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Auf Kasabonika Island, Kanada, wurde Alastair Dempsey festgenommen, ein vom FBI wegen Mordes gesuchter Mafioso. Phil und mir fiel die Aufgabe zu, den Mann nach New York zu überführen. Wir reisten zum Kasabonika Airport und trafen auf die in der Gegend ansässigen Indianer. Ein richtiges Gefängnis gab es nicht, Dempsey wurde in einer Lagerhalle festgehalten. Da das Gebiet nur per Luft zu erreichen war, beschlossen wir, den Gefangenen zum 445 Meilen entfernten Flughafen Winnipeg zu fliegen. "Nur ein Katzensprung", sagte unser Pilot. Doch da zog eine Sturmfront auf - und wir stürzten mitten in der Wildnis ab!
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Seitenzahl: 126
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Verschollen in der Wildnis
Vorschau
Impressum
Verschollen in der Wildnis
»Na, wie wär's mit uns beiden?«, fragte die dunkelhaarige Schönheit und setzte sich neben den jungen Mann.
Sein Blick wurde magisch von ihrem Ausschnitt angezogen, der fast bis zum Bauchnabel hinunterreichte und ihre prallen Rundungen mehr als erahnen ließ.
»Ja, gerne, wieso nicht?«, gab er unsicher von sich und schluckte.
Sie lächelte und rückte näher an ihn heran, so nah, dass ihm ganz heiß wurde. »Du bist zum ersten Mal im Quentin, nicht wahr?«
Er nickte. »Ja, woher wissen Sie das?«
»Erfahrung«, antwortete sie bedeutungsvoll. »Ich hab eine Menge Erfahrung. In vielen Bereichen.«
Sie bestellte einen Drink und berührte ganz zärtlich seinen Oberschenkel. »Du bist hier absolut richtig. Das, was du heute Abend erlebst, wirst du nie vergessen ...«
In dem Moment brach in der Bar die Hölle los.
Mehrere Männer und Frauen, alle FBI Agents, stürmten die Bar mit gezogenen Waffen. Sie verteilten sich innerhalb von Sekunden und blieben in Stellung. Unmittelbar danach folgten weitere Agents durch den Haupteingang, schauten sich um und fingen an, die angrenzenden Bereiche der Bar zu überprüfen.
Phil und ich gehörten zur zweiten Gruppe. Die Razzia im Quentin richtete sich gegen die Bartolo-Familie, die in den vergangenen Jahren ihre Aktivitäten in den Bereichen Drogen und Prostitution immer mehr ausgeweitet hatte. Das Quentin war eine ihrer größten Bars und außerdem der Ort, an dem sich die Familienmitglieder gern aufhielten. Unser Ziel war, sie auf frischer Tat zu ertappen.
Mein Blick fiel auf einen blassen jungen Mann, der an der Bar saß. Neben ihm befand sich eine dunkelhaarige Frau, der man ihren Job sofort ansehen konnte. Während sie relativ ruhig blieb, zitterten die Hände des jungen Mannes wie Espenlaub. Sicher hatte er sich den Abend anders vorgestellt.
»Hier entlang«, sagte Phil und deutete auf eine Tür, die zum hinteren Treppenhaus führte.
Von dort gelangte man, das wussten wir von einem Informanten, zu den Zimmern, in denen vorrangig Männer für sexuelle Gefälligkeiten bezahlten. Im ersten Stock sollten sich die Räumlichkeiten befinden, in denen sich die Mitglieder der Bartolo-Familie aufhielten.
Phil und ich bewegten uns mit schnellen Schritten zur Tür. Er ging in Position, ich öffnete sie. In dem Moment konnte ich gerade noch sehen, wie jemand von der Treppe in Richtung des hinteren Ausgangs unterwegs war. Es handelte sich um einen kräftigen Mann meiner Größe. Er wandte mir den Rücken zu, konnte mich also nicht sehen.
»FBI! Stehen bleiben, und Hände hoch!«, rief ich.
