Jerry Cotton 3335 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3335 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Wendy Wickham war in einem Trainingslager für Progamer, professionelle E-Sportler, brutal ermordet worden. Die junge Frau hatte zu Lebzeiten über überragende Skills wie Auge-Hand-Koordination und taktische Fähigkeiten verfügt und war eine der besten Spielerinnen gewesen. Sie hatte für einen Wettbewerb trainiert, bei dem sich das Preisgeld in Millionenhöhe bewegte. Es gab Anzeichen für einen Einbruch, sodass auch ein Täter von außerhalb des Bootcamps infrage kam. Phil und ich begaben uns in die Welt der Computerspiele und stellten schnell fest, dass das nicht die einzige falsche Spur war!


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Seitenzahl: 133

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Deadly Games

Vorschau

Impressum

Deadly Games

»Verfluchter Angsthase!«, rief Wendy Wickham. Da es schon spät und sie allein war, störte sie niemanden mit ihrer Schimpferei. Ihre Brauen zogen sich zusammen, und sie konzentrierte sich darauf, ihren Gegner zu finden und aus seinem Versteck zu treiben. »Wo steckst du?«, flüsterte sie und hielt den Zeigefinger bereit, um jederzeit losfeuern zu können.

In dem Moment verspürte sie einen kalten Luftzug. Das erschien ihr merkwürdig, denn es war mitten in der Nacht, sie hatte gedacht, sie wäre die Einzige, die noch wach war.

Wendy pausierte das Spiel. »Hallo? Ist da jemand?« Die Antwort war Stille, die nur durch die leise surrenden Lüfter des Computers unterbrochen wurde. Sie überlegte, das Deckenlicht einzuschalten, eine der Leuchtstoffröhren flackerte jedoch und würde sie ablenken. Wahrscheinlich hatte sie sich getäuscht.

Wendy zuckte mit den Schultern, setzte die Kopfhörer wieder auf und spielte weiter. Vorsichtig steuerte sie ihren Avatar auf dem Monitor durch das Gelände. Sie hatte eine Idee, wie sie ihren Gegner finden konnte. Daher schlich sie durch einige Korridore und hatte ihn schließlich direkt vor sich.

»Game over!«, sagte sie lächelnd und wollte gerade abdrücken.

Dazu kam sie nicht mehr. Ein unbarmherziger Schlag traf sie am Kopf. Sie wurde vom Stuhl geschleudert, knallte auf den Boden und blieb reglos dort liegen.

»Du siehst müde aus«, sagte ich zu Phil, nachdem er am üblichen Treffpunkt eingestiegen war.

Das war diesmal kein Versuch, ihn aufzuziehen, er machte tatsächlich einen unausgeschlafenen Eindruck. Seine Haut war blass, die Augen leicht blutunterlaufen, und die Haare hingen ihm zerzaust in die Stirn.

»Geht schon, geht schon.« Er versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken, was ihm nicht gelang.

»Wenn ich mich recht erinnere, haben wir gestern ausnahmsweise fast pünktlich Feierabend gemacht«, sagte ich. »Ich weiß, das kommt nicht oft vor. Hat dir das vielleicht einen solchen Schock bereitet, dass du nicht schlafen konntest? Oder hattest du aus einem anderen Grund eine schlaflose Nacht?«

Er grinste, antwortete aber nicht. Sein Gesicht sprach Bände.

»War der Grund blond oder brünett?«, hakte ich nach.

»Weder noch.«

»Rothaarig?«

Phil schüttelte den Kopf. »Nein, ihre Haare waren schwarz wie die Nacht mit einem Blauschimmer.«

»Und du hast dich die ganze Nacht anschimmern lassen?«

In dem Moment klingelte mein Handy. Ein Anruf von Mr. High.

Ich aktivierte die Freisprechanlage. »Guten Morgen, Sir. Wir sind auf dem Weg ins Büro.«

»Guten Morgen«, erwiderte der Chef. »Sie können direkt kehrtmachen. Es gab einen Mord in East Harlem, in der Nähe des Thomas Jefferson Park. Das Opfer ist eine junge Frau aus Ohio, die Mitglied eines internationalen Sportteams war. Daher übernehmen wir den Fall. Ich schicke Ihnen die bisher vorliegenden Informationen gleich zu.«

»In Ordnung, wir sind schon unterwegs«, sagte ich. »Bis später!«

Wir beendeten das Gespräch.

