Jerry Cotton 3377 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3377 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Esmée Curtis, Ehefrau des bekannten Millionärs George Curtis, verschwand spurlos während eines Kirchenbasars. Wenig später erhielt Curtis einen Anruf, bei dem sich ein Mann mit mexikanischem Akzent, dessen Stimme technisch verfremdet war, als Esmées Entführer zu erkennen gab. Er forderte drei Millionen Dollar Lösegeld und erklärte, dass sich Esmée in einer vergrabenen Kiste befinde, in der sie noch exakt achtundvierzig Stunden Luft zum Atmen habe. Für uns vom FBI begann ein Wettlauf gegen die Zeit, denn auch die kalten Temperaturen, die zu dieser Zeit herrschten, erhöhten nicht gerade unsere Chancen, die Frau lebend zu finden ...


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Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Atme, wenn du kannst!

Vorschau

Impressum

Atme, wenn du kannst!

Durch einen Spalt im Holz konnte Esmée Curtis einen schmalen Lichtstreifen über sich erkennen. Sie sah, dass die Sonne immer noch schien. Doch dann wurde es dunkel. Erde prasselte auf die Decke ihres hölzernen Gefängnisses. Eine Schaufel nach der anderen. Esmée schob zwei Finger unter den Kragen ihres Kleids, um besser atmen zu können. Die Luft wurde von Sekunde zu Sekunde stickiger. Vielleicht bildete sie sich das nur ein. Man hatte ihr gesagt, dass sie gut mit Sauerstoff versorgt sein würde, wenn auch nur für eine gewisse Zeit.

Esmées Augen füllten sich mit Tränen. Warum passierte ihr das? Hatte sie nicht versucht, ein gottgefälliges Leben zu führen? Aber was, wenn es Gott gar nicht gab?

Esmée versuchte, der aufsteigenden Panik Einhalt zu gebieten, indem sie langsam ein- und ausatmete und immer wieder von null bis hundert zählte. Er hatte versprochen, dass ihr nichts passieren werde, wenn alles klappte.

Esmée schrie. Niemand hörte sie.

»Ich weiß nicht, wo sie ist.« Stella Fishers Stimme klang ratlos. »Wir waren zusammen im Waschraum, ich bin dann schon mal vorgegangen, weil meine Mutter ihr Make-up auffrischen wollte. Sie hat gesagt, sie käme gleich nach.«

Howard L. Fisher tätschelte beruhigend den Arm seiner Ehefrau. »Wahrscheinlich hat sie jemanden getroffen und sich verplaudert. Hier sind doch auch viele von ihren Freundinnen.«

Stella blickte skeptisch. »Howie, das war vor fast einer Stunde, dass wir uns getrennt haben. So lange würde sie mich am Stand nicht alleine lassen. Außerdem habe ich sie bereits dreimal angerufen. Es war immer nur die Mailbox dran.«

Fisher fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger übers Kinn. »Das ist wirklich komisch. Aber es wird sich sicherlich aufklären. Am besten gehst du erst mal an den Stand zurück.« Er zwinkerte seiner Ehefrau aufmunternd zu. »Nicht, dass jemand den ganzen Kuchen klaut. Ich mache mal die Runde und frage, ob sie jemand gesehen hat.«

»Danke, Howie.«

Fisher ging hinüber zu Peter Moore, der seinen Stand direkt gegenüber hatte. »Sag mal, Peter, hast du Esmée gesehen?«

»Die ist los mit Stella«, antwortete Peter und stellte noch einige von den selbst gehäkelten Wollschweinchen, die er und seine Frau auf dem Kirchenbasar anboten, auf den Verkaufstisch.

