Jerry Cotton 3326 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3326 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Ein anonymer Anruf versetzte Phil und mich in höchste Alarmbereitschaft. Will Balducci, ein bekannter Auftragskiller, war auf dem Weg nach New York. Was hatte er vor? Wer hatte ihn beauftragt? Während wir ihm im Big Apple auf den Fersen waren, stellte sich uns ein weiteres Rätsel. Jemand wollte Balduccis Job sabotieren und dabei ein Spielchen mit uns spielen. Als wir herausfanden, wer dahintersteckte, war es fast zu spät. Denn der Killer hatte freie Bahn ...


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Seitenzahl: 145

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Ein Killer zu viel

Vorschau

Impressum

Ein Killer zu viel

Will Balducci schaltete das Prepaidhandy ein und behielt die Zeitanzeige des Telefons im Auge. Auf die Sekunde genau ertönte das elektronische Signal, das den Anruf ankündigte. Robert Sharp war pünktlich, das musste man ihm lassen. Er wartete kurz, bevor er sich meldete.

Sharps Stimme klang so kalt und streng wie beim letzten Mal. »Haben Sie die Informationen bekommen?«

»Ja«, antwortete Balducci. »Ich nehme den Auftrag an.« Dabei fiel sein Blick auf das zerlegte Scharfschützengewehr, das auf dem Hotelbett lag. »Wir müssen uns nur noch finanziell einigen. Sagen Sie mir, was Sie über die Zielperson wissen ...«

»Die Reihenfolge ist bezeichnend für Sie«, sagte Robert Sharp abschätzig. »Das passt genau zu dem, was ich über Sie gehört habe. Erst reden Sie über Geld, dann darüber, worum es überhaupt geht. Ich kann nicht gerade behaupten, dass mir das gefällt.«

»Ich bin ein Profi, falls Ihnen das noch nicht aufgefallen ist«, gab Balducci zurück. »Und ich bin der Beste, den Sie kriegen können. Wenn Sie wollen, können Sie mir auch zuerst die Informationen über den Typen geben, mit dem ich mich befassen soll. Nur wenn wir dann nicht einig werden, weiß eine Person mehr davon. Ich glaube nicht, dass Sie das wollen.«

Sein Einwand schien auf Sharp Eindruck gemacht zu haben, denn er zögerte. »Also gut«, kam es dann aus dem Hörer. »Wie viel? Zeit und Ort kennen Sie ja schon. Der Aufwand ist also klar.«

Balducci schluckte. Er schielte zu der kleinen leeren Whiskyflasche, die aus der Minibar stammte. Am liebsten hätte er jetzt noch einen Schluck genommen, aber es war nichts mehr da. Er brauchte zweihunderttausend, damit er sich zur Ruhe setzen konnte. Sein kleines Problem machte ihm mittlerweile gesundheitlich zu schaffen, und er hatte entschieden, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen. Nach dem letzten großen Auftrag.

»Dreihundert Riesen«, warf er Sharp einen Vorschlag hin.

Er erntete höhnisches Gelächter. »Hundertfünfzig, und keinen Cent mehr. Ich kenne Ihre Preise von früher. Wieso schlagen Sie jetzt auf einmal so viel drauf?«

Balducci spürte, wie seine Hand zu zittern begann. »Ich kenne den Ort und die Zeit. Schwieriges Umfeld. Es sind einige Vorkehrungen nötig, wenn uns gewisse Leute nicht direkt am Arsch haben sollen.«

»Uns?«, fragte Sharp. »Sie meinen wohl eher Sie?«

»Ich denke, Sie wissen, dass das auf das Gleiche hinausläuft. Und es wäre gut, wenn unser Gespräch nicht so lange dauern würde.«

Sharp gab ein Seufzen von sich. »Also gut, ein Vorschlag. Zweihundert. Das ist mein letztes Wort. Sie haben recht, lassen Sie uns das Gespräch beenden. Die Informationen erhalten Sie elektronisch. Verschlüsselt. Und jetzt erwarte ich nur noch eines: dass alles zu unserer Zufriedenheit erledigt wird.«

Na also, geht doch, dachte Balducci, als es in der Leitung knackte. Seine Erleichterung war so groß, dass sogar das Zittern fast verschwunden war. Trotzdem wusste Balducci genau, dass er in der nächsten Stunde wieder einen Drink brauchen würde. Erst musste er seine Arbeit machen. Auf keinen Fall durfte er die zweihunderttausend Dollar gefährden.

