Jerry Cotton 3391 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3391 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Das Verschwinden von Taylor Bourqué schlug in Ermittlerkreisen hohe Wellen. Er war der Sohn von Jérôme Bourqué, UN-Botschafter von Vanuatu, einem winzigen Inselstaat im Südpazifik. Es gab Hinweise darauf, dass Taylor, der in New York studierte, in den letzten Monaten in die falschen Kreise geraten und in die Drogenszene abgerutscht war. Seit Vater hatte dem jungen Mann zuletzt sogar gedroht, ihm den Geldhahn abzudrehen und ihn zurück nach Vanuatu zu schicken. War er deshalb untergetaucht? Wir vom FBI bezweifelten das. Und Taylor war nicht der Einzige, der vermisst wurde. Zwei Freunde von ihm waren ebenfalls wie vom Erdboden verschluckt. Sie hatten ein langes Vorstrafenregister. Chatprotokolle legten nahe, dass die drei kurz zuvor einen großen Coup geplant hatten. Bei unseren Ermittlungen stießen wir auf ein geheimes Lagerhaus, ein Stash House ...


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Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Stash House

Vorschau

Impressum

Stash House

Kies knirschte beim Abstieg über die Böschung unter Reece Valentines Sneakern. Der Abhang war flach, aber eine Aneinanderreihung von Stolperfallen. Und vor allem bei Nacht nicht ganz ungefährlich. Taylor Bourqué und Luis Hickman folgten ihm versetzt und in größeren Abständen.

Der Mond, ein unförmiger Fleck, bot die einzige Orientierung in dieser viel zu kalten Aprilnacht.

Eine nahezu perfekte Szenerie für ein geheimes Treffen.

Oder einen Horrorfilm, dachte Reece, als er das Ende der Böschung erreichte. Und da fiel sein Blick auf die schwarze Gestalt. Unbeweglich stand sie mit dem Rücken zu ihm, den Blick auf das dunkle Band des East River gerichtet.

Reece stieß einen leisen Pfiff aus. Drei Herzschläge später drehte sich die Gestalt um. Und Reece Valentine stockte der Atem.

Er blickte in das bleiche Antlitz eines Skeletts.

Ich sah den Billardqueue erst, als er mit dem Griff auf mein Gesicht zuraste.

Reaktionsschnell wich ich zur Seite aus und spürte den Luftzug, während der Stock an mir vorbei ins Leere stach. Der Angreifer, ein hagerer Kerl Ende zwanzig mit einem Irokesen und einem verblassten graublauen Muscleshirt unter seiner offen stehenden Armyjacke, verlor das Gleichgewicht und geriet ins Taumeln.

Ich nutzte meine Chance, griff nach dem Queue und stieß ihn dem Kerl entgegen. Es krachte, als das Holz mit seiner Stirn kollidierte. Ein Raunen ging durch die Umstehenden.

Es war kurz nach Feierabend, entsprechend gut war das Metropolis besucht. Die Bar lag im hippen Brooklyner Stadtteil Williamsburg, etwas abseits der Hauptadern, an denen sich Studenten und gut bezahlte Berufseinsteiger den Abend versüßten. In Lokalen wie diesem, die sich wie konspirative Orte in winzigen Seitenstraßen versteckten, verkehrte eine andere Kundschaft, und es herrschte ein rauerer Ton, wie Phil und ich gerade am eigenen Leib erfuhren.

Mein Partner, der etwas entfernt an der Bar gestanden hatte, kam jetzt mit langen Schritten auf mich und den Angreifer zu. Noch im Gehen zückte er die Handfesseln aus Kabelbinder, die wir im Dienst immer bei uns trugen.

Der Kerl im Muscleshirt war standfester, als es seine Erscheinung vermuten ließ. Überraschend schnell hatte er sich wieder gefangen. Den Queue, den ich ihm aus der Hand gerissen hatte, würdigte er nur noch eines abfälligen Blickes, während er etwas aus den Tiefen seiner Jeans zog, das sich im nächsten Moment als tödliche Waffe offenbarte.

Ein Druck mit dem Daumen und die blitzende Klinge fuhr ratschend aus dem pechschwarzen Schaft, während er das Schnappmesser bereits auf Bauchhöhe in meine Richtung stieß. Diesmal war ich nicht nur vorbereitet, sondern hielt bereits eine Waffe, die mir mein eigener Angreifer buchstäblich in die Hand gedrückt hatte. Ich ließ den Queue nach unten sausen und den Griff auf das Handgelenk des anderen krachen. Ein hässliches Knacken war zu hören, gefolgt von einem gellenden Schmerzensschrei. Das Messer entglitt seinem Besitzer und fiel klirrend zu Boden. Der Kerl machte keine Anstalten, es aufzuheben. Er starrte nur auf seine Hand, die schlaff an seinem Arm hing, als würde sie einem anderen gehören.