»Ja, das weiß ich, hast du sie danach noch gesehen?«

Peter dachte einen Moment nach. »Ich glaube nicht. Stella ist ja schon eine Weile wieder da. Nein, also wenn ich es mir recht überlege, habe ich Esmée danach nicht mehr gesehen. Obwohl ich auch im Saal unterwegs war und alle begrüßt habe.«

Bob Estrada, der am Stand neben Peter Moore Laubsägearbeiten feilbot, bestätigte das, was Peter gesagt hatte. Auch er hatte Esmée zusammen mit Stella weggehen sehen und danach bemerkt, wie Stella alleine zurückgekehrt war. Esmée hatte er seitdem nicht mehr zu Gesicht bekommen.

Nachdem sich Howard L. Fisher an weiteren Ständen erkundigt hatte, an denen ihm niemand etwas über Esmée sagen konnte, steuerte er auf den von Vanessa Waterfield-Cox zu, einer guten Freundin seiner Schwiegermutter.

Mrs. Waterfield-Cox, eine langbeinige Blondine mittleren Alters, begrüßte ihn mit einem spöttischen Lächeln. »Na, Howie, möchtest du eine Flasche selbst gemachten Schlehenlikör kaufen, um dich bei Esmée einzuschleimen? Du weißt ja, den trinkt sie besonders gerne.«

»Vanessa, Esmée ist verschwunden. Stella war vor über einer Stunde mit ihr im Waschraum. Danach hat sie niemand mehr gesehen. Meine Frau macht sich wahnsinnige Sorgen.«

»Das braucht sie nicht.« Vanessa Waterfield-Cox band eine Schleife um eine Flasche Schlehenlikör. »Wahrscheinlich braucht Esmée einfach nur mal eine kurze Auszeit von ihrer Familie.«

Auch Howard L. Fishers weitere Nachforschungen ergaben nichts. Niemand im Gemeindesaal der Kirche hatte Esmée Curtis in der letzten Stunde gesehen, zumindest erinnerte sich niemand daran. Seine Schwiegermutter schien wie vom Erdboden verschluckt. Nachdem Fisher auch von Reverend Bush eine abschlägige Antwort erhalten hatte, beschloss er, noch einen Rundgang um das Gotteshaus zu machen, um einen klaren Kopf zu kriegen. Beim Verlassen der Kirche fröstelte er. Es war empfindlich kalt geworden. Der Himmel war von einem stählernen Grau, und die Luft roch nach Schnee. Während Fisher mit hochgeschlagenem Jackettkragen und den Händen in den Hosentaschen über den kleinen Friedhof vor der Kirche lief, fielen die ersten Flocken.

Als er an ihren Stand auf dem Kirchenbasar zurückkehrte, schaute seine Frau ihn erwartungsvoll an.

Fisher zuckte bedauernd mit den Schultern. »Es hat sie niemand gesehen, Darling. Aber warte, ich habe noch eine andere Idee. Vielleicht hat sie etwas vergessen und ist nach Hause gegangen, um es zu holen, und hat dabei nicht auf die Zeit geachtet. Ich rufe mal deinen Vater an.« Während er sein Handy aus der Hosentasche zog, klingelte es. Er schaute auf das Display und lächelte. »Sag ich's doch. Das ist dein Dad.« Er nahm das Gespräch an. »Hallo, George. Sag mal, warum hat Esmée denn nicht gesagt, dass sie noch mal nach Hause geht? Stella ist außer sich vor Sorge.« Dann wurde sein Gesicht ernst. »Was! – Das würde ich nicht machen. – Ja, ist gut.«

Stella schaute ihn mit vor Schreck geweiteten Augen an. »Was ist los, Howie?«

»Stella ...« Fisher schob einen Arm unter den seiner Frau und winkte mit dem freien Reverend Bush heran, den er zwei Stände weiter erspäht hatte. »Stella, deine Mutter ist entführt worden. Nur mach dir keine Sorgen, dein Vater wird das Lösegeld bezahlen, und wir haben sie bald wieder.«

Er brauchte beide Arme, um seine ohnmächtige Frau aufzufangen.

»Natürlich hast du der Blondine an der Kasse schöne Augen gemacht«, sagte Phil und schob einen Aktenstapel auf seinem Schreibtisch zur Seite.

