Jerry Cotton 3395 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3395 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Der Lagerarbeiter Brent Barbee wurde von einer MP-Salve niedergestreckt, ein Zeuge gleich mit. Barbee war der republikanische Kandidat für die anstehende Senatorenwahl gewesen. Laut Umfragen lag er sensationell vor dem Demokraten Robert Martel, der das Amt seit zwanzig Jahren bekleidete und mit dessen Politik viele unzufrieden waren. Da Barbee Kontakte zur Terrororganisation Aryan Nations und zum Ku-Klux-Klan nachgesagt wurden, ermittelte das FBI. War Brent Barbee ermordet worden, weil er die Chance gehabt hatte, Senator zu werden? Phil und ich stellten schnell fest, dass der Republikaner jede Menge Feinde gehabt hatte ...


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Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhalt

Cover

Tote werden nicht Senator

Vorschau

Impressum

Tote werden nicht Senator

Brent Barbee stand vor der Tür des heruntergekommenen Mietshauses in Brooklyn und starrte auf sein Handy. Er konnte es einfach nicht fassen und grinste deshalb so breit wie ein Honigkuchenpferd. Als Lagerarbeiter hatte er seinen Vorsprung in den Umfragen weiter gesteigert, diesmal um satte zwei Prozent!

»Ist ja wohl der absolute Oberhammer. Heute Abend besauf ich mich erst mal und zieh mir die Giants rein«, murmelte er launig und betrat den miefenden finsteren Hausflur. »Ist das Scheißlicht mal wieder kaputt?«, entfuhr es ihm ärgerlich, als der Flur nach Umlegen des Lichtschalters finster blieb.

Vor ihm rissen grelle Feuerblitze die Dunkelheit entzwei. Der Angriff ließ Barbee kaum Zeit, Angst zu haben. Oder das Rattern der MP zu hören. Eine Geschossgarbe aus nächster Nähe zwang seinen Körper zum Totentanz und riss ihn schlagartig in die ewige Finsternis.

FBI Field Office, Manhattan

»Was grinst du denn so dümmlich vor dich hin?«, fragte ich, als wir auf Höhe des Mercer Playground in der morgendlichen Rushhour feststeckten und ich die Pause nutzte, um Phil auf dem Beifahrersitz einen Blick zu schenken.

»Du hast's gerade nötig«, erwiderte er, drehte den Kopf in meine Richtung und grinste noch breiter. »Schau doch einfach mal in den Rückspiegel, Jerry. Genau jetzt. Dann weißt du, was wirklich dümmliches Grinsen ist. Mein Grinsen ist eher, hm, elegant, würde ich's mal nennen.«

»Elegant, aha. Wie heißt diese Form von Realitätsverlust noch mal?« Dieser Morgen schien der des breiten Grinsens zu werden, denn ich versuchte Phil noch zu überflügeln. »Die Frage bleibt, mein Lieber: Was hat dich gerade so erheitert?«

Phil verschränkte die Arme hinter dem Kopf und dehnte sich. »Ach, weißt du, mir ist gerade wieder das Rätsel eingefallen, das Jimmy Fallon gestellt hat. Wir haben uns gestern Nacht noch die Tonight Show reingezogen ...«

»Wir? Du warst nicht allein?« Meine Neugierde war geweckt. »Komm schon, raus mit der Sprache. Wie heißt sie? Wie sieht sie aus?«

»Wir waren sogar zu dritt.« Phil nickte gewichtig.