Phil ließ ihm keine Zeit, sich selbst zu bemitleiden. Mit einem geübten Griff drückte mein Partner den Kerl zu Boden, packte seinen gesunden Arm und fesselte ihn mit Kabelbinder an eine hölzerne Querstrebe, die zwei Beine des Tisches miteinander verband.

Der Kerl hörte nicht auf, sich lautstark zu beschweren. »Mistkerle« und »Polizeibrutalität!« hörte ich aus seinem schmerzerfüllten Gejammer heraus. Die wüster werdenden Flüche ignorierend, ging ich neben ihm in die Hocke und begann ihn zu filzen. Phil hielt ihn dabei von hinten fest. Uns spielte in die Karten, dass er nur in eine Richtung ausweichen konnte. In der anderen befand sich der Tisch.

Ich musste nicht lange suchen, bis ich vier kleine durchsichtige Tüten aus drei verschiedenen Innentaschen gefischt hatte. Der Inhalt sah aus wie Waschmittel. Ein grobkörniges weißes Pulver, das die Überreaktion des Kerls mit dem feuerroten Irokesen erklärte.

Eigentlich waren wir nur wegen einer Information gekommen. Aber kaum hatten wir den Mann, einen gewissen Keith Pritchett, angesprochen und unsere Ausweise gezeigt, hatte er seine Poolpartie unterbrochen und mir unvermittelt den Queue entgegengedonnert.

Jetzt saß er da wie ein Häufchen Elend, mit vermutlich gebrochener Hand und einer drohenden Anzeige wegen Drogenbesitz und -handel. Eigenbedarf konnte bei dieser Menge nicht mehr geltend gemacht werden.

»Weißt du, was die Pointe ist?«, fragte ich, als ich ihm die Päckchen vor die Füße warf. »Wir wären gar nicht auf die Idee verfallen, dich zu filzen, hättest du uns einfach ausreden lassen.«

»Viel zu ungeduldig«, meinte mein Partner kopfschüttelnd und erhob sich wieder.

Ich warf einen Blick in die Runde. Die übrigen Gäste hatten einen weiten Kreis um uns und den Billardtisch gezogen. Ich fühlte mich wie in einer Arena, und es hätte gerade noch gefehlt, dass jemand Wetten platzierte hätte. Ein schlaksiger Typ in einem viel zu weiten Holzfällerhemd filmte die Szene sogar mit seinem Handy. Damit musste man heutzutage ständig rechnen. Nichts blieb mehr unbeobachtet.

Phil trat an die Menge heran und forderte die Gaffer auf, sich um ihre eigenen Probleme zu kümmern.

Ich wandte ich mich derweil wieder Keith Pritchett zu, dessen hohlwangiges Gesicht in der schummrigen Beleuchtung aussah wie ein zerklüfteter Fels. Die kraterartigen Aknenarben auf seiner Haut taten das ihre.

»Okay«, raunte ich. »Bis die Kollegen vom NYPD hier eintreffen, bleiben uns noch ein paar Minuten zum Reden. Wir haben die sichere Information erhalten, dass Sie mit Luis Hickman befreundet sind.«

»Luis – wer? Nie gehört.«

Pritchett war ein mieser Fighter, vermutlich auch kein guter Mensch, aber definitiv war er ein grottenschlechter Schauspieler. Sein flackernder Blick, der schief nach unten verzogene Mund und die Zunge, die über die spröden Lippen schnellte, machten jeden Lügendetektor überflüssig.

Ich seufzte, senkte den Blick, dann sah ich ihm direkt in die Augen.

»Sie haben sich drei Jahre eine Zelle auf Rikers geteilt«, sagte ich. »Beide wegen Drogenhandel. Und wie ich sehe, sind alte Gewohnheiten schwer abzulegen.«

Pritchett blickte zähnefletschend zu mir auf. Seine Mimik erinnerte mich an die eines Tieres, das sehenden Auges in ein Fangeisen getappt war.

»Mann, ich weiß nicht, wovon du redest. Ihr habt mir das untergeschoben. Dafür gibt's Zeugen!«

Ich blickte in die Runde. Die meisten im Raum hatten jetzt die Köpfe gesenkt oder starrten betont in eine andere Richtung. Die Kollegen vom NYPD würden bei ihren Befragungen auf Granit beißen. Unser Interesse galt einem anderen Problem.

