Jerry Cotton 3443 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3443 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Henry Lasalle, ein ehemaliger FBI-Kollege, wurde erhängt in seinem Apartment aufgefunden. Alles sah nach einem Suizid aus. Die Obduktion zeigte jedoch, dass Lasalle vor seinem Tod betäubt worden war. Phil und ich nahmen Lasalles aktuellen Arbeitgeber unter die Lupe, einen Freeport in Harlem. Es gab Gerüchte, dass dort illegaler steuerfreier Handel mit Kunst und anderen Wertobjekten betrieben wurde. Wir hatten den Verdacht, dass Lasalle an solchen Geschäften beteiligt gewesen sein könnte oder zumindest davon Kenntnis gehabt hatte, und deshalb sterben musste. Und es dauerte nicht lange, da hatten wir einen Schatten ...


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Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Freeport

Vorschau

Impressum

Freeport

Henry Lasalle hatte sich in seinem Apartment gerade einen Kaffee aufgebrüht, als jemand an der Tür klopfte. Überrascht hob er den Kopf. Wer könnte das sein? Er erwartete niemanden.

Lasalle schaltete die Kaffeemaschine aus, ging zur Tür und öffnete sie. Vor ihm standen zwei Männer, ein großer, kantiger Kerl und ein kleinerer, drahtiger Typ.

»Was wollt ihr?«, fragte Lasalle.

»Dir etwas bringen«, antwortete der kleinere und zog einen Umschlag aus der Jacke.

»Ist es das, von dem ich annehme, dass es das ist?«, wollte Lasalle wissen.

»Es riecht nach frischem Kaffee«, sagte der drahtige Mann. »Lass uns das bei einer Tasse besprechen.«

»Warum nicht?« Lasalle ließ die beiden in sein Apartment.

Er wusste nicht, dass er damit sein Todesurteil unterschrieben hatte.

Phil und ich waren in Mr. Highs Büro und besprachen einen Fall, den wir gerade abgeschlossen hatten.

»Gute Arbeit«, lobte Mr. High uns. »Es hat zwar lange gedauert, aber letztlich hat die Gerechtigkeit gesiegt und Sie haben den Kerl gefasst. Jetzt ist der Staatsanwalt an der Reihe. Es ...«

In dem Augenblick klingelte sein Bürotelefon.

»Einen Moment«, sagte er und ging dran. »Hallo? – Ja genau. – Tatsächlich? – Das ist wahr. – Das ist wirklich keine gute Nachricht. – Wann? – Wo? – Wie? – Danke, dass Sie mich informiert haben. Ich werde jemanden schicken, der sich der Sache annimmt. – Natürlich, geht in Ordnung. – So long!«

Er legte auf, überlegte kurz und wandte seine Aufmerksamkeit wieder uns zu. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte er keine guten Nachrichten erhalten.

»Ist jemand gestorben?«, wollte Phil wissen.

»In der Tat«, antwortete Mr. High ernst. »Henry Lasalle ist tot.«

»Lasalle? Den Namen habe ich schon eine Ewigkeit nicht mehr gehört«, sagte ich nachdenklich. »Ist er nicht ... war er nicht einer von uns?«

Mr. High nickte. »Das war er. Henry Lasalle war FBI Agent. Das ist lange her, ein Jahrzehnt. Und jetzt ist er tot. Sieht nach Suizid aus. Da Sie gerade keinen Fall haben, können Sie sich den Tatort anschauen. Nur um sicherzugehen, dass tatsächlich keine Fremdeinwirkung vorliegt.«

Ich nickte. »Natürlich, Sir, das machen wir. Wir können uns sofort auf den Weg machen, wenn Sie es wünschen.«

»Ja. Wir waren ohnehin fertig. Fahren Sie zu Lasalles Apartment und schauen Sie sich um. Ich erhalte gleich den vorläufigen Bericht und leite ihn weiter. Soweit ich weiß, hat Lasalle in Brooklyn gewohnt, zumindest damals. Keine Ahnung, ob er inzwischen umgezogen ist.«

»Sollte kein Problem sein, das herauszufinden«, sagte Phil und erhob sich.

Mr. High nickte wortlos.

