Jerry Cotton 3439 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3439 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Ito Matsuyama, Neffe von Nobuo Matsuyama, wurde mit einem Schwert getötet. Phil und ich besuchten Matsuyama in seinem New Yorker Büro. Er war ein schwerreicher, aus Japan stammender Geschäftsmann, der seit zwei Jahrzehnten im Big Apple lebte. Uns gegenüber war er verschlossen. Gerüchten zufolge arbeiteten die Matsuyamas mit der Yakuza zusammen. Angus McDougal, ein Schotte, der von Interpol geschickt worden war, sollte uns bei den Ermittlungen unterstützen. Er informierte uns darüber, dass es eine Fehde zwischen dem Tanaka- und dem Matsuyama-Clan gebe und Kenichi Tanaka, der im Sterben liegende Anführer des Tanaka-Clans, den vereinbarten Waffenstillstand aufgehoben und mindestens einen Ninja beauftragt habe, die New Yorker Mitglieder des Matsuyama-Clans auszulöschen. Es sollte nicht lange dauern, da begegneten wir selbst einem solchen todbringenden Krieger ...


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Seitenzahl: 130

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Die Tanaka-Fehde

Vorschau

Impressum

Die Tanaka-Fehde

Es war bereits nach Mitternacht, als Ito Matsuyama in seiner Hotelsuite einen Luftzug verspürte. Er schaltete den Ton des Fernsehers aus und erhob sich von der weichen Couch.

»Ist da jemand?«, fragte er in die Stille hinein.

Niemand antwortete. Warum auch? Er war allein.

Dennoch beschlich ihn ein unangenehmes Gefühl. Mit leisen Schritten ging er vom Wohnzimmer Richtung Dachterrasse. Die Tür war offen. Hatte er sie nicht geschlossen? Vielleicht nicht richtig, und ein Windzug ...

Er kam nicht dazu, den Gedanken zu Ende zu führen, denn plötzlich tauchte ein dunkler Schatten vor ihm auf und stieß geschmiedeten Stahl in seinen Brustkorb. Sein Herz hörte sofort auf zu schlagen. Ito Matsuyama starb eine Schrecksekunde später.

»Hast du den schon gehört?«, fragte Phil grinsend. »Wenn Chuck Norris Liegestütz macht, drückt er die Erde hinunter!«

»Hab schon verstanden, Chuck Norris ist ein cooler Typ«, erwiderte ich. »Und ja, ich habe auch den Werbespot gesehen, bei dem er auf den Tragflächen zweier nebeneinander fliegender Flugzeuge steht oder Spagat macht.«

Phil hatte die Chuck-Norris-Witze gerade erst entdeckt. Ich hatte die meisten schon vor Monaten gelesen.

»Und der hier, der ist echt gut«, sagte er und wollte gerade den nächsten Witz zum Besten geben, als mein Handy klingelte.

Der Anruf kam von Mr. High.

Ich aktivierte die Freisprechanlage. »Guten Morgen, Sir, Phil und ich sind auf dem Weg ins Büro.«

»Guten Morgen. Es gibt einen Mordfall, den wir übernehmen werden. Ein japanischer Mann, Ito Matsuyama, ist in seinem Hotelzimmer getötet worden. Ich schicke Ihnen die Einzelheiten zu. Fahren Sie sofort dorthin, und finden Sie heraus, was passiert ist. Ich erwarte dann Ihre telefonische Meldung.«

»Wird erledigt, Sir«, sagte ich, bevor er das Gespräch beendete.

»Japaner? Ito Sowieso? Wie war der Name noch? So ähnlich wie Mitsubishi?«, sagte Phil.

»Matsuyama«, korrigierte ich. »Und nein, der Name kommt mir nicht bekannt vor.«

Phil schaute im Computer nach. Wenige Augenblicke später erhielten wir den vorläufigen Bericht.