Ich ging vor Pritchett in die Hocke. »Ihre Drogen interessieren uns nicht. Wir wollen nur wissen, wo Luis Hickman ist. Sie hatten erst gestern Kontakt.«

Das hatten wir über eine Verbindungsabfrage von Hickmans Handynummer erfahren. Für jemanden, der untergetaucht war, hatte sich Hickman keine große Mühe gegeben, seine Spuren zu verwischen.

Pritchett begegnete meinem Blick, ohne auch nur einmal zu blinzeln. Von ihm würden wir nichts erfahren.

Seufzend stemmte ich mich auf die Beine und lehnte mich an den Billardtisch. Im Hintergrund hatte Phil damit begonnen, den Laden zu räumen, und die verbliebenen Gäste des Metropolis strömten zum Ausgang.

Ich atmete tief durch, und meine Gedanken drifteten ab zu dem Mann, nach dem wir eigentlich suchten und den wir über Luis Hickman zu finden hofften. Sein Name war Taylor Bourqué, einundzwanzig Jahre alt, Student und der Sohn von Jérôme Bourqué. Der wiederum war UN-Botschafter von Vanuatu. Ein winziger Inselstaat im Südpazifik, von dem ich kaum etwas wusste.

Bourqué hatte sich mit einer dringenden Bitte an das FBI gewandt. Sein Sohn Taylor war seit einigen Tagen spurlos verschwunden. Er meldete sich nicht, ging nicht an sein Handy, und auch in seiner WG hatte man ihn länger nicht mehr gesehen.

Jérôme Bourqué machte sich große Sorgen, und dass diese nicht unbegründet waren, mussten wir einräumen, nachdem wir Näheres über Taylor erfahren hatten. Offenbar unterhielt er seit einiger Zeit engere Kontakte in die hiesige Drogenszene. Erst vor einem Monat hatten die Cops bei einer Fahrzeugkontrolle eine kleinere Menge Heroin in seinem Handschuhfach gefunden. Taylor war festgenommen und kurz darauf wieder auf freien Fuß gesetzt worden, vermutlich nachdem sein Dad seine Kontakte als Diplomat ausgenutzt und an einigen Strippen gezogen hatte. Nach seinen eigenen Worten hatte er seinem Sohn daraufhin die Pistole auf die Brust gesetzt. Entweder er ließ sich in eine Suchtklinik einweisen, oder sein Dad würde ihm den Geldhahn abdrehen und auf direktem Weg zurück in die Heimat schicken.

Kurz darauf war Taylor verschwunden. Bourqué vermutete zuerst, dass er ihm aus dem Weg ging und sich von seinen Mitbewohnern verleugnen ließ. Doch als er persönlich in der WG vorstellig wurde, stellte sich heraus, dass Taylor die Wohnung seit Tagen nicht betreten hatte und seine Sachen unberührt waren. Seine Kleidung, seine Taschen – nichts davon hatte Taylor mitgenommen. Und in seinem Dad reifte der Verdacht, dass ihm etwas zugestoßen sein musste.

Hier kam das FBI ins Spiel. Und kurz darauf unsere Taskforce. Nicht zuletzt deshalb, weil gleich zwei junge Männer aus Taylors Bekanntenkreis gleichzeitig verschwunden waren. Personen, mit denen er in den Tagen davor intensiven Telefonkontakt gehabt hatte. Mit einem einunddreißigjährigen Informatiker namens Reece Valentine. Und eben jenem Luis Hickman, dessen Aufenthaltsort wir von seinem Kumpel Keith Pritchett zu erfahren gehofft hatten. Dass der sich als so harte Nuss herausstellen würde, damit hatten wir nicht gerechnet.

Nach Auswertung der Computerdaten der Vermissten war unser IT-Team unter der Leitung von Dr. Ben Bruckner schnell auf geheime Chatgruppen gestoßen, in denen sich die drei regelmäßig ausgetauscht hatten. Sie drückten sich in ihren Nachrichten verklausuliert aus, aber selbst einem Blinden wäre ziemlich schnell klar geworden, dass die drei einen Coup geplant hatten. Irgendeine größere Sache, bei der eine Millionenausbeute im Raum stand. Ein größerer Drogendeal? Hatten sich die drei übernommen? Waren sie in die Fänge eines Kartells oder einer mafiösen Bande geraten?