»Sportteam?«, fragte Phil nachdenklich. »Was für eine Sportveranstaltung findet denn im Moment statt? Die US Open stehen noch nicht an, erst im August und September. Bis zum New-York-City-Marathon dauert es auch noch. Dann vielleicht Reiten, Radsport ...«

An der nächsten Kreuzung machte ich einen U-Turn. East Harlem lag ziemlich genau in der entgegengesetzten Richtung.

Wenige Minuten später erhielten wir Mr. Highs Nachricht.

Phil flog über den Text und runzelte die Stirn. »Das Opfer heißt Wendy Wickham, stammt aus einem kleinen Ort in Ohio. Aber von wegen Sportlerin, es geht um E-Sport. Das sind doch diese Kids, die stundenlang an ihrem Computern sitzen und sich mit Ballerspielen beschäftigen. Das ist kein richtiger Sport!«

»Soweit ich weiß, ist E-Sport, also elektronischer Sport, in den USA als offizielle Sportart anerkannt.«

»Und warum das? Weil die Kids ihre Fingermuskeln so hart trainieren?«

Ich musste lächeln. »Ich weiß, du stehst auf Football, viele junge Leute sind allerdings begeisterte Gamer. Jetzt sag nicht, dass du nicht auch schon mal auf der PlayStation, der Xbox oder am Computer gezockt hättest.«

»Klar, aber nur selten und als Zeitvertreib«, gestand Phil. »Und ich habe mir dabei nie eingebildet, Sport zu machen.«

»Das sehen ein paar Hundert Millionen junger Leute wohl anders. Vielleicht kannst du mal googeln, was es im Internet als Infos über E-Sport gibt. Ein bisschen Hintergrundwissen könnte bei dem Fall nicht schaden.«

Das ließ sich Phil nicht zweimal sagen. »Da gibt es eine Menge Seiten. Da haben wir es ja, E-Sport ist Wettkampf mit Computerspielen. Du hast recht, es gibt Millionen Menschen, die so etwas machen. In einigen Ländern, auch in den USA, ist E-Sport von den Sportverbänden als offizielle Sportart anerkannt. Und die spielen nicht etwa Pingpong, Tennis oder Space Invaders, sondern moderne Spiele. Dabei gibt es weltweit eine ganze Reihe Veranstaltungen, bei denen man sogar Geld gewinnen kann. Wer hätte das gedacht?«

»Geld? Um welche Summen geht es dabei?«, hakte ich nach.

»Unterschiedlich«, sagte Phil und suchte weiter. »Die Preisgelder bewegen sich schon mal in Millionenhöhe.«

Damit hatte ich nicht gerechnet. »Millionen? Hört sich für mich nach einem guten Mordmotiv an.«

»Für mich auch. Hier steht noch so einiges. Wir sollten Ben fragen, der kennt sich bestimmt mit der Materie aus«, schlug er vor.

»Vielleicht kann er uns nachher im Büro ein paar Sachen zeigen, falls nötig. Vielleicht haben wir Glück und der Täter ist geständig oder wurde auf frischer Tat ertappt.«

Phil verzog das Gesicht. »Wann hatten wir das letzte Mal so viel Glück?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, muss schon eine kleine Ewigkeit her sein.«

Es dauerte eine Weile, bis wir unser Ziel an der 1st Avenue erreicht hatten. Direkt gegenüber von dem Gebäude, in dem das Opfer gefunden worden war, befand sich der Thomas Jefferson Park mit seinem Fußballplatz, Basketballplatz und vielen anderen Sporteinrichtungen. Dahinter rauschte der Harlem River.

Als wir das Gebäude betreten wollten, stellte sich uns ein bulliger Officer vom NYPD in den Weg. Seiner Statur nach zu urteilen, liebte er Donuts ein wenig zu sehr.

»Sorry, kein Zutritt!«

Phil zog lässig seine Dienstmarke. »Wir sind aus beruflichen Gründen hier.«

Der Officer warf einen Blick auf die Marke, nickte bedächtig und trat zur Seite.

»Wo genau befindet sich das Opfer?«, fragte ich.

Er zeigte in die Richtung. »Im Erdgeschoss, die Tür dort durch, dann finden Sie sie.«

»Danke«, sagte ich und ging zusammen mit Phil weiter.

Kurz darauf betraten wir einen Raum, von dem mehrere Flure abgingen.

»Scheint recht groß zu sein«, bemerkte mein Partner.

