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Die Strafverteidigerin Laura Lattimer wurde Opfer einer Autobombe. Die Staranwältin hatte sich kürzlich geweigert, Luke Orr, den Sohn des Gangsterbosses Matthew Orr, zu verteidigen, der nach einer Drogenrauschnacht neben einer toten Prostituierten aufgewacht war. Alles wies darauf hin, dass Luke sie erwürgt hatte. Der Junge, der sich angeblich an nichts erinnern konnte, wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt. Sein Vater war davon überzeugt, dass Laura Lattimer ein wesentlich milderes Urteil für ihn erwirkt hätte. Deshalb war Orr begreiflicherweise ziemlich sauer auf sie. Wir vom FBI waren nicht die Einzigen, die sich fragten, ob er sie dafür bestraft hatte, dass sie Lukes Verteidigung abgelehnt hatte.
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Seitenzahl: 138
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Strafe muss sein
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Impressum
Strafe muss sein
Um 12:45 Uhr war die prominente, von Geburt an reiche Strafverteidigerin Laura Lattimer tot. Fünfzehn Minuten davor war sie noch quicklebendig und bester Dinge gewesen. Fröhlich, heiter, vergnügt und, weil frisch vermählt, unbeschreiblich glücklich. Es war ihr noch vergönnt gewesen, ein paar letzte Worte mit ihrem Ehemann zu sprechen.
Ohne freilich zu ahnen, dass es letzte Worte waren.
»Wo bist du, Liebling?«, erkundigte sich Martin Burchell, der Bitcoin-Millionär.
Einer der bestaussehenden Männer des Landes. Cary Grant, James Stewart, Gregory Peck (von einst) und George Clooney, Brad Pitt, Tom Cruise (von jetzt) – sie alle mussten sich hinten anstellen. Keiner von denen konnte ihm, was das fantastische Aussehen anbelangte, das Wasser reichen. Er war – nicht nur für Laura Lattimer – der Sexiest Man Alive. Seit Jahren schon. Der heißeste Mann unter der Sonne. Begehrt von vielen. Doch nur Laura hatte ihn bekommen.
»Ich steige gerade in meinen Wagen«, antwortete sie. Sie hatte, obwohl mit Martin Burchell verheiratet, ihren Mädchennamen behalten, weil er im Laufe der Zeit zu einer bestens eingeführten und bekannten Trademark geworden war.
Martin hatte nichts dagegen gehabt. Schließlich war sie ja nicht mit seinem Namen verheiratet, sondern mit ihm. Laura warf ihre Handtasche mit Schwung auf den Rücksitz und stieß den Wagenschlag zu.
»Wunderbar«, sagte er. »Dann bist du in zwanzig Minuten zu Hause.«
»Wenn es die Verkehrslage zulässt«, schränkte sie ein.
»Fahr vorsichtig, Laura. Auf den Straßen sind viele Idioten unterwegs. Notorische Raser. Rücksichtslose Geschwindigkeitsfreaks. Bescheuerte PS-Narren. Besoffene. Bekiffte. Aber auch ganz gewöhnliche Idioten ...«
Sie lachte leise in ihr Handy. »Ich fahre seit fünfzehn Jahren unfallfrei, Martin. Also mach dir um mich keine Sorgen.«
Er seufzte. »Ich weiß nicht, Laura. Ich habe heute so ein komisches Gefühl. Ich werde mich erst beruhigen, wenn ich dich wohlbehalten zur Tür hereinkommen sehe.«
»Ich beeile mich, Liebster.«
»Aber nicht zu sehr.«
»Nein. Natürlich nicht.« Laura beendete das Telefonat.
Sie lächelte versonnen. Er war süß, ihr frisch gebackener Ehemann. Und so wahnsinnig fürsorglich. Sie liebte ihn dafür.
Laura ließ den Startschlüssel ins Zündschloss ihres Hybridfahrzeugs gleiten und drehte ihn. Der Motor sprang fast lautlos an.