»Nicht dein Ernst. Du hattest zwei Frauen bei dir?«

»Zwillinge, ja. Schlanke braune Schönheiten, die ich in der Bar um die Ecke aufgegabelt und während der Show abwechselnd rangenommen habe. Ich sag's dir, die waren so gut, die haben mich beide richtiggehend besoffen gemacht.«

Wieder grinste er, während ich kurz aufs Gas ging und zehn Yards Raum gewann. Die Kreuzung Broadway Bleecker Street war immer noch unerreichbar weit weg. »Ja, schon klar. Ich kenne dich, Phil. Lass mich raten: Du redest von zwei Flaschen Bier.«

»Bingo, Jerry.« Er gluckste. »Du solltest wirklich zum FBI gehen. Ach so, das bist du ja bereits. Hast du schon mal Brooklyn Lager probiert?«

»Nein, ich glaube nicht. Ist das ein Craft Beer?«

»Ja. Les hat's mir neulich mal empfohlen, da habe ich mir gestern Abend zwei Flaschen geholt. Also, mir schmeckt das Zeug, ich kann es dir nur wärmstens ans Herz legen. Sehr weich und malzig.«

»Ist so gut wie gekauft. Und wie war das mit dem Fallon-Rätsel?«

»Also, pass auf, Jerry. Ich bin übrigens noch nicht drauf gekommen. Aber da du ja die deutlich größere Intelligenzbestie von uns beiden zu sein scheinst, kommst du vielleicht auf die Lösung. Wie kann man die Zahl sechshundertsechsundsechzig um die Hälfte vergrößern, ohne sie durch eine Rechenoperation zu verändern?«

»Hm.« Ich überlegte einen Moment. »Das ist ja jetzt nicht wirklich schwierig. Du musst die Zahl lediglich drehen. Dann hast du anstatt der sechshundertsechsundsechzig die neunhundertneunundneunzig vor dir stehen. Und die ist genau ein Drittel größer.«

Phil starrte mich an. Dann stieß er geräuschvoll die Luft aus und sackte in sich zusammen.

»Du siehst einen gebrochenen Mann vor dir, Jerry«, murmelte er. »Stundenlang habe ich wach gelegen und über die Lösung nachgegrübelt. Und du schüttelst sie einfach so aus dem Ärmel.« Er atmete tief durch. »In deinem Glanz kann ich nicht bestehen. Vielleicht sollte ich demissionieren. Gleich nachher lege ich dem Chef meine Kündigung auf den Tisch«, verkündete er mit dramatischem Unterton in der Stimme.

Wir frotzelten noch ein paar Augenblicke. Dann konzentrierten wir uns auf Radio New York Live, das leise lief. Das Stichwort Politikermord hatte sofort unsere Aufmerksamkeit erregt. Ich stellte lauter.

»... ein Sprecher des NYPD mitteilte, wurde Barbee im Eingangsbereich des Mietshauses in Bensonhurst, in dem er wohnte, von einer MP-Salve tödlich getroffen. Nicht nur bei den Republikanern des Staats New York herrscht blankes Entsetzen. Auch Vertreter der Demokraten haben den feigen Mord verurteilt. Obwohl der Lagerarbeiter Brent Barbee drauf und dran war, dem demokratischen Senator Robert Martel sensationell das Ticket für den Wahlbezirk dreiundzwanzig, der Teile Brooklyns und Staten Islands umfasst, abzuluchsen. Wir bleiben dran. Andy Nowlin für Radio New York Live.«

»Irgendwie habe ich das am Rand mitgekriegt«, sagte Phil. »Barbee lag wohl in den Umfragen vor dem etablierten Senator dieses Wahlbezirks. Martel, richtig?«

Ich nickte. »Mir geht's da wie dir. Mehr als Halbwissen habe ich auch nicht. Barbee hat Martel umfragemäßig wohl erst in den letzten Tagen überholt. Ein riesiges Ballyhoo haben die Medien deswegen aber noch nicht veranstaltet. Mit dem Mord darf sich dann das NYPD herumschlagen.«

Irgendwann war auch die Kreuzung Bleecker Street geschafft, der Stau löste sich langsam auf. Wir erreichten das Federal Building mit gut zwanzig Minuten Verspätung. Ich parkte den Jaguar in der Tiefgarage. Mit dem Aufzug fuhren wir in den 23. Stock. Wir kamen nicht einmal dazu, unser Büro zu betreten. Helen spielte Abfangjäger und lotste uns in Mr. Highs Büro.

