Jerry Cotton 3331 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3331 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Es versprach, ein gewöhnlicher Montagmorgen zu werden, als Mr. High Phil und mich zu sich ins Büro bat. Anlass war der Mord an einer jungen Studentin. Der dritte in Folge. Die Medien nannten den Mörder, der seine Opfer allesamt kaltblütig erschoss, bereits "Studentenkiller". Tatsächlich lag die Vermutung nahe, dass es sich um ein und denselben Täter handelte, da immer das gleiche Waffenmodell zum Einsatz gekommen war. Sein Motiv lag völlig im Dunkeln - bis wir eine grausame Entdeckung machten. Zu spät, denn der Killer hörte nicht auf zu töten!


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Seitenzahl: 137

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Mind Control

Vorschau

Impressum

Mind Control

Der Tod kommt manchmal so unverhofft wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Deshalb ahnte Elizabeth Zimbardo nicht im Geringsten, dass sich die schwarzen Schwingen des Sensenmanns bereits über ihr ausgebreitet hatten.

Elizabeth lächelte immer noch, als sie aus dem kleinen chinesischen Imbiss in der Nähe des Washington Square Park in den lauen Aprilabend hinaustrat. Einer der Angestellten flirtete jedes Mal mit ihr, wenn sie im Asia Noodle House für sich und ihre Mitstudenten Snacks abholte.

Elizabeth bog um die Ecke und ging auf den Block zu, in dem ihre WG lag. Um ihre Schulter baumelte eine Handtasche, in der Rechten hielt sie die Plastiktüte mit den in kleinen Pappkartons verpackten Köstlichkeiten. Schon kam der Hauseingang in Sicht. Plötzlich trat ihr eine Gestalt in einer dunklen Kapuzenjacke in den Weg.

Erschrocken blieb Elizabeth stehen. Ihre Augen weiteten sich vor Entsetzen, als sie jäh in das schwarze Loch einer Schalldämpfermündung blickte, die direkt auf sie gerichtet war.

Noch bevor auch nur der Ansatz eines Schreis aus ihrer Kehle dringen konnte, spuckte die Waffe Feuer und Tod.

»Montagmorgen im Büro. Absolute Ruhe, keine Hektik. Selten war ich so misstrauisch.« Phil grinste wie ein Honigkuchenpferd.

»Woher hast du denn diese Weisheit?«, wollte ich wissen.

»Gestern in der New York Times gelesen. Irgendwie trifft das doch den Nagel auf den Kopf.«

Ich erwiderte das Grinsen. Mein Partner hatte recht. Es kam nicht oft vor, dass es so ruhig im dreiundzwanzigsten Stock des Jacob K. Javits Federal Building war, in dem sich die Büros des FBI District New York befanden.

Wir arbeiteten alte Fälle ab. Routine, nicht mehr. Gerade deshalb hatte ich zu dieser frühen Stunde einen Kaffee nötig, damit mir die Augen nicht zufielen. Gestern Nacht hatte ich mir noch ziemlich lange eine TV-Dokumentation über die New York Yankees, mein favorisiertes Baseballteam, angeschaut, mit der Folge, dass ich heute Morgen beinahe verschlafen hatte. Als ich Phil an der gewohnten Ecke abgeholt hatte, war er nicht umhingekommen, über mein »Schlafmützenaussehen« zu frotzeln.

»Soll ich dir auch einen Kaffee mitbringen?«, fragte ich und gähnte gleich darauf.

Phil erwiderte es, schließlich war Gähnen ansteckend. »Unbedingt, sonst kipp ich bei deinem Anblick noch vom Stuhl.«

An der offenen Tür stieß ich beinahe mit Helen zusammen, die gerade in unser Büro trat. In ihren Händen hielt sie je eine dampfende Tasse, als könnte sie Gedanken lesen. Die gut aussehende und immer freundliche Sekretärin von Mr. High übergab uns die beiden Becher. Niemand kochte besseren Kaffee in New York City als sie.

»Jeder einen Schluck, dann sofort zum Chef«, meinte sie lächelnd.

Wie ein Koffeinsüchtiger nippte ich gierig an der Tasse und verbrannte mir die Oberlippe. Phil hingegen ließ es vorsichtiger angehen. Dennoch fühlte ich mich nach dem dritten schnellen Zug nicht mehr ganz so schläfrig. Vielleicht lag es auch daran, dass aus dem monotonen Montagmorgen nun doch noch ein interessanter Tag werden könnte.

»Weißt du, was der Chef von uns will?« Ich sah Helen neugierig an.