Sie fuhr los und warf einen Blick auf die Armaturenbrettuhr. Es war 12:35 Uhr. Ihr Telefon klingelte. Sie nahm den Anruf über die Freisprecheinrichtung entgegen.
»Zehn Jahre«, sagte der Anrufer aufgebracht. »Verdammt. Mein Junge wurde Ihretwegen zu zehn Jahren Haft verurteilt.«
Das Display zeigte seinen Namen. Es war Matthew Orr, einer der zurzeit gefürchtetsten New Yorker Unterweltgrößen.
»Das tut mir sehr leid, Mister Orr«, sagte Laura Lattimer kühl.
»Ich bin so was von sauer.«
»Das kann ich zwar verstehen, aber ...«
»Verfluchte Scheiße!«, explodierte der Gangsterboss. »Ersparen Sie sich Ihre verlogenen Sprüche. Luke muss Ihretwegen für zehn Jahre in den Knast. Das hätten Sie verhindern können. Oder zumindest hätten Sie für ihn ein wesentlich milderes Urteil erwirkt. Aber Sie wollten seine Verteidigung ja nicht übernehmen.«
»Ich hatte meine Gründe.«
»Ich habe Ihnen viel Geld geboten ...«
»Mit Geld kann man nicht alles kaufen, Mister Orr.«
»Mein Junge ist unschuldig.«
»Behauptet er.«
»Ich glaube ihm.«
»Weil er Ihr Sohn ist.«
»Nicht nur deshalb, sondern auch, weil er mich noch nie angelogen hat. Er ist durch und durch ehrlich.«
Was man von seinem Vater nicht behaupten kann, dachte Laura Lattimer ätzend.
»Er hat diesem Mädchen nichts getan.«
»Sagen wir, er war dermaßen stoned, dass er sich an nichts erinnern kann.«
Die Sachlage war die: Luke Orr hatte großen Spaß mit einer jungen, frisch gewaxten, fast noch minderjährigen Prostituierten gehabt, und als er nach einer exzessiven Drogenrauschnacht am nächsten Morgen neben ihr aufgewacht war, war sie tot gewesen. Erwürgt.
Jedoch nicht von ihm, wie er bei seiner Festnahme immer wieder beteuert hatte. Aber konnte man ihm glauben? Wo er doch wegen eines totalen Filmrisses nicht mit absoluter Bestimmtheit sagen konnte, was sich in den Stunden zwischen Mitternacht und Morgengrauen überhaupt ereignet hatte? Wenn er es nicht gewesen war, wer dann? Selbst hatte sich die blutjunge Nutte wohl kaum erwürgt.
»Luke kann keiner Fliege was zuleide tun«, behauptete der Unterweltboss überzeugt. »Der Junge ist völlig harmlos, gutmütig und friedfertig.«
»Auch unter starkem Drogeneinfluss? Ich muss Ihnen wohl nicht erklären, dass viele dieser synthetisch hergestellten Substanzen die Psyche eines Menschen komplett verändern können. Und noch verheerender kann sich ein Drogencocktail auswirken, wie Luke ihn sich angeblich gegönnt hat.«
»Zehn Jahre. Luke hat Ihnen zehn Jahre Knast zu verdanken, bloß weil Sie mein Geld nicht nehmen wollten. Sie hochnäsige, eingebildete, arrogante, Zicke. Was glauben Sie, wer Sie sind? Wofür halten Sie sich? Sind Sie wirklich ein so viel besserer Mensch als mein Luke? Das wage ich stark zu bezweifeln.«
»Wählen Sie nie wieder diese Nummer, Mister Orr, sonst muss ich rechtlich gegen Sie vorgehen!«, sagte Laura scharf.
»Sie drohen mir? Mir? Sie armseliges Würstchen! Bloß weil Sie sich diesen geschniegelten Bitcoin-Kaiser geangelt haben, sind Sie noch lange nicht ...«
Alles Weitere hörte sich Laura Lattimer nicht mehr an. Sie drückte den Gangsterboss kurzerhand weg. Sollte er an seinen Hasstiraden ersticken.
