Jerry Cotton 3336 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3336 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Die Verfolgung eines Drogendealers ist eigentlich Alltag im Big Apple. Doch dann machten zwei Beamte des NYPD dabei eine furchtbare Entdeckung. Sie fanden Psycho-Giftgas auf einem ehemaligen Industriegelände mitten in Brooklyn. Der eigentlich international verbotene Kampfstoff war bestens geeignet für einen terroristischen Angriff. Phil und ich übernahmen sofort den Fall. Die Zeit drängte, denn es war nicht auszuschließen, dass es noch mehr solcher Verstecke in New York gab. Und schnell wurde klar, jemand plante tatsächlich einen Anschlag!


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Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Giftgas-Alarm in New York

Vorschau

Impressum

Giftgas-Alarm in New York

»Da hinten ist er!«, brüllte Sergeant Robin Clark.

Sein Kollege Tom Copper, der am Steuer saß, drückte das Gaspedal des Streifenwagens durch. Die durchdrehenden Reifen gaben ein kurzes Kreischen von sich, bevor sie Bodenhaftung bekamen. Das Fahrzeug schoss nach vorne. Der Drogendealer mit der grünen Baseballkappe rannte mitten durch den Verkehr über die Fulton Street in Brooklyn.

»Da kommen wir nicht so schnell rüber«, rief Clark. »Er will auf das Trenton-Gelände. Bleib stehen. Ich verfolge ihn zu Fuß, du kommst nach.«

Der Wagen stoppte abrupt. Clark sprang nach draußen. In diesem Moment blieb der Verfolgte stehen, drehte sich in ihre Richtung, zog eine Pistole und schoss.

Sergeant Copper sah, wie sich Clark mit einem Sprung in Deckung brachte. Der Schuss hatte ihn zum Glück verfehlt.

Knapp hundert Yards weiter gab es die Möglichkeit für einen U-Turn. Copper malträtierte erneut das Gaspedal. Der Streifenwagen raste los und geriet ins Schlingern, als er mit Sirene und Warnlichtern die Wende hinlegte. Einige der anderen Verkehrsteilnehmer reagierten zu langsam. Bremsen quietschten, es wurde gehupt.

Jetzt hatte Copper freien Blick auf die Stelle, wo der Mann mit der Baseballkappe über die Straße gerannt war. Dort sperrte ein maroder Zaun ein altes Industrieareal ab, auf dem sich früher eine Firma namens Trenton befunden hatte. Heute warteten die Gebäude auf ihren Abbruch. Offenbar konnten sich die Besitzer jedoch dazu nicht durchringen. Und solange das so blieb, bot das riesige Gelände allerlei zwielichtigen Gestalten Unterschlupf. Nächtliche Technopartys waren noch das Harmloseste, was hier stattfand. Dass sich da Drogendealer herumtrieben, die wahrscheinlich sogar irgendwo auf dem Areal Verstecke für ihre Ware hatten, vermutete die Polizei bisher nur.

Als Copper den Streifenwagen neben dem Zaun stoppte, stand sein Partner mit gezogener Waffe da.

»Er ist dort drüben in dem Eingang verschwunden«, sagte er. »Den kriegen wir.«

»Sollten wir nicht Verstärkung rufen?«, meinte Copper. »Das ist alles ziemlich unübersichtlich. Und unser Freund kennt sich hier bestimmt wesentlich besser aus als wir.«

»Quatsch«, widersprach Clark. »Dafür brauchen wir die Kollegen nicht. Da hätten wir ja auch drüben im Wagen sitzen bleiben können.«

Schon lief er los. Copper hatte gar keine andere Wahl, als an ihm dranzubleiben. Clarks Risikobereitschaft ging ihm schon lange gehörig auf die Nerven. Wahrscheinlich hatte es sein Partner darauf abgesehen, auf Biegen und Brechen bei den Vorgesetzten Punkte zu sammeln. Sicher hing das mit Clarks bevorstehender Hochzeit zusammen. Seine Verlobte hieß Linda und war im vierten Monat schwanger. Copper kannte nur ein Foto von ihr, und das hatte ihn schon umgehauen. Linda war eine Latina mit echten Modelqualitäten. So gesehen konnte er Clark verstehen.

Sie gelangten an eine rostige Metalltür, die halb offen stand. Copper zog sie ganz auf.

»Sie haben keine Chance«, rief er. »Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus!«

Alles, was von innen nach draußen drang, war modrige Kellerluft. Dann waren Schritte zu hören, die sich entfernten.

»Gibt's hier noch einen Ausgang?«, fragte Copper.

