Jerry Cotton 3445 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3445 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Monatelang hatten wir die Familie Bellucci beschattet. Deshalb hatten wir sie im Visier, als sie nördlich von New York einen schweren Raub begehen wollte. Dabei kam das Clanoberhaupt Roberto Bellucci ums Leben. Umso größer war die Überraschung, die wir am nächsten Tag erlebten. Belluccis Sohn Chris erschien im Field Office, und das mit einem einmaligen Angebot. Er wollte als neuer Boss Frieden mit dem FBI schließen und alle Straftaten offenlegen, die unter seinem Vater begangen worden waren. Wir freuten uns - zu früh. Kurz darauf wurde nämlich Chris Bellucci erschossen, ausgerechnet in Notwehr von einer FBI-Kollegin, was ungeahnte Folgen hatte ...


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Seitenzahl: 143

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhalt

Cover

Einer spielt falsch

Vorschau

Impressum

Einer spielt falsch

»Was brauchst du so lange? Los jetzt!«

Chris Bellucci sah auf. Sein Vater stand in der Tür. Als sich ihre Blicke trafen, zog ein böses Lächeln über das Gesicht des alten Herrn. Chris fuhr ein Schreck den Rücken hinunter. Wie er diesen Gesichtsausdruck hasste! Er bedeutete, dass sein Vater kurz davor war, seine ganze Grausamkeit auszuspielen. Chris riss sich zusammen.

»Nimm Tom mit«, sagte er. »Den hältst du doch schon immer für den besseren Sohn von uns beiden.«

Roberto Bellucci, sein Vater, schien mit einem Mal zu explodieren. Mit einer schnellen Bewegung ging er auf Chris zu und zog gleichzeitig die Waffe, die er unter seiner Jacke getragen hatte. Im nächsten Moment drückte der kalte stählerne Lauf in Chris' Hals.

»Du bist der Ältere«, zischte er ihm ins Ohr. »Und ich werde dir zeigen, was das bedeutet.«

Roberto Bellucci trieb ihn regelrecht vor sich her. Widerwillig ließ sich Chris Bellucci von seinem Vater durch den Flur des Hauses führen. Als wäre er nicht der Sohn seines Vaters, sondern eines seiner Opfer. Vorbei an Chris' Bruder Tom, der in der Tür seines Zimmers stand und das Geschehen beobachtete. Chris wusste, was in ihm vorging. Am liebsten wäre er selbst mitgekommen.

Eigentlich bin ich auch sein Opfer, dachte Chris. Er war achtundzwanzig Jahre alt, und seit er denken konnte, war es ihm gegen den Strich gegangen, zu einer Mafiafamilie zu gehören. Mit achtzehn hatte der Vater ihn zu verschiedenen Straftaten mitgenommen, obwohl der Vater der Boss war. Sie hatten zu zweit Geld eingetrieben, Überfälle begangen. Zweimal hatten andere Angehörige der Familie Menschen erschossen und ihre Leichen verschwinden lassen. Roberto Bellucci war so schlau gewesen, ihm den Anblick der Morde zu ersparen. Er wusste, dass Chris aus weicherem Holz geschnitzt war als sein jüngerer Bruder Tom. Aber Roberto Bellucci hatte sich in den Kopf gesetzt, dass nach den uralten Traditionen der Familie der Ältere später die Familienführung übernehmen sollte.

»Ich werde dir deine Rolle schon einimpfen«, sagte sein Vater. »So lange, bis du es endlich begriffen hast.«

Draußen wartete in der Dunkelheit des Abends ein unauffälliger schwarzer SUV. Am Steuer saß Cousin Fabio, der in der Bellucci-Familie den Rang eines sogenannten Soldaten innehatte. Er machte seinen Job zur Zufriedenheit des Vaters und hegte keine Erwartungen, eines Tages irgendeine Führungsrolle zu übernehmen. Allerdings war er durchaus in der Lage, kleinere Aufgaben selbst zu erledigen.

Mit dumpfem Gesichtsausdruck stierte er vor sich hin, während der Vater Chris zum Einsteigen zwang.

