Jerry Cotton 3363 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3363 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

In einem ehemaligen Theater wurde eine weibliche Leiche entdeckt, eine Frau Anfang zwanzig, die wie eine Puppe hergerichtet war. Die Augen waren ausgestochen und durch Glasaugen ersetzt, die Haare zu Zöpfen geflochten und mit rosafarbenen Schleifen versehen. Dazu trug das Opfer ein puppenhaftes Kleid. Das NYPD verständigte uns vom FBI, denn zwei Wochen zuvor war bereits eine junge Frau getötet worden, die der Täter in einem Abbruchhaus genauso grausam inszeniert hatte. Sofort wussten wir, dass wir es mit einem Serienmörder zu tun hatten, der schon bald wieder zuschlagen würde, wenn wir ihn nicht aufhielten!


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Seitenzahl: 145

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Der Puppenmörder

Vorschau

Impressum

Der Puppenmörder

Zufrieden betrachtete er sein Werk.

Die blauen Augen standen ihr besser als die braunen, die sie vorher gehabt hatte. Sie stellten einen aparten Kontrast zu ihrem brünetten Haar her und passten hervorragend zu den rosafarbenen Schleifen, mit denen er ihre Zöpfe versehen hatte.

Ein hübsches Mädchen hatte er aus ihr gemacht. Ein braves Mädchen. Die Natur konnte eben nicht immer alles besser.

Er würde noch eine Weile neben ihr sitzen bleiben, damit sie nicht so alleine war. Sicherlich musste sie sich erst an ihren neuen Zustand gewöhnen.

Er nippte an seinem Sektglas. Das Getränk war warm und schal. Kein Wunder, hatte seine Arbeit doch sehr lange gedauert. Beim nächsten Mal würde es schneller gehen.

Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange und wiegte sie in den Armen.

»Das ist jetzt nicht dein Ernst, dass du dich mit einem Fremden treffen willst!« Gretchen Myers schmollte und wickelte eine Strähne ihres blonden Haars um den Finger. »So was kann ganz schön ins Auge gehen, das weißt du.«

Sarah Thompson lachte. »Ach, Gretchen. Du und deine lebhafte Fantasie. Hast du wieder zu viele Krimis geguckt? Außerdem ist er kein Fremder. Ich kenne ihn aus New York.«

»Aha. Und wer ist er?«

Sarah setzte sich neben Gretchen aufs Bett und tätschelte ihr den Rücken. »Du brauchst nicht alles zu wissen, meine Süße, aber mach dir mal keine Sorgen und lass mich einfach machen. So lieb ich dich auch habe, dieser Klassenausflug ist stinklangweilig, und ich kann nicht die ganze Zeit mit dir hier im Zimmer hocken und über pickelige Jungs reden.«

Gretchen zog sich das Kissen über den Kopf. »Dann hau doch ab, wenn es dir mit mir zu doof ist!«, sagte sie tränenerstickt.

Sarah strich ihrer Freundin übers Haar. »Ich hab dich lieb. Aber jetzt muss ich gehen. Bis bald, mein Schatz.«

Die Haustür der Jugendherberge war um diese Uhrzeit bereits abgeschlossen, also stieg Sarah aus dem Fenster des Zimmers, das sie sich mit Gretchen teilte. Da es sich im Erdgeschoss befand, war das eine ausgesprochen leichte Übung.

Es war schon fast dunkel, dennoch war sie zu früh dran für ihre Verabredung, also setzte sie sich unter einen Ahornbaum und zündete sich eine Zigarette an, während sie auf ihn wartete.

Was für ein Glück, dass sie ihn am Vormittag getroffen hatte bei dem unbegleiteten Ausflug ins Einkaufscenter, an dem sie auf diesem dämlichen Klassenausflug für zwei Stunden hatte machen können, was sie wollte, auch deshalb, weil Gretchen, die ihr sonst auf Schritt und Tritt folgte, mal mit anderen Freundinnen beschäftigt gewesen war.

Sie schlenderte in der Mall an den Geschäften vorbei, schaute sich genüsslich die Auslagen an und überlegte sich, was sie sich leisten würde, wenn sie endlich mit der Schule fertig wäre und ihr eigenes Geld verdiente. Da es noch nicht so weit war, kaufte sie sich ein paar Kosmetikartikel der günstigen Art und ging dann in einen Sushiladen, um den Tag zu feiern. Ihre Eltern hatten ihr Taschengeld mitgegeben, und sie liebte Sushi.