»Keine Ahnung. Und wenn, dann müssen wir erst recht hinterher.«

Er lief hinein. Copper hätte ihn zurückhalten müssen. Aber er konnte seinen Partner nicht allein lassen.

Hinter der Tür ging es ein paar Stufen hinunter, die in einen großen Raum mit Betonfußboden führten. Es war nicht so dunkel, wie Copper befürchtet hatte. Oberlichter aus geriffeltem Glas ließen trübes Licht herein.

Am anderen Ende des Raums führte eine Wendeltreppe nach unten. Wo die Treppe endete, begann ein langer Gang. Hier war es nun viel dunkler. Schon nach wenigen Schritten verlor sich alles in absoluter Finsternis.

Copper legte seinem Partner die Hand auf die Schulter. »Es macht keinen Sinn, Robin, es ist zu gefährlich.«

Vor ihnen bewegte sich etwas. Im selben Moment blitzte Mündungsfeuer auf. Der Knall war in der Enge des Kellers ohrenbetäubend. Clark schoss sofort zurück. Vor ihnen schrie jemand.

»Ich hab ihn!« Coppers Partner rannte los.

»Warte wenigstens, bis wir Licht haben«, rief Copper und zog seine MagLite hervor.

Als er die Taschenlampe eingeschaltet hatte, sah er im weißen Licht seinen Partner ein Stück weiter um eine Ecke verschwinden. Auf dem Betonboden waren Blutflecke zu sehen. Sie stammten wohl von dem verletzten Dealer. Offenbar hatte er sich in einer Ecke in Sicherheit gebracht.

»Robin, wo bist du?«, rief Copper.

Er ging etwa zwanzig, dreißig Yards weiter den Gang entlang, der in einen weiteren Kellerraum führte. Kaum hatte er ihn erreicht, ertönte wieder ein Schuss. Dann noch einer. Jemand schrie.

Copper quetschte sich an die Wand. Sein Herz raste. Verdammt, warum musste Clark nur so unvorsichtig sein? Welchen Sinn hatte es, sich so in Gefahr zu bringen? Er atmete ein paarmal tief durch. Plötzlich war ihm, als würde sich in den Geruch nach Staub, Schimmel und Dreck etwas anderes mischen. Etwas Chemisches. Nebenan ertönte ein mattes Stöhnen.

Er leuchtete um die Ecke. Der Raum war überraschend groß. Rechts lag der Mann, den sie verfolgt hatten. Er hatte die Baseballmütze verloren und hielt sich den Oberschenkel. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. Das Stöhnen kam von ihm.

Clark befand sich weiter hinten im Raum, fast am anderen Ende. Er kniete auf dem Boden und atmete schwer. Als Copper ihn anleuchtete, traf die Lampe auf einen blauen Kunststoffbehälter. Er hatte die Form eines Würfels und war etwa kniehoch. Die Oberfläche glänzte nass. Dort lief eine klare Flüssigkeit aus. Copper machte einen Schritt in den Raum hinein. Der chemische Geruch wurde stärker. Er holte sein Taschentuch heraus und hielt es sich vor die Nase.

»Robin, was ist mir dir?«, fragte er.

Sein Kollege versuchte aufzustehen, doch es gelang ihm nicht. Kaum hatte er die Beine durchgedrückt, kam er ins Straucheln. Copper aktivierte sein Funkgerät und orderte einen Notarztwagen. Dann überwand er seine Furcht vor der Flüssigkeit aus dem Fass, ging zu seinem Partner und beugte sich über ihn. Weißer Schaum drang aus Clarks Mund. Er versuchte zu sprechen, aber es schien ihm schwerzufallen. Schließlich holte er tief Luft, hustete den Schaum weg, und dann gelang es ihm. Er starrte Copper an, als hätte er ihn noch nie gesehen.

»He ...«, sagte er. »Linda ... was machst du denn hier?«

»Wie wäre es denn mit einer gepflegten Mittagspause?«, fragte Phil. »Es ist immerhin schon nach halb eins. Ich könnte drüben in der Duane Street ein paar Hamburger holen. Oder sollen es vielleicht Thunfischsandwiches sein? Ich bin außerdem sicher, dass Helen frischen Kaffee gemacht hat, und ...«

Das Telefon auf meinem Schreibtisch unterbrach seinen Redeschwall. Das Display zeigte die Nummer des Vorzimmers von Mr. High. »Es ist tatsächlich Helen«, sagte ich.

»Siehst du«, sagte Phil grinsend. »Sicher will sie uns sagen, dass es frischen Kaffee gibt.«

Leider kam es anders.

»Der Chef will euch sprechen«, sagte sie.