Phil und ich verließen sein Büro.

»Soweit ich mich entsinne, war Lasalles Abschied alles andere als glorreich«, sagte Phil, während er die Tür zu Mr. Highs Büro hinter sich schloss. »Genaue Infos habe ich nicht parat. Da müssten wir uns seine Akte ansehen.«

»Können wir während der Fahrt erledigen«, sagte ich.

Helen horchte auf. »Lasalle? Henry Lasalle? Von ihm habe ich lange nichts mehr gehört. Was ist mit ihm? Hat er Probleme?«

»Wahrscheinlich hatte er Probleme, denn er ist leider verschieden«, antwortete Phil.

»Das tut mir leid um ihn«, sagte sie bedrückt. »Er war zwar nicht unbedingt das, was man als einen Vorzeige-Agent bezeichnen würde, aber durchaus charmant.«

»Charmant?«, erwiderte Phil. »Also ein Frauentyp?«

»Nicht unbedingt«, sagte sie. »Ganz nett, zumindest soweit ich mich erinnere. Manchmal spielen einem die Erinnerungen ja einen Streich. Ich kam auf jeden Fall gut mit ihm zurecht. Was seine Berufsethik angeht, darum stand es nicht gut. Es gab da ein paar Gerüchte, die letztlich wohl zu seinem Abschied geführt haben.«

»Kennst du Details?«, wollte ich wissen.

Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht einmal, ob er gekündigt hat oder gekündigt wurde. Ist eine ganze Weile her.«

»Das werden wir schon herausfinden«, sagte ich.

Sie nickte. »Falls mir etwas einfällt, gebe ich euch Bescheid.«

Wir verabschiedeten uns, gingen zum Fahrstuhl und fuhren nach unten.

»Wer weiß, was man über uns in zehn Jahren sagen wird?«, bemerkte Phil, als wir im Jaguar unterwegs nach Brooklyn waren. Er rief die Akte von Lasalle auf. »Henry Tiberius Lasalle, siebenundfünfzig Jahre alt, dreimal geschieden, war zuletzt nicht verheiratet, keine Kinder. Seine letzte Ehe endete vor mehr als einem Jahrzehnt, kurz nachdem er aus dem Staatsdienst geschieden ist. Ich würde mal vermuten, dass das keine gute Zeit in seinem Leben war. Er war sieben Jahre beim FBI, die meiste Zeit in Philly, später in New York. So richtig konkret steht hier nicht, warum er gekündigt hat, nur dass ihm aufgrund seiner fehlenden Motivation die Kündigung nahegelegt wurde.«

»Fehlende Motivation? Hat er vielleicht Drogen genommen oder getrunken?«

Phil zuckte mit den Schultern. »Nein, wenn ich das richtig interpretiere, war er oft unpünktlich. Und ... das hier könnte der Kündigungsgrund sein: Es gab einen Hinweis, dass er Bestechungsgeld angenommen hätte. Allerdings keine Details und das Ganze erscheint nebulös. Wenn ich das richtig interpretiere, existierten keine klaren Beweise für die Bestechung. Aber ganz koscher kommt mir Lasalle nicht vor. Es könnte also etwas dran gewesen sein.«

Ich seufzte. »Das ist lange her und wahrscheinlich für uns irrelevant. Wir schauen uns den Tatort an. Wenn es sich um einen Suizid handelt, ist die Sache ohnehin erledigt.«

»Wenn«, bemerkte Phil.

Henry Lasalle hatte in einem kleinen Apartment im Norden von Brooklyn gewohnt. Ein durchschnittliches Haus in einer ebenso durchschnittlichen Gegend. Es sah nicht so aus, als wäre Lasalle nach seinem Ausscheiden beim FBI zu Geld gekommen.

Nachdem wir uns durch die Absperrung bis zum Tatort vorgearbeitet hatten, trafen wir einen jungen Detective des NYPD, der froh war, den »langweiligen« Fall an uns abzugeben, obwohl wir gar nichts Derartiges erwähnt hatten. Zum Glück war eine alte Bekannte von uns vor Ort, die Gerichtsmedizinerin Dr. Janice Drakenhart. Wir hatten sie schon eine ganze Weile nicht gesehen. Sie machte einen guten Eindruck, ausgeruht, entspannt und freundlich. Wenn ich mich nicht irrte, hatten ihre Haare einen anderen Rotschimmer als bei unserem letzten Treffen.