»Guten Morgen, Jerry, Phil«, begrüßte der Chef uns. »Nehmen Sie bitte Platz, ich habe bereits auf Sie gewartet. Wir haben einen neuen Fall, den ich Ihnen beiden anzuvertrauen gedenke.« Er lächelte und gesellte sich mit einer schmalen Akte zu uns in die Sitzecke.

Durch die Panoramascheibe konnten wir das Treiben auf der Centre Street und im angrenzenden Thomas Paine Park beobachten. Die Blätter der Bäume fielen bereits, der Herbst kündigte sich mit einer Reihe kühler Tage an. Deswegen begrüßte ich die Tasse dampfenden Kaffees, die Helen vor mich hinstellte. Phil erging es nicht anders.

»Möglicherweise haben Sie bereits vom Mord an Mister Brent Barbee gehört«, begann Mr. High und legte die Fingerspitzen seiner schmalen Hände zusammen.

Wir nickten synchron.

»Gerade eben, auf dem Weg hierher«, präzisierte ich. »Was macht ihn zu einem Fall für uns?«

Mr. High nickte und öffnete die Akte. Ein paar Ausdrucke lagen darin.

»Das NYPD hat den Fall an uns abgegeben«, erläuterte er und blickte uns nacheinander an. »Ich umreiße Ihnen zunächst die Situation. Senator Robert Martel sitzt seit über zwanzig Jahren für die Demokraten im Senat des Bundesstaats New York. Er gilt als integrer Politiker und genießt hohes Ansehen in seiner Partei. Bisher konnte Martel bei jeder Senatswahl auf eine satte Stimmenmehrheit in seinem Wahlbezirk dreiundzwanzig zählen, zwischen sechzig und siebzig Prozent waren in diesem demokratisch dominierten Bezirk normal für ihn. Dieses Jahr ist das völlig anders. Viele Wähler werfen ihm vor, Wahlversprechen nicht gehalten und den Bau des riesigen Hotelkomplexes Apple Resort an der Nordküste von Staten Island gegen den Willen zahlreicher Anwohner durchgedrückt zu haben. Das hat dazu geführt, dass der republikanische Kandidat Brent Barbee, ein Lagerarbeiter, der noch nie politisch tätig war, plötzlich in den Umfragen die Nase weit vorne hatte. Bei der letzten lag er bei vierundfünfzig Prozent, Martel abgeschlagen bei dreiundvierzig Prozent.«

»Das ist noch lange kein Grund, jemanden zu töten«, sagte Phil.

»Natürlich nicht.« Mr. High lächelte. »Sie beide sollen nun herausfinden, ob Barbee tatsächlich aus diesem Grund umgebracht wurde. Möglicherweise steckt auch etwas ganz anderes dahinter.« Er nahm die Ausdrucke aus der Mappe und schob sie uns zu. Es handelte sich um kopierte Zeitungsartikel. »Schauen Sie hier. Nachdem Barbee in den Umfragen zum ersten Mal gleichauf mit Martel war, begannen sich ein paar Medien für ihn zu interessieren. Und wie das dann immer so ist, wird auch gleich ziemlich viel Schmutz ausgegraben. Gegenüber der Times scheint jemand aus Barbees privatem Umfeld geplaudert zu haben. In diesem Artikel wird er in die Nähe der Aryan Nations und des Ku-Klux-Klans gerückt. Das mag nun stimmen oder nicht, damit wird Mister Barbees Tod automatisch zu unserem Fall.«

Ich nickte. Sowohl die Aryan Nations als auch die Mitglieder des Ku-Klux-Klans wurden von uns als terrorverdächtig eingestuft. In Terrorismusangelegenheiten ermittelte das FBI. War dieser Barbee also ein Rassist gewesen? Wir würden sehen ...

