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Im angesagten Klub Chicas in Queens kochte die Stimmung. Nach längerer Pause gab die Band Mara anlässlich der Grammy Awards, wo sie abgeräumt hatte, ein fulminantes Konzert. Der Bandname war eine Hommage an die Mara Salvatrucha, eine berüchtigte Gang, die in El Salvador und Guatemala Angst und Schrecken verbreitete und auch in New York und anderen amerikanischen Städten Fuß fassen wollte. Der Frontmann der Band war bekannt für seine Exzesse, Gewaltausbrüche und ausgeflippten Bühnenshows. Mitten im größten Hit brannte seine Gitarre. Erst glaubte das Publikum an einen neuen Gag. Doch in Sekundenschnelle stand der Frontmann selbst in Flammen. Und für uns vom FBI begannen zermürbende Ermittlungen ...
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Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Feuershow
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Impressum
Feuershow
»Eine Zeit lang war eure Märchenstunde ziemlich amüsant«, sagte der Rädelsführer. »Jetzt ist Schluss mit lustig. Ihr seid verdammte Cops. Jetzt liquidieren wir einen nach dem anderen von euch. Und mit ihm«, er versetzte Zeerookah einen Faustschlag gegen die Brust, »beginnen wir. Leg ihn um«, befahl er seinem Untergebenen.
Plötzlich durchschnitt das grelle Licht zweier aufgeblendeter Scheinwerfer die Nacht. Ein Wagen raste heran, das Knattern von Maschinenpistolen dröhnte in den Ohren. Zeerookah nutzte die Chance und verpasste seinem Widersacher mit dem Ellenbogen einen Stoß in die Magengrube. Nur eine Zehntelsekunde später und er wäre ein toter Mann gewesen. Haarscharf pfiff die Kugel über seinen Kopf hinweg in die Dunkelheit.
Aus den Seitenfenstern eines Cadillac älteren Baujahrs hingen zwei Typen und feuerten mit MAC-10-MPs, was die Magazine hergaben.
»Hijos de puta – Hurensöhne!«, brüllte einer. »Tod den T-Bone Boys!«
Dann brauste der Wagen der M-Amigos in die Nacht hinein davon. Auf dem Straßenpflaster lagen acht Tote.
Wochenlang hielt sich It's My Town in den Charts. Radiosender spielten den Song rauf und runter. Streamingplattformen verzeichneten Rekordzugriffe. In den sozialen Netzwerken gab es entweder Lobeshymnen oder vernichtende Kritiken. Die Band Mara, die hinter dem Song steckt, polarisierte.
Gestern war der bisherige Höhepunkt ihrer Karriere gewesen. Bei den Grammy Awards hatte Mara in den unterschiedlichsten Kategorien abgeräumt und war der große Gewinner des Abends, obwohl die Musiker weder von den Medien noch von den Buchmachern favorisiert worden waren. Zur Überraschung aller ging der haushohe Favorit, der weiße Rapper Billy T-Bone, leer aus.
Nach längerer Bühnenabstinenz und anlässlich des vergangenen Preisregens gab Mara am Abend danach ein Konzert im gerammelt vollen Chicas in Queens, dem derzeit hippsten New Yorker Klub.
El Capitano, Sänger und Frontmann der Band, ließ keine Gelegenheit aus, um über seinen Todfeind Billy T-Bone herzuziehen. Das Publikum bejubelte jede seiner bösartigen Aussagen enthusiastisch.
El Capitano war berüchtigt für seine Ausraster auf der Bühne und in der Öffentlichkeit. Präzise wie ein Uhrwerk lieferte er Exzesse und Skandale, zerlegte mit seiner Band mit Vorliebe Hotelzimmer in den besten Häusern. Die ausgeflippten Bühnenshows waren gewaltverherrlichend und frauenfeindlich. Deshalb geriet Mara oft mit dem Gesetz in Konflikt, erhielt Auftrittsverbote, wurde von den Medien boykottiert.
Eine bombastische Laser- und Lichtshow leitete ihren bisher größten Hit It's My Town ein. Der Drummer heizte mit harten, schnellen und stampfenden Beats das Publikum an. El Capitanos Gitarrenriffs klangen aggressiv und gefährlich, dazu ein wummernder Bass. Der Song war ein einziger Angriff auf die New Yorker Straßengangs wie die Bloods, Crips und andere vorwiegend weiße Banden.