»Jerry, Phil, schön, euch zu sehen«, sagte sie.

»Gleichfalls«, entgegnete ich. »Und? Geht es dir und deinem Mann gut?«

»Bestens«, antwortete sie mit einem Lächeln. »Und wie läuft es bei euch?«

»Können nicht klagen«, antwortete Phil. »Was ist mit Mister Lasalle passiert?«

»Wahrscheinlich Tod durch Ersticken«, antwortete Janice und brachte uns zur Leiche, die nebenan an der Decke hing. »Todeszeitpunkt vor etwa zwanzig Stunden. Auf den ersten Blick sieht alles nach Suizid aus. Der Stuhl, auf dem er stand, ist umgeworfen, neben seinem Computer befindet sich ein Ausdruck mit einem Abschiedsbrief, klassisch.«

»Und?« Ich schaute sie fragend an.

Sie deutete auf den Brief. »Computerausdruck, nicht unterzeichnet, hätte jeder schreiben und da hinlegen können. Davon abgesehen kann ich noch kein abschließendes Urteil abgeben. Das Apartment sieht ordentlich aus, keine Zeichen eines Kampfes. Wenn also jemand nachgeholfen hat, dann professionell. Ich kann euch dazu tatsächlich erst etwas sagen, wenn ich die Leiche auf dem Tisch hatte.«

»Dann warten wir auf deinen Bericht«, sagte ich.

Sie nickte und räusperte sich. »Ich habe gehört, wie die Putzfrau, die ihn gefunden hat, mit dem zuständigen Detective sprach. Die Arme war total schockiert. Das ist eigentlich nicht, was ich erwähnen wollte. Sie sagte, dass sich Lasalle noch vor seinem Tod Kaffee aufgebrüht, ihn aber nicht getrunken habe und sie jetzt wohl immer, wenn sie Kaffee riechen würde, daran denken müsse, wie er da hing. Das machte mich irgendwie stutzig.«

»Du meinst, weil er kurz vor seinem Tod Kaffee gekocht hat? Schwer zu sagen, ob das ein Hinweis auf Fremdeinwirkung ist«, sagte ich. »Könnte auch sein, dass er noch einen Schluck trinken wollte und dann plötzlich entschieden hat, es hinter sich zu bringen.«

»Schon möglich«, stimmte sie zu. »Kam mir nur so in den Sinn, dass ich an seiner Stelle den Kaffee getrunken hätte.«

»Jemand, der sich das Leben nimmt, steht entweder enorm unter Druck oder hat jeden Lebenswillen verloren«, sagte Phil. »Da sind unlogische und schwer nachzuvollziehende Entscheidungen nicht unüblich. Immerhin hat er sich die Mühe gemacht, einen Abschiedsbrief zu schreiben. Was steht eigentlich drin?«

Er warf einen Blick auf die wenigen Zeilen auf dem Blatt Papier.

»Recht allgemein, das Leben hat für ihn keinen Sinn mehr, sonst nichts. Kein konkreter Grund wie Schulden, Liebeskummer und so weiter. Es gibt ein paar Rechtschreibfehler. Der Brief ist nicht unterschrieben, den könnte jeder geschrieben haben.«

Ich schaute mir Lasalles Computer an. Ein Passwort brauchte ich zum Einloggen nicht. Die Datei mit dem Abschiedsbrief war noch geöffnet.

»Ja, könnte jeder geschrieben haben«, sagte ich.

»Gibt es irgendwelche Hinweise auf Fremdeinwirkung? Einbruchspuren? Verletzungen?«

»Soweit ich weiß, keine Einbruchspuren, Phil«, antwortete Janice. »Abwehrverletzungen konnte ich nicht feststellen. Das muss nichts heißen. Vielleicht kannte er die Täter und hat sie hereingelassen. Und dann ... Es gibt viele Möglichkeiten.«

Ich nickte. »Wir warten auf deinen Bericht. Weißt du, ob die Putzfrau noch da ist?«

»Glaube schon, wartet im Apartment nebenan«, sagte sie.