»Keine Ahnung, Jerry, aber es scheint dringend zu sein.«

Wir bedankten uns, streiften die Anzugsakkos über und gingen mit den Kaffeetassen rüber zum Büro unseres Vorgesetzten.

Mr. High erwartete uns bereits. Wir setzten uns auf die ledergepolsterten Stühle um den Besprechungstisch.

»Gestern Abend wurde in Greenwich Village Elizabeth Zimbardo erschossen«, eröffnete der Assistant Director in Charge ohne Umschweife das Gespräch. Sein schmales, markant geschnittenes Gesicht drückte höchste Konzentration aus. »Das ist bereits der dritte Mord an Studenten innerhalb weniger Tage. Die anderen Opfer sind Stanley Procter aus New Jersey und Irving Mantell aus Connecticut.«

Da die Verbrechen in verschiedenen, wenn auch angrenzenden Bundesstaaten begangen worden waren und die Mordserie damit grenzüberschreitend war, übernahm das FBI die Ermittlungen.

Laut der ballistischen Experten seien alle drei Studenten mit einer Dan Wesson M1911 ACP, Kaliber 10 mm Automatik erschossen worden, führte Mr. High weiter aus. Aus diesem Grund sei zunächst von einem Einzeltäter auszugehen.

Das Modell war mir bekannt, deshalb wusste ich, dass diese Selbstladepistole insbesondere wegen ihrer Präzision gefragt war.

»Gibt es irgendeine Verbindung zwischen den Opfern, Sir?«, wollte ich wissen. Da sie allesamt Studenten gewesen waren, lag es nahe, dass sie sich gekannt haben könnten.

Mr. High schüttelte den Kopf. »Nach den ersten Vernehmungen der Angehörigen und Freunde durch die zuständigen Morddezernate ist das unwahrscheinlich, Jerry.« Er sah mich und Phil abwechselnd an. »Schon in Kürze werden die Leitmedien die drei Morde ebenfalls in einen Zusammenhang bringen. Vor allem unter den Kommilitonen wird das für große Aufregung, Verunsicherung und Angst sorgen. Deshalb werden Sie mit Hochdruck daran gehen, diese Verbrechen aufzuklären. Doktor Bruckner wird Sie bei den Ermittlungen unterstützen.«

Zu ihren Lebzeiten studierte Elizabeth Zimbardo Philosophie an der New York University in Greenwich Village, die mit rund fünfundfünfzigtausend Studenten die größte private Einrichtung der Vereinigten Staaten ist.

Die Studentin hatte unweit der NYU in einer WG gewohnt, vor der ihr der Mörder aufgelauert und ihr mit einer Kugel die Kehle zerfetzt hatte. Die Befragungen ihrer Mitbewohnerinnen durch die Kollegen vom NYPD hatten nichts Konkretes ergeben, was auf den Killer schließen lassen könnte.

Beim ersten Opfer handelte es sich um Stanley Procter aus Camden, New Jersey. Er war auf der Rutgers University eingeschrieben, um Berufspsychologie zu studieren. Der Täter hatte ihn ebenfalls vor seiner kleinen Wohnung abgepasst und ihm eiskalt in die Brust geschossen.

Irving Mantell aus Danbury, Connecticut hatte die Western Connecticut State University besucht und dort die Fächer Naturschutz und Umwelt belegt. Auf dem Weg zu einer Studentenparty hatte der Killer seinen Weg gekreuzt und ihn mit einem Lungendurchschuss getötet.

Bei allen drei Morden gab es weder Zeugen noch brauchbare Spuren, abgesehen von den 10-mm-Projektilen aus der Tatwaffe. Auch die Befragungen der Familienangehörigen, der Freundes-‍, Bekannten- und Studentenkreise hatten nichts Verwertbares ergeben. Genauso wie es Mr. High bereits angedeutet hatte.

All das machte für mich und Phil die Ermittlungen nicht gerade leichter. Blieb uns noch, das Vorleben der Studenten unter die Lupe zu nehmen. Doch auch dabei fanden wir keine Hinweise auf kriminelle Verwicklungen in irgendein geartetes Verbrechen. Abgesehen vom Konsum von Joints, Verwarnungen wegen Falschparkens oder geringen Geschwindigkeitsüberschreitungen im Verkehr.

Entmutigt baten wir unseren IT-Experten Ben Bruckner, alle registrierten Käufe von Dan-Wesson-Pistolen in den drei Bundesstaaten zu überprüfen. Vielleicht ergab sich dadurch ein Hinweis auf den »Studentenkiller«, wie er bereits von den Medien genannt wurde.

