Jerry Cotton 3420 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3420 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Arabella Grandé, Freundin der Erbtante unseres IT-Spezialisten Ben Bruckner und angesehenes Mitglied der New Yorker High Society, veranstaltete eine spiritistische Sitzung. Dabei meldete sich ihr verstorbener Ehemann aus dem Jenseits. Auf der Stelle segnete die Witwe selbst das Zeitliche. Zunächst ergaben sich keine Hinweise auf die Todesursache. Da Fremdverschulden nicht ausgeschlossen werden konnte, nahm das NYPD die Ermittlungen auf, gelangte jedoch zu dem Schluss, dass die alte Frau an einem Herzinfarkt gestorben war. Allerdings wendete sich das Blatt, als in einem verlassenen Sommerhaus in Newport, Rhode Island, die Leiche einer Frau gefunden wurde. Sie befand sich schon eine Weile dort. Neben ihr Utensilien, die zeigten, dass am Auffindeort ebenfalls eine Seance stattgefunden hatte ...


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Seitenzahl: 141

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Séance mit dem Tod

Vorschau

Impressum

Séance mit dem Tod

Gebannt fixierte Veronica Morningdale das Ouijabrett. In wenigen Minuten würde sie Hank begegnen. Endlich. Man hatte ihr versichert, dass sich ihr Bruder nun nach einer Zeit des Übergangs endgültig im Reich der Toten befinden und sich melden würde, wenn man ihn rief. Daher nickte sie entschlossen, als ihr Gegenüber mit ernster Stimme fragte, ob sie bereit sei.

Es verschlug Veronica fast den Atem, als sich der Zeiger auf dem Brett auf die Frage »Bist du da, Hank?« Richtung Ja-Feld bewegte.

Ihr Gegenüber lächelte und erhob sich.

»Du hast mir den ganzen Mist wirklich geglaubt, Veronica, oder? Mein Gott, es gibt keine Geister.« Das Lächeln verschwand. »Und falls doch, wirst du gleich zu ihnen gehören. Ein netter kleiner Herzstillstand.«

Das Letzte, was Veronica Morningdale wahrnahm, waren trockene Lippen an ihrem Ohr und die Worte: »Du weißt, dass du eine Mörderin bist. Erinnere dich. Und wenn du dich erinnerst, dann spüre deine Schuld.«

Phil und ich saßen im Mezzogiorno und plauderten bei einem Verdauungsschnäpschen mit dem Restaurantinhaber über seine neuesten Pastakreationen. Endlich hatten wir es mal wieder zu unserem Lieblingsitaliener geschafft, nachdem wir am späten Abend unseren aktuellen Fall abgeschlossen hatten. Die letzten drei Wochen hatten für uns nur aus Arbeit und ab und zu ein paar Stunden Schlaf bestanden.

Als unser Gastgeber gerade die Vorzüge seiner Linguine mit Feigen und Ziegenkäse beschrieb, klingelte Phils Handy. Mein Partner machte eine entschuldigende Geste und nahm das Gespräch an.

Während des Telefonats bekundete Phil mit verschiedenen Brummlauten, dass er ganz Ohr war, und äußerte sich sonst nicht, sodass ich keine Ahnung hatte, worum es ging.

»Der Chef?«, fragte ich, nachdem er das Gespräch beendet hatte.

Phil schüttelte den Kopf. »Ben. Und zwar ein ziemlich aufgeregter. Ich bin nicht ganz schlau aus der Sache geworden. Irgendwas mit einer Freundin seiner Großtante und einer Geisterbeschwörung, bei der diese Freundin ums Leben gekommen ist.«

Obwohl es schon nach ein Uhr nachts war, wussten wir, dass unser junger Kollege Dr. Ben Bruckner noch nicht Feierabend gemacht hatte, denn unsere Einladung, uns ins Mezzogiorno zu begleiten, hatte er gegen zehn mit dem Hinweis ausgeschlagen, noch eine umfangreiche Recherche abschließen zu müssen.

Ohne dass wir ein Wort drüber verloren, machten Phil und ich uns daher auf den Weg ins Field Office und suchten Ben in seinem Büro auf. Hektische rote Flecke zierten sein Gesicht, er tigerte nervös im Raum auf und ab, während er mechanisch eine Haarsträhne um seinen Zeigefinger wickelte.

Phil schnappte ihn sich, drückte ihn an den Schultern in einen Schreibtischstuhl und fingerte in Bens Hemdtasche nach dem unvermeidlichen Beutel mit Lakritze, den er in die Hand unseres jungen Kollegen legte. Der warf sich gleich eine halbe Handvoll der Süßigkeiten in den Mund, woraufhin es ihm etwas besser zu gehen schien.