Dann, nachdem wir tagelang jeder noch so kleinen Spur nachgegangen waren, erfolgte von Hickmans Handy aus jener Anruf bei Keith Pritchett. Das hieß nicht, dass Hickman noch lebte, denn das Telefonat konnte jeder getätigt haben, der im Besitz seines Telefons war. Doch wer außer ihm hätte ausgerechnet seinen alten Zellengenossen anrufen sollen? Und wenn er es gewesen war, hatten wir allen Grund zu der Hoffnung, dass auch Reece Valentine und Taylor noch lebten.

Über die Standortdaten des Handys kamen wir leider nicht weiter. Der Anruf erfolgte aus der Bronx auf offener Straße, und der Anrufer befand sich permanent in Bewegung. Er war mit ziemlicher Sicherheit zu Fuß unterwegs, und das Handy schaltete er kurz nach dem Telefonat aus. Natürlich suchten wir vor Ort nach Zeugen, am Ende war und blieb unsere einzige Spur jedoch eben jener Keith Pritchett. Und der war stumm wie ein Fisch. Nun, wir hatten bereits einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss in der Tasche und würden uns sogleich in Pritchetts Wohnung umsehen, sobald wir ihn unseren Kollegen in Blau übergeben hatten.

Die trafen nach zehn Minuten ein. Froh, den Burschen nicht mehr an der Backe zu haben, verließen Phil und ich das Lokal kurz darauf.

Mein Jaguar F-Type stand ein gutes Stück vom Eingang des Metropolis entfernt, aber ich war schon froh, um diese Zeit überhaupt einen Parkplatz in der Nähe der Bar gefunden zu haben.

Wir waren im Begriff einzusteigen, als ich aus dem Augenwinkel einen sich schnell bewegenden Schemen wahrnahm. Es war eine Person. Eine Frau, die in Stöckelschuhen, die dafür absolut nicht gemacht waren, einen Spurt über den Bordstein in unsere Richtung hinlegte. Um auf sich aufmerksam zu machen, wedelte sie wild mit den Armen. Sie sah aus, als wollte sie einen Vogelschwarm verscheuchen, doch ich wurde den Eindruck nicht los, dass sie uns meinte. Dieser Eindruck verfestigte sich, da sie atemlos neben uns stehen blieb.

»Ich war gerade in der Bar und habe mitbekommen, was Sie gesagt haben«, meinte sie keuchend. »Ihr sucht Luis Hickman.«

»Wissen Sie, wo er sich aufhält?«, fragte ich hoffnungsvoll.

Die junge Frau mit den rot gefärbten Haaren nickte mehrmals hintereinander, wohl auch um wieder zu Atem zu kommen. »Ich habe Keith am Telefon belauscht. Luis scheint in Schwierigkeiten zu stecken. Irgendjemand ist hinter ihm her. Nur deshalb erzähl ich euch das.«

»Und Sie sind ...?«, fragte Phil.

Die junge Frau zögerte, dann meinte sie: »Eine Bekannte von Keith. Und Luis.« Sie warf einen prüfenden Blick hinter ihre Schulter, dann fügte sie schnell zu: »Ich sag euch das nur einmal und unter vier Augen, okay? Danach werde ich alles abstreiten. Wenn Keith erfährt, dass ich mit euch geredet habe, bringt er mich um. Aber ich mach mir echt Sorgen. Irgendwas ist da im Busch ...«

»Wissen Sie, wo sich Hickman zurzeit aufhält?«, unterbrach ich sie, um sie wieder in die richtige Spur zu bringen.

Wieder antwortete sie mit einem Nicken. »Gleich nach dem Telefonat hat sich Keith an seinen Laptop gesetzt. Er hat irgendeine Nachricht erhalten, sich etwas notiert und den Zettel eingesteckt. Danach ist er ziemlich eilig verschwunden.«

»Und sie haben ihm dabei unauffällig über die Schulter geblickt?«, fragte Phil stirnrunzelnd.

»Nein. Das hier habe ich mitgehen lassen.« Sie kramte in einer winzigen Handtasche, die an einem Lederriemen an ihrer Schulter hing. Daraus zog sie einen Zettel hervor und reichte ihn meinem Partner.

Der warf einen kurzen Blick darauf, bevor er ihn mir über das Wagendach weitergab.

Ich schaltete meine Handylampe ein und sah ihn mir an. Der Zettel war auf den ersten Blick leer, bei näherem Hinsehen entdeckte ich Buchstaben und Zahlen, die sich darauf abgedrückt hatten. Sie waren nicht durchgehend zu erkennen, wiesen immer wieder Lücken auf. Vor allem bei der Hausnummer war ich mir nicht sicher, doch es war unsere beste Spur seit Tagen.