Plötzlich fing El Capitanos E-Gitarre Feuer, das wegen der Lichteffekte erst niemand bemerkte. Als der Sänger selbst brannte, kapierte das Publikum, das gehörte nicht zur Show. Binnen Sekunden stand er in Vollbrand, irrte brüllend über die Bühne, riss sich das Instrument vom Körper, setzte als lebende Fackel noch mehr in Brand. Ein Roadie versuchte mit einem Feuerlöscher zu retten, was nicht mehr zu retten war.
Funkenregen sprühten als Verstärker, Scheinwerfer und Boxentürme explodierten. Im Klub fiel das Licht aus. Eine Massenpanik brach aus. Das Feuer sprang von der Bühne in den Zuschauerraum über. Die vorderen Reihen standen bereits in Flammen. Schmerzensschreie und infernalische Todesschreie überall. Die Menge wollte den Ausgang und die Notausgänge erreichen. Wo noch vor Minuten ausgelassene Stimmung geherrscht hatte, war nun die Hölle los. Der Klub verwandelte sich in eine tödliche Falle. Die Katastrophe war nicht mehr zu stoppen, es gab kein Entrinnen mehr. Aus Profitgier waren die Notausgänge versperrt oder zugestellt. Niemand sollte ohne Eintritt zu bezahlen in den Klub gelangen. Nun rächte sich das bitter. Der Ausgang konnte den Ansturm nicht verkraften. Menschen stürzten in dem Gedränge zu Boden oder wurden umgestoßen und rücksichtlos niedergetrampelt.
Phil und ich saßen im Mezzogiorno, unserem Lieblingsitaliener, und hatten uns zwei hervorragende Pizzen gegönnt. Ich beglich unsere Rechnung und blickte zufällig auf den Fernsehapparat über der Bar, traute meinen Augen nicht.
»Sieh dir das mal an«, sagte ich zu meinem Partner.
Phil drehte sich um und war ebenso schockiert wie ich. CNN lieferte bereits die ersten Bilder von dem Schreckensort. Im Nachrichtenticker lasen wir von einer noch unbekannten Anzahl an Toten im dreistelligen Bereich und an Schwerverletzten. Wir verließen das Restaurant und eilten zu meinem Jaguar. Als ich startete, meldete sich Mr. High auf meinem Handy, ich schaltete auf die Freisprechanlage um.
»Ich nehme an, Ihnen ist bereits bekannt, was geschehen ist«, sagte der Chef in seiner besonnenen Art.
»Ja, Sir«, bestätigte ich. »Phil und ich sind bereits nach Queens unterwegs. Wissen Sie schon Näheres?«
»Nein, Jerry. Von einem Unglücksfall bis zum Terroranschlag ist alles denkbar. Ich sehe derzeit auch nur die Fernsehbilder. Joe, Les, Steve und Zeerookah sind bereits auf dem Weg. Ich versuche vom Büro aus, mehr in Erfahrung zu bringen. Halten Sie mich auf dem Laufenden, wenn Sie mehr herausbekommen haben.«
Ich drückte aufs Gaspedal und musste nur den Einsatzfahrzeugen folgen, die nach Queens rasten. Phil verfolgte inzwischen die weitere Berichterstattung.
»Das Chicas steht bereits im Vollbrand«, sagte er. »Das Feuer ist während eines Konzerts von Mara aus. Noch nie gehört. Du, Jerry?«
»Das ist eine lateinamerikanische Band, sehr umstritten und sehr angefeindet. Die Musiker stammen aus El Salvador und Guatemala.«
»Was du nicht alles weißt.« Phil zeigte sich beeindruckt.
»Ich habe gestern zufällig die Grammy Awards im Fernsehen gesehen. Deshalb weiß ich es. Ist nicht unbedingt mein Musikgeschmack.«
»Dann bin ich beruhigt«, meinte er, ohne die Augen vom Monitor zu lassen. »Ich dachte schon, ich hätte eine Bildungslücke.«
Der Nachthimmel über Queens war hell erleuchtet. Das Großfeuer tobte noch immer, die Flammen waren weithin zu sehen. Das Chicas befand sich in der Nähe des Noguchi Museum. Die Mannschaften der Fire Brigade hatten alle Hände voll zu tun, die umliegenden Gebäude zu schützen. Der Klub war nicht mehr zu retten.