Der Mann, den er nicht genau erkennen konnte und ihm lediglich als Schatten erschien, brachte die Elektroden seitlich an seinem Schädel an. Kalt lagen sie an seinen Schläfen, als hätte man sie zuvor mit einem Eisspray behandelt.

Er war die Versuchsperson, die mit Ledergurten auf einer höhenverstellbare Untersuchungsliege fixiert war und sich selbst aus der Vogelperspektive sah. Deutlich konnte er sogar seinen Adamsapfel erkennen, der sich auf und ab bewegte, weil er schnell hintereinander schluckte.

Währenddessen hantierte der Schatten weiter an ihm herum, verband nun die Elektroden mit einem Stromaggregat.

»Die Wahrnehmungsschwelle für elektrischen Strom ist individuell sehr unterschiedlich«, dozierte der Mann fachkundig. »Bei einer Kontaktfläche von einem Quadratinch und einer Frequenz von fünfzig Hertz beträgt sie zwischen zehn Mikroampere und vier Milliampere. Wobei Frauen und Kinder unter zwölf Jahren schmerzempfindlicher sind als Männer, sollte Sie das beruhigen.«

Erneut versuchte er an den Gurten zu zerren, die ihm tief in die Brust, die Unterarme und Oberschenkel schnitten. Vergeblich. Vielmehr musste er den weiteren Worten desjenigen zuhören, der wie sein Schöpfer über ihm stand.

»Ab einer Stärke von zehn Milliampere niederfrequenten Wechselstroms werden an der Skelettmuskulatur Kontraktionen ausgelöst. Schon diese Stromstärke kann für Kinder tödlich sein. Bei fünfundzwanzig Ampere sind Herzrhythmusstörungen möglich. Bei einer Steigerung von dreißig bis zu fünfzig Milliampere werden die Atemmuskulatur und das Zwerchfell im Brustkorb angespannt, sodass ein Atemstillstand für die Dauer des Stromflusses auftreten kann. Ein solcher kann auch verursacht werden, wenn er das Atemzentrum im Hirnstamm in Mitleidenschaft zieht, wie etwa bei einem Blitz, der durch das Gehirn schießt ...«

Er brüllte los.

Der Schatten über ihm ließ sich davon nicht beirren, sprach stattdessen mit eiskalter Präzision weiter. »Wechselstrom mit fünfzig Herz kann, natürlich abhängig vom Wirkungsbereich, bei einer Stromstärke ab fünfzig Milliampere und einer Einwirkdauer länger als eine Sekunde Herzkammerflimmern auslösen.« Er lachte auf, bevor er fortfuhr. »Im Bereich von fünfzig bis achtzig Milliampere kann Bewusstlosigkeit und Kreislaufstillstand auftreten und bei noch höherer Dosierung ein Atemstillstand. Ab hundert Milliampere kann es zu deutlichen Verbrennungen kommen. Stärkere Stromstöße führen zu einer Asystolie, also zu einem vollständigen Aussetzen der elektrischen und mechanischen Herzaktion, und führt innerhalb weniger Minuten zum Tod.«

Schweiß rann an seinem Körper unter der leichten Kleidung hinab. Die Angst überfiel ihn wie ein wildes Tier.

Der Schatten über ihm ignorierte seinen Gefühlsausbruch. »Aber keine Sorge, bei diesem Experiment geht es um etwas ganz anders, wie Sie wissen.«

Wie in Zeitlupe drückte der Schatten auf den Schalter des futuristisch anmutenden Geräts neben sich. Im selben Moment rasten elektrische Stöße durch die Kabelelektroden, schüttelten ihn durch, als würde er einen epileptischen Anfall erleiden.

Das Ganze dauerte lediglich Sekundenbruchteile.

Die Schmerzen, die er bei dem Elektroschock erhalten hatte, waren unerträglich.

»Keine Sorge, das war erst der Anfang. Ich werde nun die Stromstärke kontinuierlich erhöhen.«

Wieder betätigte der Schatten das Stromaggregat. Diesmal hinterließ die elektrische Energie Brandwunden an den Stellen, an denen die Elektroden platziert waren.

Er kreischte, Speichel tropfte aus den Winkeln seines verzerrten Munds.

»Die nächsten Stromschläge werden Sie zucken lassen wie ein an Land gezogener Fisch im Todeskampf!« Erneut lachte der Sadist auf. »Die Elektroden werden sich noch tiefer in Ihr Gewebe brennen und das Gehirn regelrecht verdampfen lassen.«

Und dann ...