»Nun erzähl mal in Ruhe, Ben. Phil hat dich vorhin nicht hundertprozentig verstanden«, begann ich. »Ist deiner Großtante etwas passiert?«

Durch den Lakritzberg in seinem Mund gab Ben einen Ton von sich, den ich als ein Nein deutete.

»Das ist schon mal gut. Und möchtest du uns erzählen, was genau passiert ist?«

Bens folgenden Ausführungen konnte ich entnehmen, dass eine gute Freundin seiner Großtante etwa zwei Stunden zuvor in ihrem Haus auf der Upper East Side eine spiritistische Sitzung veranstaltet hatte, in deren Verlauf sie ums Leben gekommen war.

»Wenn es nicht erwiesenermaßen ein natürlicher Tod war, dann ist da doch jetzt das NYPD am Zug«, schaltete sich Phil ein.

»Das stimmt«, antwortete Ben, jetzt wieder einigermaßen auf Spur. »Fremdverschulden kann im Moment nicht ausgeschlossen werden, deswegen untersuchen die Cops nun alles. Ich dachte nur, ihr könntet vielleicht ... Meine Großtante ist ziemlich aufgeregt, auch wenn sie bei dieser Geisterbeschwörung zum Glück nicht dabei war.«

Ich dachte einen Moment nach. Einerseits mischten wir uns nicht gerne in die Ermittlungen der Cops ein, andererseits waren wir Ben etwas schuldig und konnten ruhig ein paar Informationen einholen.

»In Ordnung«, wandte ich mich an ihn. »Ich informiere den Chef, und dann schauen wir mal, was wir rauskriegen. Schönen Gruß an deine Großtante, sie soll sich nicht aufregen.«

Nachdem ich mir das Go von Mr. High geholt hatte, machten Phil und ich uns auf den Weg zu der Adresse, die Ben uns genannt hatte. Die entpuppte sich als hübsche Villa in der Nähe der Lexington Avenue. Am Hungertuch hatte die Freundin von Bens Großtante nicht genagt.

Ich stellte den Jaguar ein paar Schritte vom Haus entfernt, unweit von zwei Polizei- und einem Krankenwagen im Parkverbot ab. Wir bahnten uns unseren Weg durch die Ansammlung von Gaffern, die sich trotz der späten Uhrzeit gebildet hatte. Am Hauseingang machten wir uns dem hünenhaften Officer bekannt, der die Tür bewachte und die Menge im Zaum hielt.

»Nichts los in der Gegend«, brummte er und wies ins Innere des Hauses. »Kein Wunder, dass die durchdrehen, wenn mal was passiert.«

In der imposanten Eingangshalle nahm uns ein weiterer Officer in Empfang. Neben ihm stand Detective Sergeant Harvey Dunst. Ich war froh, als ich ihn sah. Wir hatten schon das ein oder andere Mal zusammengearbeitet, also musste ich keinem Unbekannten erklären, warum Phil und ich in seinem Revier wilderten.

Auch Harvey Dunst schien froh, mich zu sehen. »Jerry Cotton, welch Glanz in dieser Hütte!«

Wir schüttelten uns die Hände.

Ich sparte mir die Bemerkung, dass diese Hütte für ihren Glanz meiner Anwesenheit sicherlich nicht bedurfte.

»Wissen Sie schon, was passiert ist?«, fragte ich stattdessen.

»Wir gehen davon aus, dass die Frau eines natürlichen Todes gestorben ist«, antwortete der Detective. »Es hat niemand etwas beobachtet, was auf das Gegenteil hindeutet.« Er zeigte nach oben. »Sie liegt in der Bibliothek. Dort hat diese ominöse Geisterbeschwörung stattgefunden. Der Arzt ist noch bei ihr. Wollen Sie sie sehen?«

Da wir nun schon einmal hier waren, wäre es dumm gewesen, nicht wenigstens einen Blick auf den Ort des Geschehens zu werfen. Also folgten wir Detective Sergeant Dunst die geschwungene Treppe hinauf in den ersten Stock.

In der Bibliothek saßen oder standen rund zwölf Personen, manche schienen verängstigt, andere machten betroffene Gesichter.