Ich nickte. »Wenn wir die Leiche unter die Lupe genommen haben, können wir uns ein wenig umsehen.«

Es war nicht schwer, das Opfer zu finden. Die Kollegen von der Crime Scene Unit packten gerade ihre Koffer. Dr. Janice Drakenhart war die leitende Gerichtsmedizinerin, mit der wir schon oft zusammengearbeitet hatten.

»Jerry, Phil, guten Morgen. Ist das euer Fall?«, begrüßte sie uns freundlich.

»Guten Morgen, Janice. Sieht so aus«, antwortete ich und warf einen Blick auf das Opfer, das reglos am Boden lag. Die Kopfwunde war nicht zu übersehen.

Nicht weit vom Opfer entfernt standen nebeneinander einige Computer, mit Stühlen davor. Wahrscheinlich spielten hier gewöhnlich mehrere Spieler gleichzeitig miteinander oder gegeneinander.

»Moment! Wer sind Sie?«, hörte ich auf einmal eine männliche Stimme.

Ein hagerer Mann Mitte dreißig, den ich noch nie zuvor gesehen hatte, kam auf uns zu. Seinem äußeren Erscheinungsbild nach war er Detective, was er gleich darauf bestätigte.

»Ich bin Detective Aaron Bester, und soweit ich weiß, ist das mein Fall und mein Tatort!« Er blickte alles andere als freundlich drein.

»Die FBI Agents Decker und Cotton«, sagte ich ruhig und hielt ihm meine Dienstmarke vor die Nase. »Unser Chef hat uns herbeordert. Er meint, wir seien für den Fall zuständig. Sind Sie nicht informiert worden?«

Er schüttelte den Kopf. »Nein, bin ich nicht. Und wenn Sie denken, dass Sie einfach so einen unserer Fälle übernehmen könnten, haben Sie sich geschnitten!«

»Ich persönlich habe nichts dagegen, Ihnen den Fall zu überlassen«, sagte ich, um ihm den Wind aus den Segeln zu nehmen. »Vielleicht klären Sie das mit Ihrem Vorgesetzten. Der kann meinen Vorgesetzten anrufen, und dann können die entscheiden, wer hier für was zuständig ist.«

Er nickte. »Ja, genau das werde ich jetzt tun.«

Er holte sein Handy hervor und verschwand in einem Nebenraum, um ungestört zu telefonieren.

»Hat gerade eine Scheidung hinter sich«, flüsterte Janice uns zu. »Ansonsten ist er eigentlich recht umgänglich. Mein Mann und ich waren sogar mal mit ihm und seiner Frau essen. Das war aber, bevor sie sich wegen einer kleinen Affäre ihrerseits in die Haare gekriegt haben.«

»Jaja, eine Scheidung kann einen ganz schön mitnehmen«, bemerkte Phil.

Wir schauten ihn an.

»Du sagst das so, als hättest du das selbst schon erlebt«, sagte Janice.

»Scheidung, Trennung, ist ja alles irgendwie ähnlich unangenehm«, erwiderte er. »Konzentrieren wir uns auf den Fall. Was ist der Frau zugestoßen?«

»Stumpfe Gewalteinwirkung auf den Schädel«, antwortete Janice. »Soweit ich das bisher beurteilen kann, war es ein einziger Schlag. Muss ziemlich heftig gewesen sein. Die Mordwaffe haben wir bisher nicht finden können. Wir gehen davon aus, dass sie auf einem Stuhl gesessen und gespielt hat. Wahrscheinlich hat sich der Täter oder die Täterin ihr von hinten unbemerkt genähert und zugeschlagen. Miss Wickham wurde getroffen und vom Stuhl geschleudert. Der Tod trat schnell ein, wahrscheinlich sofort. Zeitpunkt des Todes ist zwischen zwei und drei Uhr nachts.«

»Irgendwelche Spuren vom Täter?«, erkundigte ich mich.

»Die Kollegen von der Crime Scene Unit haben eine Menge Fingerabdrücke gefunden und werden sie auswerten. Wenn ich richtig informiert bin, hat in diesem Bootcamp eine ganze Reihe Personen übernachtet. Schwer zu sagen, ob einer von denen der Täter ist.«

»Bootcamp? Ein Trainingslager für Rekruten? Oder für straffällig gewordene Jugendliche? Sind die Bewohner dieser Einrichtung alle vorbestraft?«

Janice lächelte. »Weder noch, Phil. Miss Wickham war offenbar eine Progamerin, eine professionelle Computerspielerin, und Teil eines Teams. Die wohnen und trainieren hier, um sich auf einen Wettkampf vorzubereiten. Das ist ihr Trainingslager, das nennen sie ›Bootcamp‹. Ist nicht meine Welt, aber ein paar Fachbegriffe habe ich aufgeschnappt.«

»Dann könnte theoretisch jedes andere Teammitglied der Täter sein«, meinte Phil.