»Aufgeregt?«, fragte der Vater, als er sich neben ihn setzte. Dazu lachte er hämisch. »Das wird bald vergehen. Cool bleiben.«

Er klopfte auf die Kopfstütze des Fahrersitzes. Das war für Fabio das Zeichen zum Losfahren.

Der SUV bewegte sich durch die Lichtkegel der Straßenlampen im ruhigen Wohngebiet in Riverdale. Fabio ließ es langsam angehen, um möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen.

Die Häuser standen hier in großen Abständen voneinander entfernt. Dazwischen gab es Rasenflächen, alten Baumbestand und gepflegte Hecken. Hinter einigen Fenstern brannte Licht. Dort genossen Familien den Abend, vielleicht bei einem gemeinsamen Essen oder beim Fernsehen.

Für Chris Bellucci hatte es so ein Leben nie gegeben. Schon in seinen jungen Jahren war die Mutter an Krebs gestorben. Chris konnte sich nicht an sie erinnern. Bis vor ein paar Jahren hatte er zusammen mit seinem Vater, dem Bruder und dem Cousin noch in New Jersey gewohnt. Dann hatte Roberto Bellucci seine Geschäfte auf New York ausgedehnt und sich in den Kopf gesetzt, seinen älteren Sohn auf die familiäre Linie zu bringen, wie er das nannte.

Fabio nahm den Saw Mill River Parkway nach Norden. Chris fühlte sich wie in einem Sog gefangen, der ihn an einen Ort brachte, wo etwas Schreckliches passieren würde.

Nur was hätte er tun können? Den Vater verraten? Sich gegen die Familie stellen? Mit seinem Bruder alleine hätte er es vielleicht aufgenommen. Aber wenn er sich offen als Feind der Belluccis präsentierte, würde er das nicht überleben.

Chris' Vater und Fabio schwiegen. Nur das dumpfe Fahrgeräusch erfüllte die Kabine.

Die Fahrt würde um diese Uhrzeit etwa eine halbe Stunde dauern. Das Ziel lag in einem kleinen Ort nördlich von New York. Direkt neben einem Burger-Schnellrestaurant befand sich ein Parkplatz, auf dem die Fahrer eines bestimmten Trucks regelmäßig Pause machten.

Was Roberto Bellucci interessierte, war der Inhalt dieses Lastwagens.

Chris blickte neben sich zu seinem Vater und vermied es, ihm in die Augen zu schauen. Es war ihm zuwider.

Doch sein Blick streifte den matt glänzenden Stahl der Pistole, die Roberto Bellucci in der Hand hielt.

Phil und ich hatten gerade in einem Coffeeshop ein paar Sandwiches verdrückt, als das Handy in meiner Jackentasche brummte.

»Eine Nachricht von Mister High«, sagte ich nach einem Blick auf das Display. »Wir müssen zurück.«

Wir zahlten und machten uns auf den Weg. Der Coffeeshop lag direkt an der Federal Plaza, sodass wir zu Fuß nur ein paar Minuten zurück ins Büro brauchten.

Im Büro des Chefs hatten sich bereits einige Kollegen versammelt. Neben Mr. High selbst war das dessen Stellvertreter Steve Dillaggio und unser Computerexperte Ben, der auf den Monitor eines kleinen Notebooks starrte.

»Was ist mit der Bellucci-Familie, Sir?«, fragte ich. »Haben sich unsere Verdachtsmomente erhärtet?«

Mr. High bat Steve, der zusammen mit Ben die Hintergründe der Familie erforscht hatte, seine Erkenntnisse vorzutragen.

»Wenn man unseren Verbindungsleuten glauben kann, steht heute Abend ein Überfall bevor«, sagte er. »Dazu passen Bens Beobachtungen.« Er nickte unserem jungen Kollegen auffordernd zu.

Wie so oft, wenn Ben vor mehreren Personen sprechen sollte, wurde er nervös, und rote Flecken zeigten sich auf seinem Gesicht. Er atmete ein paarmal durch, bevor er sprach.