Er war bereits an der hinteren Ausgangstür, als er innehielt und den Kopf umdrehte. Auch wenn sein Gesicht nur schwach beleuchtet war, erkannte ich sofort, um wen es sich handelte: Alastair Dempsey, der gefürchtetste Hitman der Bartolo-Familie.
»Keine Bewegung, Dempsey ...«, sagte ich und machte einen Schritt nach vorne.
Er nickte lässig und sprang im nächsten Augenblick aus der Tür hinaus in die Dunkelheit.
Ich schoss, verfehlte ihn aber.
»Verdammt!«, fluchte ich. »Das war Dempsey. Er ist hinten raus!«
»Den schnappen wir uns«, sagte Phil.
Ich sprintete los, erreichte die Tür, durch die Dempsey verschwunden war. Phil blieb direkt hinter mir, sicherte das Treppenhaus. Eigentlich sollten unsere Leute draußen Dempsey inzwischen erwischt haben. Ich gab über Funk eine Meldung durch.
»Hier ist er nicht«, war die Antwort.
»Dann muss er sich irgendwo im Hofbereich aufhalten«, folgerte Phil.
Ich nickte und wusste, dass der Häuserblock von unseren Leuten und dem NYPD umstellt war. Trotzdem war nicht auszuschließen, dass Dempsey eine Möglichkeit kannte, unbemerkt zu entkommen.
Schnell warf ich einen Blick auf den spärlich beleuchteten Hinterhof und konnte gerade noch sehen, wie eine dunkle Gestalt in einem der angrenzenden Häuser verschwand.
»Los, er versucht zu flüchten!«, sagte ich und machte mich mit Phil auf den Weg.
Auf dem Hof gab es kaum Deckungsmöglichkeiten. Abgesehen von Dempsey befand sich dort aber niemand. Und er war damit beschäftigt, die Tür eines anderen Gebäudes zu öffnen.
Als wir bis auf zehn Schritte an ihn herangekommen waren, zielte ich mit meiner Waffe auf ihn und sagte ruhig: »Dempsey, das reicht. Nehmen Sie die Hände langsam hoch, und drehen Sie sich um.«
Er erstarrte, wandte sich langsam um, ohne die Arme zu heben. Das holte er erst nach, als er mir direkt in die Augen schaute.
»Ist ja heute ein großer Tag für Sie, Agent«, sagte er mit einem Lächeln im Gesicht. »Sie sind derjenige, der Alastair Dempsey verhaftet.«
Wir blieben auf der Hut. Dempsey war bis zu dem Tag nicht umsonst der Verhaftung entgangen. Unter anderem hatte er einen Detective schwer verletzt, der ihm Handschellen anlegen wollte. Von dem, was er seinen anderen Opfern angetan hatte, ganz zu schweigen. Er war ein gesuchter Mörder, und wir würden ihm diesmal keine Chance geben zu fliehen.
Während ich ihn weiter anvisierte, legte Phil ihm Handschellen an und durchsuchte ihn nach Waffen. Er fand mehrere Messer. Wahrscheinlich war Dempsey von der Ankunft des FBI überrascht worden und hatte nicht die Gelegenheit gehabt, eine Schusswaffe mitzunehmen.
Wir führten ihn ab, brachten ihn durch die Räumlichkeiten des Quentin auf die Straße, wo wir ihn in einen Wagen setzten.
»Dann gute Reise«, sagte Phil lächelnd.
»Die werde ich haben«, erwiderte Dempsey.
Ich nahm mir einen Augenblick Zeit, um ihn zu mustern. Eigentlich sah er nicht wie ein Gangster aus, schon gar nicht wie ein Mörder. Mit seinem leicht aufgedunsenen Gesicht, dem kurzen Hals und den mittelblonden Haaren hätte er genauso gut Farmer im mittleren Westen sein können. Allein die Augen zeigten mir, dass er es faustdick hinter den Ohren hatte. Und das unangenehme Grinsen, als liebte er es, sich am Leid seiner Opfer zu laben.
Phil schloss die Tür des Wagens, der Dempsey und weitere Verhaftete abtransportierte.
»Ein guter Fang«, sagte ich.