Janice nickte. »Und nicht nur die. Ich habe ein paar Ladys gesehen, die etwas zu kurvenreich für Nerds aussehen. Keine Ahnung, was die hier verloren haben, doch die solltet ihr vielleicht auch auf die Liste der Verdächtigen setzen.«

»Kommt eine Frau als Täterin infrage?«, hakte ich nach. »Du sagtest, dass es ein kräftiger Schlag gewesen sei.«

»Das hängt von der Tatwaffe ab«, antwortete sie. »Da wir nicht wissen, worum es sich dabei handelt, kann ich niemanden ausschließen. Davon abgesehen, selbst zierliche Frauen können mitunter ganz schön kräftig zuschlagen. Vor allem dann, wenn sie emotional motiviert sind.«

»Auch wieder wahr«, sagte ich. »Du schickst uns dann den Bericht zu, wenn die Untersuchungen abgeschlossen sind?«

»Mache ich«, versprach sie.

Anschließend zeigte sie uns den Tatort und eine Hintertür, die Beschädigungen aufwies.

»Es sieht so aus, als hätte sich hier jemand gewaltsam Zutritt verschafft.« Sie deutete auf die Einbruchspuren. »Die Kollegen können jedoch nicht mit Sicherheit sagen, ob die Spuren von der Zeit vor oder nach dem Mord stammen. Anders ausgedrückt, es wäre durchaus möglich, dass jemand Miss Wickham getötet und anschließend einen Einbruch vorgetäuscht hat.«

Phil nickte. »Schon klar, wir können also keinen der Bewohner als Verdächtigen ausschließen. Keine Sorge, das werden wir auch nicht. Wie sieht es mit Kameras aus?«

»Hier im Gebäude und der unmittelbaren Umgebung haben die Kollegen keine gefunden, abgesehen von denen an den Computern. Einer wird den Computer, an dem das Opfer gesessen hat, überprüfen. Das Objektiv war zugeklebt, aber wer weiß, vielleicht haben wir Glück.«

»Zugeklebt? Das Klebeband oder was immer verwendet wurde, sollte auf Fingerabdrücke untersucht werden. Das habt ihr sicher schon bedacht«, meinte Phil.

Janice nickte. »Ja, haben wir. Es gibt Fingerabdrücke, die könnten auch von Miss Wickham stammen oder von jemandem, der die Kamera irgendwann früher zugeklebt hat.«

Sie verabschiedete sich, und wir wollten uns gerade weiter umschauen, als Detective Bester zurückkehrte. Zufrieden schaute er nicht aus, im Gegenteil.

»Wie es aussieht, sitzen Sie am längeren Hebel«, sagte er mit abschätzigem Tonfall. »Mein Vorgesetzter hat mir die ausdrückliche Anweisung gegeben, den Fall Ihnen zu überlassen. Das mache ich hiermit.«

»Danke«, bestätigte ich. »Haben Sie schon jemanden verhört? Oder etwas herausgefunden? Wir sind für jede Unterstützung dankbar.«

Er holte tief Luft, es schien ihn Überwindung zu kosten, weiter mit uns zu reden. »Insgesamt befanden sich heute Nacht nach aktuellem Erkenntnisstand elf Personen im Gebäude. Neben dem Opfer sieben weitere Teammitglieder, eine Frau und sechs Männer. Dann noch der Trainer und zwei Frauen, die vom Trainer offiziell als ›Models‹ bezeichnet werden. Also, wenn die Models sind, dann bin ich der Osterhase.«

»Es gab in dem Spielerteam also zwei Frauen und sechs Männer, wobei das Opfer eine der Frauen war«, wiederholte Phil.

Der Detective nickte. »Genauso ist es. Scheint so, als wäre dieser Sport, wenn man ihn so nennen kann, von Männern dominiert.«

»Als echten Sport würde ich das auch nicht bezeichnen«, sagte Phil.

Der Detective wurde langsam zugänglicher, bot sogar seine Hilfe bei weiteren Ermittlungen an.

