Jerry Cotton 3358 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3358 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Ein anonymer Anruf erreichte in den frühen Morgenstunden das NYPD. Eine heisere Männerstimme sprach in schlechtem Englisch und mit deutlichem Akzent von einer Überraschung in der Bayard Street vor dem Restaurant Dragon’s Tail, mitten in Chinatown. Die alarmierten Cops fanden ein grausiges Szenario vor. Ein Streifenwagen stand vor dem Lokal, auf Fahrer- und Beifahrersitz ihre geköpften Kollegen. Im Kofferraum ein drittes Opfer, ebenfalls ein Polizist ohne Kopf. Und wir vom FBI erhielten fast gleichzeitig ein Paket - mit den drei fehlenden Köpfen. Die Botschaft war eindeutig und katapultierte uns mitten in eine brandgefährliche Ermittlung!


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Seitenzahl: 140

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Drachenfeuer

Vorschau

Impressum

Drachenfeuer

»Überraschung vor dem Restaurant Dragon's Tail in der Bayard Street, Chinatown.«

Mehr sagte die heisere Männerstimme mit deutlichem Akzent nicht, als der Anruf am frühen Morgen in der Telefonzentrale des NYPD einging.

Sofort wurden Kollegen einer Streife, die sich in der Nähe befand, an die genannte Adresse beordert. Ihnen bot sich ein grausiges Bild. Vor dem Lokal parkte ein Polizeiwagen. Zwei Leichen auf den Vordersitzen, eine weitere im Kofferraum. Drei enthauptete Cops.

Nahezu gleichzeitig gab ein FedEx-Bote ein Paket in der Poststelle des FBI Field Office New York ab. Nach gründlicher Untersuchung und Durchleuchtung der nächste Schock. Im Karton lagen die Köpfe der Opfer.

Mr. Highs Anruf riss mich aus dem Schlaf.

Ich griff nach meinem Handy.

Chinatown ist ein eigener Kosmos im Big Apple. Eigene Gesetze, Rituale und Traditionen. Eine undurchschaubare Mentalität für »Langnasen«, wie Weiße geringschätzig genannt werden. Auseinandersetzungen regeln die Triaden untereinander.

Diesmal war es eine bewusste Inszenierung. Der Dreifachmord sollte Aufsehen erregen.

»Sir, ich bin unterwegs.«

Raus aus dem Bett. Katzenwäsche musste genügen. Während des Ankleidens klingelte ich telefonisch Phil aus dem Schlaf. Ich zog die Tür meines Apartments hinter mir zu, fuhr mit dem Lift in die Garage. Während die Kabine abwärts schwebte, überprüfte ich meine Glock 17M.

Mit meinem Jaguar F-Type fuhr ich ein paar Blocks weiter, um meinen Partner an der üblichen Ecke abzuholen. Er brummte etwas, das wie »Guten Morgen« klingen sollte. Wir rasten in die 64 Bayard Street. Die Rushhour hatte noch nicht eingesetzt. Wir kamen zügig voran, verzichteten auf das Warnlicht.

»Was gibt es an Informationen?«, erkundigte sich Phil.

»Drei geköpfte Cops«, erzählte ich. »Zwei saßen in ihren Uniformen auf den Vordersitzen. Der dritte lag im Kofferraum. Ihren Zungen wurden herausgeschnitten und steckten hinter den Scheibenwischern.«

Phil riss die Augen auf und schluckte. »In ihrem eigenen Streifenwagen?«

»Ja«, bestätigte ich. »Vorher ein anonymer Anruf beim NYPD. Es wird noch grausiger. Ein Botenfahrer gab ein Paket in unserer Poststelle ab.«

»Mit den Köpfen«, folgerte Phil.