»Die Teilnehmer dieser Geisterbeschwörung«, raunte Dunst mir zu. »Wir haben sie gebeten zu bleiben, bis wir Gewissheit haben, ob Fremdverschulden vorliegt.«

In der Mitte der Bibliothek stand ein runder Mahagonitisch, auf dem zwischen zwei Messingleuchtern ein Ouijabrett lag. Auf einem der Stühle saß eine Frau, von deren Bekleidung man nur das lachsrosa glänzende Rückenteil sah, denn sie war mit dem Oberkörper über dem Mahagonitisch zusammengesackt. Neben der Frau stand ein kleiner Mann mit Ziegenbart, anscheinend der Arzt, der gerade irgendein Instrument in einer schwarzen Tasche verstaute.

Ich streckte ihm die Hand hin. »Agent Cotton und mein Partner Agent Decker.«

»Doktor Thompson«, erwiderte der Mann mit dem Ziegenbart. Dann wandte er sich an Detective Sergeant Dunst. »Kann ich sie jetzt aufrichten?«

»Sie haben keine Anzeichen dafür gefunden, dass die Frau keines natürlichen Todes gestorben ist?«, hakte der Detective nach.

Dr. Thompson schüttelte den Kopf. »Überhaupt keins. Darüber hinaus hat keine der anwesenden Personen etwas Verdächtiges beobachtet. Das war mit Sicherheit ein Herzinfarkt. Es sind sich alle einig, dass sie sich während dieser Séance an die linke Brustseite gegriffen hat und danach kollabiert ist. Und meine bisherigen Untersuchungen deuten auch auf einen Herzinfarkt hin.«

»In Ordnung«, erwiderte Dunst. »Dann können Sie sie jetzt aufrichten.«

Als der Arzt Arabella Grandé in die Senkrechte brachte, ertönte aus einer Ecke der Bibliothek ein unterdrücktes Schluchzen. Eine voluminöse Frau mit toupierten Haaren hielt sich ein Taschentuch vors Gesicht und war untröstlich.

Detective Sergeant Dunst hob die Hand. »Nur einen Moment noch, Sie können gleich alle gehen.«

Ich wünschte mir, der Arzt hätte Arabella Grandé auf dem Tisch liegen gelassen, der Anblick ihres Gesichts war nicht schön. Ihre Augen waren vor Schreck geweitet und der Ausdruck darin so, als hätte sie in der Sekunde ihres Todes den Leibhaftigen gesehen.

Dennoch verkündete der Arzt, nachdem er der Frau in die Augen geleuchtet und sie noch einmal ausführlich betrachtet hatte, dass sie auf jeden Fall an einem Herzinfarkt gestorben sei.

Ich wandte mich an Detective Sergeant Dunst. »Natürlicher Todesfall und es geht jetzt alles seinen Gang?«

Dunst bejahte. »Stört Sie etwas daran, Cotton?«

Seine Frage war nicht provozierend, er wollte nur wissen, was ich dachte.

»Es ist nur so ein Gefühl«, antwortete ich. Dann versuchte ich, mich zu entspannen, und schlug Dunst auf die Schulter. »Berufskrankheit, schätze ich. Danke, dass Sie uns ertragen haben.«

»Ich würde jetzt nicht sagen, dass du unrecht hast mit deinem Gefühl«, sagte Phil, als wir wieder im Jaguar saßen.

»Danke«, erwiderte ich. »Aber vielleicht sehe ich einfach Gespenster. Die Frau war ja nicht mehr die Allerjüngste, da kommt so ein Herzinfarkt schon mal vor. Wie auch immer, der Fall ist abgeschlossen, und wir können Ben mitteilen, dass seine Großtante sich keine Sorgen wegen eines Mordes machen muss.«

Drei Tage später holte ich Phil an der gewohnten Ecke ab. Mr. High hatte uns angeboten, einen Kurzurlaub einzulegen, was wir gerne getan hatten. Es war herrlich gewesen, nach dem Pensum der letzten Wochen einmal auszuschlafen und alles langsam angehen zu lassen.

Mein Partner war bestens gelaunt, als er zu mir in den Wagen stieg.

»Ist das nicht ein herrlich sonniger Tag?«, fragte er und reckte sich genüsslich. »Ich könnte die ganze Welt umarmen.«

»Ich freue mich auch, dass die Sonne scheint«, antwortete ich. »Aber da gehört doch mehr dazu, dich um diese Tageszeit in so eine euphorische Stimmung zu versetzen.«

Phil grinste. »Wenn du recht hast, hast du recht. Ich habe mich gestern mit Melissa getroffen, wir wollen es noch einmal versuchen.«

Melissa war Phils neue Flamme, er war vollkommen vernarrt in sie. Leider hatte sie Schluss gemacht mit der Begründung, dass Phil viel zu wenig Zeit für sie habe.