»Darauf kommen wir bei Bedarf gerne zurück«, sagte ich. »Sind die elf Personen noch hier?«

Bester nickte. »Ja, ich habe niemandem erlaubt, das Gebäude zu verlassen. Sie warten im Raum dahinten darauf, befragt zu werden.«

»Sind wahrscheinlich recht nervös«, sagte ich.

»Allerdings«, bestätige der Detective. »Wobei dem Trainer wohl weniger die Tatsache zu schaffen macht, dass ein Mensch gestorben ist, als diejenige, dass eine seiner besten Spielerinnen ausgefallen ist. Die anderen sind eher unterschiedliche Charaktere. Ich wollte sie mir ohnehin gleich vornehmen. Das können Sie jetzt übernehmen.«

Er führte uns zu dem Raum, in dem sich alle elf aufhielten. Einige lümmelten sich auf einem großen Sofa, zwei standen an die Wand gelehnt und zwei weitere tigerten nervös hin und her. Alle waren Anfang bis Mitte zwanzig. Der Einzige, der etwas älter war, Mitte dreißig, war der Trainer, der direkt auf uns zukam.

»Und? Haben Sie Ihre Untersuchungen abgeschlossen? Wann können wir mit dem Training fortfahren?«

»Alles zu seiner Zeit«, erwiderte Detective Bester. »Das sind die Agents Cotton und Decker vom FBI New York. Sie werden die Ermittlungen übernehmen und herausfinden, wer Wendy Wickham getötet hat.«

Die Reaktionen auf diese Aussage waren so unterschiedlich wie die Charaktere der Personen vor uns. Den meisten schien es nicht viel zu bedeuten, oder sie zeigten es zumindest nicht. Nur dem Trainer passte unser Auftauchen offensichtlich nicht.

»Wie lange wird das denn dauern? Wir befinden uns nur wenige Tage vor einem wichtigen Clanwar. Da können wir es uns nicht leisten, Zeit zu verlieren.«

»Vor einem was?«, erwiderte ich.

»Krieg zwischen Clans, so nennen die Spieler ihre Wettkämpfe«, flüsterte Phil mir ins Ohr.

»Verstehe«, sagte ich. »Wenn alle kooperieren, sollten Sie bald mit Ihrem Training weitermachen können. Falls nicht, nehmen wir Sie in Haft, und Sie können Ihren Clanwar vergessen.«

»Wie bitte?«, stieß der Trainer überrascht hervor. »Das können Sie nicht tun!«

Meine Worte hatten auch die anderen wachgerüttelt. Scheinbar lag es in niemandes Interesse, den Wettkampf zu verpassen.

»Wenn Sie kooperieren, stehen die Chancen gut, dass Sie ausreichend trainieren und am Wettbewerb teilnehmen können«, sagte ich und sah sie aufatmen. »Wenn Sie sich bitte der Reihe nach kurz vorstellen würden, dann könnten wir anschließend mit den Befragungen beginnen. Fangen Sie bitte an.« Ich schaute den Trainer an.

»Ich bin Jonathan Slate, der Coach unseres Clans Razerblade.«

»Razerblade – Rasierklinge, so nennt sich dieses Team?«, fragte Phil überrascht.

Fast alle Anwesenden nickten.

»Dann machen wir der Reihe nach weiter.« Ich schaute eine junge Frau an, die blau-grün gefärbte Haare und eine Menge Piercings im Gesicht hatte.

»Penelope Masters, ›Emerald Lightning‹. Ich stamme aus New York.«

Interessant, dass sie neben ihrem richtigen Namen einen zweiten nannte. Ich ging davon aus, dass es sich um ihren Spielernamen handelte. Ihrer piepsigen Stimme schenkte ich weniger Aufmerksamkeit.

Jetzt kam ein hellblonder Hüne an die Reihe.

»Dan Dryer, ›Taxi Driver‹, aus Boston.«

Der Nächste war im Vergleich zu Dryer schmächtig, wirkte zerbrechlich und sah genauso aus, wie ich mir einen echten Nerd vorstellte.

»Harold Scrootch, ›Mighty Dragon‹. Ich stamme aus L. A.«

Der junge Mann neben ihm hatte asiatische Gesichtszüge, kurz geschorene schwarze Haare und machte einen sportlichen Eindruck.

»Hiroshi Tanaka, ›Ninja Blade‹, aus Osaka.«