»In der Tat«, stimmte Phil mir zu. »Wobei ich bisher nichts von den Bartolos gehört habe. Haben wir welche von ihnen erwischt?«
Joe Brandenburg, der Phil gehört hatte, schüttelte den Kopf. »Nein, haben wir nicht. Keine Ahnung, wie sie es geschafft haben, doch im Quentin war niemand zu finden.«
»Wir hatten die Info, dass sie dort sein würden«, sagte Phil.
»War offensichtlich eine Falschinformation«, erwiderte Joe. »Aber ihr habt ja auch so einen fetten Fisch geangelt. Wie lange suchen wir Dempsey jetzt schon? Sicher ein halbes Jahr oder länger.«
Es wurmte Alastair Dempsey gehörig, dass die Feds ihn geschnappt hatten. Nicht so sehr, weil er auf einer harten Pritsche ohne weibliche Wärme an seiner Seite die Nacht in Untersuchungshaft verbringen musste, sondern vor allem aufgrund der Tatsache, dass sie es geschafft hatten, ihn zu verhaften. Die Namen der beiden Agents hatte er sich gemerkt: Jerry Cotton und Phil Decker. Um sich zu beschäftigen, malte er sich aus, wie er es ihnen heimzahlen würde. Abartige und wenig appetitliche Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Unmenschlich und blutig genug, um Filme von Tarantino wie Familienunterhaltung erscheinen zu lassen.
Seine düsteren Gedanken wurden unterbrochen, als ihn zwei Aufseher abholten. Sein Anwalt war eingetroffen.
»Endlich«, maulte er.
Die beiden Justizgestellten führten ihn vorbei an leeren und besetzten Zellen, durch triste Flure und verschiedene Sicherheitstüren, bis er vor seinem Anwalt Platz nehmen konnte.
»Wann komme ich wieder raus?«, sagte Dempsey statt einer Begrüßung.
»Das kann ich noch nicht genau sagen«, antwortete sein Anwalt, ein Mittfünfziger, schmächtig von Gestalt, mit dicker Brille auf der überdimensionierten Nase.
»Wie bitte?«, fauchte Dempsey. »Wofür bezahle ich Sie denn?«
Er war kurz davor aufzustehen. Doch der Blick des Aufsehers, der ihn durch eine Glasscheibe beobachtete, hielt ihn davon ab.
»Es ist kompliziert«, sagte sein Anwalt. »Sie haben eine Menge Beweise. Der Richter wird wahrscheinlich keine Kaution akzeptieren. Ich fürchte, es gibt nur einen Weg hier raus, mithilfe des Sensenmanns.«
Dempsey nickte. Er wusste, was sein Anwalt meinte.
»Ich werde bereit sein«, sagte er.
Mehr hatten sie sich nicht zu sagen.
Der Anwalt stand auf und verabschiedete sich. Die beiden Gefängnisangestellten holten Dempsey und brachten ihn in seine Zelle zurück.
Als er wieder eingesperrt wurde, zierte ein Lächeln sein Gesicht.
Bald würde der Sensenmann kommen. Er freute sich schon darauf.
Am Vormittag des nächsten Tages wurde Alastair Dempsey aus seiner Zelle geholt. Wieder waren es zwei Aufseher, die ihn eskortierten, wenn auch andere als am Vortag. Sie brachten ihn nicht zu seinem Anwalt, sondern zu einem Gefangenentransporter.
»Nettes Taxi«, scherzte Dempsey, als sie ihn unsanft in den Bus beförderten, der Platz für gut zwei Dutzend Fahrgäste hatte.
»Mach bloß keinen Ärger«, brummte der Größere der beiden.
»Ich werde mich hüten«, erwiderte Dempsey und nahm Platz.
Er wurde an Händen und Füßen fixiert, um eine Flucht unmöglich zu machen.
»Und was ist, wenn ich mal austreten muss?«, wollte er wissen.
»Dann musst du es dir verkneifen«, erwiderte der größere Aufseher gefühllos.
»Hoffentlich schaffe ich das. Ich will doch vor Gericht einen guten Eindruck hinterlassen.«
Wenige Minuten später setzte sich der Transporter in Bewegung. Neben dem Fahrer befand sich vorne noch ein Wachmann. Dempsey war der einzige Fahrgast.