Ich gab den Befehl sofort an meinen Partner weiter, der ein langes Gesicht machte. Die Mittagspause fiel erst einmal aus.

Einen kleinen Lichtblick gab es dann doch, denn Helen hatte im Büro des Chefs schon eine frisch gefüllte Kaffeekanne nebst Tassen, Milch und Zucker bereitgestellt. In der ledergepolsterten Sitzecke saß Mr. High neben unserem Kollegen Steve Dillaggio. Beide machten besorgte Gesichter.

Wir nahmen Platz. Phil schenkte sich gleich eine Tasse des Heißgetränks ein.

»Heute morgen kam es in Brooklyn zu einem äußerst unschönen Vorfall«, erklärte Mr. High mit ernster Stimme. »Kennen Sie das Trenton-Gelände?«

»Wer kennt das nicht?«, fragte ich zurück. »Leider ist es ein echter Schandfleck in Brooklyn. Und das nicht nur, weil es nach und nach verkommt, sondern weil sich dort auch alle möglichen Kriminellen tummeln.«

Steve nickte. »Das Gelände ist ein Spekulationsobjekt. Da wird erst etwas unternommen, wenn der derzeitige Besitzer so viel Geld wie möglich herausschlagen kann. Sein Name ist Timothy A. Larsen. Das Trenton-Areal ist nur eines seiner vielen Objekte.«

»Also das Übliche.« Ich nahm mir ebenfalls eine Tasse Kaffee. »Ermittelt das FBI neuerdings auch gegen Immobilienspekulanten?«

»Vielleicht«, sagte Mr. High. »Heute Vormittag haben zwei Sergeants vom NYPD Paolo Santo verfolgt. Er ist ein dicker Fisch unter den New Yorker Drogendealern. Er ist auf das Trenton-Gelände geflüchtet. Dort haben sie ihn nach einer Schießerei geschnappt.«

»Umso besser«, warf Phil ein. »Den Namen Paolo Santo kennen wir ja. Gut, dass er jetzt hinter Gittern ist.«

»Leider ist das nicht alles«, fuhr Mr. High fort. »In dem Raum, in den sich Santo geflüchtet hatte, lagerte etwas, das es eigentlich gar nicht geben darf. Der Behälter wurde bei der Schießerei beschädigt. Was darin war, ist ausgelaufen. Das hat einen der Kollegen vom NYPD das Leben gekostet. Sergeant Robin Clark. Er war zweiunddreißig Jahre alt und hinterlässt eine schwangere Verlobte.«

Wir sahen betroffen drein. Solche Geschichten konnten einem an die Nieren gehen.

»Das heißt, er ist nicht erschossen worden?«, stellte ich klar. »Das Zeug in dem Behälter hat ihn getötet?«

»So ist es«, sagte der Chef. »Santo hat aber nichts damit zu tun. In den Fässern lagerte ein Kampfstoff, den man seit Jahrzehnten gar nicht mehr lagern darf. Und man darf ihn auch nicht herstellen. Er heißt im normalen Sprachgebrauch Benzilsäureester. Fachleute nennen ihn ›3-Chinuclidinylbenzilat‹.«

»Und so was mitten in New York?«, rief Phil.

Bei dem Namen des Stoffs hatte etwas bei mir geklingelt.

»War von dem Zeug nicht mal in den Nachrichten die Rede?«, fragte ich. »Mir ist so, als hätte ich davon mal gehört.«

Steve hatte einige Blätter Papier vor sich liegen, von denen er etwas ablas. »Das Gift hat Berühmtheit erlangt. Angeblich ist es im Syrienkrieg eingesetzt worden. Offiziell weiß man das nicht genau. Sicher ist, dass man damit terroristische Angriffe durchführen kann.«

»Ein illegaler chemischer Kampfstoff in New York«, fasste ich zusammen und sah Mr. High an. »Sir, sollte bei so was nicht der Geheimdienst einbezogen werden? Natürlich ist das FBI zuständig, wenn es um Terrorismusgefahr geht. Nur irgendwie muss der Stoff dort hingekommen sein. Und das geht ja wohl nur über internationale Verbindungen.«

»Ich habe das mit Washington erörtert«, gab Mr. High zurück. »Dort ist man wie ich der Meinung, dass erst einmal Ermittler vor Ort tätig werden sollen. Also Sie und Phil. Alles andere könnte Wellen schlagen, die wir nicht unter Kontrolle haben. Die Menge des Benzilsäureesters, die in Brooklyn sichergestellt wurde, ist vergleichsweise gering. Und die Art der Lagerung deutet darauf hin, dass es nicht gerade Profis waren, die es dort hingebracht haben.«

»Wie wendet man das Gift eigentlich an?«, fragte Phil.