Neben dem Hotelbett stand ein Pappkarton bereit, der mit Holzwolle und Luftpolsterfolie gefüllt war. Daneben lag Paketband. Balducci verpackte die Einzelteile des Gewehrs sorgfältig im Karton und klebte ihn zu. Dann nahm er die knapp ein Yard lange Kiste, klemmte sie unter den Arm und fuhr mit dem Aufzug nach unten.

Der Mann an der Rezeption sah ihm aufmerksam entgegen. »Möchten Sie, dass wir das Paket für Sie auf der Post oder bei einem Paketservice aufgeben, Sir?«, fragte er beflissen.

Balducci lehnte dankend ab. »Das übergebe ich selbst«, fügte er hinzu.

Das Brockton Inn lag im Seaport District von Boston. Balducci bog etwa hundert Yards, bevor die Piers begannen, in eine Seitenstraße ab. Hier, im Schatten der schicken Bürohäuser, befand sich eine kleine Lagerhalle. Ein verrostetes Schild trug den Firmennamen Quincy Bay Logistics. Ein paar Lkw standen herum, die schon einige Jahre auf dem Buckel hatten. An einem davon war ein rothaariger junger Mann damit beschäftigt, Kartons von einem Hubwagen einzuladen.

»Tom«, sagte Balducci.

Der Rothaarige sah auf, erkannte Balducci, und blickte ängstlich in Richtung des Lagergebäudes.

»Bist du verrückt, hier einfach so herzukommen?«, zischte er. »Ich riskiere meinen Job.«

Balducci stellte sich so, dass er mit dem Rücken zu dem Gebäude stand. Dort gab es ein Fenster, hinter dem sich das Büro befand. Mit einer einzigen schnellen Bewegung nahm ihm Tom das Paket ab und verstaute es zwischen den anderen im Ladebereich des Lkw.

»Ist doch alles ganz easy.« Balducci griff in die Tasche, wo er zweihundert Dollar vorbereitet hatte. Seine Hand verdeckte die Scheine, als er sie Tom in die Tasche steckte. »Wir sehen uns in New York«, sagte er dann. »Mach's gut, Tom. War nett, dich mal wieder zu treffen.«

Damit begab er sich auf den Weg zurück zu dem offen stehenden Tor. Kaum hatte er es passiert, machte sich das Zittern wieder bemerkbar. Er versuchte sich zu beruhigen. Alles war geregelt. Er würde morgen nach New York fliegen, seinen Job erledigen, das Geld kassieren, und dann war dieses alte Leben hier endlich zu Ende.

Und ein neues begann.

Der Seaport District war voller Bars, von denen sich Balducci nur eine auszusuchen brauchte. Er liebte die Atmosphäre von Boston. Hier ging es deutlich entspannter zu als im Big Apple. Wenn er den Job erledigt hatte, würde er als Erstes wieder hierher zurückkehren. Sogar die Frauen waren lockerer drauf als in Manhattan. Kaum hatte Balducci an der Theke Platz genommen und einen Drink bestellt, da schob sich schon eine an ihm vorbei. Der Durchgang war eng, Balducci wurde von ihr regelrecht angerempelt.

»Oh, Entschuldigung.« Sie lächelte.

Sie sah aus wie eine Geschäftsfrau. Jung, attraktiv, selbstbewusst. Balducci war sofort von ihren dunklen Augen gefangen.

»Kein Problem«, sagte er. »Darf ich Sie zu irgendwas einladen?«

Sie verzog den Mund zu einem Lächeln. »Sollte ich das nicht übernehmen? Schließlich bin ich Ihnen ja zu nahe getreten und nicht Sie mir ...«

Balducci hatte gerade angefangen zu überlegen, ob das eine Art versteckte Anmache war, da bückte sich die Frau auf einmal.

»Oh, da ist Ihnen etwas aus der Tasche gefallen.« Sie hielt Balducci Papiere hin.

Es waren seine Flugscheine. Verdammt, wenn er die verloren hätte.

»Ah, es geht nach New York«, sagte die Frau, der wohl das Reiseziel ins Auge gesprungen war. »Da muss ich demnächst auch wieder hin.« Balducci bedankte sich und steckte die Papiere ein, während sie sich neben ihn setzte.

»Geschäftlich?«, fragte er.

Sie nickte. Dann richtete sie wieder ihre dunklen Augen auf ihn. Es mochte daran liegen, dass Balducci schon einiges intus hatte. Jedenfalls kam ihm dieser Blick auf einmal viel kälter vor als eben. Als lauerte in der Frau irgendeine Grausamkeit.