Ein Schrei, sein eigener, so laut und elend, als würde er von einer nichtmenschlichen Kehle ausgestoßen, zitterte durch den Raum, riss ihn vollends aus dem Albtraum in die Wirklichkeit zurück. Es vergingen Sekunden, bis er begriff, dass er nicht in einem Experimentierraum, sondern im Bett seines eigenen Schlafzimmers lag.

Schweißgebadet wälzte er sich herum. Der Pyjama war so nass, als hätte er damit geduscht. Noch immer zog ihm die fürchterliche Angst den Magen zusammen. Sein Herz raste. Es dauerte Minuten, bis sich sein Puls beruhigte und er wieder zu Atem kam. Dann setzte er sich auf die Bettkante und erhob sich langsam. Die Beine zitterten, als wäre er einen Marathon gelaufen. Wie ein Achtzigjähriger schlurfte er in die Küche, schenkte sich ein Glas Leitungswasser aus dem Wasserhahn ein und trank es in einem langen Zug aus. Das half zwar, ihn physisch zu beruhigen, nicht aber, sein Gehirn von den Dämonen zu befreien, die dort seit Monaten nisteten.

Mit einem tiefen Seufzer ging er in den Korridor und zog sich ein Kapuzenshirt, eine Jogginghose sowie seine alten Sneakers an und steckte den Schlüssel ein. Er wollte einen klaren Kopf bekommen und die Steifheit aus seinen Gliedern laufen.

Kurz darauf trat er hinaus in die laue Nacht und schloss die Haustür hinter sich. Die Luft, die ihm entgegenschlug, fächelte seine heiße Stirn. Sofort verfiel er in einen leichten Trab, umrundete den Block und bog in einen Park ein. Die Kopfschmerzen kehrten wieder, rumorten wie Hammerschläge in seinem Schädel. Er wurde schneller und schneller.

Als ein streunender Hund seinen Weg kreuzte, erschrak er so sehr, dass er beinahe aufgeschrien hätte. Der Köter blieb stehen und starrte ihn mit seinen dunklen Knopfaugen an. Unwillkürlich hielt auch er inne.

»Was glotzt du mich so blöd an, du Mistvieh!«

Der kleine Mischling mit dem kurzen hellen Fell duckte sich jäh, als befürchtete er Schläge.

Er sah das Tier vor sich an und glaubte, seinen Augen nicht zu trauen! Erst jetzt entdeckte er die Elektroden seitlich am Hundeschädel.

Oder täuschte er sich? War das alles nur Einbildung?

Stromstöße ... Herrgott noch mal ...

Ansatzlos trat er mit der Spitze eines Sneakers gegen die Schnauze des Mischlings, der laut aufjaulte, während er zwei Yards nach hinten geschleudert wurde.

Bevor er wieder auf vier Beinen aufkam, war er heran, um weiter auf ihn einzutreten.

»Was machen Sie da, Sie verfluchter Tierquäler!«

Jäh klang die Stimme in seinem Rücken auf. Scheinbar gab es noch jemanden, der sich im Freien die Nacht um die Ohren schlug.

Er zog sich die Kapuze tief ins Gesicht und rannte los, ohne zurückzublicken. Weit weg von dem fremden Spaziergänger und dem Köter. Vor allem aber vor der Angst vor den höllischen Stromschlägen.

Der Laden im Stadtteil Manhattan hieß einfach Gino. Ein kleines italienisches Restaurant auf der Lexington Avenue in Höhe der 61th Street in Lenox Hill, das zur Upper East Side gehörte. Fast ein Heimspiel für mich, außer dass ich auf der anderen Seite des Central Park wohnte. Natürlich war das Gino nicht mit dem Mezzogiorno, unserem Stammitaliener, zu vergleichen, dennoch konnte man von der Qualität her ordentlich und preiswert essen. Wir begnügten uns mit zwei Espresso, war es doch erst kurz nach zehn Uhr an diesem Morgen.

Phil und ich hatten uns mit Sergio und Mariella Zimbardo verabredet, um sie noch einmal über den Tod ihrer Tochter Elizabeth zu befragen. Ihr Apartment lag gleich um die Ecke. Allerdings waren wir viel zu früh dran, was der heute ausnahmsweise nicht vorhandenen Rushhour geschuldet war.