Ich nickte. »Genau.«

»Hängt der Fahrer mit drin, Jerry?«

»Ich glaube nicht, Phil.« Ich reichte ihm einen Zettel mit dem Namen des Mannes, den Mr. High mir noch zu Hause am Telefon mitgeteilt hatte, und deutete auf den abnehmbaren Tabletcomputer am Armaturenbrett. »Sieh mal nach.«

Phil schaltete das Gerät ein, wischte über den Touchscreen. »Hank Frigger ist sauber. Er konnte über die FedEx-Zentrale ausfindig gemacht werden. Joe und Les haben ihn bereits überprüft.«

»Wo wurde das Paket aufgegeben?«, wollte ich wissen.

Phils Blick richtete sich wieder auf den Bildschirm. »Das war im FedEx Office Ship Center in der Lexington Avenue. Ah, da kommt eine Nachricht von Joe rein. Die Angestellte, die den Karton entgegengenommen hat, kann sich nur an einen Mann mittleren Alters mit asiatischem Aussehen erinnern.«

»Und der Absender?«

»Eine fingierte Adresse am Central Park.«

»Ich nehme an«, sagte ich, »das Paket wird gerade in der Jamaica Avenue auseinandergenommen.«

»Ja. Hoffen wir, dass unsere Experten brauchbare Spuren finden.«

Vor dem Dragon's Tail war einiges los. Das Areal um den Streifenwagen mit den Toten vor dem Restaurant war weitläufig mit Absperrbändern des NYPD abgeriegelt. Eine Crime Scene Unit sicherte Spuren.

In gebührender Entfernung die unvermeidlichen Schaulustigen und die TV-Teams, Reporter und Fotografen. Ich parkte meinen roten Jaguar hinter einem Polizeiwagen. Ein Cop bedeutete mir zu verschwinden. Unsere Dienstausweise überzeugten ihn.

Phil und ich stiegen unter einem Absperrband durch. Das Mordfahrzeug war mit einer Plane vor den Gaffern abgeschirmt.

Die Crime Scene Unit hatte genug zu tun. Ich bat einen Kollegen, die Plane anzuheben. Es reichte, mit einem derart brutalen Verbrechen waren wir lange nicht konfrontiert worden.

»Jerry, das ist eine eindeutige Warnung. Egal ob für Cops oder für Special Agents der T. A. C. T. I. C. S. Offensichtlicher kann man dieses Verbrechen nicht zur Schau stellen.«

Phil hatte mir die Worte aus dem Mund genommen. Les Bedell trat aus dem Restaurant und kam zu uns. Ihm war anzusehen, wie sehr ihm diese Tat auf den Magen schlug.

»Hi, Les.« Ich fragte, wer die Opfer seien.

Les zog ein Tablet aus der Jackentasche, tippte auf dem Bildschirm und ratterte seine bisherigen Ermittlungsergebnisse herunter.

»Diese Kerle haben sich keinerlei Mühe gemacht, ihre Spuren zu verwischen. Das war nicht ein Killer, das müssen mehrere gewesen sein. Einer schafft das nicht gegen drei durchtrainierte Cops. Die Toten trugen noch ihre Dienstausweise in den Brusttaschen. Da war nicht einmal der Ansatz einer Vertuschung. Dieses Fanal hier«, Les deutete auf den inzwischen wieder abgedeckten Streifenwagen, »soll für Entsetzen sorgen und uns Angst einjagen. Wer immer dahintersteckt, hat sich gründlich verrechnet. Die getöteten Kollegen waren Angehörige des Patrol Services Bureau. Auf dem Fahrersitz Jimmy Yiu, neben ihm Billy Tshu, beide Officer. Im Kofferraum Sergeant Bruce Shao. Alle drei mit chinesischen Wurzeln.«

»Sieht mir ganz nach Triaden aus«, meinte ich nachdenklich. »Es war ein schwerer Fehler, dass wir in letzter Zeit die chinesische Mafia links liegen gelassen haben.«

»Jerry«, sagte Phil, »sollen wir uns vierteilen? Wir haben genug zu tun mit der Cosa Nostra, mit Terroristen, Gefährdern und Schläfern.«

Mein Handy klingelte. Ich hatte das ungute Gefühl, etwas läge in der Luft. Als ich die Nummer auf dem Display erkannte, wusste ich Bescheid.