»Allerdings«, antwortete sie. »Es ist ein bisschen lästig, aber man muss ja immer schauen, dass einem die Konkurrenz nicht über den Kopf wächst.«

Balducci nickte. Dann trank er aus. Die Unbekannte übernahm tatsächlich seine Rechnung. Die dunklen Augen verfolgten Balducci noch über Stunden. Sogar als er am nächsten Tag im Flieger nach New York saß, dachte er noch an sie.

Special Agent Archie Smith sah auf die Uhr. Noch ein paar Minuten, dann hatte er endlich Dienstschluss.

Als er vor zwei Monaten die Ausbildung beendet und man ihm erklärt hatte, sein neuer Job sei in New York, da hatte er innerlich gejubelt. Er hatte sich vorgestellt, zukünftig in der Zentrale im Jacob K. Javits Federal Building zu arbeiten. Stattdessen hatten sie ihm nur eine Stelle in einer der Resident Agencys angeboten, die das FBI in New York ebenfalls unterhielt. Es waren kleinere Außenbüros, über die ganze Stadt verteilt. Die Beamten dort mussten den Kollegen im eigentlichen Field Office in Manhattan zuarbeiten. Was bedeutete, dass sie so manche langweilige Recherche oder Überwachung zu erledigen hatten, während die anderen die Lorbeeren einheimsten.

Smith verfolgte, wie sich die Uhrzeit dem Dienstschluss näherte, als das Telefon auf seinem Schreibtisch klingelte. Die Nummer des Anrufers war unterdrückt. Er kam von außerhalb. Sollte er drangehen? Eigentlich könnte er behaupten, schon weg gewesen zu sein. Dann fiel ihm sein Vorsatz ein, alles zu tun, um aus der Resident Agency wegzukommen. Jede Kleinigkeit konnte die entscheidende Chance sein.

Er meldete sich und wunderte sich, dass der Anrufer, wenn er das richtig verstanden hatte, ein Kollege war.

»Special Agent Kane aus Boston«, sagte eine Männerstimme. Die Verbindung schien nicht gut sein. Offenbar rief der andere FBI-Beamte von einem Handy an. »Mit wem spreche ich?«

Smith nannte noch einmal seinen Rang und seinen Namen.

»Hören Sie zu, Special Agent Smith«, sagte der Anrufer. »Wir haben eine wichtige Mitteilung von einem verdeckten Ermittler erhalten. Will Balducci kommt nach New York. Wahrscheinlich schon morgen.«

Smith räusperte sich. Musste er diesen Balducci kennen? Er versuchte, Zeit zu gewinnen.

»Warum melden Sie das unserer Dienststelle?«, fragte er.

»Sie sind doch bei der Resident Agency am Kennedy Airport?«, sagte die Stimme. »Wir gehen davon aus, dass Balducci am Flughafen ankommt.«

Smith ahnte, worum es ging. Balducci musste jemand sein, nach dem das FBI fahndete. Zum Glück war der Computer an seinem Platz noch eingeschaltet. Smith klemmte den Hörer zwischen Ohr und Schulter und begann, im Internet nach Informationen zu suchen.

»Machen Sie was draus«, sagte der Kollege aus Boston. »Ich verlasse mich auf Sie.«

»Aber ...« Smith hätte weitere Fragen gehabt, da hatte der andere jedoch schon aufgelegt.

Er legte den Hörer auf und tippte auf seiner Tastatur herum. Es dauerte keine fünf Minuten, da wusste er, wer Will Balducci war. Und ihm war klar, dass er die Zentrale an der Federal Plaza informieren musste. Dienstschluss war schon ein paar Minuten vorüber. Doch die Jungs in Manhattan interessierten keine Uhrzeiten. Die waren rund um die Uhr erreichbar.

Während Smith wählte, hoffte er, dass die Kollegen da drüben vielleicht endlich auf ihn aufmerksam wurden.

Die Upper West Side war mal wieder dicht, als ich an diesem Tag zum Dienst fuhr.

»Ich habe schon gedacht, meine Beine wachsen mir in den Bauch«, schimpfte Phil, als ich endlich die Straßenecke erreichte, wo ich ihn jeden Morgen abholte.

»Tut mir leid, alter Junge«, sagte ich, »ich bin für den Verkehr nicht verantwortlich.« Ich setzte den Blinker und wartete auf eine Gelegenheit, um mich in den Strom der Fahrzeuge Richtung Süden einzuordnen.