»Ito Matsuyama, siebenundzwanzig, vor zwei Monaten in die USA eingereist«, las Phil vor und nannte mir die Adresse des Hotels, in dem der junge Mann gewohnt hatte. Dann gab er mir weitere Informationen zur Person. »Keine Kinder, nicht verheiratet. Sein Onkel ist Nobuo Matsuyama, ein schwerreicher, aus Japan stammender Geschäftsmann, der schon lange in den USA lebt. Er ist der Chef eines großen Unternehmens, Matsuyama Inc. Es wird vermutet, dass der Onkel oder sein Unternehmen mit der Yakuza zusammenarbeiten. Konkrete Beweise existieren allerdings nicht.«

»Yakuza? In letzter Zeit hatten wir es ja hauptsächlich mit der italienischstämmigen Mafia zu tun. Wie ist der junge Mann getötet worden?«

»Erstochen, steht hier.«

»Und der Täter? Irgendein Hinweis?«, wollte ich wissen, während ich den Rückspiegel checkte und auf die rechte Spur wechselte, um bei der nächste Gelegenheit abzubiegen und schnellstmöglich zum Tatort zu gelangen.

Phil schüttelte den Kopf. »Nein, nichts.«

»Wäre ja auch zu einfach.« Ich seufzte.

»Wie es scheint, hat das Opfer eine weiße Weste, zumindest geben unsere Datenbanken nichts her.«

Ich setzte den Blinker. »Und was ist mit Japan?«

»Da werden wir nachfragen müssen. Das erledige ich später.«

Wir erreichten das Hotel eine knappe halbe Stunde später, was angesichts des dichten Verkehrs eine Leistung war.

Die geräumige, spärlich, aber erlesen möblierte Lobby des Hotels machte klar, dass hier nur gut betuchte Gäste willkommen waren.

»Nicht ganz das Niveau einer Jugendherberge«, scherzte Phil.

»Wahrscheinlich muss man hier nicht sein eigenes Bettzeug mitbringen«, sagte ich leise und ließ den Blick über einige moderne Kunstwerke gleiten, offensichtlich Originale. »Das Opfer zählte wohl zu den gut betuchten Mitgliedern unserer Gesellschaft.«

»Zählte, ganz genau«, sagte Phil. »Ist ja kein Verbrechen, reich zu sein, sofern das Geld legal verdient wurde. Angesichts der Tatsache, dass Mister Matsuyama einen gewaltsamen Tod gefunden hat, regen sich in mir gewisse Zweifel ob der Legalität des Reichtums.«

»Wer weiß, vielleicht hat der plötzliche Tod nichts mit Geld zu tun, sondern mit Eifersucht«, wandte ich ein.

Phil nickte. »Klar und die verschmähte Geliebte ist in die Küche stolziert und hat von dort ein langes Messer mitgebracht, um dem Leben des Mannes, der ihr das Herz brach, ein Ende zu bereiten. Sicher, schließlich ist der Ehe- oder Lebenspartner immer einer der Hauptverdächtigen. Irgendwie glaube ich nicht an diese Variante.«

Wir stiegen in den Aufzug.

Die Zimmernummer kannten wir aus dem Bericht, den Mr. High uns geschickt hatte.

Auf dem kurzen Weg nach oben wurden wir zu Phils Leidwesen mit mittelmäßiger klassischer Musik beschallt.

»Seichter geht es kaum«, bemerkte er.

»Hat eben nicht jeder deinen erlesenen Musikgeschmack«, sagte ich und stieg aus.

Auf der Etage, die wir erreicht hatten, wimmelte es von Cops und Mitgliedern der Crime Scene Unit.

»Ist ja einiges los«, sagte ich und zeigte einem Cop meine Dienstmarke.

Wir bahnten uns den Weg an den weiblichen und männlichen Mitarbeitern und ihrer Ausrüstung vorbei zu der Suite, in der sich das Opfer befinden sollte.

Als ich eintreten wollte, kam mir eine Frau Mitte dreißig entgegen, mit der ich um ein Haar zusammenstieß. Passende Formulierung, denn ihre dunkelbraunen Haare berührten meinen Hals, während sich unsere Blicke trafen.

»Sorry«, sagte ich. »Cotton, Jerry Cotton, FBI New York.«

»Claire Dubois«, entgegnete sie. »Detective Claire Dubois, NYPD.«

»Wie passend«, gab ich mit charmantem Lächeln zurück. »Wir sind hier, um den Fall des ermordeten Mister Matsuyama zu übernehmen. Ich gehe davon aus, dass Sie uns einiges dazu erzählen können.«

Sie trat einen Schritt zurück, zeigte den Hauch eines Lächelns und nickte. »Sicher kann ich das. Mein Chef hat mir bereits mitgeteilt, dass das FBI übernehmen wird. Von mir aus kein Problem, ich habe noch einen Stapel unaufgeklärter Fälle auf meinem Schreibtisch liegen. Außerdem bin ich sicher keine Expertin, was Japan betrifft.«

»Eher Frankreich?«, hakte ich nach.