Einige Augenblicke später sprachen wir mit Maria Cortez. Sie sah tatsächlich völlig fertig aus. Ich fürchtete, dass sie nicht vernehmungsfähig sein könnte. Das war nicht der Fall. Sie war bereit, uns alles zu erzählen, was sie wusste.

Nachdem sie tief Luft geholt hatte, begann sie. »Ich habe wie immer zuerst geklopft, viermal, wie Mister Lasalle und ich es verabredet hatten. Als niemand antwortete, bin ich mit meinem Schlüssel ins Apartment gegangen. Ein paar Schritte und da habe ich ihn hängen sehen. Ich wusste nicht, ob ich erst die Polizei rufen oder ihm helfen sollte. Doch ich traute mich nicht an ihn heran. Er sah ... tot aus, ganz bleich und reglos. Also habe ich Ihre Kollegen gerufen. Die waren schnell hier und haben alles abgesperrt.«

»Die Wohnung war verschlossen?«, wollte ich wissen.

Sie nickte. »Ja, ganz sicher, ich habe sie mit meinem Schlüssel aufgeschlossen.«

»Wann haben Sie Mister Lasalle zuletzt lebend gesehen?«

»Letzte Woche, am gleichen Wochentag. Er war so wie immer, nicht überschwänglich, eher wortkarg, aber auch nicht niedergeschlagen. Ich weiß, dass er einsam war, es ging ihm jedoch wohl ganz gut – dachte ich zumindest. Sich das Leben zu nehmen, ist eine Todsünde«, sagte sie und bekreuzigte sich.

»Was ihm wahrscheinlich nicht mehr viel ausmachen wird«, bemerkte Phil.

»Im Himmel spielt es eine Rolle!«, gab sie überzeugt von sich. »Wir alle müssen uns irgendwann vor dem Herrn verantworten. Und wer sich selbst das Leben nimmt, kommt nicht ins Himmelreich. Die arme Seele!«

Phil verdrehte die Augen, was sie zum Glück nicht sehen konnte.

»Haben Sie bei ihm mal andere Leute getroffen? Freunde? Bekannte?«, setzte ich die Befragung fort.

Sie schüttelte den Kopf. »Nein, schon länger nicht, vielleicht mal vor einem Jahr oder so. Ein Freund, aber keine Ahnung, wer er war oder wie er hieß. Meistens war Mister Lasalle allein oder nicht zu Hause, wenn ich für Ordnung gesorgt habe.«

»Hatte er eine Freundin?«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, so wie das Apartment immer aussah. Es gab auch keine zweite Zahnbürste oder Frauenkleidung.«

»Hat Mister Lasalle Medikamente genommen? Vielleicht sogar Psychopharmaka? Die haben manchmal unangenehme Nebenwirkungen.«

»Davon ist mir nichts bekannt. Außer ein paar Aspirin habe ich nie irgendwelche Medikamente bei ihm gesehen.«

Weitere sachdienliche Informationen hatte sie nicht für uns.

Zusammen mit Phil schaute ich mich in Lasalles Apartment um. Er hatte eine umfangreiche CD- und Schallplattensammlung und einen recht teuer aussehenden Schallplattenspieler.

»Schallplatten? Wirklich?«, bemerkte der junge Detective, der nach wie vor am Tatort herumlungerte.

»Natürlich«, sagte ich. »Schallplatten erleben immer mal wieder eine Renaissance. In einer Zeit, wo fast die gesamte Musik aus dem Internet kommt, wünschen sich offenbar viele Menschen etwas zum Anfassen zurück.«

Der Detective gähnte. »Ich glaube, ich habe selbst noch ein paar CDs. Schallplatten, die knistern und knacken und man muss sie vorsichtig behandeln. Das wäre nichts für mich.«

Damit ging er zu einem seiner Leute.