»Idiot«, sagte sie abschätzig.
Und kurz darauf war es 12:45 Uhr ...
Neben dem Klingelknopf stand A. Ackerman. Das A stand für Adam. Ich läutete. Vor dem kleinen, feinen Haus bewegte sich – irgendwie nach dem Zufallsprinzip und deshalb niemals vorhersehbar – ein Rasenmähroboter hin und her und stutzte nahezu lautlos die Grashalme.
Die Tür öffnete sich, und wir hatten einen Mann vor uns, der ein Zwilling von Frankensteins Monster hätte sein können. Mit seinem Gesicht konnte man den mutigsten Hund erschrecken.
Das war A. Ackerman. Absolut kein Sympathieträger. Verkniffener Mund. Böser Blick. Eckig. Kantig. Hart. Ein furchterregender Knochenbrecher. Als solcher hatte er auch bis vor Kurzem für den Ganglandlord Matthew Orr gearbeitet. Jetzt brachte er für jemand anders – was sich aus unserer Sicht ebenfalls nicht gehörte – Falschgeld in Umlauf, und deshalb standen wir bei ihm auf der Matte.
Adam Ackerman rümpfte die Nase, als würden wir stinken.
»Wenn ihr irgend so einer blöden Sekte angehört ...«, sagte er mit einer Stimme, die nicht zu ihm passte. Sie war dünn und ziemlich hoch. Mit geschlossenen Augen hätte man meinen können, er wäre eine Frau.
»FBI.« Ich zeigte ihm meine Dienstmarke.
»Ist keine Sekte«, erklärte Phil.
Ackerman wollte mir, unhöflich, wie er war, die Tür auf die Nase schlagen. Ich verhinderte es, indem ich blitzschnell einen Fuß vorstellte.
Die Tür knallte wuchtig dagegen und schepperte laut, während der Blütenmann wie von der Natter gebissen herumwirbelte und Fersengeld gab.
Ich folgte ihm. Phil lief um das Haus herum, um den Verbrecher abzufangen, falls er hinten rauskommen sollte. Ackerman warf mir fast die gesamte Einrichtung vor die Füße. Die Sache wurde für mich zum Hindernislauf.
Ich sprang über eine Stehlampe, eine Standuhr, einen Bücherschrank ... Sogar einen Kleiderschrank musste ich überwinden.
Frankensteins Monsterzwilling schuf in Sekundenschnelle ein beachtliches Chaos. Damit gelang es ihm zwar nicht, mich abzuhängen, aber er arbeitete immerhin einen unbedeutenden Vorsprung für sich heraus.
Im Wohnzimmer lag auf einem grünen Marmortisch ein offener Aktenkoffer. Prall gefüllt mit druckfrischen Banknotenbündeln. Mit Sicherheit Falschgeld, das noch heute unter die Leute sollte.
Ackerman stellte die Blüten nicht selbst her. Seine Aufgabe war es, die Scheine vom Produzenten zu übernehmen und an die über alle fünf New Yorker Bezirke verstreuten Verteiler auszuliefern. Er machte das unseres Wissens nun schon seit einem halben Jahr. Doch von nun an nie mehr. Dafür würden wir sorgen.
Laura Lattimer war, was sie nicht wusste, mit einer Bombe unterwegs. Und die wurde exakt um 15:45 Uhr gezündet. Das gut positionierte TNT-Paket verfügte über eine enorme Sprengkraft. Man hätte damit die Freiheitsstatue in die Stratosphäre jagen können. Die erfolgreiche Staranwältin hatte nicht die geringste Chance. Gleichzeitig mit einem mörderisch lauten Knall verwandelte sich ihr Hybridfahrzeug in einen glühend heißen Feuerball, und unvorstellbare Kräfte zerfetzten den relativ neuen Wagen mit ungeheurer Gewalt.