Auch das hatte Steve bereits recherchiert. »Idealerweise von der Luft aus. Als Aerosol. Der vermischt sich mit dem Sauerstoff, den die Menschen einatmen, und wirkt dadurch sehr schnell und sehr weiträumig. Wer das Zeug einsetzen will, braucht also idealerweise ein Flugzeug.«

»Das sind ja tolle Aussichten«, rief Phil ironisch und stellte die Tasse hin.

»Die Opfer erleiden Wahnvorstellungen und Realitätsverlust«, erläuterte Steve weiter. »Sie versterben nach der Vergiftung sehr schnell.«

»Ihre Aufgabe ist also klar«, sagte Mr. High. »Wir müssen so schnell wie möglich ermitteln, wie das Gift auf das Trenton-Gelände gelangen konnte. Und wo es herkommt und wer dahintersteckt. Leider müssen wir davon ausgehen, dass die beiden Kollegen vom NYPD nicht das einzige Lager entdeckt haben, das es in New York gibt. Und es ist anzunehmen, dass der Kampfstoff dort für einen bestimmten Zweck lagerte. Für welchen, möchte ich mir gar nicht erst ausmalen.«

Das Trenton-Gelände erstreckte sich zwischen einem Areal, auf dem in einer riesigen Gleisanlage Güterzugwaggons auf ihren Einsatz warteten, und einem großen Straßenknoten, an dem mehrere Verkehrsadern zusammenliefen und der Broadway Junction hieß.

Es soll schon Touristen gegeben haben, die sich auf der Suche nach der berühmtesten Theatermeile der Welt nach Brooklyn verirrten – zu dem anderen Broadway, der nichts mit der gleichnamigen Straße in Manhattan gemeinsam hatte.

Hier gab es keine glamourösen Musicals, keine farbenprächtigen Plakate, keine noblen Bars oder Restaurants. Den Broadway von Brooklyn prägten schmutzige Mauern von Industrieanlagen, Lagerhäuser und ein paar Wohnblocks, in denen die Mieten einen Bruchteil von denen in der Innenstadt betrugen.

Phil hatte die Zeit unserer Fahrt dorthin genutzt, um unterwegs auf dem Tablet alle Protokolle zu lesen, die über den Einsatz der beiden Sergeants vom NYPD existierten. So konnte er mich zu der Stelle im Zaun lotsen, wo das Drama begonnen hatte. Wir hätten die Stelle auch so gefunden, denn es standen drei Streifenwagen davor, Polizisten bewachten den Zugang, außerdem hatten sie schwarz-gelbes Absperrband gezogen.

Aus den Unterlagen hatte Phil herausgelesen, dass der verstorbene Sergeant leichtsinnig gehandelt hatte. Sein Kollege Tom Copper hatte versucht, ihn davon abzuhalten, Santo ohne weitere Verstärkung zu verfolgen, doch Clark war nicht zu bremsen gewesen.

Das Trenton-Gelände war nicht nur Schauplatz von Partys und Verbrechen. In den letzten Jahren hatten auch sogenannte Urban Explorer das Gebiet entdeckt, waren mit Kameras in die verschiedensten Räume eingedrungen und hatten Fotos und Videos unter dem Stichwort »Lost Places« im Internet gepostet.

»Es ist direkt ein Wunder, dass es nicht schon einen Unfall mit dem Kampfstoff gegeben hat«, sagte ich.

»Es könnte auch bedeuten, dass das Zeug noch nicht so lange dort lagert«, meinte Phil. »Man müsste schauen, ob die Urban Explorer in dem Raum mit den Fässern waren. Ich gebe das gleich mal an unser Genie weiter. Der kriegt das bestimmt ganz schnell heraus.«

Mit »Genie« meinte Phil unseren Kollegen Dr. Ben Bruckner, der uns in allem unterstützte, was mit Computern zu tun hatte.

Wir stiegen aus und wandten uns an den ranghöchsten Kollegen der Polizisten vor Ort. Es war ein groß gewachsener, bärtiger Schwarzer, der sich als Lieutenant Thompson vorstellte.

»Schlimme Sache«, sagte er. »Auch wenn es heißt, dass Clark selbst nicht ganz unschuldig war. Aber wäre das Zeug nicht da unten gewesen, hätte alles nach Plan geklappt. Damit konnte ja keiner rechnen.«

Ich zog scharf die Luft ein, erwiderte jedoch nichts, denn ich wollte nicht noch Öl ins Feuer gießen. Streng genommen hatte sich Clark eines Dienstvergehens schuldig gemacht. Welche Überraschungen in einem unbekannten Terrain warteten, konnte man nie wissen.