Nachdem Mr. High uns entlassen hatte, rief ich beim NYPD an und bekam Kontakt mit Captain Myers, der den Fall Barbee bearbeitet hatte.

»Agent Cotton, na, sieh mal einer an. Der Tag hätte noch so schön werden können ...«, quakte er ins Telefon.

Ich wusste, wie's gemeint war. Wir hatten schon öfter mit dem bärbeißigen Captain zu tun gehabt und kamen sehr gut mit ihm klar.

»Sie mich auch, Captain«, erwiderte ich grinsend. »Wir müssen mal wieder das aufarbeiten, was Sie nicht ordentlich zu Ende bringen können. Gibt es schon erste Erkenntnisse?«

»Ich staune«, erwiderte Myers. »Normalerweise ist doch sonst immer Ihr Partner Decker für die kollegialen Beleidigungen zuständig. Machen Sie das jetzt? Nur damit ich mich künftig darauf einstellen kann. Aber gut. Ich kann Ihnen schon mal sagen, dass Barbee in einem heruntergekommenen, völlig anonymen Mietshauskomplex in Bensonhurst gewohnt hat. Fast siebzig Parteien, niemand kümmert sich um seine Nachbarn. Das Haus hat einen Innenhof mit Zugang von der Straße. Durch den dürfte der Mörder ins Haus gelangt sein, die Tür dort steht meistens offen, wie man mir sagte. Im Treppenhaus hängt der Sicherungskasten, da hat er einfach den Sicherungsschalter für das Licht im Treppenhaus umgelegt. Kinderleicht. Dann hat er wohl im Dunkeln auf sein Opfer gewartet.«

»Hat niemand den Täter bemerkt?«, fragte ich.

Myers schnaufte. »Niemand will was gesehen haben. Ob das stimmt, dürfen Sie jetzt herausfinden. Das Durchsuchen von Barbees Apartment übernehmen wir noch für Sie, ebenso die Spurensicherung im Treppenhaus. Wir schicken Ihnen die Ergebnisse vorbei, sobald wir sie haben.«

Latourette Park, Staten Island

»Allah, das darf ja wohl nicht wahr sein!« Yunus Fakhoury rollte sich auf die Seite und griff nach seinem Handy, das auf dem Nachttischchen lag. »Einen Moment bitte«, sagte er zu seiner Partnerin und strich ihr flüchtig über die nackte Brust.

»Aber beeil dich, ja?«, hauchte sie.

Fakhoury schaute auf das Display, kniff kurz die Augen zusammen und nahm das Gespräch entgegen. »Ja bitte?«

»Spreche ich mit Sayyid Yunus Fakhoury?«, wollte eine kratzige Stimme wissen. Der Mann sprach astreines Arabisch.

»Sie sprechen tatsächlich mit ihm«, gab Fakhoury in derselben Sprache zurück. »Was kann ich für Sie tun? Und darf ich nach Ihrem Namen fragen?«

Der Mann schnaufte. »Ich heiße Achmed. Und ich wollte Ihnen mitteilen, dass ich es war, der das Dreckschwein erledigt hat. Wo bekomme ich die Belohnung?«

Fakhoury lachte ärgerlich. »Hören Sie, Achmed oder wie immer Sie auch richtig heißen mögen, Sie sind heute schon der Fünfte, der bei mir anruft und das Dreckschwein umgelegt haben will. Und soll ich Ihnen mal was sagen? Mir ist es völlig egal, ob Sie das waren oder ein anderer. Mir ist auch egal, ob Sie das beweisen könnten oder nicht. Das Ergebnis zählt. Bei mir sind Sie allerdings an der völlig falschen Adresse. Ich habe die Belohnung nicht ausgesetzt. Bei mir gibt's keinen Cent.«

Achmed zögerte. »Nein? Ich dachte ... Wissen Sie, wo man sich die Belohnung abholen kann?«

»Nein. Und jetzt stehlen Sie mir nicht weiter den Tag. Salam.« Fakhoury drückte den Anrufer weg.