»Ich habe alle Computerdaten der Familie analysiert«, sagte er. »Sie haben mehrmals elektronische Stadtpläne konsultiert und die Gegend um ein Burgerrestaurant in Elmsford überprüft, als hätten sie vor, dort jemanden zu treffen.«

»Elmsford?«, fragte Phil. »Das ist doch dieses Kaff da oben nordwestlich von White Plains. Was haben sie vor? Wollen sie den Burgerladen ausrauben?«

»Das Städtchen ist von drei Seiten von Highway umgeben«, erklärte Ben. »Die Geschäftsleute dort machen viel Umsatz mit Durchreisenden. Mit Geschäftsleuten, denen zum Beispiel der Aufenthalt in New York selbst zu teuer ist. Es gibt auch Fernfahrer, die dort gerne Pause machen, bevor sie weiter nach Süden Richtung New York City fahren.« Er tippte auf seinem Computer. »Ich kann die genaue Statistik heraussuchen. Sie zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Belluccis es auf so einen Durchreisenden abgesehen haben, ziemlich groß ist.«

»Das wird nicht nötig sein«, schaltete sich Mr. High ein. Dann wandte er sich wieder an Steve. »Hatten wir nicht auch Erkenntnisse darüber, dass die Bellucci-Familie durch einen Maulwurf beim FBI mit Informationen über unsere Vorgehensweise informiert wird?«

Steve nickte. »Leider. Und wir wissen immer noch nicht, wer dieser Informant sein könnte.«

»Soll das heißen, sie wissen, dass wir sie überwachen, und sie könnten uns in die Irre führen?«, fragte ich alarmiert.

»Im Prinzip schon«, bestätigte Steve. »Leider können wir nur mit den Informationen arbeiten, die wir haben.«

Auf Bens Laptop öffnete sich ein Fenster. Ich konnte erkennen, dass es eine Karte von New York war, die angezeigt wurde. Und darauf bewegte sich etwas.

»Eines ist jedenfalls sicher«, sagte er. »Die Belluccis haben gerade ihr Haus in Riverdale verlassen und fahren nach Norden.«

»Sind sie so dumm und nehmen Handys mit, wenn sie einen Überfall vorhaben?«, fragte Phil.

»Sie haben ihre Telefone ausgeschaltet«, erklärte Ben. »Ich habe schon vor ein paar Tagen unbemerkt ein Programm aufspielen können, mit dem ich sie trotzdem überwachen kann.«

»Riverdale liegt im Norden von Manhattan, hinter dem Harlem River«, sagte Mr. High zu mir. »Sie haben also einen Vorsprung. Es kann sein, dass wir zu spät kommen, wenn sie wirklich einen Überfall planen. Aber ich denke, Sie und Phil sollten die Verfolgung aufnehmen. Wir müssen wissen, was sie vorhaben. Ben wird Sie mit seiner Überwachung auf dem Laufenden halten.«

Wir machten uns in meinem Jaguar auf den Weg. Als wir den Harlem River überquert hatten, meldete sich Ben wieder. Seine Stimme war dank der zehn Lautsprecher des MeridianTM-Soundsystems, mit dem ich das Handy gekoppelt hatte, in der Fahrerkabine gut zu hören, sodass Phil alles mitbekam.

»Bis jetzt sieht es immer noch so aus, dass die Belluccis nach Elmsford unterwegs sind«, sagte er. »Sie fahren nicht besonders schnell, wahrscheinlich weil sie nicht auffallen wollen.«

»Okay«, sagte ich. »Kannst du uns sagen, wie viele Personen in deren Wagen sind?«

»Leider nicht«, kam es aus den Lautsprechern. »Nach meinen Erkenntnissen ist Roberto Belluccis dabei und höchstwahrscheinlich einer seiner Söhne.«

Ich verzichtete darauf, unseren Computerexperten zu fragen, wie er das herausgefunden hatte. Sicher aufgrund einer Verbindung der Handydaten mit irgendwelchen Überwachungskameras.

»Ist es nicht außergewöhnlich, dass das Familienoberhaupt selbst bei so einer Aktion mitmacht?«, fragte Phil. »Wäre das nicht ein Zeichen dafür, dass sie gerade nicht zu einem Überfall unterwegs sind? Er würde nur seine Leute schicken, seine Söhne, zum Bespiel. Chris. Und den anderen ... Wie heißt er noch mal?«

»Der andere Sohn heißt Tom«, antwortete Ben. »Ich kann euch nur sagen, was ich aus den Daten erkenne. Nicht mehr und nicht weniger. Ich melde mich wieder.« Damit beendete er das Gespräch.