»Der Chef«, sagte ich leise. »Ja, Sir?«

Phil und Les sahen an meiner Miene, dass Gefahr im Verzug war.

»Ja, Sir, selbstverständlich, Sir.« Das Gespräch dauerte nicht länger als eine Minute.

»Was ist los, Jerry?«, drängte Phil.

»Der Chef sagte«, berichtete ich, »dieser Fall habe absolute Priorität. Er wünscht eine schnelle Aufklärung.«

»War es Zufall, dass der Streifenwagen vor dem Dragon's Tail abgestellt wurde, oder steckte Absicht dahinter, Les?«, fragte Phil.

»Da drüben steht der Inhaber, Lao Xi, der ältere Mann. Er wohnt über seinem Restaurant.«

Das Dragon's Tail war ein Lokal wie viele in Chinatown. Nichts Exklusives und mit moderaten Preisen. Bisher war das Restaurant nie negativ aufgefallen, nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten und erfüllte sämtliche Auflagen der Behörden. Dennoch blieb ein schaler Beigeschmack. Zwar nicht beweisbar, aber durchaus möglich, dass das Dragon's Tail als Waschmaschine für Geldwäsche im Dienst der Triaden stand.

Phil und ich gingen die paar Schritte zu dem Chinesen. Ein weißhaariger Mann mit Schnurrbart, dem Verzweiflung und Angst deutlich ins Gesicht geschrieben waren. Er unterhielt sich mit einer verweinten älteren Asiatin, offenbar seiner Frau.

»Mister Xi?«, fragte ich.

Er nickte.

»FBI. Ich bin Special Agent Cotton, das ist mein Partner Special Agent Decker. Ihnen gehört das Dragon's Tail?«, begann ich mit der Befragung.

Er bejahte.

Ich richtete das Wort an die Frau. »Und wer sind Sie?«

»Das ist meine Frau Jinjin«, nahm ihr der Lokalbetreiber die Antwort ab. »Hier, überzeugen Sie sich selbst.«

Phil gab ihnen kurz darauf ihre Ausweise zurück.

»Mister Xi«, fuhr ich fort, »haben Sie bemerkt, dass der Streifenwagen vor Ihrem Restaurant abgestellt wurde?«

Es kamen nur zwei Möglichkeiten infrage. Entweder war das Auto inklusive Leichen mit einem Abschleppwagen hierhergebracht worden, oder man war tatsächlich so dreist gewesen, die Cops in der näheren Umgebung zu enthaupten, die Körper herzutransportieren und im Fahrzeug zu deponieren.

Dass sie im Auto getötet worden waren, schied aus. Niemals hätte ein Einzeltäter auf diese Weise drei Männer überwältigen können. Obendrein wäre der Mörder über und über mit Blut besudelt gewesen. Außer, die Polizisten waren vorher betäubt worden. Die Obduktion würde uns bald Klarheit verschaffen. Jetzt standen wir völlig am Beginn unserer Ermittlungsarbeit.

»Nichts, nichts«, beteuerte Lao Xi, »auch nicht meine Frau. Für unser Restaurant ist das sehr schlecht. Das Geschäft lässt ohnehin zu wünschen übrig. Wer will noch bei uns essen und trinken, mit dem Wissen, dass vor dem Eingang Leute ermordet wurden? Noch dazu Cops.«

»Woher wissen Sie, Mister Xi«, hakte Phil sofort ein, »dass die Männer vor Ihrem Lokal ermordet wurden?«

»Das ... das«, stammelte der Chinese, »habe ich bloß so gesagt. So reden die Leute.«

»Welche Leute?«, ließ ich nicht locker.