»Das sagt der Richtige«, erwiderte ich. »Du konntest deinen Blick nicht von ihr abwenden. Wie geht es eigentlich Netty?«

Phil lachte. »Gehen wir gleich in Mezzogiorno? Ich habe Lust auf eine schönen Portion Pasta.«

Ich streckte mich, um nach einigen Stunden Schreibtischarbeit meine Rückenmuskulatur zu lockern. »Das können wir gerne machen, jetzt wo es endlich mal ein bisschen ruhiger ist. Wir waren ziemlich lange nicht mehr dort.«

Mein Telefon klingelte, ich nahm das Gespräch entgegen. Es war Mr. High, der mich bat, mit Phil in sein Büro zu kommen.

Nachdem ich aufgelegt hatte, wandte ich mich an Phil. »Ich glaube, aus unserer Pasta wird nichts, Partner. Das war der Chef. Er hatte mal wieder diesen gewissen Ton in der Stimme.«

Als wir in Mr. Highs Büro traten und ich sein Gesicht sah, wusste ich, dass ich richtig kombiniert hatte.

Der Chef erhob sich und bot uns Plätze an seinem Besprechungstisch an. Dann setzte er sich zu uns. »Gentlemen, ich hoffe, Sie konnten in der ruhigeren Phase, die wir gerade hatten, etwas entspannen. In den nächsten beiden Tagen werden Sie nicht zur Ruhe kommen. Die Frau von George Curtis ist entführt worden.«

»Vom Schokomillionär?«, fragte Phil.

Der Chef nickte. »Genau der. Seine Frau ist heute Morgen während eines Kirchenbasars spurlos verschwunden. Sie wurde zuletzt von ihrer Tochter im Waschraum gesehen und hat sich danach anscheinend in Luft aufgelöst. Etwa zwei Stunden später hat George Curtis einen Anruf erhalten, bei dem ein Mann mit mexikanischem Akzent und technisch verfremdeter Stimme ihm mitgeteilt hat, dass er Curtis' Frau Esmée entführt habe und drei Millionen Dollar Lösegeld verlange. Als Curtis nach einem Beweis gefragt hat, hat der Mann ihm gesagt, er solle in den Briefkasten schauen. Darin lag der Ehering von Esmée Curtis.«

»Zum Glück war es nur der Ehering und nicht der Finger«, sagte ich.

»Das habe ich auch gedacht«, erwiderte Mr. High.

»Die drei Millionen sollte Curtis ohne größere Probleme zusammenkriegen«, meinte Phil.

»Davon gehe ich aus«, sagte Mr. High. »Es gibt allerdings in dem Fall eine besondere Schwierigkeit. Der Entführer hat Curtis mitgeteilt, dass sich seine Frau in einer im Erdboden vergrabenen Kiste befindet, in der sie exakt für achtundvierzig Stunden ab Zeitpunkt seines Anrufs Luft zum Atmen hat.«

Jetzt verstand ich, warum der Chef so besorgt war. »Wir müssen also den Entführer unbedingt schnappen. Wenn es stimmt, was er sagt, und er sich mit dem Lösegeld auf und davon macht, war es das für Esmée Curtis.«

»So ist es«, stimmte Mr. High mir zu. »Abgesehen davon sind die herrschenden Außentemperaturen nicht gerade angenehm. Darauf hat auch der Entführer hingewiesen.«

»Je schneller wir ihn fassen, desto besser«, brummte Phil. »Zum Glück hat sich Curtis an die Polizei gewandt und versucht nicht, die Sache im Alleingang zu lösen.«

»Das kann man wohl sagen«, bestätigte Mr. High. »Der Entführer hat ihm dringend davon abgeraten, Curtis hat es trotzdem gemacht. Er ist gerade dabei, das Lösegeld zu besorgen. Der Kidnapper will sich in Kürze wieder telefonisch melden und ihm sagen, wo und wann die Übergabe stattfinden soll. Ich habe Ben bereits darum gebeten, das Telefon abzuhören. Der Täter wird wahrscheinlich schlau genug sein, dass wir den Anruf nicht zurückverfolgen können, aber man kann nie wissen. Außerdem erhalten wir so wenigstens eine Stimmprobe.«

»Wann war der erste Anruf?«, erkundigte ich mich.