»Was wollte der?«, fragte die Frau und räkelte sich auf dem Laken.

»Ach, nur wieder wegen einer Veranstaltung nachfragen«, antwortete Fakhoury, jetzt wieder auf Englisch. Er grinste breit, drehte sich und küsste das rote Herz, das die Frau zwischen den Brüsten tätowiert hatte.

»Ja, mach weiter«, murmelte sie. »Und schalte das verdammte Handy jetzt endlich mal aus. Zumindest für die nächsten zwei Stunden.«

»Sobald Malik angerufen hat«, erwiderte er. »Ich habe dir ja gesagt, dass dieser Anruf sehr wichtig für mich ist. Wenn ich ihn verpasse, ruft er vielleicht nie wieder an. Und weil ich Maliks Nummer nicht kenne, muss ich im Moment jeden Anruf mit fremder Nummer annehmen.«

»Hoffentlich meldet sich der Kerl bald«, sagte die Frau und küsste ihn auf den Mund. »Ich hasse es, ständig unterbrochen zu werden.«

»Ich auch, Darling, ich auch.«

Dyker Heights, Brooklyn

»Nicht schlecht, das Häuschen«, sagte Phil anerkennend und nickte, als wir in der 84th Street in Dyker Heights ausstiegen. Bei dem Häuschen handelte es sich um eine zweieinhalbstöckige Villa im Queen-Anne-Stil mit angebautem sechseckigem Turm und einem parkähnlichen Grundstück drumherum, das von einer hohen Hecke eingefasst wurde. Das Haus gehörte David Barbee, dem Bruder des ermordeten Brent Barbee. David Barbee war Anwalt und Vorsitzender der Republikanischen Partei in South Brooklyn und Staten Island. Wir wussten, dass David Barbee den Wahlkampf seines Bruders gemanagt hatte. Wir gingen den Fußweg zum Haupteingang hoch. Die ganze Anlage war sehr gepflegt. In der offen stehenden Doppelgarage neben dem Eingang bemerkte ich einen schwarzen Porsche-SUV und eine Harley Davidson.

David Barbee empfing uns im schwarzen Anzug mit schwarzer Krawatte. Er war mittelgroß, blond und trug eine modische Brille mit blauen Bügeln. Sein Kurzhaarschnitt war so korrekt wie seine Kleidung, insgesamt wirkte der Anwalt unauffällig. Vielleicht abgesehen von seiner Bodybuildingfigur. Er schien sich regelmäßig im Sportstudio fit zu halten. Vielleicht hatte er die entsprechenden Geräte auch im Keller.

»Sie haben eine Harley in der Garage stehen«, sagte Phil bewundernd. »Das ist eine Street Bob, richtig?«

Barbee hob die Hände. »Keine Ahnung, wenn ich ehrlich bin. Meine Frau fährt das Ding, ich hasse Motorräder. Begeisterter Autofahrer bin ich auch nicht gerade. Das Leben auf dem Land wäre also nichts für mich, da wäre ich ziemlich verloren.« Er grinste schief und bat uns ins Haus.

Die Einrichtung hielt das, was das Äußere versprach. Teure Teppiche, Porzellan, goldener Schnickschnack und moderne Ölgemälde an den Wänden.

»Sind die Bilder echt?«, fragte Phil.

Barbee sah ihn beinahe empört an. »Was denken Sie denn? Ich sammle nur Originale. Keines der Bilder hier hat unter zehntausend Dollar gekostet.«

Jetzt wussten wir auch das.

»Gratuliere«, gab Phil sarkastisch zurück.