»Na, die hier herumstehen.« Xi deutete auf die versammelten Gaffer. »Ich habe keine Ahnung! Meine Frau und ich haben oben geschlafen.« Er zeigte auf zwei Fenster über dem Dragon's Tail. »Wir sind erst aufgewacht, als der Tumult da unten losgegangen ist.«

»Mister Xi«, bohrte ich weiter, »Ihnen oder Ihrer Frau ist tatsächlich nichts Ungewöhnliches aufgefallen? Vielleicht sind Sie in der Nacht mal aufgestanden, haben aus dem Fenster gesehen.«

»Nein, absolut nichts«, wehrte Lao Xi entrüstet ab, »wir haben tief und fest geschlafen. Ihre Leute haben bereits mein Lokal durchsucht und unser Apartment auf den Kopf gestellt. Nichts wurde gefunden. Die Blutspuren stammen von Hühnern, Enten, Schweine- und Rindfleisch.«

Phil und ich bedankten uns. Der Restaurantinhaber blieb weiter in unserem Focus. Les trat wieder zu uns, präsentierte eine durchsichtige Plastiktüte, in der ein Fetzen Papier steckte.

»Jetzt ist es klar«, meinte unser Kollege. »Es ist eine eindeutige Warnung.«

Ich nahm das Beweisstück und las: Haltet euch aus unseren Geschäften raus! Sonst gehen noch mehr von euch drauf.

»Woher stammt das?«, fragte ich.

»Es lag im Handschuhfach des Streifenwagens. Im Auto gibt es jede Menge Fingerprints, doch sie müssen erst ausgewertet werden.«

Unser gemeinsames Büro befand sich im dreiundzwanzigsten Stockwerk des Jacob K. Javits Federal Building, 26 Federal Place, in Manhattan.

Bevor wir uns in die Arbeit stürzten, statteten wir dem Chef einen Besuch ab. Helen, Mr. Highs Sekretärin, bat uns freundlich wie immer, einen Augenblick Platz nehmen, der Chef sei gleich frei. Sie servierte uns ihren vorzüglichen Kaffee, den wir dringend nötig hatten.

Mr. High ließ bitten. Auch der Chef war der Ansicht, dass der grausame Dreifachmord ein Signal, eine letzte Warnung war. Das Motiv musste eine größere Sache sein, worin die Cops irgendwie verwickelt gewesen waren.

»Sir, ich glaube, dass der Inhaber des Dragon's Tail mehr weiß, als er zuzugeben bereit ist.«

»Jerry, fühlen Sie ihm gründlich auf den Zahn«, lautete die Order des Chefs. »Mir erscheint es ebenso unmöglich, dass die Cops im Auto getötet wurden. Das ist an einem anderen Ort geschehen.« Mr. High drehte den Bildschirm seines Computers in unsere Richtung. »Die Tatortfotos beweisen es. Zwar ist der Streifenwagen voller Blut, die Menge ist nur zu gering für drei Enthauptungen. Da müsste das Fahrzeug förmlich in Blut getränkt sein, was nicht der Fall ist. Was wissen wir über die Getöteten?«

»Wir haben bereits die Personalakten von unterwegs aus angefordert, Sir«, antwortete Phil. »Sie müssten schon in unserem Büro liegen.«

»Gut«, meinte Mr. High, während die Fingerkuppen seiner feingliedrigen Hände leicht auf der Tischplatte trommelten. »Gentlemen, Sie wissen, Director Fuller erwartet eine schnelle Aufklärung.«

Zurück in unserem Büro lagen die Personalakten der Mordopfer auf unseren Schreibtischen. Jimmy Yiu war fünfundzwanzig Jahre alt, ledig und lebte als Single in Hoboken. Phil erkundigte sich in Yius Dienststelle, ob eine Freundin existierte. Doch darüber wussten seine ehemaligen Kollegen und Vorgesetzten nichts.

Yius Mutter wohnte in unmittelbarer Nachbarschaft vom Sohn, der Vater war vor zwei Jahren an Leberkrebs gestorben. Yius jüngerer Bruder lebte bei einem Onkel in Boston, stand kurz vor dem Abschluss seines Jurastudiums.

Billy Tshu war zwei Jahre älter und einige Monate mit einer Go-go-Tänzerin liiert gewesen. Aus einem Aktenvermerk ging hervor, dass er sich von der Frau getrennt hatte.

