens erstklassiger Kaffee sorgte dafür, dass das so blieb.

John D. High empfing uns ruhig und besonnen, aber wir kannten ihn lange genug, um in ihm wie in einem offenen Buch zu lesen.

Es musste zwischen gestern und heute etwas Gravierendes vorgefallen sein. Nachdem er uns mit düsterer Miene begrüßt hatte, setzten wir uns, von einer leichten Neugier ein wenig angespannt.

»Gregory Abkarian ist tot«, eröffnete uns Mr. High.

Phil riss die Augen auf. »Wie bitte?«

»Mord«, sagte Mr. High ernst. »Jemand hat ihm drei Kugeln ins Gesicht geschossen.«

Die Nachricht versetzte mir einen eiskalten Schock, denn wir waren seit geraumer Zeit an Abkarian dran. Ihm hatte Albatros, das größte Onlinereisebüro der Ostküste, gehört. Dass seine Firma gleichzeitig eine bestens funktionierende Drogendrehscheibe war, wussten nur wenige.

Der aus Armenien, einem vorderasiatischen Binnenstaat, stammende Gregory Abkarian hatte das Rauschgift mithilfe von Kurieren, die als Touristen getarnt gewesen waren, aus allen Ländern der Welt einfliegen lassen, und aus diesem Grund hatten wir den gerissenen Unternehmer seit Längerem auf dem Radar gehabt. Noch hatten wir nicht genügend belastendes Material beisammen, um ihm erfolgreich auf die Pelle rücken zu können, sehr viel Zeit in Freiheit wäre Abkarian allerdings wohl nicht mehr vergönnt gewesen.

Und nun ... das!

Man hatte Gregory Abkarian mit drei Kugeln entthront.

»Warum hat man in sein Gesicht geschossen?«, fragte Phil. »Damit man ihn nicht identifizieren kann? Das geht auch mithilfe einer DNA-Analyse. Hat man daran nicht gedacht?«

»Manchmal töten Menschen aus Wut und Hass auf diese Weise«, antwortete Mr. High. »Sie verabscheuen das Gesicht ihres Gegenübers, können seinen Anblick nicht mehr ertragen, wollen das Antlitz, das sie so sehr anwidert, zerstören und schießen deshalb mitten hinein.«

All die viele Vorarbeit, die wir geleistet haben – umsonst, ging es mir durch den Kopf, und ich bemühte mich nicht, meine Enttäuschung zu verbergen.

»Jetzt wo Abkarians Platz frei geworden ist, wird ein erbitterter Kampf um seine Nachfolge entbrennen«, vermutete Phil mit gefurchter Stirn. »Die Rivalen werden sich gegenseitig zerfleischen.«

Mr. High nickte besorgt. »Das ist zu befürchten.«

»Gregory Abkarian hatte einige zum Teil recht unbequeme Konkurrenten«, sagte mein Partner. »Jonathan Patel zum Beispiel. Oder Eric Jackson. Auch Seth Shankman gehörte dazu. Und Adam Hodge.«

»Vielleicht hat einer von ihnen für Abkarians vorzeitiges Ableben gesorgt«, nahm Mr. High an. »Entweder persönlich – oder er hat den Mord in Auftrag gegeben.«

»Wir werden das herausfinden, Sir«, sagte mein Partner mit grimmiger Miene.

Mr. High sah ihn ernst an. »Das hoffe ich, Phil.«

»Gregory Abkarian war zwar kein Heiliger, aber ihn auf diese kaltblütige Weise aus dem Weg zu räumen, das geht nicht«, sagte Phil, und das war auch meine Meinung. Was immer dieser Mann verbrochen hatte ... Niemand hatte das Recht, ihm das Leben zu nehmen.

Unser Vorgesetzter händigte uns sämtliche für den Mordfall Abkarian relevanten Unterlagen aus. Man hatte noch in der Nacht die Nachbarn befragt.

Leider mit wenig Erfolg. Keiner hatte etwas gehört oder gesehen. Erste Ergebnisse der Spurensicherungsexperten lagen vor. Sie waren auch nicht berauschend. Und der Obduktionsbefund würde uns – so war es versprochen – im Lauf des Vormittags übermittelt werden. Ich fand es sehr schade, dass es uns nun nicht mehr möglich sein würde, Gregory Abkarian, der sich stets für den Größten und Cleversten, für Mister Untouchable gehalten hatte, das Handwerk zu legen.

Wir hatten auf diesen Triumph seit Wochen und Monaten hingearbeitet, und nun hatte uns ein eiskalter Killer über Nacht einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Das wollten wir ihm nicht durchgehen lassen. Und seinem Auftraggeber – wenn es denn einen gab – auch nicht. Wir sprachen mit Leuten, die sich in der Szene auskannten, und erfuhren, dass Abkarians Onlinereisebüro Albatros gleich nach seinem Tod komplett dicht gemacht hatte.

Anrufe und E-Mails wurden nicht mehr beantwortet, Rechnungen wurden nicht mehr beglichen und kein Albatros-Mitarbeiter war mehr zu erreichen. Auch nicht privat.

Sitzen jetzt alle auf der Straße?, fragte ich mich. Was machen Abkarians Leute in den nächsten Tagen und Wochen? Sie brauchen einen Job, haben laufende Zahlungen, müssen weiter Geld verdienen. Werden sie versuchen, bei anderen Unternehmen unterzukommen? Einige wird man brauchen können. Aber nicht alle ... Wer würde nun wen und auf welche Weise im Kampf um den frei gewordenen Thron auszuhebeln versuchen?

Wer hatte die besten Aussichten, das entstandene Vakuum auszufüllen und Gregory Abkarians Platz einzunehmen? Wem war das am ehesten zuzutrauen?

Wer war bisher hinter Abkarian die heimliche Nummer zwei gewesen? Diesbezüglich gingen die Meinungen stark auseinander. Während die einen meinten, Jonathan Patel hätte im Drogengeschäft seit Jahren nach Gregory Abkarian den zweitgrößten Marktanteil gehabt, erklärten andere, Seth Shankman wäre in der Branche schon seit Langem der stillschweigende Vizekönig gewesen, und ich traute ihm, mehr als allen anderen, zu, dass er sich persönlich darum gekümmert hatte, dass Abkarian, der ihm seit jeher ein Dorn im Auge gewesen war, abdanken musste.

Wie würde Shankman, Hodge, Jackson oder Patel die Gunst der Stunde nutzen? Was würden sie gegeneinander unternehmen? Wer von ihnen würde als Nächster nicht mehr in der Lage sein, in diesem oder im kommenden Jahr einen weiteren Geburtstag zu feiern? Ein Mann, der auf viele solcher Fragen eine Antwort wusste, war Bryce Owen. Deshalb suchten wir ihn auf ...

Sie trafen einander einmal im Monat im Body & Health, einem exklusiven Jacuzziklub, um etwas für ihre Gesundheit zu tun, gingen sämtliche Stationen des großzügig angelegten Spa-Bereichs durch, ließen sich von attraktiven Mädchen salben und massieren und aßen zum Abschluss im vegetarischen Restaurant alles, was unter und über der Erde wuchs, aber zu keiner Zeit blutete, wenn man hineinstach.