Barbee war so klug, das Thema nicht weiter zu vertiefen. Er führte uns ins Wohnzimmer. Es gab einen offenen Kamin, teuer aussehende moderne Möbel und eine Panoramascheibe, die einen Blick auf die Terrasse und den dahinterliegenden kleinen Park gewährte, in dem drei Eichen standen. Ein schwarzes Eichhörnchen sauste gerade den Stamm hinauf. Es entlockte mir unwillkürlich ein Lächeln. Auf dem Sims über dem Kamin standen eine Menge Fotos. Viele zeigten Barbee mit einer hübschen schwarzhaarigen Frau, die einmal fröhlich lächelnd in die Kamera winkte, ein andermal dem Fotografen mit einem Cocktail zuprostete. Die Fotos am Strand ließen die atemberaubende Figur der Frau mehr als nur erahnen, da sie einen extrem knappen Bikini trug.

»Ihre Frau?«, fragte ich.

Er nickte. »Ja, Amethyst. Sie werden sie nachher möglicherweise noch kennenlernen, je nachdem wie lange unser Gespräch dauert. Im Moment ist sie gerade beim Joggen.«

Wir nickten synchron. Barbee bot uns Kaffee an. Wir nahmen dankend an.

»Sie haben wirklich ein wunderschönes Haus, Mister Barbee«, meinte Phil. »Hier kann man sich wohlfühlen.«

»Danke.« David Barbee freute sich sichtlich. »Wir stecken den letzten Cent hier rein, das Anwesen ist unser Ein und Alles. Wir mögen es beide, hier zu leben und uns praktisch jeden Tag neu zu verwirklichen, indem wir etwas verändern. In welcher Form auch immer. So lebt das Anwesen. Und wir mit ihm. Es war ein Glücksfall, es bekommen zu haben. Ich würde nirgendwo anders mehr hinwollen.«

»Können Sie sich vorstellen, warum Ihr Bruder Brent sterben musste?«, fragte ich und beendete damit den Smalltalk.

Um Barbees Mund lag plötzlich ein verbitterter Zug.

»Möglich«, sagte er und drückte nervös seine ineinander gefalteten Finger. »Ich weiß nicht, was Sie schon alles wissen. Wo soll ich anfangen?«

»Am besten ganz vorne«, schlug Phil vor.

»Also gut. Ihnen ist bekannt, dass wir Republikaner im Staat New York bei den Senatswahlen seit vielen Jahren eine, nun, wie soll ich sagen, eher untergeordnete Rolle spielen. Von den dreiundsechzig Wahlbezirken halten wir gerade mal zwanzig, das ist mehr als bescheiden. Jeder Wahlbezirk, den wir dazugewinnen können oder auch verlieren, ist also wichtig.« Er atmete tief durch. »Vor allem der Wahlbezirk dreiundzwanzig, der die Nordküste von Staten Island und ein paar südliche Stadtteile von Brooklyn umfasst, wird schon seit Jahrzehnten ausschließlich von demokratischen Bewerbern gewonnen, seit über zwanzig Jahren von Robert Martel, der zu den profiliertesten demokratischen Politikern im Staat gehört.«

Barbee starrte verloren in den Garten hinaus. Das schwarze Eichhörnchen sprang im Geäst der größten Eiche hin und her.

»Aber Martel hat in der letzten Legislaturperiode große politische Fehler gemacht, das Grummeln in dreiundzwanzig wurde immer größer. Deswegen habe ich in der Nominierungsversammlung unserer Partei vorgeschlagen, ein unverbrauchtes Gesicht gegen Martel antreten zu lassen, jemanden, der die Leute mit einfachen Parolen überzeugen kann, dem sie glauben, weil er einer von ihnen ist. Und kein abgehobener Politiker, der längst nicht mehr weiß, was die Basis denkt und will, der nur eigene Interessen durchsetzt.« Er gestattete sich ein kurzes Grinsen. »Bei vielen Politikern ist das tatsächlich so, Agents, da müssen wir uns nichts vormachen.«

Ich stimmte ihm im Stillen zu.