»Die Kollegen vom Police Crime Lab sind gerade weg«, erklärte Thompson. »Sie können sich alles ansehen. Wir sollen hier nur noch eine Weile Präsenz zeigen. Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn Sie mich fragen. Wenn wir wieder weg sind, geht das mit den Partys und dem Drogenhandel sofort weiter. Und wer weiß, was dann noch alles passiert?«

»Dabei sollten die Drogendealer eigentlich wissen, dass sie das nicht dürfen«, gab Phil zu bedenken. Seine Stimme triefte vor Sarkasmus. »Hier steht es doch extra.« Er deutete auf ein schräg am Zaun hängendes Schild, das so von Rost überzogen war, sodass man kaum noch lesen konnte, dass in grauer Vorzeit einmal Betreten verboten darauf gestanden hatte.

In diesem Moment fuhr ein Streifenwagen heran, ein Sergeant stieg aus. Er war ein dunkelhaariger junger Mann. Auf seinem Namensschild, das er an der Brust trug, stand Tom Copper.

»Sie sind sicher, Agent Cotton«, sagte er.

Ich nickte und stellte Phil vor.

Copper war der Polizist, der bei der Verfolgung des Drogendealers dabei gewesen war und die Sache überlebt hatte.

»Mein Captain hat mit Special Agent in Charge Dillaggio telefoniert und erfahren, dass Sie hier sind«, fuhr er fort. »Daher wurde ich hergeschickt. Ich soll Ihnen zur Seite stehen, falls Sie noch Fragen haben.«

»Sind Sie gesundheitlich okay?«, fragte Phil. »Ich meine, wo es Ihren Partner erwischt hat.«

Copper nickte. Dabei presste er kurz die Lippen aufeinander. Es war ihm anzusehen, wie nah ihm Clarks Tod ging.

»Ich hatte Riesenglück. Robin war dem Zeug, das da aus den Kanister ausgetreten ist, relativ lange ausgesetzt. Ich nur ein paar Sekunden. Schon bevor ich in den Raum kam, habe ich den chemischen Geruch wahrgenommen und gespürt, dass da was nicht stimmt. Als ich Robin gefunden habe, bin ich sofort rausgerannt.« Er schüttelte den Kopf. »Der arme Kerl. Und seine Verlobte Linda ... Sie ist schwanger.«

»Wir werden herausfinden, wer für seinen Tod verantwortlich ist«, sagte ich, auch wenn das nur ein schwacher Trost war. »Kommen Sie, begleiten Sie uns.«

»Hier war es«, sagte Copper, als wir in den Raum traten, in dem die Sache ihr Ende gefunden hatte. »Die Fässer sind nicht mehr da. Aber hier hat Robin gekniet. Und dann war er auf einmal wie weggetreten und hat fantasiert. Er hat geglaubt, Linda wäre da. Was für ein Zeug war das, Agent Cotton?«

Es war besser, erst einmal geheim zu halten, dass es sich um einen Kampfstoff handelte. Auch den Kollegen vom NYPD gegenüber.

»Das wird noch ermittelt«, wich ich aus.

Schon im Gang hatten wir unsere MagLites herausgezogen und leuchteten nun in die Ecken.

»Hier hinten geht's weiter«, sagte Phil.

Ich schickte Copper zurück und folgte meinem Partner. Auf der Seite, zu der er gegangen war, wurde ein altes Garagentor sichtbar. Mit vereinten Kräften gelang es uns, es aufzudrücken. Das verrostete Metall war verzogen und gab ein kreischendes Geräusch von sich, als es über den Betonboden rieb. Hinter dem Tor lief steil eine alte Rampe hinauf. Sie ging bis zu einem ebenerdigen Platz mit aufgesprungenem Asphalt, aus dem Unkraut und kleine Büsche wuchsen. Die eine Seite grenzte an das nächste der heruntergekommenen Gebäude. Es gab aber auch eine Zufahrt, die direkt zu dem maroden Zaun führte. Dort war der Bodenbelag bereits in Schlamm übergegangen, in dem Reifenspuren zu erahnen waren.

»Man kann also auch mit einem Fahrzeug auf das Trenton-Gelände gelangen, wenn man will«, stellte ich fest. »Auf diesem Weg sind die Fässer hergelangt. Ich denke, es ist an der Zeit, Mister Larson einen Besuch abzustatten.«

Alfred Sanders holte aus und lenkte den Lkw im Neunzig-Grad-Winkel von der Straße durch das riesige Tor auf das Speditionsgelände. Hillburgh Logistics