Sie lächelte. »Wieso? Ach so, mein Name. Gehöre schon zur siebten Generation hier in den Staaten, und mein Französisch ist tatsächlich grottig.«

»Sorry, ich wollte nicht ...«

Sie winkte ab. »Schon gut, kein Problem. Ich arbeite bei der Mordkommission. Da habe ich mit ganz anderen ... na ja, mit einer Menge ... was ich meine, ist, kein Problem, wirklich.«

Sie war etwa einen halben Kopf kleiner als ich, von sportlicher Statur, sah gut aus und hatte lebendige ebenholzbraune Augen. Von ihrer Art her und von ihrem Äußeren gefiel sie mir sofort. Wie es schien, hatte auch ich Eindruck auf sie gemacht.

Als ich den Blick zur Seite richtete, sah ich Phil, der ein Lächeln unterdrückte.

»Das ist übrigens mein Partner Phil Decker«, sagte ich und deutete auf ihn.

»Ist mir ein Vergnügen«, sagte Phil.

Sie nickte. »Gut, wollen wir?«

»Gerne«, sagte ich.

Sie ging vor und bedeutete uns, ihr zu folgen.

»Die Kollegen von der Crime Scene Unit haben ihre Arbeit bereits beendet, wir können uns also frei bewegen. Sie führte uns zur Leiche des jungen Mannes, die unweit der Terrassentür auf dem Boden lag. »Da ist er, Ito Matsuyama, bewohnt diese Suite bereits seit achtundvierzig Tagen, heute nicht mitgerechnet. Bezahlt wurde der Spaß von Matsuyama Inc., dem Unternehmen seines Onkels. Viel habe ich über die Beziehung des Neffen zum Onkel bisher nicht herausfinden können, das fällt dann in Ihren Aufgabenbereich.«

Ich nickte. »Wie genau ist er gestorben?«

Sie deutete auf den Oberkörper des mit einem Pyjama bekleideten Mannes, wo Blut aus einer Wunde getreten war. »Nach aktuellem Kenntnisstand starb er durch einen Stich ins Herz. Bei der Tatwaffe tippen unsere Experten auf ein Schwert.«

»Ein Schwert?«, gab Phil überrascht von sich. »Wir hatten eher mit einem Küchenmesser gerechnet.«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Schneller Stich ins Herz, dann wurde das Schwert sofort wieder herausgezogen. Präzise Aktion, schnell und tödlich. Das war keine Tat im Affekt, da war ein Profi am Werk.«

»Tödliche Präzision«, sagte ich leise und nahm die Wunde genauer in Augenschein. »Konnten die Kollegen schon Angaben über die Art des Schwerts machen?«

Detective Dubois zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, ein Schwert eben. Wieso?«

»Ich überlege nur, ob es ein japanisches Schwert war«, sagte ich.

»Das wird dem Opfer wohl egal gewesen sein«, sagte sie. »Er war auf jeden Fall schnell tot, ihn leiden zu lassen, war offenbar nicht Auftrag des Täters.«

Ich schaute sie fragend an. »Sie gehen davon aus, dass es sich um einen Auftragsmord handelt?«

Sie nickte. »Klar, ist doch anzunehmen, oder?«

»Es ist eine Möglichkeit«, sagte ich. »Eine naheliegende.«

»Das hat der Täter hinterlassen. Keine Ahnung, ob es so etwas wie seine persönliche Note sein soll«, sagte sie und deutete auf die verteilten Blutspritzer auf dem Boden.

Ich schüttelte den Kopf. »Nein, das ist keine persönliche Note. Es ist das, was ein erfahrener Schwertkämpfer macht, bevor er das Schwert zurück in die Scheide steckt, er schüttelt das Blut ab. Gewöhnlich reicht diese eine Bewegung nicht aus, und er streift den Rest des Bluts mit den Fingern oder einem Tuch ab, wenn er das Schwert einsteckt. Haben Sie etwas gefunden, das darauf hindeutet?«

Sie schüttelte den Kopf. »Kein Tuch, nichts dergleichen. Sie kennen sich aber aus. Hatten Sie schon einmal mit einem solchen Mordfall zu tun?«