Als sie an dem Band saß, das die japanischen Köstlichkeiten an den Hungrigen vorbei beförderte, nahm jemand neben ihr Platz und fragte: »Darf ich?«

Sarah zuckte zusammen, so sehr war sie in Gedanken gewesen.

Als sie ihn erkannte, lächelte sie erfreut. »Sie! Was machen Sie denn hier? Ja, setzen Sie sich bitte.«

Sie war erstaunt, ihn in dieser Umgebung zu sehen, in der sie ihn nie vermutet hätte. Sie freute sich jedoch. Sehr. Denn er hatte ihr in New York schon immer gut gefallen, obwohl er viel zu alt für sie war und vielleicht nicht gerade in der Position, um mit ihr auszugehen.

Aber sie hatten sich fantastisch unterhalten, und als er sie gefragt hatte, ob sie sich abends treffen wollten, hatte sie zugesagt.

Jetzt saß sie also hier unter dem Ahornbaum. Die Zigarette war ausgeraucht, und sie überlegte, ob sie sich eine neue anstecken sollte, denn das Warten war schrecklich eintönig. Außerdem wurde sie langsam nervös und fragte sich, ob er wirklich auftauchen würde.

Während sie überlegte, näherten sich die Lichter eines Fahrzeugs. Er!

Er war es wirklich. Lächelte sie an, hieß sie einsteigen, gab ihr ein Küsschen auf die Wange und schwärmte von einem großen Abenteuer, das auf sie wartete. Sie war gespannt.

Während sie die Interstate nach Beacon fuhren, dachte Sarah darüber nach, was es dort Großartiges geben sollte, doch im Grunde genommen war das egal. Die bisherigen fünf Tage dieses Klassenausflugs, der eine ganze Woche dauern sollte, hatten sie dermaßen zermürbt, dass sie sich auf jede Abwechslung freute.

Und ihr Begleiter gefiel ihr immer besser. Er war überaus charmant und behandelte sie wie eine Erwachsene, bot ihr sogar Sekt und eine Zigarette an.

Kichernd trank sie aus einer Flasche, die in einer Papiertüte steckte, und als sie die Innenstadt von Beacon erreicht hatten, fühlte sie sich schon ziemlich angeschickert.

Er lenkte den Wagen in eine Seitenstraße und parkte ihn vor einem großen Altbau, der leer zu stehen schien. Das Außengelände war von Bretterzäunen umgeben, Bauwagen standen in der Einfahrt und die Straße entlang.

»Was machen wir hier?«, fragte Sarah.

»Das wirst du schon sehen.« Er strich ihr sachte übers Haar. »Komm, nimm noch einen Schluck Sekt.«

Sie gehorchte.

Er half ihr aus vom Beifahrersitz und durch ein Loch im Bauzaun. Auf dem Weg durch den verwilderten Garten stolperte sie über ein liegen gelassenes Werkzeug und hätte sich wahrscheinlich den Hals gebrochen, wenn er sie nicht aufgefangen hätte. Sie fühlte sich wohl in seinen Armen.

Über die Terrasse gelangten sie ins Haus, die Tür ließ sich ohne Widerstand öffnen. Ihr Begleiter betätigte einen Schalter, und eine nackte Glühbirne tauchte den Raum in diffuses Licht.

Als sich ihre Augen daran gewöhnt hatten, erkannte sie Tische mit Stühlen daran und an den Wänden Bücherregale.

»Das ist eine Bibliothek!«, rief sie.

»War eine Bibliothek.« Er trat ganz nahe an sie heran. Sie spürte seinen Atem in ihrer Halsbeuge, als er flüsterte: »Du magst Bücher, oder? Bist ein kluges Mädchen, ein braves Mädchen.«

Sie bekam Gänsehaut, hatte plötzlich ein bisschen Angst, wünschte sich jedoch gleichzeitig, dass er sie küssen würde.

Stattdessen öffnete er die große schwarze Tasche, die er die ganze Zeit mit sich herumgetragen hatte, nahm zwei Sektgläser heraus und eine neue Flasche, die in eine Kühlmanschette eingewickelt war, sowie eine dicke weiße Stoffserviette, die er statt Tischdecke auf einem der staubigen Tische drapierte.

Nachdem er eingeschenkt und ihr zugeprostet hatte, tranken sie einen Schluck. Dann gab er ihr endlich den ersehnten Kuss.

Ihr wurde schwindelig.