»Um zwölf Uhr mittags«, antwortete Mr. High.

Ich schaute auf die Uhr. »Dann bleiben Esmée Curtis noch fünfundvierzig Stunden.«

Wir nahmen den Jaguar und brauchten zu der Kirche, aus deren Gemeindesaal Esmée Curtis verschwunden war, fast eine Dreiviertelstunde, obwohl es bis dorthin nur etwas über fünf Meilen waren. Baustellen, Lieferwagen, die die Fahrbahn blockierten, extrem dichter Verkehr, der normale Wahnsinn zur Mittagszeit in New York.

Dafür fanden wir direkt vor der Kirche einen Parkplatz. Jedoch nur, weil Phil dem Fahrer eines weißen SUV mit wichtiger Miene seine Marke vor die Nase hielt und ihn aufforderte, seinen Wagen in geringerem Abstand zu dem Fahrzeug vor sich zu parken, sodass eine ausreichend große Lücke für den Jaguar entstand.

Ein Seitentrakt des unscheinbaren Gotteshauses entpuppte sich als Pfarrhaus, wie eine Tafel an der Außenfassade verriet. Da die Tür unverschlossen war, traten wir ein und trafen auf einen älteren Mann, der im Begriff war, einige Blumen am Fenster der kleinen Halle zu gießen, in der wir uns jetzt befanden. Aufgrund seines Kollarhemds war er unschwer als Geistlicher zu erkennen.

»Sind Sie hier zuständig?«, fragte ich.

Der Mann schaute mich durchdringend an. »Nicht ich bin es, der hier zuständig ist, ich bin nur sein Diener.« Dann lachte er. »Mann, jetzt gucken Sie nicht so verdutzt. Natürlich bin ich hier zuständig. Würde ich sonst die Blumen gießen?« Er schüttelte zuerst mir und dann Phil die Hand. »Reverend Horace Bush. Sie sind wegen der Sache mit Esmée hier, stimmt's?«

»Woher wissen Sie das?«, fragte Phil.

»Ich war früher mal Polizist«, antwortete der Reverend, während er uns bedeutete, ihm zu folgen. »Euch Agents rieche ich auf eine Meile Entfernung.«

Inzwischen waren wir in einem vollgestopften, aber gemütlichen Büro angelangt. Den Kaffee, den uns der Reverend anbot, nahmen wir dankend entgegen und setzten uns auf die Stellen eines abgenutzten Sofas, die die dort aufgetürmten Papiere freigelassen hatten.

Der Reverend nahm einen Schluck von seinem Kaffee. »Ich befürchte leider, dass ich Ihnen nicht weiterhelfen kann. Ich habe erst erfahren, dass Esmée vermisst wurde, als ihr Schwiegersohn Howard mich fragte, ob ich sie gesehen habe. Ich habe auch nichts Ungewöhnliches bemerkt, und mir ist nicht zu Ohren gekommen, dass jemand etwas bemerkt hätte. Das ist eine Sache, die ich nicht verstehe. Wie kann sich jemand einfach in Luft auflösen?«

»Ich verrate Ihnen jetzt etwas«, sagte ich, »bitte behalten Sie es für sich, sonst könnte es gefährlich für Esmée Curtis werden. Sie ist entführt worden. Der Entführer hat sich bereits gemeldet.«

Der Geistliche war betroffen. »Das ist eine böse Sache. Ich werde nicht darüber reden, darauf können Sie sich verlassen.«

»Hatte Mrs. Curtis Feinde?«, wollte Phil wissen.