Blech, Glas, Eisen, Gummi, Plastik flogen wie Geschosse durch die Luft und verletzten Passanten. Eine gewaltige Druckwelle drückte das Schaufenster einer Boutique ein. Die Wagen vor und hinter Laura Lattimer wurden ebenfalls schwer in Mitleidenschaft gezogen.
Sie fingen Feuer, und von der prominenten Strafverteidigerin, die sich den Zorn des Unterweltbosses Matthew Orr zugezogen hatte, blieb so wenig übrig, dass selbst ein Kindersarg noch zu groß für ihre Überreste war.
Panik griff um sich. Verletzte Menschen brüllten. Eine Frau, die von der Druckwelle niedergeworfen worden war, sprang hysterisch schreiend auf.
»Jonah! Jonah!« Sie drehte sich mehrmals im Kreis. Mit Angst, Sorge und Entsetzen im Blick. »O mein Gott! Jonah! Mein Kind! Wo ist mein Kind? Jooonaaah!« Sie lief in irgendeine Richtung, stolperte über brennende Autoteile, wäre beinahe gestürzt. »Jonah! Jonah!«
»Mooom!«
Hinter ihr. Sie fuhr herum. »Jonah!«
»Mom!« Ein vierjähriger Junge stand weinend auf dem Bürgersteig. Schwarz im Gesicht. Ratlos, hilflos, verängstigt. »Mom!« Er rührte sich nicht vom Fleck.
Sie lief zu ihm, streichelte, küsste und umarmte ihn so fest, als wollte sie ihn nie mehr loslassen. »Jonah. Oh, Jonah. Bist du okay? Tut dir etwas weh? Bist du verletzt?« Sie war unsäglich froh, ihn innig an sich drücken zu können.
»Ich will nach Hause, Mom.«
»Nach Hause. Ja. Komm. Wir gehen nach Hause.« Sie nahm seine Hand und ließ das fürchterliche Chaos mit ihm hinter sich.
»Was war das, Mom?«, wollte der Kleine wissen.
»Da hat jemand etwas ganz, ganz Böses getan«, antwortete sie mit vibrierender Stimme.
Wir sollten den gesamten Falschgeldring hochnehmen, und Adam Ackerman würde uns dabei zur Hand gehen ... müssen. Noch hatten wir ihn zwar nicht, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis wir ihn uns gekrallt hatten.
Im Anschluss daran würden wir und unsere geschulten Vernehmungsspezialisten einige ausführliche Gespräche mit ihm führen und ihn so lange intensiv mit Zuckerbrot und Peitsche bearbeiten, bis er weich war und einsah, dass es das Beste für ihn war, wenn er mit uns kooperierte.
Und dann würden wir sie alle kriegen. Die vielen Verteiler ebenso wie den geheimnisvollen Produzenten im Hintergrund. Die Falschgeldquelle würde versiegen und keinen Schaden mehr anrichten.
Das war der Plan. Und im Moment arbeiteten wir gerade mit vollem Einsatz an seiner Umsetzung. Phil hatte sich von mir getrennt. Er versuchte, schnellstens die Rückseite des Hauses zu erreichen. Der offenbar gestörte Nachbarhund gebärdete sich fürchterlich. Er rannte auf gleicher Höhe mit Phil, bellte, knurrte und tobte. Wenn er gekonnt hätte, wäre er über den Zaun gesprungen, der war für ihn glücklicherweise zu hoch.
Sobald Phil hinter dem Haus war, zog er seine Dienstwaffe. Er brachte sich mit der Glock 17M in beiden Händen neben einer breiten Hollywoodschaukel, auf der vier Personen Platz hatten, in Position und brauchte nicht lange auf Ackerman zu warten. Auf dem Nachbargrundstück tobte der durchgeknallte Hund weiter wie von Sinnen, Phil beachtete ihn nicht.
Er konzentrierte sich darauf, den Blütenbringer gebührend zu empfangen. Als Adam Ackerman erschien, trat ihm Phil entgegen und richtete die Glock auf ihn. Der unattraktive Gangster prallte zurück, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Sein Monstergesicht wurde käsig.