»Mir kommt das komisch vor«, meinte Phil. »Mir geht durch den Kopf, was Mister High gesagt hat. Dass es da einen Maulwurf gibt. Könnte es ein, dass uns die Belluccis eine Falle stellen wollen? Indem sie so tun, als hätten sie etwas vor? Um damit herauszufinden, ob wir hinter ihnen her sind?«

»Guter Gedanke, Phil«, sagte ich. »Aber wir haben keine andere Chance.«

»Ich rufe Steve an. Vielleicht kann er uns mehr über die verdeckten Ermittler sagen. Haben wir dafür Zeit genug?«

»Klar«, gab ich zurück. »Ein paar Meilen sind es ja noch.«

Kurz darauf hatten wir unseren Kollegen in der Leitung.

»Das mit der Falle kann ich nicht ausschließen«, sagte Steve. »Ihr müsst vorsichtig sein. Wenn ihr auffliegt, wissen sie, dass wir sie im Visier haben, und sie werden über sehr lange Zeit nichts mehr planen. Dass Roberto Bellucci in dem Wagen sitzt, kann allerdings sehr gut sein. Er ist Mitte fünfzig, aber er lässt es sich nicht nehmen, bei den Aktionen der Familie mitzumachen. Wir vermuten, dass es da ein Generationenproblem gibt.«

»Du meinst, wegen seiner Nachfolge?«, fragte ich.

»Der eine Sohn ist achtundzwanzig, der andere siebenundzwanzig«, erklärte unser Kollege. »Nach den Familientraditionen muss Chris, der ältere, später die Nachfolge übernehmen. Nach unseren Erkenntnissen sieht es so aus, als hätte Chris daran kein Interesse. Und so versucht Roberto Bellucci, ihn in diese Rolle hineinzudrängen, indem er ihn zu den Aktionen mitnimmt.«

»Eine üble Methode«, stellte Phil fest. »Er macht den Sohn zum Mitwisser, damit der nicht zur Polizei geht. Und er drängt ihn in eine Rolle, die ihn selbst straffällig werden lässt.«

»Ich habe einige verdeckte Ermittler, die das bestätigt haben«, sagte Steve. »Am besten wäre es, wir würden die Familie vom Kopf her bekämpfen und Roberto Bellucci auf frischer Tat ertappen.«

»So wie es aussieht, haben wir jetzt vielleicht Gelegenheit dazu«, sagte ich.

Ich gab Gas, und bald lagen die fünfeinhalb Meilen hinter uns. Wie Ben es uns geraten hatte, stellte ich Warnlicht und Sirene ab, außerdem drosselte ich das Tempo. Kurz darauf kam eine weitere Meldung von unserem Computerexperten.

Die Belluccis waren in Elmsford eingetroffen. Ihr Wagen, ein schwarzer SUV, stand auf dem Parkplatz des Burgerrestaurants.

»Jetzt pass mal auf«, sagte Roberto Bellucci. »Dann wirst du was lernen.«

Er hatte wieder diesen seltsamen Ton an sich, den Chris so verabscheute. Man hörte deutlich heraus, dass er geradezu Lust bei dem Gedanken empfand, in den nächsten Minuten ein Verbrechen zu begehen. Auch der gierige Blick, mit dem er auf das Fastfoodrestaurant hinübersah, sprach Bände. Die Augen des Vaters funkelten böse in der Dunkelheit. Hier, hinter dem Burgerrestaurant, drangen die wenigen Lichter der Straßenlampen und der Reklamebeleuchtung kaum her.

Fabio, der immer noch auf dem Fahrersitz saß, schien das alles nicht zu interessieren. Seine Gedanken beschränkten sich wohl nur auf das, was man ihm befohlen hatte – zu warten und den SUV zu fahren.

Er würde bei dem eigentlichen Überfall nicht mitmachen.