»Irgendwie doch«, erwiderte Phil. »Du, ich meine wir ... also wir sind ja auch Teil des Ganzen. Vielleicht sollten wir mit einem Hubschrauber zur Federal Plaza fliegen. Oder ... weißt du was, Jerry? Ruf mich einfach aus dem Wagen an, wenn's mal wieder länger dauert. Dann kann ich ein paar Minuten länger im Warmen bleiben.«

»Hast du vielleicht auch einen Ratschlag, wie wir schneller ins Büro kommen?«, fragte ich.

»Da bin ich leider genauso ahnungslos wie du«, kam die Antwort.

Anderthalb Stunden später hatten wir es endlich geschafft. Wir wurden sofort in Mr. Highs Büro geholt. Phil wollte sich im Vorzimmer unseres Chefs einen Kaffee nehmen.

Doch Helen, die Sekretärin, schüttelte den Kopf. »Ich habe schon eine volle Kanne und Tassen reingestellt.«

Als wir das Zimmer betraten, saß der Assistant Director in Charge hinter seinem Schreibtisch und strahlte wie immer große Konzentration aus. Auf dem Tisch in der Sitzecke mit den ledergepolsterten Stühlen stand, wie Helen gesagt hatte, Kaffee bereit. Phil ließ sich erleichtert nieder und nahm sich eine Tasse. Mr. High beauftragte Helen über die Gegensprechanlage, unseren Kollegen Steve Dillaggio herzubitten. Eine Minute später betrat der athletisch gebaute Kollege mit dem flachsblonden Haar den Raum. Niemand, der ihn das erste Mal sah, hätte geglaubt, dass er italienische Vorfahren hatte.

Als wir alle saßen, forderte Mr. High Steve auf zu berichten, worum es ging.

»Gestern am späten Abend rief jemand von der Spätschicht der Resident Agency am Kennedy Airport an«, erklärte Steve. »Er hatte wiederum einen Anruf aus Boston erhalten, wohl vom dortigen FBI. Sie haben rausgefunden, dass Will Balducci auf dem Weg nach New York sein soll.«

»Bei dem Namen klingelt was bei mir«, meinte Phil.

»Mir kommt er auch bekannt vor«, sagte ich. »Hatten wir ihn nicht mal im Verdacht, als Auftragskiller zu arbeiten?«

»Mehrmals«, schaltete sich Mr. High ein. »Man konnte ihm nur niemals genug nachweisen, um ihn dingfest zu machen. Vielleicht haben wir ja jetzt die Möglichkeit, wenn wir ihn ins Visier kriegen und ihm auf den Fersen bleiben.«

»Es gehört auf jeden Fall zu dem Gebiet unserer Taskforce«, fuhr Steve fort, »denn Balducci steht im Verdacht, dass seine Aufträge mit dem organisierten Verbrechen zu tun haben. Wenn wir ihn auf frischer Tat ertappen, wäre das die eleganteste Lösung, ihn loszuwerden – und ein großes Stück von dem New Yorker Mafiasumpf trockenzulegen.«

»Hat der Informant aus Boston gesagt, was er hier will?«, fragte Phil. »Vielleicht macht er ja nur Urlaub oder besucht einen Verwandten oder so was.«

»Wir können nicht ausschließen, dass Balducci in New York ist, ohne dass er etwas Kriminelles geplant hat«, erwiderte Mr. High. »Die Ermittlungen zeigen, dass er sich bisher vor allem im mittleren Westen bewegt hat, außerdem in Chicago und eben in Boston.«

»Wie reist er an?«, fragte ich. »Und wann?«

»Das wissen wir nicht, Jerry«, antwortete Steve. »Noch nicht. Ben ist dabei, es herauszufinden.«

Ich nahm einen Schluck von Helens berühmtem Kaffee.

»Wenn Ben dabei ist zu ermitteln, wird uns das schon mal weiterbringen. Aber wir sollten uns auch mal Folgendes fragen: Wenn Balducci hier in New York einem Auftrag nachgeht ...«

»Wovon wir ausgehen, Jerry«, unterbrach Steve.

Ich nickte. »Genau. Wenn das so ist ... Warum beauftragt man gerade ihn? Wenn er doch hier so selten oder noch nie aktiv war? Wenn wir das wissen, könnte darin eine Spur stecken, die uns zum Auftraggeber führt. Und vielleicht auch zu seinem Ziel.«

»Ben wird auch versuchen, Verbindungen von Balducci nach New York zu finden«, sagte der Chef. »Bis dahin müssen wir erst einmal davon ausgehen, dass man ihn ausgewählt hat, gerade weil man ihn hier nicht kennt. Dass wir ihm auf die Schliche gekommen sind, war ja ein Glücksfall, der einem Informanten in Boston zu verdanken ist.«

»Das macht es nicht gerade leichter«, sagte Phil.