Ich parkte hinter einem Feuerwehrwagen. Überall saßen, lagen oder taumelten traumatisierte Menschen herum, eingehüllt in goldfarbene Rettungsdecken und von Rettungskräften betreut. Diese Leute gehörten zu den Glücklichen, die aus dem Inferno entkommen waren. Viele hatten es nicht geschafft, lagen zugedeckt auf der Straße und auf den Bürgersteigen.
Drehleitern waren ausgefahren, um mit Löschkanonen das Feuer zusätzlich von oben zu bekämpfen. Feuerwehrschläuche wurden kreuz und quer in den umliegenden Straßen verlegt und an Hydranten angeschlossen. Die Feuerwehrmänner wollten mit schweren Atemschutzgeräten in den Klub vordringen, mussten aber mehrfach aufgeben. Die Hitze war zu stark. Immer wieder waren Explosionen von im Lokal gelagerten Gasflaschen zu hören, die die Löscharbeiten zusätzlich erschwerten.
Phil und ich entdeckten Joe Brandenburg, der wild gestikulierend mit einem Mann sprach, der offensichtlich unverletzt war und anscheinend nicht zu den Konzertbesuchern gehörte.
»Wer ist der Mann, Joe?«, fragte Phil.
»Sandro Taco«, antwortete unser Kollege, »der Klubbesitzer. Dass ein Feuer ausbricht, passiert. Aber es hätten nicht so viele Menschen sterben müssen, wenn die Notausgänge offen gewesen wären.« Er blickte den Inhaber scharf an. »Das geht auf Ihr Konto, Mister Taco. Dafür werden Sie gerade stehen müssen. Das reicht für eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung in mehreren Hundert Fällen.«
»Haben Sie überhaupt nur die geringste Ahnung, Agent Brandenburg, wie viel Geld so ein Klubbetrieb verschlingt?« Der bullige Latino wirkte unglaublich kühl und herablassend. Die vielen toten und verletzten Gäste schienen ihn nicht im Geringsten zu interessieren. »Die Personal- und Warenkosten, die Steuern, die Künstlergagen, das geht an die Substanz. Da kann ich es mir nicht leisten, dass sich einige auf meine Kosten den Eintritt sparen wollen. Zum Glück bin ich bestens versichert.«
»Schön für Sie, Mister Taco«, blaffte Joe ihn an. »Sie sehen nicht so aus, als müssten Sie am Hungertuch nagen. Außerdem ist es nicht Ihr einziger Klub in der Stadt. Wir werden dafür sorgen, dass Sie in New York nie wieder ein Lokal eröffnen.«
Ich zog Joe zur Seite, bevor er sich noch zu etwas hinreißen ließ, das ihm schwere Probleme einbrachte.
»Woher weißt du das, Joe?«
»Von den Feuerwehrleuten, Jerry. Ich könnte aus der Haut fahren, wenn ich mir dieses Chaos und Grauen ansehe. Nur weil der Typ den Hals nicht vollkriegt, setzt er bedenkenlos Hunderte Menschenleben aufs Spiel. Seine beiden Türsteher sind genauso dran. Sie sind abgehauen, als der Brand ausgebrochen ist, haben alle im Stich gelassen und die Leute ihrem Schicksal überlassen. Taco hat das bereits zugegeben. Er wurde von ihnen angerufen, als das Feuer ausgebrochen ist.«
»Was ist mit den anderen beiden?«
»Les hat schon eine Großfahndung nach ihnen veranlasst, Jerry. Weit kommen sie nicht.«
»Wo ist Les?«, erkundigte ich mich.
»Er steht da hinten, spricht mit ein paar Zeugen, die in der Nähe des Ausgangs gestanden und deshalb überlebt haben.«
Les Bedell winkte uns zu sich. Vor ihm stand ein junges Paar, völlig aufgelöst, zitternd. Die zwei konnten offenbar noch nicht begreifen, dass sie überlebt hatten.