Phils Ideen waren nicht immer gut, aber meistens. Sein Vorschlag, die neue Pizzeria im Hudson River Park auszuprobieren, gehörte auf jeden Fall zu den Treffern. Die Nummer 18 mit doppeltem Käse musste ich mir unbedingt merken.

Satt und zufrieden saßen wir nach dem Essen auf einer Bank am Fluss und schauten den fleißigen Paddlern auf dem Wasser zu. Im Sonnenlicht glänzten die Wellen, die sie hinterließen, silbern.

Gerne wäre ich noch eine Weile sitzen geblieben, aber daraus wurde nichts, denn mein Handy klingelte. Das Display verriet mir, dass es der Chef war. Ich nahm das Gespräch an. Mr. High entschuldigte sich, dass er uns in der Mittagspause störe, bat uns jedoch, so schnell wie möglich zurück ins Büro zu kommen.

»Der Chef?«, fragte Phil träge, nachdem ich das Gespräch beendet und das Telefon weggesteckt hatte.

Ich nickte. »Wir sollten uns beeilen.«

Wir machten uns auf zum Parkhaus in der West Street, schnappten uns den Jaguar, fuhren am Fluss entlang nach Süden und fädelten uns südöstlich nach Lower Manhattan ein. Der Verkehr war noch zähflüssiger als sonst, immerhin schafften wir es, in etwas über einer halben Stunde im Jacob K. Javits Federal Building zu sein.

Der Chef erwartete uns schon in seinem Büro. Wir setzten uns alle an den Besprechungstisch mit den ledergepolsterten Stühlen.

»Gentlemen«, begann Mr. High und sah dabei sehr ernst aus, »das NYPD bittet um unsere Hilfe. Der Fall ist etwas unappetitlich, und ich hätte Ihnen gerne eine längere Mittagspause gegönnt, nur leider eilt es.«

»Zum Glück habe ich keinen Nachtisch genommen«, kommentierte Phil.

»Wir haben es hier wohl mit einem Serienmörder zu tun, und zwar mit einem der etwas anderen Art. Er verwandelt junge Frauen in Puppen, nachdem er sie umgebracht hat. Mit Glasaugen und allem Drum und Dran.«

Einmal mehr freute ich mich über meinen robusten Magen.

»Das aktuelle Opfer wurde heute in dem ehemaligen Theater in der Canal Street gefunden«, fuhr der Chef fort. »Detective Sergeant Ashley vom NYPD ist bereits vor Ort. Laut Ashley ist die Tote genau hergerichtet wie die Leiche einer jungen Frau, die vor zwei Wochen in einem Abbruchhaus in Beacon gefunden wurde. Er geht daher davon aus, dass es derselbe Täter war. Und Serienmord fällt bekanntlich in unsere Zuständigkeit. Schauen Sie sich die Sache in Ruhe an, und lassen Sie mich in Ihrem Bericht wissen, was Sie davon halten. Wenn Sie Unterstützung benötigen, ziehen Sie gerne die Kollegen hinzu.«

Obwohl wir bis zur Canal Street zu Fuß nur etwa eine Viertelstunde gebraucht hätten, nahmen Phil und ich den Jaguar. Das war praktischer, weil wir ja nicht wussten, was im Laufe des Tages noch alles auf uns zukommen würde, außerdem machte es viel mehr Spaß.

Keine fünf Minuten später erreichten wir den Tatort und stellten den Wagen im Parkverbot vor dem benachbarten Elektroladen ab.

Ich atmete tief durch. »Na, dann lass uns mal ins Theater gehen, Phil, mal sehen, was heute gespielt wird.«

Vor dem weißen Gebäude mit den hohen Fenstern, die wie die einer Kirche anmuteten, waren zwei uniformierte Beamte des NYPD postiert. Sie erkannten uns und ließen uns ins Gebäude. Dort nahm uns Detective Sergeant Ashley in Empfang, mit dem wir schon das ein oder andere Mal zusammengearbeitet hatten. Ein guter Mann. Manchmal etwas maulfaul für meinen Geschmack, dafür klug und besonnen.

Das Foyer des ehemaligen Theaters war hell erleuchtet. Das galt auch für den Saal, in den wir Ashley folgten, nachdem wir Überschuhe und Schutzkleidung angezogen hatten.

Der Saal war voll von Leuten, die ihre Arbeit machten, Spurensicherung, Gerichtsmedizin, das volle Programm. Es herrschte eine konzentrierte, angespannte Stille.