»Hey, ihr Flaschen, wie wäre es mit etwas Musik?«, rief Dempsey, als sie ein paar Minuten unterwegs waren.
»Halt's Maul«, erwiderte der Wachmann und schenkte Dempsey keine weitere Aufmerksamkeit.
»Das ist aber keine Erste-Klasse-Fahrt«, sagte Dempsey. »Ich werde mich bei der Gewerkschaft der Gefängnisaufseher beschweren.«
»Mach, was du willst!«
»Darauf kannst du Gift nehmen«, sagte Dempsey zu sich selbst.
Die nächsten zehn Minuten hielt er den Mund und konzentrierte sich auf die Umgebung. Er wünschte, der Anwalt hätte ihm mehr erzählen können. So wusste er nicht, wann und wie es geschehen würde, dass der Sensenmann auftauchte. Ungewissheit! Das war etwas, das Dempsey überhaupt nicht leiden konnte. Dummerweise blieb ihm in seiner Situation nicht anderes übrig als abzuwarten und ...
In dem Moment bremste das Fahrzeug scharf ab. Es folgte ein Knall. Schließlich kam der Gefangenentransporter zum Stehen. Ein schweres Baufahrzeug hatte ihm den Weg versperrt. Bevor der Fahrer reagieren und zurücksetzen konnte, fuhr ein zweites Fahrzeug von hinten heran, womit auch dieser Weg versperrt war.
»Was, zum ...? Die wollen den Typen befreien!«, schrie der Wachmann und zog seine Waffe.
Er hatte keine Gelegenheit mehr, sie zu benutzen. Ein maskierter Mann schlug mit einer Axt eines der Fenster ein, ein zweiter Maskierter gab mehrere Schüsse auf den Fahrer und den Wachmann ab, die getroffen zusammensackten.
Dempsey fühlte seinen Adrenalinspiegel ansteigen. Endlich! Genau das hatte er erwartet. Bald würde er wieder frei sein.
»Da seid ihr ja«, gab er mit einem Lächeln von sich und hob die Hände mit den Fesseln.
Einer der Maskierten öffnete mit Gewalt die Fahrzeugtür, trat ein, warf den angeschossenen Männern einen Blick zu und trat auf Dempsey zu. Er zog einen großen Bolzenschneider aus der Tasche.
»Hände hoch«, sagte er forsch.
Dempsey folgte der Aufforderung. Wenige Sekunden später waren seine Hände frei. Dann waren die Fußfesseln an der Reihe.
Dempsey stand auf und verließ zusammen mit dem Mann den Gefangenentransporter. Sie rannten um die Ecke zu einem dunkelgrauen Sportwagen. Der Maskierte nahm auf dem Beifahrersitz Platz, Dempsey hinten. Der zweite Maskierte war der Fahrer und hatte den Motor bereits gestartet.
»Alles klar bei dir, Dempsey?«, wollte der Fahrer wissen und zog die Maske vom Gesicht.
»Alles klar, Sensenmann«, antwortete Dempsey.
Der Sensenmann nickte. »Dann halt den Kopf unten, und zieh dich um. Falls wir verfolgt werden, könnte die Fahrt holprig werden.«
Phil und ich genehmigten uns gerade ein spätes Frühstück in Harlem und saßen im Jaguar, als wir von Dempseys Flucht hörten.
»Verdammt, jemand hat den Kerl befreit!«, fluchte Phil. »Die Begleiter des Gefangenentransports sind schwer verletzt worden und auf dem Weg ins Krankenhaus. Der Überfall fand in Queens statt, in Astoria Heights. Wenn wir den Harlem River überqueren, haben wir noch gut eine Meile zurückzulegen, um dorthin zu gelangen.«
Ich nickte. »Wenn sie die Flucht gut vorbereitet haben, sind sie im Vorteil. Wir fahren hin. Vielleicht können wir helfen.«
Ich startete den Motor und gab Gas. Unser Ziel war der Südosten von Queens. Zum Glück war die Rushhour bereits vorbei, sodass wir gute Chancen hatten, schnell voranzukommen.