»Ich hatte überlegt, mir wieder einen Plattenspieler zuzulegen«, gestand Phil. »Einen gebrauchten. Die neuen, richtig guten, die kosten horrende Summen. Mehr, als sich ein FBI Agent leisten kann.«

»Für sein Hobby hatte Lasalle offenbar genug Geld«, sagte ich. »Andere Wertgegenstände sind mir nicht aufgefallen. Oder hast du etwas gefunden?«

Phil schüttelte den Kopf. »Nein. Etwas Geld, nur ein paar Hundert Dollar. Und ein paar Silbermünzen. Aus Gold wären sie ein kleines Vermögen wert, Silber hat ja enorm an Wert verloren.«

Phil und ich wandten uns an die Crime Scene Unit, die noch vor Ort war. Wir waren vor allem an Fingerabdrücken interessiert, die nicht von Lasalle stammten.

»Und? Was ist deine Meinung, Phil?«, fragte ich, als wir alles erledigt hatten.

»Schwer zu sagen«, antwortete er. »Könnte Suizid gewesen sein. Muss aber nicht. Falls nicht, waren Profis am Werk. Ich denke, wir sollten auf den Bericht von Janice warten.«

Ich stimmte Phil zu. »Wir können unterdessen schauen, mit wem er kürzlich in Kontakt stand und diese Personen befragen..«

Phil besorgte uns die Kontaktdaten von Lasalles Handy. In der letzten Woche hatte Lasalle öfter mit zwei Personen gesprochen. Beide wohnten, wie wir schnell herausfanden, in Brooklyn, nicht weit von Lasalles Apartment entfernt. Daher waren sie die ersten, zu denen wir uns auf den Weg machten, nachdem wir Lasalles Nachbarn befragt und von ihnen keine Hinweise auf ein mögliches Verbrechen erhalten hatten.

Enrico Vargas war nicht zu Hause, sondern bei der Arbeit in einer Bar namens White Sands. Es handelte sich um eine moderne Bar, nicht eine von der verruchten Sorte. An den Wänden hingen Bilder von Dünen, die wahrscheinlich vom White-Sands-Nationalpark in New Mexico stammten. Fotos von Mickey Rourke und Mary Elizabeth Mastrantonio zeugten davon, dass die Bar ihren Namen nicht nur dem Nationalpark, sondern wahrscheinlich auch dem gleichnamigen Spielfilm zu verdanken hatte.

Vargas war ein gut aussehender dunkelhaariger Mann Ende vierzig, ein Latin Lover, der ein wenig in die Jahre gekommen war. Er stand hinter der Bar und mixte gerade ein paar Cocktails, als wir eintraten. Wir nahmen an der Theke Platz.

»Was darf es sein?«, fragte er freundlich.

»Zwei Wasser«, antwortete ich.

»Cops?«

Ich nickte und zeigte meine Dienstmarke. »Agents, FBI. Mister Vargas, wir haben ein paar Fragen an Sie.«

»Ich bin nicht Vargas«, sagte er ernst, zögerte und lächelte dann. »War nur ein Scherz. Ist so meine Art. Sie verstehen doch Spaß, oder?«

»Grundsätzlich schon«, sagte ich. »Allerdings sind wir aus einem unerfreulichen Grund bei Ihnen. Es geht um Henry Lasalle. In welcher Beziehung standen Sie zu ihm?«

Das Grinsen verschwand aus Vargas' Gesicht und er wurde schlagartig ernst. »Wieso standen? Ist Henry etwas passiert?«

»Wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Mister Lasalle gestorben ist«, erwiderte ich.

Vargas schlug mit der Faust auf die Bar. »Verdammt! Ich dachte, der alte Haudegen überlebt uns alle!«

Er schien ehrlich überrascht. Nichts deutete darauf hin, dass er von Lasalles Tod wusste.

»Unser Beileid«, sagte ich.

Er schaute auf. »Was ist passiert? Und wieso interessiert sich das FBI dafür? Ist er etwa ermordet worden?«

»Er war einer von uns, deshalb gehen wir der Sache nach«, antwortete ich.

»Mit Betonung auf war«, sagte er schnippisch. »Ist ewig her, dass er euren Verein verlassen musste. Hat ihn ganz schön mitgenommen. Er fand es ungerecht und hat damit nicht hinterm Berg gehalten.«

»Das ist über zehn Jahre her«, bemerkte Phil.