Er hob ganz langsam die Hände und ließ Phils Waffe keine Sekunde aus den Augen.
»Ich bin unbewaffnet«, sagte er mit seiner dünnen, hohen Stimme.
»Das glaube ich erst, wenn ich mich selbst davon überzeugt habe«, brummte Phil. »Umdrehen!«
Ackerman gehorchte, und als Phil den Verbrecher abzutasten begann, setzte der ohne langes Zögern alles auf eine Karte. Er kreiselte herum, stieß Phil hart zurück und wollte die unterbrochene Flucht fortsetzen.
Inzwischen hatte auch ich das Haus verlassen. Ich brauchte nicht viel zu tun. Musste dem losrennenden Ganoven nur ein Bein stellen.
Alles andere erledigte die Schwerkraft. Adam Ackerman landete mit viel Schwung zwischen zwei Blumenrabatten, und im nächsten Moment war Phil über ihm und verpasste ihm seine von Smith & Wesson gefertigten brünierten Handschellen, während sich der Nachbarhund selbstverständlich auch darüber maßlos aufregte. Vielleicht tobte er deshalb so sehr, weil er an unserer Action nicht teilnehmen konnte.
Ackerman hatte die Frechheit zu behaupten, er sei unschuldig, habe nicht das Geringste verbrochen. Als ich den Aktenkoffer erwähnte, der in seinem Wohnzimmer geöffnet auf den Tisch lag und prall mit Banknotenbündeln gefüllt war, hatte der Gauner die Unverfrorenheit zu vorzubringen, der Koffer gehöre ihm nicht. Den habe ihm jemand vor die Haustür gestellt.
»Hat geklingelt und ist abgehauen«, wollte uns der hässliche Gauner weismachen. »Ich nahm den Koffer ins Haus. Als ich ihn öffnete, fiel ich aus allen Wolken. Das können Sie mir glauben. Während ich noch am Überlegen war, ob ich das viele Geld behalten – ich muss gestehen, die Versuchung war verflucht groß – oder der Polizei übergeben solle, standen plötzlich Sie vor meiner Tür. FBI ... Meine Güte ... Das war zu viel für mich. Ich verlor die Beherrschung, drehte durch. Ich wollte auf einmal nur noch verduften. Ist doch irgendwie nachzuvollziehen, oder?«
»Ich schlage vor, wir setzen die Märchenstunde im Field Office fort«, sagte ich. »Und das viele Falschgeld nehmen wir gleich mit.«
Ackerman riss erschrocken die Augen auf.
»Falschgeld?« Jetzt war seine Stimme – was beinahe unmöglich war – um eine weitere Oktave höher. »Haben Sie Falschgeld gesagt?«
Ich nickte. »Habe ich.«
»Sie meinen, das Geld ist nicht echt?«
»Sind Blüten«, sagte mein Partner nüchtern.
»Heiliger Himmel, warum zieht man mich in so etwas hinein?«
»Jaja, die Welt ist schlecht«, meinte Phil, als würde ihm der Gauner ehrlich leidtun.
»Ich schwöre Ihnen bei allem, was mir heilig ist ...«
»Gehen wir«, sagte mein Partner hörbar unterkühlt.
»Ich habe mit dieser ganzen Sache nicht das Geringste zu tun.«
»Das wird sich bestimmt in ganz kurzer Zeit klären lassen«, gab Phil unbeeindruckt zurück.
Er führte Ackerman außen herum zum Wagen, begleitet vom kläffenden Nachbarhund, während ich ins Haus zurückkehrte, um den Geldkoffer zu holen.
Die Büros des FBI District New York befinden sich im dreiundzwanzigsten Stock des Jacob K. Javits Federal Building, 26 Federal Plaza, im Bereich des Foley Square im Civic Center von Manhattan.