»Ich kann mir schon denken, Jerry, warum«, meinte Phil. »Seinen Vorgesetzten war die Liaison ein Dorn im Auge. Immerhin verdiente sich Lara DeMancio – hier ist ihr Name vermerkt – in einem Gewerbe ihr Geld, das eng mit dem Rotlicht verwandt ist. Zwar bleibt Liebe Privatsache, aber es ...«

»... passt nicht mit dem Berufsbild eines korrekten Polizisten zusammen«, vollendete ich Phils Satz.

»Anscheinend war Tshu seine Karriere wichtiger als die Tänzerin«, erging sich Phil in weiteren Erklärungsversuchen. »Oder es war komplett anders und sie hat ihm den Laufpass gegeben. Ich werde mir die Lady mal ansehen.«

»Einverstanden«, erwiderte ich. »Ist bekannt, wo sie getanzt hat oder noch immer auftritt?«

»Hier ist ein weiterer Vermerk. Im Chez Capone. Dann ist klar, weshalb Tshus Vorgesetzte keine Freude mit dieser Liebelei hatten«, ergänzte Phil. »Immerhin zählen die Geronimos zu den fünf Familien der Cosa Nostra in unserer Stadt. Die Bar gehört ihnen.«

Ich tippte auf dem Keyboard meines PCs herum, suchte in unseren Datenbanken, ob Lara DeMancio bereits aktenkundig war.

»Treffer!«, jubelte ich. »Insgesamt dreimal mit Crystal Meth und einmal mit Koks erwischt. Allerdings nur geringfügige Mengen. Sie wurde gegen Kaution freigelassen, da sie vorher nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten war. Im Prozess wurde sie zu einer hohen Geldstrafe und hundertfünfzig Stunden Sozialarbeit verurteilt. Interessant, wer ihre Kaution hinterlegt hat. Es ist auch davon auszugehen, dass diese Person ihre Strafe bezahlt hat.«

»Mach's nicht so spannend, Jerry.«

»Luca Braselli.«

»Sieh mal einer an.« Phil grinste breit. »Einer der Unterbosse der Geronimos. Jetzt wird es brisant.«

Ich druckte die Fotos von Lara DeMancio und Luca Braselli aus, heftete sie an die Pinnwand.

»Da scheint sich einiges zusammenzubrauen«, sagte Phil.

Ich war der gleichen Überzeugung.

»Das dritte Opfer, Bruce Shao, war mit seinen dreißig Jahren der Älteste des Trios. Seit sechs Monaten mit einer Südkoreanerin verheiratet, wäre demnächst Vater geworden.«

Alle drei verfügten über erstklassige Dienstbeschreibungen und waren in Kollegenkreisen sehr beliebt gewesen. Ihren Dienst hatten sie in der Bronx versehen. Phil und ich beschlossen, die Arbeit aufzuteilen.

Während mein Partner auf den Weg in die Bronx war, fuhr ich nach Chinatown zurück. Natürlich nicht mit meinem auffälligen Jaguar. Im chinesischen Viertel hatten auch die Wände Augen und Ohren. Ein fremdes Gesicht fiel sofort auf, sofern es sich nicht um Touristen handelte. Aus dem Fuhrpark des Field Office hatte ich mir einen getunten Chevrolet Tahoe LS geliehen. Zwar eine Protzkarre, aber kein Blickfang wie mein Wagen. Außerdem fuhren auch chinesische Gangster dicke Schlitten.

Phil und ich vereinbarten, uns gegen sieben Uhr abends im Mezzogiorno, unserem Stammitaliener, zu treffen, um uns eine Pizza zu gönnen und die weitere Vorgangsweise abzustimmen.

Unsere Ausflüge in die Bronx und nach Chinatown erwiesen sich als Flops. Phil und ich mussten jedoch nach dem Ende des Fadens suchen, um diesen gordischen Knoten aufzudröseln.