Der Reverend zuckte mit den Schultern. »Nicht mehr oder weniger als jeder von uns, denke ich. Sie ist seit Jahren ein aktives Mitglied der Gemeinde. Das war sie schon, bevor ich hier angefangen habe. Sie verfügt über ein, na ja, sagen wir mal, gewisses Sendungsbewusstsein, das heißt, sie neigt dazu, Menschen zu missionieren. Ich kann mir schon vorstellen, dass das dem ein oder anderen auf die Nerven gegangen ist. Doch ich glaube nicht, dass man deshalb gleich jemanden entführt.«

»Das glaube ich auch nicht«, meinte Phil. Dann deutete er auf den Computer des Pastors. Wie ich sehe, sind Sie voll ausgestattet. Haben Sie die E-Mail-Adressen Ihrer Schäfchen?«

Bush nickte. »Natürlich. Man kann sich ja dem Fortschritt nicht verschließen. Die Zeiten, als ich das Kirchenblättchen eigenhändig in jeden Briefkasten geworfen habe, sind vorbei.«

»Würden Sie uns einen Gefallen tun?«, fragte Phil.

»Wenn ich kann.«

»Könnten Sie eine Rundmail verfassen, in der Sie nachfragen, ob jemand auf dem Kirchenbasar etwas Ungewöhnliches beobachtet oder Esmée Curtis nach zehn Uhr gesehen hat?«

Der Reverend nickte. »Selbstverständlich. Das erledige ich jetzt sofort.«

»Könnten Sie uns bitte vorher den Waschraum zeigen?«, bat ich. »Dort wurde Esmée Curtis ja zuletzt gesehen.«

Wir folgten dem Geistlichen durch einige Gänge, die um das Innere der eigentlichen Kirche herumliefen, und fanden uns vor einen Raum wieder, in dem sich die Türen zu den Waschgelegenheiten befanden. Daneben gab es eine weitere Tür.

Ich wandte mich an den Reverend. »Ich schätze mal, dass diese Tür zum Innenhof führt, der eine Ausfahrt hat, und dass Esmée Curtis von hier verschwunden ist.«

»Das denke ich auch«, sagte Bush. »Sonst hätte jemand etwas bemerkt. Es waren so viele Menschen auf dem Kirchenbasar, die sie kannten. Aus dem Gemeindesaal hätte sie nicht unbemerkt entführt werden können. Und ja, der Hinterhof hat eine Ausfahrt. Den Hof benutzen auch unsere Lieferanten. Selbst eine Kirche muss beliefert werden.«

»Ist die Tür offen?«, fragte ich.

Der Reverend schüttelte den Kopf. »Nicht immer. Wir haben in der Gegend mit Kriminalität zu kämpfen. Aber während des Kirchenbasars war sie geöffnet, damit die Besucher zwischendurch mal Luft schnappen konnten.«

Ich verstand. »In Ordnung. Mein Partner und ich würden uns gerne kurz in dem Waschraum umsehen, aus dem Esmée Curtis verschwunden ist, und dann einige Nachbarn befragen, die Blick auf diesen Hinterhof haben. Könnten Sie uns die Tür kurz aufschließen?«

»Natürlich. Ich warte hier, bis Sie den Waschraum begutachtet haben. Lassen Sie sich Zeit.«

Wir dankten dem Reverend und betraten den Waschraum. Alles war sauber und unverdächtig. Nichts wies darauf hin, dass jemand von hier unfreiwillig verschwunden war.

»Ich werde für Esmée Curtis beten«, sagte Reverend Bush zum Abschied. »Bitte halten Sie mich auf dem Laufenden.«

Wir versprachen es ihm.

Nachdem der Reverend uns die Tür aufgeschlossen hatte und Phil und ich im Hof standen, stellten wir fest, dass es mindestens vier Häuser gab, von denen aus man die Hintertür der Kirche einsehen konnte. Uns war klar, dass wir es nicht alleine schaffen würden, die Bewohner zu befragen. Die Zeit saß uns im Nacken, wir brauchten Hilfe.