Wir liefen entlang der Stuhlreihen bis ganz nach vorne. Ungefähr in der Mitte auf einem der plüschbezogenen Stühle saß etwas, das man auf den ersten Blick für eine lebensgroße Puppe hätte halten können. Wenn man aber genau hinschaute, erkannte man, dass es sich hier um die Leiche einer jungen Frau handelte.

Der Täter hatte dem Opfer die Augen entfernt und Glasaugen in die leeren Höhlen gesetzt, die langen Haare zu Zöpfen geflochten und die unteren Enden mit rosafarbenen Schleifen zusammengebunden. Der Körper steckte in einem geblümten Kleid mit Puffärmeln.

Phil wandte sich ab. »Welches kranke Gehirn kommt auf solche Ideen?«

Das hätte ich auch gerne gewusst.

Detective Sergeant Ashley räusperte sich. »Leider hat der Täter hier seine absonderlichen Ideen nicht das erste Mal in die Tat umgesetzt. Wir haben vor zwei Wochen in einer ehemaligen Bibliothek in Beacon die Leiche einer jungen Frau entdeckt, die genauso ausstaffiert war. Serienmord also, da verwette ich meinen Kopf.«

»Wer war das erste Opfer?«, fragte Phil.

Ashley zuckte mit den Schultern. »Wir wissen es nicht. Der Körper befand sich vor einem Fenster, auf das den ganzen Tag die Sonne geschienen hat. Da ist nicht mehr viel übrig geblieben, auch nicht in der relativ kurzen Zeit.«

»Was ist mit dem Zahnstatus?«

»Da haben wir natürlich auch schon dran gedacht, Agent Cotton, es geht bereits alles seinen Gang«, antwortete Ashley. »Morgen werden wir ihn in der TV-Sendung USA Missing veröffentlichen. Hoffen wir, dass uns das weiterbringt.«

Nachdem Ashley uns zugesichert hatte, dass seine Leute die Bewohner der Mietshäuser rund um das ehemalige Theater im Hinblick auf etwaige Beobachtungen befragen würden, verabschiedeten Phil und ich uns und kehrten ins Field Office zurück, um mit dem vorläufigen Bericht anzufangen und einige Kollegen ins Boot zu holen. Denn dass das hier eine größere Sache werden würde, bei der wir auf Dauer alle verfügbaren Kräfte brauchten, war schon jetzt klar.

Da wir noch am Anfang der Ermittlungen waren und die anderen unterwegs, trafen wir uns zunächst mit Steve Dillaggio und Zeerookah sowie mit dem wohl jüngsten Doktor der Welt, Ben Bruckner, unserem Technikwunder, in unserem Büro. Unsere Profilerin und Expertin für Serienmorde, Dr. Iris McLane, war ausgerechnet in dieser Woche auf einem wichtigen Kongress in Vancouver, auf dem sie mehrere Vorträge halten musste. Solche unpassenden Zufälle unterliegen wahrscheinlich tatsächlich einer geheimen Ordnung, deren Gesetzmäßigkeit sich uns nie erschließen wird.

Nachdem Phil und ich den Kollegen geschildert hatten, was wir bislang wussten, machte sich eine beklemmende Atmosphäre in unserem Büro breit.

»Na gut«, brach Zeerookah das Schweigen. »Ich schaue, wo man Glasaugen herbekommt.«

Steve nickte. »Ich kümmere mich um die Puppenkleider.«

»Und ich durchsuche die Vermisstendatenbank, damit wir so schnell wie möglich das Opfer aus dem ehemaligen Theater identifizieren können.« Ben stopfte sich eine Handvoll Lakritze in den Mund.

Ich war froh, dass die Kollegen mit an Bord waren. Das würde eine lange und vor allem schmerzvolle Geschichte werden.

Bei meinem Anruf im OCME stellte ich fest, dass Dr. Samantha Rodriguez für unseren Fall zuständig war. Sie war eine hervorragende Gerichtsmedizinerin und verfügte dazu über menschliche Klugheit und Empathie. Und so ganz nebenbei sah sie nicht übel aus.

»Hola, chico«, gurrte sie ins Telefon, nachdem die Zentrale mich mit ihr verbunden hatte, dann lachte sie. »Entschuldigen Sie bitte, Agent Cotton, ich bin wahrscheinlich gerade etwas überdreht. Ich habe Ihr Puppenmädchen auf dem Tisch, und das ist nicht besonders schön. Meine Tochter ist in dem Alter.«

»Ich verstehe«, erwiderte ich. »Können Sie mir schon etwas über den Todeszeitpunkt sagen, Doktor?«

»Na ja, ungefähr«, antwortete sie. »Als man die junge Frau gefunden hat, war sie wohl acht bis zehn Stunden tot, das heißt, sie muss irgendwann heute Nacht umgebracht worden sein.«

Ich bedankte mich, wünschte Dr. Rodriguez einen schönen Tag und beendete das Gespräch. Im Anschluss widmete ich mich weiter der Suche nach Anhaltspunkten.