In dem Department, in dem unsere drei ermordeten Kollegen gearbeitet hatten, gab es nur Lobeshymnen. Nie hätten sie sich etwas zuschulden kommen lassen, selbst ihre Vorgesetzten wussten nur Gutes über sie zu berichten. Als Phil andeutete, dass möglicherweise Korruption im Spiel gewesen sein könnte, wurde dieser Vorwurf brüsk zurückgewiesen.

Meinem Partner entging nicht, dass ein Polizist ziemlich nervös wirkte, als die Sprache auf Schmiergeld kam, und am lautesten protestierte. Jackson Burkins hieß der Mann. Selbstverständlich überprüften wir ihn. Er besaß eine weiße Weste.

Zumindest erhielt Phil die Bestätigung über die Beziehung zwischen Billy Tshu mit Lara DeMancio. Es hatte tatsächlich ein ausführliches Gespräch mit Tshu gegeben, in dem ihm nahegelegt worden war, sich eine andere Frau zu suchen, die nicht in anrüchigen Kreisen verkehrte. Tshu hatte eingewilligt, um nicht ständig unter Beobachtung zu stehen, und Lara DeMancio war die Verliererin gewesen.

Phil vertrat die Meinung, dass es eine Finte von Tshu gewesen sein könnte, weil er tatsächlich korrupt gewesen war und mit seiner Bereitschaft, die Verbindung zu lösen, aus dem Fokus verschwinden wollte.

In Chinatown stieß ich auf eine Mauer des Schweigens. Jeden, den ich in der Umgebung des Dragon's Tail ansprach, hatte plötzlich keine Zeit, war beschäftigt oder servierte mir irgendeine faule Ausrede. Selbst mein Dienstausweis beeindruckte niemand.

Ich beschloss, noch einmal das Restaurant aufzusuchen, doch kaum näherte ich mich, hängte der undurchsichtige Lao Xi blitzschnell ein Schild an die Tür: Heute geschlossene Gesellschaft. Obendrein stand ich unter Beobachtung. Als ich den Blick auf die Wohnungsfenster der Xis gerichtet hatte, war Jinjin sofort hinter dem Vorhang verschwunden. Auf Dauer konnte sich das Paar nicht verstecken.

Wie jeden Morgen holte ich meinen Freund an der gewohnten Stelle ab. Diesmal mussten wir keinen Umweg zu einem Tatort fahren, daher nahm ich den üblichen Weg. Bis zu unserem Büro sind es knapp fünfeinhalb Meilen. Ich trat das Gaspedal durch, um der beginnenden Rushhour zu entgehen. Über den Broadway zum Columbus Circle und Richtung Upper West Side in knapp sechzig Minuten, nicht schlecht für den beginnenden Frühverkehr in New York.

Der erste Weg führte uns zu Mr. High, um ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Der Chef sah uns eine Weile schweigend an und nickte bedächtig.

»Wie es sich derzeit darstellt, ermitteln wir an zwei Fronten. Auf der einen Seite die Triaden, auf der anderen die Geronimo-Familie. Möglicherweise kann der Schlüssel für die Aufklärung Lara DeMancio sein. Liegen bereits die Ergebnisse des OMCE vor? Wie sieht es mit den Untersuchungen der Fingerprints, dem FedEx-Karton und dieser ominösen Drohung aus, die im Handschuhfach gefunden wurde?«

»Ich denke, die Auswertungen müssten abgeschlossen sein, Sir«, antwortete ich.

»Gut, viel Glück.«

Wir gingen voller Tatendrang in unser Büro. Ich fuhr meinen Computer hoch, und worauf wir bereits sehnsüchtig warteten, war eingetroffen. Ich öffnete die Dateien.

»Die Autopsien haben ergeben, dass in keinem der Körper auch nur die geringsten Spuren von Giften, Betäubungsmitteln, Medikamenten oder Drogen nachzuweisen sind«, las ich vor.

»Wer hat die Untersuchungen durchgeführt, Jerry?«, wollte Phil wissen.

»Kings County Hospital Center Campus.«

»Weisen die Leichen Verletzungen oder Folterspuren auf?« Phil kam zu mir herüber, sah mir über die Schulter.