»Meine Kollegen, Agent Cotton und Agent Decker. Miss Fletcher, Sie haben ausgesagt, dass die Gitarre des Sängers Feuer plötzlich gefangen habe. Hat jemand vielleicht eine brennbare Flüssigkeit auf die Bühne gespritzt?«
Die junge Frau wirkte völlig verstört, ihr Freund hielt sie fest im Arm.
»Das kann ich nicht sagen«, antwortete sie. »Wir standen zu weit hinten. Einige Leute haben Bier herumgeschüttet. Ich glaube nicht, dass es irgendetwas Brennbares war. Ich habe nur gesehen, wie plötzlich die Gitarre Feuer gefangen hat.«
»Sind Sie der Freund von Miss Fletcher?«, fragte ich den jungen Mann, der sich besser im Griff hatte als die junge Frau.
»Ja. Ich bin Desmond Calgry«, gab er bereitwillig Auskunft. »Ich habe auch nichts bemerkt. Erst dachte ich, das gehört zur Show. Dann brannte El Capitano lichterloh und«, er brach ab, wischte sich über die Augen, »was dann geschah, sehen Sie selbst, nicht wahr, Hayden?«
»Danke«, sagte Les. »Ihre Daten haben wir, falls wir noch Fragen haben sollten. Lassen Sie sich untersuchen, dann fahren Sie nach Hause.«
»Meine Schwester«, stammelte die junge Frau, »sie wollte unbedingt ganz vorne an die Bühne. Jetzt ...« Sie fiel auf die Knie, ihr Freund Desmond Calgry versuchte, sie zu trösten. »Ich muss wissen, was mit ihr passiert ist.«
Desmond Calgry sagte uns, dass er sich darum kümmern würde. Ich gab Phil und Les einen Wink. Wir konnten nichts für die beiden tun. Hayden Fletchers Schwester war mit Sicherheit bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Außer ein Wunder war geschehen, doch das passiert selten. Wir kehrten zurück zu Joe, der noch immer dem Klubbesitzer die Leviten las.
»Es tut ihm leid!«, höhnte Joe. »Davon werden jetzt alle wieder lebendig, weil es ihm leidtut! Mister Taco, ich nehme Sie wegen fahrlässiger Tötung in mehreren Fällen und Gefährdung des Gemeinwohls fest.« Dann betete er dem Mann seine Rechte herunter, winkte zwei Cops herbei. »Schafft ihn weg, bevor ich etwas tue, was ich bereue.«
Nachdem Taco abgeführt worden war und Joe Dampf abgelassen hatte, wandte er sich uns zu.
»Wo ist Taco so plötzlich hergekommen?«, wollte Phil wissen.
»Er war zu Hause, hat im Fernsehen gesehen, was los ist«, klärte Joe uns auf. »Dann haben ihn seine zwei Türsteher verständigt, und er ist auf schnellsten Weg hergerast. Er hat sich beim Einsatzleiter der Fire Brigade gemeldet. Da waren Les und ich auch schon zur Stelle. Ich nehme an, ihr wurdet ebenfalls von Mister High informiert.«
»Genau«, sagte ich. »Wo sind Steve und Zeery?«
»Die beiden bemühen sich, so viele Zeugenaussagen zusammenzutragen wie möglich, Jerry.« Joe blickte zurück auf das Feuer, das weiterhin wütete. »Ich denke, dass es kein Terroranschlag war, wahrscheinlich ein Unglücksfall oder ein Racheakt. Dass eine Gitarre brennt, ist eher selten. Zuletzt brannte Jimi Hendrix' Instrument, und das hat er selbst angezündet. Das liegt einige Jahre zurück. Von der Gitarre in diesem Klub wird kaum etwas übrig geblieben sein. Hier können wir nichts mehr ausrichten.«
»Du hast recht, Joe«, meinte ich. »Wir treffen uns im Büro.«
Auf dem Rückweg ins Jacob K. Javits Federal Building gab es in sämtlichen Radio- und TV-Stationen nur ein Thema, den Brand, verbunden mit Spekulationen und Mutmaßungen. Weder Phil noch ich hatten Lust, uns dieses Gerede länger anzuhören. Ich schaltete das Radio aus. Phil beschäftigte sich mit dem Tabletcomputer, um mehr über den Klubbesitzer Sandro Taco herauszufinden.