Für den späten Nachmittag hatten Phil, Steve, Zeerookah, Ben und ich uns in dem kleinen Konferenzraum am Ende des Gangs verabredet, um das, was wir bis dahin herausgefunden hatten, untereinander auszutauschen.

Als Phil und ich den Raum betraten, lümmelte Steve, Mr. Highs Stellvertreter, schon lässig in einem der Stühle, während sein indianischer Partner vom Stamm der Cherokee aufrecht und wie aus dem Ei gepellt neben ihm saß und seine glänzenden Schuhspitzen betrachtete. Manchmal konnte ich es kaum glauben, dass sie beruflich ein wunderbar funktionierendes Team waren und sich darüber hinaus auch noch privat bestens verstanden. Na ja, wer weiß, was die Leute über mich und Phil dachten?

Von unserem Technikhelden Ben war noch nichts zu sehen, doch wenn man in seinem zarten Alter über die akademischen Grade verfügte, die er innehatte, durfte man wohl auch mal ein Problem mit dem Zeitmanagement haben.

Außerdem gab er sich Mühe und flog nur wenige Minuten zu spät durch die Tür. Mit wirrem Haar, schiefem Hemdkragen und einem Pullunder, den seine Großmutter wahrscheinlich schon kurz nach seiner Geburt in die Altkleidersammlung hatte geben wollen. Und das war immerhin schon knapp über zwanzig Jahre her.

»Okay, dann fange ich mal an.« Schließlich war das, was ich zu berichten hatte, schnell erledigt. Leider. »Das Opfer ist um zehn Uhr heute Morgen von einem Mitglied der Putzkolonne gefunden worden, die das ehemalige Theater in der Canal Street trotz Leerstand regelmäßig reinigt. Laut Gerichtsmedizin war die junge Frau da bereits seit mindestens acht Stunden tot. Das heißt, sie muss heute Nacht zwischen Mitternacht und zwei Uhr zu Tode gekommen sein.«

Ich spürte fast körperlich, wie die Kollegen versuchten, sich die Szenerie nicht allzu genau vorzustellen. Das war etwas, das sie mit mir gemeinsam hatten.

»Die neuesten Erkenntnisse des NYPD beschränken sich leider auf die Tatsache, dass es keine Zeugen gibt und dass am Tatort bis auf das, was zu erwarten war, nichts gefunden wurde. Keine Spur vom Puppenmörder also.«

»Das mit den Glasaugen bringt uns auch nicht zügig weiter«, meldete sich Zeerookah zu Wort. »Die kann man auf den großen Portalen im Internet kaufen, für Puppen und Plüschtiere – und in der Größe, die für Menschen passen. Ich habe zweiundzwanzig gefunden, bei denen man Glasaugen erstehen kann, die so aussehen wie diejenigen, die unseren Opfern eingesetzt wurden. Die müssen die Daten ihrer Kunden herausrücken. Da bleibe ich dran. Darüber hinaus gibt es in den USA zweihundertfünfundvierzig Okularisten, also Spezialisten, die Augenprothesen herstellen. Natürlich könnten wir zuerst die überprüfen, die sich in New York befinden, das sind ungefähr dreißig, allerdings glaube ich nicht, dass der Täter die Glasaugen extra hat anfertigen lassen.«

»Puppenkleider in Erwachsenengröße werden uns auch nicht in absehbarer Zeit auf eine Spur bringen«, berichtete Steve. »Das Internet ist voll davon. Außerdem kann man diese Art Kleidung in diversen Sexshops erstehen, von denen es allein in New York eine stattliche Anzahl gibt. Ich habe schon angefangen, die Läden zu überprüfen, da wird ordentlich gemauert. Die Betreiber wollen natürlich nichts über den kleinen Fetisch ihrer Kunden ausplaudern. Schon gar nicht am Telefon. Ohne Beschluss kommen wir an die Kundendaten nicht heran. Na ja, ich besorge mir für jeden Laden einen und halte ihn dem jeweiligen Inhaber unter die Nase. Komme ich wenigstens mal rum.«

»Das wird dir sicherlich guttun, Steve.« Phil tätschelte gönnerhaft den Arm unseres Kollegen.