»Agent Decker und ich haben in den letzten Jahren eine Vielzahl verschiedener Fälle aufgeklärt. Schwerter als Mordwaffen waren auch dabei. Was haben Sie sonst noch für uns?«

»Möglicherweise kam der Täter über den Balkon in die Suite«, sagte Detective Dubois. »Die Kamera im Flur hat, mit Ausnahme der Gäste auf dieser Etage und Personal, niemanden um den Todeszeitpunkt herum erfasst. Ach ja, der liegt wohl zwischen Mitternacht und ein Uhr. Eine Mitarbeiterin vom Zimmerservice hat das Opfer heute früh gefunden. Die Arme steht unter Schock. Kein Wunder, eine Leiche zu finden, ist nicht gerade die beste Art, seinen Arbeitstag zu beginnen.«

Sie führte uns durch die Suite und zeigte uns alles, was sie gefunden hatte. Relevante Fakten waren nicht dabei. Schließlich verabschiedeten wir uns, und ich machte mich zusammen mit Phil auf den Weg.

»Halt, warten Sie!«, rief Detective Dubois uns hinterher und hielt ihre Visitenkarte hoch. »Ich würde mich über Ihren Anruf freuen ... den Fall betreffend natürlich.«

Ich ging auf sie zu, um mir die Karte zu geben.

»Danke, ich werde nicht vergessen, Sie anzurufen«, sagte ich, steckte die Karte ein und gab ihr meine. »Falls Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich jederzeit an.«

Das versprach sie, wir verabschiedeten uns lächelnd, dann verließen Phil und ich die Etage, um mit dem Leiter der Crime Scene Unit zu sprechen.

»Nett, wirklich nett«, bemerkte Phil, als wir allein mit dem Fahrstuhl nach unten fuhren.

»Absolut«, sagte ich.

»Mehr nicht?«, fragte er mit hochgezogener Braue.

»Du meinst also, ich hätte Interesse an ihr? Als Frau?«

Er nickte. »Ja, das meine ich.«

Ich zuckte mit den Schultern. »Nun, sie ist ... nett, wie du schon gesagt hast. Und natürlich werde ich sie, den Fall betreffend, anrufen. Was dann geschieht, werden wir sehen.«

Wir traten aus dem Fahrstuhl, der endlich das Erdgeschoss erreicht hatte.

»Dort drüben sind die Fahrzeuge der Crime Scene Unit«, sagte Phil.

Wir fanden den Gesuchten, allerdings konnte er uns nicht wesentlich mehr sagen, als wir schon von Detective Dubois wussten. Immerhin versprach er, uns den Bericht so schnell wie möglich zu schicken. Vermutlich würde es trotzdem bis zum folgenden Morgen dauern. Anschließend sprachen wir mit der Rezeptionistin und anderen Hotelangestellten und nach Rücksprache mit dem Notarzt auch kurz mit der Frau, die Ito Matsuyama gefunden hatte.

»Das war nicht sehr ergiebig«, resümierte ich, als wir unsere Befragungen beendet hatten. »Trotzdem, es ist Zeit, Mister High Bericht zu erstatten.«

Auf dem Weg zurück zum Jaguar planten wir unsere nächsten Schritte und riefen dann, als wir im Wagen Platz genommen hatten, unseren Chef an.

»Der nächste Verwandte des Opfers ist sein Onkel Nobuo Matsuyama. Vielleicht weiß er, ob sein Neffe in irgendetwas verwickelt war«, sagte Mr. High, nachdem wir ihn auf den neuesten Stand gebracht hatten.

»Wir werden ihm einen Besuch abstatten«, sagte ich. »Abgesehen davon muss ihn jemand über den Tod seines Neffen informieren.«

Wir suchten Nobuo Matsuyama in seinem Unternehmen auf, das eine komplette Etage in einem modernen Bürogebäude östlich vom Central Park belegte. Bei den Angestellten, die wir zu Gesicht bekamen, handelte es sich ausschließlich um Asiaten, wahrscheinlich um Japaner. Alle waren überaus ordentlich gekleidet, die Männer trugen Anzüge, die Frauen überwiegend Rock und Blazer mit einem Hauch mehr Farbe.