Wir saßen an einem Ecktisch. Die Dekoration hatte sich seit den Anfängen des Lokals wohl kaum verändert, da überall unzeitgemäße Plastikblumen auf den Tischen standen. Ein Kellner, der gerade an uns vorbeilief, bemerkte meinen Blick und blieb stehen.

»Die Blumen werden jährlich ausgetauscht«, sagte er freundlich lächelnd. »Der Wirt kauft sie bei Walmart und wäscht sie jeden Monat vor dem Kochen in der Küche.« Nach diesen Worten verschwand er mit einem breiten Grinsen.

»Wollte der uns auf den Arm nehmen?«

»Nein, das ist Tatsache«, entgegnete ich todernst, konnte mir das Lachen aber nicht verkneifen. Ich sah auf die Uhr. Es wurde Zeit.

Ich legte ein paar Dollars für die beiden Espresso samt ordentlichem Trinkgeld für die Slapstickeinlage auf den Tisch. Dann verließen wir das Lokal.

»Nein, im Ernst, glaubst du wirklich, dass die Plastikblumen gewaschen werden?« Phil konnte es noch immer nicht fassen. Manchmal war er so drollig wie ein rosafarbener Elefant im Porzellanladen.

Während ich weiterhin in mich hineingrinsend um die Ecke bog, wurde mein Partner wieder ernst.

Die Zimbardos wohnten in einem sauberen, graffitifreien Sandsteingebäude mit eingefassten Fenstern und einem kleinen umzäunten, in Frühlingsblüte stehenden Garten. Der Doorman verweigerte uns zuerst den Zugang, weil wir Fremde waren. Als wir uns auswiesen und sagten, wohin wir wollten, nickte er mit ausdruckslosem Gesicht und schickte uns in die dritte Etage, Apartment 23 a.

Wir verzichteten auf den Lift und nahmen die Treppe. Auch das Treppenhaus war ruhig und sauber. Vor der angegebenen Tür blieben wir stehen. Ich klingelte. Es dauerte nicht einmal fünf Sekunden, dann wurde geöffnet. Natürlich wurden wir erwartet.

»Sie sind ja pünktlich«, empfing uns der Hausherr in Jeans und Holzfällerhemd mit hochgekrempelten Ärmeln und mit Traurigkeit in der Stimme. Jener war sicher nicht uns geschuldet, sondern dem Umstand, dass das Ehepaar vor Kurzem die einzige Tochter bei einem Gewaltverbrechen verloren hatte.

Sergio Zimbardo war ein kahler, untersetzter und schwer gebauter Mann Anfang fünfzig, der mehr wie ein ehemaliger Boxer aussah als ein Buchhalter in einer Bankfiliale. Sein Gesicht mit den kleinen matten Augen war so kantig wie ein grob behauener Stein.

Wir wiesen uns noch einmal aus und folgten ihm durch einen engen Flur vorbei an einem Schlafzimmer, einer Küche und einem Bad ins Wohnzimmer.

Da die Wohnung an der Ecke des Gebäudes lag, waren alle Zimmer schräg und schiefwinklig aus.

Mariella Zimbardo begrüßte uns mit zartem Handschlag. Sie war bestimmt zehn Jahre jünger und mit hohen Absätzen mit Sicherheit um einiges größer als ihr Mann. Lockiges rabenschwarzes Haar umrahmte ihr blasses Gesicht. Um die dunklen Augen herum hatte die Trauer dünne Linien geschnitzt. Das schwarze Kleid, das sie trug, war knielang. Sie bat uns, auf der Couch in der Mitte des Raums Platz zu nehmen, während sie und ihr Mann sich jeweils in einen der Sessel setzten, die davor standen.

Gegenüber befand sich eine altmodische Anbauwand aus Kirschholz, in deren Mitte ein modernes Ultra-TV-Gerät hineingestellt war. Auf einem Regal darüber eine gerahmte Collage aus Fotos der Tochter in verschiedenen Lebensaltern.

Den antiken runden Tisch auf dem orientalischen Wollteppich, der gewiss schon bessere Zeiten gesehen hatte, hatte Mariella Zimbardo bereits mit Porzellangeschirr eingedeckt.

»Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«, fragte sie uns so leise, dass man genau zuhören musste, um sie überhaupt zu verstehen.

Wir nahmen dankend an. Nach einem ersten Schluck kam ich auf den Grund unseres Besuchs zu sprechen.

»Wir wissen, dass Sie bereits beim NYPD eine Aussage gemacht haben. Aber da das FBI den Fall übernommen hat, möchten wir noch einmal persönlich mit Ihnen sprechen.«