»Das ist in Queens in der Hafengegend«, meinte ich an Phil gewandt.

Es war unsere junge Informantin, die darauf antwortete. »Ich glaube das Gebäude gehört zu einer Firma, für die Luis früher mal gearbeitet hat.«

Ich nickte anerkennend. Ein weiterer wertvoller Hinweis, der mir das Gefühl gab, endlich wieder einen Schritt weitergekommen zu sein.

Ich bedankte mich bei der Rothaarigen. »Wenn wir noch Fragen haben, dann ...«

»Kommt ihr gewiss nicht zu mir!«, unterbrach sie. »Ich weiß von nichts. Und werde alles abstreiten.«

Damit drehte sie sich um und ließ Phil und mich stehen.

Wir sahen uns schulterzuckend über das Wagendach hinweg an. Die junge Frau hatte uns vermutlich alles gesagt, was sie wusste. Mehr würden wir aus ihr nicht herausbekommen. Aber vielleicht mussten wir das auch nicht. Die Spur zu Luis Hickman und von ihm zu Taylor Bourqué war heiß und endete möglicherweise in Queens. Dass sie in Wahrheit dort erst begann, konnten wir in diesem Moment noch nicht ahnen.

Als wir die Adresse erreichten, die wir von unserer Informantin erfahren hatten, hatte sich die Nacht wie ein dunkles Tuch über die Stadt gelegt. Und in diesem Teil von Queens war es deutlich finsterer, als wir es von unserer funkelnden Metropole kannten. In diesem Gewerbekomplex reihte sich eine unbeleuchtete Lager- und Fertigungshalle an die nächste, und nur der violette Schimmer, der sich wie eine Kuppel am Nachthimmel wölbte, zeugte von den bunten Lichtern, die in den belebteren Teilen der Stadt die Nacht zum Tag erhellten.

An keinem Gebäude war von der Straße eine Hausnummer zu erkennen. Wer nach einem bestimmten Gebäude suchte, orientierte sich vermutlich an den überdimensionierten Firmenschildern. Leider war es uns auf die Schnelle nicht gelungen, den Namen der Firma, für die Luis Hickman früher einmal gearbeitet hatte, in Erfahrung zu bringen, deshalb stocherten wir buchstäblich im Nebel.

»Fahr mal rechts ran«, meinte Phil, nachdem wir zwei Runden um den Block gedreht hatten.

Ich tat es, ohne Fragen zu stellen.

Während ich noch den Motor abstellte, stieg Phil aus, richtete den Blick auf ein großes Gebäude, das rechts von uns in den Nachthimmel wuchs. Ein hoher Bauzaun verbarg einen Großteil des Grundstücks vor neugierigen Blicken, und ein Plakat kündigte für Herbst dieses Jahres ein neues Bauprojekt an, das an dieser Stelle geplant war. Erst jetzt fiel mir auf, dass das Gebäude offenbar bereits leer stand. Mehrere Fenster waren eingeworfen, und während in umliegenden Büros zumindest noch teilweise die Notbeleuchtung brannte, ballte sich hier nur lichtlose Schwärze.

Phil drehte sich zu mir um. »Wenn sich Hickman in dieser Gegend versteckt hält, dann irgendwo wo er auch tagsüber ungestört ist.«

»Kein schlechter Gedanke. Jetzt müssen wir nur noch den Eingang finden.«

Wir gingen den Bauzaun ab und hatten fast das Ende erreicht, als mein Blick an einem Konzertplakat hängen blieb, das auf Augenhöhe auf den breiten Brettern befestigt war. Es hing in zwei Teilen herab, als hätte es jemand in der Mitte durchgeschnitten. Und bei näherem Hinsehen wirkte das Brett darunter etwas wackelig, als wäre es gelöst und dann nur provisorisch wieder an den Zaun gelehnt worden. Als ich mit der Fußspitze leicht dagegentrat, kippte es nach hinten weg und fiel polternd zu Boden. Eigentlich hatte ich das Brett nur austesten wollen. Hätte ich geahnt, dass es sich derart leicht lösen würde, wäre ich vorsichtiger vorgegangen.

Phil warf mir einen tadelnden Blick zu, den ich mit einem Schulterzucken quittierte. Dann machte ich mich auch schon daran, mich durch den Spalt zu zwängen. Er war gerade breit genug, aber jetzt war ich froh, an diesem Abend noch nichts gegessen zu haben.