Die freundlich lächelnde Frau am Empfang hatte uns gebeten, im Warteraum Platz zu nehmen, und informierte dann jemanden darüber, dass wir Matsuyama sprechen wollten. Die nächsten zehn Minuten passierte erst einmal nichts. Ich war mir sicher, dass es außerhalb unserer Sicht anders aussah. Entweder wusste man dort bereits vom Tod des Neffen, oder man fragte sich, warum das FBI den Chef des Unternehmens sprechen wollte. So oder so bereitete man sich auf das Gespräch mit uns vor.

»Ein schönes Bild, so verträumt und unschuldig«, bemerkte Phil, als er das japanische Gemälde eines Sonnenuntergangs betrachtete. »Steht irgendwie im Kontrast zu der harten Wirklichkeit des Big Business.«

»Was ist das da am Rand? Sind das Sonnenblumen? Gibt es die in Japan auch?«

Phil zuckte mit den Schultern. »Sicher, warum nicht? Ich glaube mich zu erinnern, einen Bericht darüber gelesen zu haben, dass in Japan Millionen Sonnenblumen gepflanzt wurden, um radioaktive Giftstoffe aus dem Boden zu saugen. Allerdings glaube ich kaum, dass der Maler dieses Gemäldes das im Kopf hatte.«

In diesem Moment wurde die Tür zum Wartezimmer geöffnet, und eine zierliche Frau Mitte zwanzig bat uns mit freundlichem Lächeln, ihr zu folgen. Sie führte uns an einer Flucht verschlossener Bürotüren vorbei zu einer Doppeltür, die sie für uns öffnete. Dann verbeugte sie sich vor dem Mann hinter einem breiten hölzernen Schreibtisch, sagte etwas auf Japanisch, wobei ich unsere Namen heraushören konnte, und trat zur Seite. Als wir vor dem Schreibtisch Platz genommen hatten, verließ sie das Zimmer und schloss die Tür von außen.

»Guten Morgen«, sagte der weißhaarige Mann Mitte siebzig, der hinter dem Schreibtisch saß. »Ich bin Nobuo Matsuyama. Normalerweise empfange ich so kurzfristig niemanden. Da Sie vom FBI sind, mache ich eine Ausnahme.«

Seine Stimme, seine Mimik, die kleinen Gesten, alles wirkte dezent, einem festgelegten Ablauf entsprechend. Mir fiel ein, wie die Japaner das Trinken einer Tasse Tee zuweilen in eine Zeremonie verwandelten. Bei dieser Begrüßung war es ähnlich.

Ich nickte und versuchte, freundlich und mitfühlend auszusehen. »Das ist mein Partner Agent Decker. Ich bin Agent Cotton. Wir sind hier, weil wir Ihnen ein traurige Nachricht zu überbringen haben. Ihr Neffe Ito Matsuyama wurde tot in seiner Hotelsuite aufgefunden.«

Es war schwer zu erkennen, weil das Gesicht unseres Gegenübers einer steinernen Maske glich, aber es schien mir, als würde er wie Trauer empfinden. Es war mir unmöglich zu erkennen, ob er bereits vom Tod seines Neffen wusste oder nicht.

»Das ist in der Tat eine traurige Nachricht«, erwiderte er nach kurzer Stille. »Was genau ist geschehen?«

»Unsere Ermittlungen stehen noch am Anfang«, antwortete ich. »Was wir mit Bestimmtheit sagen können, ist, dass er ermordet wurde.«

Matsuyama nickte, schien nachzudenken und fragte dann: »Wie genau wurde er getötet?«

»Mit einem Schwert.« Ich beobachtete seine Reaktion genau.

Etwas sagte mir, dass er mit dieser Antwort gerechnet hatte.

Statt etwas zu sagen, nickte er schweigend.

»Es gibt keinen Hinweis darauf, dass ihm etwas gestohlen wurde«, sagte ich. »Die Art, wie der Mord durchgeführt wurde, deutet darauf hin, dass es sich um eine gezielte Tat handelt. Sie sind der nächste erreichbare Verwandte des Opfers. Wissen Sie, ob er in irgendwelchen Schwierigkeiten steckte?«

»Davon ist mir nichts bekannt«, kam die unverbindliche, aber nicht unerwartete Antwort.

»Er hat für Sie gearbeitet, nicht wahr?«, wollte Phil wissen.

»Für mein Unternehmen«, antwortete Matsuyama. »Sein Vater hat ihn in meine Obhut entlassen, damit er in der internationalen Geschäftswelt Erfahrung sammelt.«