Dorthin brachten wir den »unschuldigen« Adam Ackerman und legten ihm nahe, sehr gründlich darüber nachzudenken, ob es nicht noch eine andere, glaubhaftere Geschichte gab, die er uns anbieten könne.
Denn mit der ersten wären wir, was er bestimmt verstehen könne, nicht besonders glücklich. Dann ließen wir ihn abführen und erst mal eine Weile schmoren.
In dieser Zeit rief Helen, die attraktive Sekretärin unseres Vorgesetzten, an und bat uns, zum Chef zu kommen. An diesem Tag sah sie noch besser aus als sonst.
Ihre Frisur saß perfekt. Sie trug einen hellgrauen Hosenanzug, der ihr wie angegossen passte, und ihre Augen strahlten, blitzten und funkelten so sehr, dass ich mich unwillkürlich fragte, welcher Mann das zustande gebracht hatte. Sie wusste, dass wir ausgerückt waren, um Adam Ackerman aus dem Verkehr zu ziehen.
»Erfolg gehabt?«, erkundigte sie sich.
Phil griente. »Hast du etwa daran gezweifelt?«
»Eigentlich nicht. Schließlich seid ihr ...«
Phil hob abwehrend die Hände. »Jaja, schon gut. Zu viel Lob schadet unserem Charakter.«
»Auf welche Weise?«
»Es macht uns überheblich«, antwortete mein Partner grinsend.
»Darf ich euch mit einer Tasse Kaffee verwöhnen?«
Phil feixte. »Das kann ja wohl nur eine rhetorische Frage sein. Du darfst nicht nur. Du musst.«
Wir betraten Mr. Highs Büro. Unser Chef telefonierte gerade mit dem Generalstaatsanwalt. Er winkte uns näher, während er sagte: »Okay. Dann sind wir uns also einig. – Ja. – Ja. – Ihnen auch.«
Er legte auf und forderte uns mit ernster Miene auf, Platz zu nehmen. Wir setzten uns, berichteten ihm von unserem Erfolg in der Falschgeldsache und dass wir Adam Ackerman, dem Blütendealer, zu einer kleinen Nachdenkpause verholfen hatten.
»Er wird sich wohl bald dazu entschließen, uns zu erzählen, was wir wissen wollen, um das zu erwartende Strafmaß möglichst stark zu reduzieren«, sagte Phil optimistisch.
Helen brachte den Kaffee und ging gleich wieder hinaus.
»In Kürze wird Ackerman singen wie eine Sopranistin von der Met.« Phil spielte damit auf die extrem hohe Stimme des Gangsters an. »Er wird uns Name, Adresse, Telefonnummer, Autokennzeichen, E-Mail-Adresse, Familienstand, Schuhgröße, Kragenweite – einfach alles – vom Blütenproduzenten und von sämtlichen Subverteilern nennen, um bei der Gerichtsverhandlung selbst einigermaßen gut wegzukommen.«
Mr. High nickte. Ich trank einen Schluck Kaffee und spürte, dass irgendetwas Unerfreuliches in der Luft lag.
»Gute Arbeit«, sagte unser Chef.
»Vielen Dank, Sir«, gab Phil zurück.
»Ich möchte, dass Sie den Fall abgeben«, kam es kühl und entschlossen über die Lippen des Assistant Director in Charge.
Da ist es!, dachte ich und stellte die Tasse ab.
Mein Partner sah Mr. High irritiert an. »Sir?«
»Steve und Zeerookah sollen den Falschgeldfall übernehmen. Übergeben Sie den beiden sämtliche Unterlagen und das gesamte Recherchematerial.«
»Aber, Sir ...« Phil schluckte. »Jetzt wo wir in der Zielgeraden angelangt sind?«
»Glauben Sie mir, ich nehme Ihnen höchst ungern den Fisch vom Haken«, sagte Mr. High. »Ich kann verstehen, dass Sie den Fall lieber selbst abschließen würden, doch ich brauche Sie in einer anderen Sache.«
Wir sahen ihn abwartend an.
»Sie wissen, wer Laura Lattimer ist.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.