Und darin musste ich meinem Partner leider zustimmen.

Zwanzig Minuten später saßen Phil und ich vor unseren Computern in unserem Büro. Wir sahen uns die Informationen an, die wir über Balducci in den Datenbanken auftreiben konnten.

Viel war es nicht. Ein paar Fotos, ein paar Hinweise über Kontakte in Chicago. Man wusste nicht mal genau, wie alt Balducci war. Und ob er überhaupt so hieß.

Ich öffnete eine der Fotodateien und vergrößerte das Bild so, dass es den ganzen Monitor einnahm. Es handelte sich um eines der Passbilder, die wir von dem Auftragskiller hatten. Ein Mann mittleren Alters blickte mich an. Dunkler Teint. Dreitagebart. Recht dichtes Haar. Keine Auffälligkeiten. Je nach Kleidung konnte er als Geschäftsmann, Künstler oder Arbeiter durchgehen. Er hatte eines der Gesichter, die man sofort wieder vergaß.

Phil war herübergekommen und sah mir über die Schulter. »Wenn er sich die Haare abrasiert, den Bart entfernt und dann auch noch eine Sonnenbrille trägt, wird ihn nicht mal eine Gesichtserkennungssoftware zuordnen können.«

»Da hast du leider recht«, bestätigte eine Stimme von der Tür her.

Wir wandten die Köpfe. Im Türrahmen erschien das blasse Gesicht unseres Kollegen Dr. Ben Bruckner. Wie immer wirkte er mit seinem jungenhaften Aussehen und seinem Anzug mit Krawatte wie ein Oberschüler auf dem Weg zu einer Preisverleihung. Dabei verfügte er über etliche Hochschulabschlüsse, die er als Hochbegabter bereits im Teenageralter abgelegt hatte.

»Darf ich?«, fragte er, schob die Tastatur meines Computers zur Seite, stellte stattdessen einen kleinen Laptop hin, den er unter dem Arm getragen hatte, und klappte ihn auf.

Wie immer, wenn er nervös war, zeigten sich rote Flecke auf seinen hellen Wangen. Mit der rechten Hand griff er mechanisch in seine Jackentasche und entnahm ihr etwas, das er in den Mund steckte. Es war ein Lakritzbonbon. Diese Dinger wirkten auf Ben immer beruhigend.

»Hoffentlich hast du was über Balducci, was wir noch nicht wissen«, sagte ich, nachdem ich dem Kollegen meinen Stuhl überlassen hatte.

»Sonst wäre ich kaum hier«, meinte Ben sachlich und zauberte irgendetwas auf den Monitor seines Laptops, das mir rätselhafter vorkam als ägyptische Hieroglyphen. »Ich habe verschiedene Daten miteinander abgeglichen. Wann er zuletzt wo gesehen wurde, Auswertungen von Kameras, seine verschiedenen Decknamen – soweit wir sie kennen ...« Er kaute eine Weile, fasste dann seinen Bildschirm ins Auge, wartete zwei Sekunden und tippte weiter. »Daten sind das A und O, um etwas herauszufinden.«

Ich nickte.

»Hier. Da ist eine Datenverdichtung. Und hier sind Koordinaten.«

Eine schnelle Tastenkombination, und wir sahen eine elektronische Karte von Boston, auf der eine rote Linie erschien, die von einem Punkt der Bostoner Hafengegend über eine Brücke wanderte, hin zu einer Halbinsel gegenüber der Stadt.

»Dort liegt der Flughafen«, stellte ich fest.

»Klar«, meinte Ben. »Balducci war unter falschem Namen in einem Hotel im Seaport District und hat sich dort einen Flug nach New York gebucht. Das Hotel heißt übrigens Brockton Inn.«

»Der hat Nerven«, versetzte Phil. »Ein Auftragskiller, der Flugzeuge benutzt, und das bei den heutigen Schutzmaßnahmen. Der muss sich wirklich sicher fühlen.«

»Und für so einen kurzen Flug«, fügte ich hinzu. »Wäre es nicht sicherer gewesen, ein Auto zu benutzen?«

Mehrere Ansichten verschiedener Programmoberflächen blitzten in Bens Computer auf. »Wie ich gerade sehe, hat Balducci keinen Führerschein mehr. Er ist ihn gerade wegen Trunkenheit am Steuer losgeworden. In Chicago. Vor drei Wochen. Wahrscheinlich hatte er keine Chance, sich in der kurzen Zeit einen gefälschten zu besorgen.«