»Na, dann hoffe ich mal, dass wir jetzt in eine ruhige Phase eintreten werden, in der Melissa erkennt, dass du der einzig Richtige bist für sie«, sagte ich, während ich mich in den Verkehr einfädelte.

Als wir an der Federal Plaza ankamen und Helen uns bereits mit ihrem charmanten Lächeln erwartete, schwante mir, dass aus der ruhigen Phase nichts würde. Ich sollte recht behalten.

Mr. High empfing uns in seinem Büro und bedeutete uns, Platz zu nehmen. Er saß hinter seinem Schreibtisch und schaute uns ernst an. »Ich habe einen ganz speziellen Fall für Sie. Es geht um Geister.«

Phil stöhnte. »Die Freundin von Ben Bruckners Großtante.«

Mr. High nickte »Sie haben richtig geraten, Phil.«

»Dann war es doch kein Herzinfarkt«, sagte ich.

»Davon müssen wir im Moment ausgehen«, erwiderte Mr. High. »Man hat heute am frühen Morgen in einem verlassenen Sommerhaus in Newport die Leiche einer Frau gefunden, die offensichtlich im Laufe einer Séance ums Leben gekommen ist. Das ist schon eine Weile her, der Körper ist in keinem guten Zustand mehr. Die Dinge, die man dort sichergestellt hat, weisen darauf hin, dass eine spiritistische Sitzung stattgefunden hat. Die Position, in der man die Leiche aufgefunden hat, ist darüber hinaus identisch mit der in New York.«

»Newport befindet sich auf Rhode Island, zwei Bundesstaaten, zwei ähnliche Fälle. Also sind wir jetzt am Zug«, fasste Phil zusammen.

»Ja, das ist jetzt Sache des FBI«, erwiderte der Chef. »Wir können von Glück sagen, dass der Leiter der Ermittlungen in Newport über den Fall in New York informiert war und sich gleich ans NYPD gewandt hat. Jetzt müssen wir herausfinden, ob es wirklich in beiden Fällen Mord war, ich denke aber, es sieht alles danach aus.«

»Wir legen sofort los, Sir«, sagte ich.

Wir verabschiedeten uns von Mr. High.

»Denkst du, was ich denke?«, fragte ich, als wir auf dem Weg in unser Büro waren.

»Die Frist, nach der der Leichnam von der Upper East Side eingeäschert werden darf, ist jetzt schon um«, antwortete Phil. »Ich hoffe, wir sind nicht zu spät dran.«

Ich rief Detective Sergeant Harvey Dunst an, um mich zu erkundigen, wo sich Arabella Grandés Leiche befand.

»Hallo, Cotton, schön, Sie zu hören«, begrüßte er mich.

»Guten Morgen, Dunst. Sie haben sicherlich schon gehört, dass die Sache mit der bei der spiritistischen Sitzung auf der Upper East Side verstorbenen Frau wohl doch ein Mord war.«

»Der zuständige Detective bei der Sache in Newport hat zum Glück schnell geschaltet und uns informiert. Ich habe dann sofort Ihren Chef angerufen.«

»Wissen Sie, wo sich der Leichnam von Arabella Grandé jetzt befindet?«

»Keine Ahnung, Cotton. In irgendeinem Beerdigungsinstitut wahrscheinlich, wir hatten die Leiche ja freigegeben. Wir versuchen gerade herauskriegen, in welchem. Laut unseren Ermittlungen hatte Mrs. Grandé nur eine Verwandte, eine Nichte, von der wir weder wissen, wie sie mit Familiennamen heißt, noch, wo sie wohnt.«

»Okay, Dunst, wenn Sie was herausfinden, lassen Sie es mich bitte wissen. Wir machen uns jetzt auch an die Arbeit. Und noch etwas: Würden Sie den Leiter der Ermittlungen in Newport anrufen und ihn darum bitten, dass in dem Sommerhaus nichts verändert wird, dass alles genau so bleibt, wie es war? Wir kommen, so schnell wir können. Und würden Sie uns die Akten im Fall Arabella Grandé schicken? Viel wird es ja nicht sein, da zunächst eine natürliche Todesursache im Raum stand, aber eben das, was bis jetzt vorhanden ist.«

»Na klar, Cotton, wird alles sofort erledigt.«

»Danke, Dunst, ich melde mich wieder.« Ich beendete das Gespräch und wandte mich an Phil, der im Bilde war, da ich das Telefon auf laut gestellt hatte. »Wir haben da wohl ein kleines Problem.«

»Das glaube ich allerdings auch«, sagte Phil.

Wir eilten in Bens Büro, wo unser junger Kollege an seinem Rechner saß und an etwas arbeitete.