Während ich mich auf den Verkehr konzentrierte und mit heulender Sirene und Warnlicht so schnell wie möglich fuhr, versuchte Phil, Infos über die Flüchtigen zu erhalten.
»Wahrscheinlich sind sie mit einem dunkelgrauen japanischen Sportwagen unterwegs«, sagte er. »Zuletzt wurde er auf dem Grand Central Parkway gesehen, Fahrtrichtung LaGuardia.«
»Vielleicht haben sie vor, ihn mit einem Flugzeug aus New York hinauszuschaffen«, sagte ich. »Dann stehen die Chancen nicht gut, ihn zu schnappen.«
»Ich lasse die Kollegen von der Flughafenpolizei informieren«, meinte Phil und erledigte einen entsprechenden Anruf.
Wir überquerten den Harlem River, fuhren weiter über Randalls Island und dann über die Robert F. Kennedy Bridge auf der Interstate 278 nach Osten.
Seit über zehn Minuten hatten wir keine neuen Informationen.
»Kann das NYPD weitere Leute schicken, Straßensperren errichten et cetera?«, fragte ich.
»Mister High wird sicher alles unternehmen, was möglich ist. Bisher leider ohne Erfolg.«
Ich überlegte, ob wir einen Anhaltspunkt hatten. »Kennt Dempsey in der Gegend jemanden? Hat er Kontakte?«
Phil zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich schaue in seiner Akte nach, ob es dort etwas gibt.«
»Falls das nichts bringt, müssen wir jemanden finden, der uns etwas über Dempsey und seine Kontakte erzählen kann.«
Eine Stunde später gab es immer noch keine Spur von ihm. Zusammen mit weiteren Agents suchten wir Kontakte des Flüchtigen auf, inklusive zwei seiner ehemaligen Freundinnen. An der gesamten Ostküste wurde nach ihm gefahndet. Ohne Erfolg.
Dempsey blieb verschwunden.
Sieben Monate später in einer kleinen Bar auf Kasabonika Island, irgendwo im Nirgendwo Kanadas, saß ein Mann am Tresen und bestellte seinen fünften Whisky. Draußen wehte ein kühler Wind, während nur vereinzelt warm gekleidete Menschen zu sehen waren. In dem Gebiet der First Nations, die man früher wahrscheinlich als Ureinwohner oder Indianer bezeichnet hätte, lebte es sich anders als in den Großstädten Nordamerikas. Hier war das Leben ein ständiger Kampf mit der Natur, die des Menschen größter Freund und gleichfalls ärgster Feind war. Vor allem in den Wintermonaten waren die Temperaturen nichts für kälteempfindliche Menschen.
»Das Einzige, was in eurem Kaff zu ertragen ist, das ist dieser Whisky«, gab der Mann am Tresen von sich und leerte das Glas. »Ich will noch einen!«
Er legte einen Zehndollarschein auf den Tresen. US-Dollar wohlgemerkt.
Der Barkeeper, ein Mittdreißiger, kräftig gebaut, mit ledriger Gesichtshaut, musterte ihn argwöhnisch. »Haben Sie nicht langsam genug?«
Der Mann schaute auf, fixierte den Barkeeper mit seinem Blick und sagte in unfreundlichem Tonfall: »Ich weiß, wann ich genug habe. Und das ist bisher nicht der Fall. Dort wo ich herkomme, respektiert man mich, schaut zu mir auf. Aber hier, hier ... hier ist alles eintönig und langweilig. Gut, dass ihr zumindest Satellitenfernsehen habt, sonst gäbe es überhaupt keine Unterhaltung.«
»Na gut, einen noch«, sagte der Barkeeper und schenkte nach.
Sein Gast griff nach dem Glas, setzte an und leerte es in einem Zug. »Das brennt richtig angenehm, vertreibt die Eintönigkeit, die einen Ort wie diesen ausmacht. Ich wette, alle außer mir sind hier geboren, aufgewachsen und werden bleiben, bis sie mausetot sind. Was für ein erbärmliches Leben das wohl sein muss.«