Dann erhielten wir die Meldung, dass seine beiden Türsteher gefasst worden waren. Einer war besonders schlau gewesen und war in seinem Apartment angetroffen worden, der andere hatte sich unweit des Brandorts aufgehalten. Beide waren über ihre Festnahmen überrascht, schoben die Schuld wegen der verrammelten Notausgänge und mangelnder Sicherheitsvorkehrungen sofort auf ihren Boss.
Tacos Klubs waren bereits einige Male bei Überprüfungen beanstandet worden, er musste hohe Strafgelder bezahlen, das schien ihn nicht besonders zu tangieren.
»Tacos' Familie stammt aus San Salvador«, las Phil vom Monitor ab. »Er ist in New York geboren. Seine Karriere begann als Mitglied bei den Sureños, er hat sich hochgearbeitet und ist zum erfolgreichen Klubbesitzer aufgestiegen.«
»Die Sureños sind doch ein Zusammenschluss lateinamerikanischer Straßengangs«, sagte ich, »aber eher in südkalifornischen Barrios zu finden. Anscheinend gibt es inzwischen Ableger von denen auch bei uns.«
»Sieht ganz danach aus, Jerry. Außerdem habe ich herausgefunden, dass die Band Mara, die im Klub gespielt hat, und Billy T-Bone Todfeinde sind.«
»Das ist dieser weiße Rapper«, murmelte ich, »der bei den Grammy Awards leer ausgegangen ist. Das könnte ein Motiv für den Brandanschlag gewesen sein. Es kann durchaus noch weitaus tiefer gehen.«
Wir wussten, dass es seit einiger Zeit innerhalb der New Yorker Straßengangs gefährlich brodelte. Abgesehen von der klassischen Feindschaft zwischen Bloods und Crips, die seit Jahrzehnten bestand, zeichnete sich in den letzten Monaten ein neuer explosiver Trend ab. Ableger der Mara Salvatrucha, die sich auch MS-13 oder schlicht Mara nannten und deren Hauptquartiere in Guatemala und El Salvador lagen, wollten in New York Fuß fassen und den heimischen Gangs die Reviere streitig machen.
Wie in anderen Straßenbanden üblich, sind auch die Maras nahezu am gesamten Körper tätowiert. Allerdings sind auch die Gesichter der Maras mit Tattoos übersät, und das aus mehreren Gründen – nicht nur um Angst einzuflößen und Zugehörigkeit zu zeigen, sondern auch um einen Ausstieg aus der Gang nahezu unmöglich zu machen.
»Sollte es sich um einen Racheakt handeln«, überlegte ich laut und war felsenfest davon überzeugt, während ich den Jaguar in der Garage parkte, »weil sich Billy T-Bone übergangen fühlte, wird das einen Krieg auslösen. Da kommt einiges auf uns zu, Phil.«
Der neue Tag war angebrochen, aber an Schlaf war nicht zu denken. Nacheinander trafen Steve Dillaggio mit Zeerookah und Joe Brandenburg mit seinem Partner Les Bedell im gemeinsamen Büro von Phil und mir im dreiundzwanzigsten Stock des Federal Building ein. Auch Mr. High gesellte sich zu uns. Da Sonntag war, mussten wir auf Helens vorzüglichen Kaffee verzichten. So mussten wir mit dem Gesöff aus dem Automaten vorlieb nehmen, was unsere Laune keineswegs hob.
Inzwischen erfuhren wir vom Chef, dass das Feuer endlich unter Kontrolle gebracht worden war. Nur mehr vereinzelte Glutnester mussten gelöscht werden. Die Bilanz war schrecklich und ernüchternd. Knapp fünfhundert Tote, rund dreihundert Verletzte und Schwerverletzte auf sämtliche Krankenhäuser verteilt. Viele von ihnen würden diesen Tag nicht überleben. Unter den Todesopfern waren auch die Musiker von Mara, ausgenommen der Drummer. Er lag schwer verletzt in einer Klinik, die Ärzte attestierten ihm keine Überlebenschancen.