»Ihr bringt schlechte Neuigkeiten«, meinte er, als er uns sah. Anscheinend waren unsere Gesichter offene Bücher für ihn.

»Es ist so ...«, druckste Phil herum.

Ben sprang auf. »Es war Mord! Das mit der Freundin meiner Großtante war doch Mord!«

»Setz dich wieder, Ben«, bat ich. »Ja, es stimmt, Arabella Grandé ist wahrscheinlich ermordet worden. In Newport wurde eine Frau tot aufgefunden, die unter ähnlichen Umständen ums Leben gekommen ist. Wir gehen davon aus, dass die beiden Fälle zusammenhängen. Um deine Großtante brauchst du dir keine Sorgen zu machen, denke ich. Solange sie nicht an einer spiritistischen Sitzung teilnimmt.«

Ben nahm sich ein paar Lakritz aus der Schreibtischschublade. »Na gut, dein Wort in Gottes Ohr, Jerry. Kann ich euch irgendwie helfen?«

»Das kannst du«, erwiderte ich. »Die Freundin deiner Großtante hatte eine Nichte. Wir müssen sie so schnell wie möglich finden, um zu verhindern, dass Arabella Grandés Leichnam kremiert wird, falls die Nichte das verfügt hat. Kannst du bitte deine Tante anrufen und fragen, ob sie weiß, wo diese Nichte wohnt und ob man sie telefonisch erreichen kann?«

Phil war merklich angespannt. »Hoffentlich ist deine Großtante nicht spazieren, einkaufen oder im Beautysalon.«

Ben lächelte. »Sie ist zwar nicht mehr die Jüngste, aber stellt euch vor, sie hat ein Handy. Nein, sogar ein Smartphone. Und sie kann es bedienen.«

Er tippte auf seinem Telefon herum, und daraus, dass er sich ein paar Sekunden später nach dem Befinden seiner Großtante erkundigte, konnten wir schließen, dass sie sich gleich gemeldet hatte. Während des Gesprächs kritzelte Ben etwas auf seine Schreibtischunterlage.

»Alles klar, Tantchen, es kann etwas später werden. Ich komme dann heute Abend vorbei«, schloss er. Dann wandte er sich an uns. »Wir haben Glück. Meine Großtante hatte sowohl die Telefonnummer als auch die Adresse der Nichte. Giselle Adams heißt sie. Meine Großtante hat diese Informationen von Arabella Grandé für den Fall bekommen, dass ihrer Freundin mal etwas zustoßen würde.« Er seufzte. »Dieser Fall ist ja nun leider eingetreten.«

Ich notierte mir Bens Angaben im Handy und versuchte sofort, die Nichte des Opfers anzurufen. Es meldete sich nur die Mailbox, auf der ich eine Nachricht hinterließ. Da wir jedoch keine Zeit zu verlieren hatten, machten Phil und ich uns sofort auf nach Greenwich Village, wo Arabella Grandés Nichte wohnte.

Die Adresse gehörte zu einem hübschen rot geklinkerten Haus in der Jane Street, einer ruhigen, von Bäumen gesäumten Straße im East Village. Wohnungen in dieser Lage waren nicht gerade billig, es stand also zu vermuten, dass auch Arabella Grandés Nichte über ausreichend finanzielle Mittel verfügte.

Auf unser Klingeln hin öffnete niemand, was uns nicht verwunderte. Es wäre ein großer Zufall gewesen, wenn Giselle Adams in der knappen Viertelstunde, die wir von der Federal Plaza in die Jane Street gebraucht hatten, nach Hause gekommen wäre.

Wir beschlossen, es bei den Nachbarn zu versuchen. Nachdem sich zweimal nach unserem Klingeln nichts geregt hatte, hatten wir nach der Betätigung des übrig gebliebenen Klingelknopfes Glück. Eines der auf einer Ebene mit der Eingangstür liegenden Fenster öffnete sich, und das freundliche Gesicht einer alten Lady erschien.

»Oh, guten Tag! Sie bringen sicherlich mein Paket. Wie schön.«

»Leider nicht, Ma'am«, antwortete ich und präsentierte ihr meinen Dienstausweis. »Agent Cotton und Agent Decker. Wir sind vom FBI und haben nur eine kurze Frage.«

»Falls jemand etwas ausgefressen hat, ich war es nicht«, antwortete die Lady und kicherte wie ein Schulmädchen.

»Da hätten wir nicht im Traum dran gedacht«, ergriff Phil das Wort. »Das sieht man gleich, dass Sie eine ehrbare Person sind.«