Ich rief Detective Sergeant Ernesto Rivas vom NYPD im 19. Precinct an. Das hier war sein Revier.

Er schien ehrlich erfreut, mich zu hören. »Jerry, alter Kumpel! Lange nichts mehr gehört. Wird Zeit, dass wir mal wieder zusammen zu einem Spiel der Yankees gehen!«

Nachdem ich ihm versichert hatte, dass ich ganz seiner Meinung war, schilderte ich ihm die Situation und bat ihn um Verstärkung, damit wir die Bewohner der umliegenden Häuser befragen konnten.

Rivas wurde ernst. »Ich schicke sofort einen Trupp los, Jerry. Wir werden jede Maus und jeden Goldhamster in diesen Häusern befragen. Wenn jemand etwas gesehen hat, kriegen wir es raus.«

»Danke, Ernesto, auf dich ist Verlass. Dann fangen Phil und ich jetzt mit dem Hochhaus an, von dem man direkt auf den Hintereingang der Kirche blicken kann, und den Rest macht ihr.«

Rivas war einverstanden.

Phil und ich nahmen uns das Gebäude vor. Die Haustür war offen, drinnen roch es nach Bohnerwachs, Kaffee und Sonntagsbraten. Wir fuhren mit einem wenig vertrauenerweckenden Lift in das oberste Stockwerk, um uns dann nach unten zu arbeiten.

Die Klientel des Hauses war bunt gemischt. Wir befragten alte Ladys und junge Frauen, Studenten und Familienväter, Hispanos, Asiaten, Weiße und Afroamerikaner. In vielen Wohnungen war niemand zu Hause, und dort, wo wir Mieter antrafen, hatte niemand etwas gesehen.

Erst im fünften Stock bat uns ein alter Mann in sein Wohnzimmer.

»Den Hintereingang der Kirche meinen Sie?«, schrie er.

»Ja genau«, antwortete Phil. »Wir wüssten gerne, ob Sie dort etwas beobachtet haben, so gegen zehn.«

Der Alte fingerte an seinem Hörgerät herum, wahrscheinlich stellte er es lauter. »Zehn Uhr, sagen Sie? Da habe ich gefrühstückt. Ich frühstücke sonntags immer um zehn Uhr. Aber warten Sie, da war was. Ich muss mich bloß erinnern.«

Er watschelte zum Fenster und schaute hinaus, um seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Wir folgten ihm und sahen den Hinterausgang der Kirche nun aus einer anderen Perspektive.

Der Alte wiegte den Kopf hin und her, dann schnippte er plötzlich mit den Fingern. »Jetzt habe ich es!« Langsam ging er zum Tisch und ließ sich schwerfällig auf einen Stuhl fallen. »Ich wollte gerade etwas Wurst aus dem Kühlschrank holen, da habe ich noch mal einen Blick aus dem Fenster geworfen.«

Wir warteten darauf, dass er weitersprach, aber er machte keine Anstalten.

»Was dann?«, half ich ihm auf die Sprünge.

Er fingerte wieder an seinem Hörgerät herum. »Was?«

»Sie haben etwas gesehen.«

»Wo?«

»Am Hintereingang der Kirche. Heute Morgen.«

»Ach so, das. Ein betrunkener Mann und eine große Frau sind in ein Auto gestiegen.« Er schüttelte den Kopf. »Nein, es war andersherum. Ein großer Mann und eine betrunkene Frau sind in ein Auto gestiegen.«

»Sind Sie sich sicher?«, hakte ich nach.

»Absolut«, antwortete der Alte. »Ich habe nämlich beim Essen noch darüber nachgedacht, was das heutzutage für komische Zeiten sind, in denen man betrunken in die Kirche geht.«

»Haben Sie den Mann und die Frau erkannt?«