Ansonsten hatte es keinen Verkehr gegeben. Elmsford war ein verlassenes Nest. Eigentlich bestand es nur aus einer großen Kreuzung und ein paar verschlafenen Nebenstraßen. Das Burgerrestaurant befand sich im Norden, kurz vor einer Stelle, an der die Ausfallstraße den Cross Westchester Expressway unterquerte. Der Verkehr von dort war ein leises Rauschen, das man mit ein bisschen Fantasie für Meeresbrandung halten konnte.

Eine Viertelstunde lang war nur dieses unablässige Geräusch zu hören. Dann gesellte sich das dunkle Brummen eines Dieselmotors dazu, der sich stetig näherte.

»Fast auf die Minute pünktlich«, sagte Chris' Vater. Fabio beugte sich neugierig vor, um nachzusehen, ob da der Truck kam, auf den sie warteten.

»He, bleib zurück«, zischte Roberto Bellucci. »Es ist besser, wenn man uns nicht sieht.«

Fabio gehorchte und sank ein Stück in seinem Sitz zusammen, während die Scheinwerfer des Lasters den SUV streiften und für ein, zwei Sekunden für blendende Helligkeit in der Fahrerkabine sorgten.

Auch Chris und sein Vater sanken ein Stück zurück. Währenddessen holte Roberto Bellucci seine Pistole hervor. Sie wirkte länger als normal. Das lag an dem Schalldämpfer, den der Vater auf den Lauf montiert hatte.

Er drehte den Kopf zum Truck, der angehalten hatte. Die Lichter gingen aus.

Es vergingen noch zehn, fünfzehn Sekunden, da öffnete sich die Tür. Ein Mann stieg aus.

Jetzt würde sich zeigen, ob der Plan so aufging, wie sie sich das vorgestellt hatten.

Die Belluccis hatten die Routen des Logistikunternehmens, zu dem der Laster gehörte, genau überprüft. Sie hatten sich über jeden Fahrer informiert und wussten, dass es fast immer Zweierbesatzungen in den Truck gab. Und sie hatten durch genaue Recherchen herausgefunden, welche Gewohnheiten die Fahrer hatten. Das Team in dem Laster da vorne hielt immer an diesem Burgerrestaurant, bevor es seinen Weg nach New York City fortsetzte, dort übernachtete und am frühen Morgen am Zielort die Fracht ablud. Die Rast auf dem Parkplatz war die perfekte Chance.

Der Mann, der ausgestiegen war, drehte sich um und sagte etwas in Richtung der offenen Trucktür.

»Sie sind zu zweit«, sagte Roberto Bellucci. »Die Sache läuft.«

Als Nächstes würde der Mann zum Restaurant gehen und für beide Fahrer Essen holen. Das würden sie nach New York mitnehmen. Der andere blieb in der Kabine. Ein einzelner Fahrer, leicht zu überwältigen.

Chris biss sich auf die Unterlippe.

»Hier, Junge«, sagte sein Vater und drückte ihm eine Pistole in die Hand. »Denk dran, alles muss schnell gehen.«

Chris nahm das kalte, schwere Eisen. Roberto Bellucci öffnete die Tür des SUV. Wenn der Mann in der Fahrerkabine des Trucks nicht in den Rückspiegel schaute, würde er nicht bemerken, dass sich von hinten aus dem dunklen Teil des Parkplatzes zwei Männer näherten.

Es war Chris selbst nicht klar, wie das alles kam, aber er setzte einen Fuß vor den anderen. Wie eine Marionette lief er seinem Vater hinterher, der für sein Alter erstaunlich jugendlich wirkte, als er sich an den Lastwagen heranpirschte.

Jetzt hatte Roberto Bellucci die Fahrertür des Lastwagens fast erreicht. Er gab Chris einen Wink und bedeutete ihm so, um das Fahrzeug herumzugehen. Sie mussten die Kabine von zwei Seiten stürmen. Und es musste schnell gehen. Die Sache musste erledigt sein, bevor der andere zurückkehrte.

Chris folgte dem stummen Befehl seines Vaters. Er postierte sich vor der Beifahrertür und blickte nach oben. Ein Gesicht starrte ihn an. Der andere Fahrer hatte ihn bemerkt. Doch im nächsten Moment riss der Mann den Kopf herum. Roberto Bellucci hatte die Fahrertür geöffnet, was dem zweiten Fahrer nicht entgangen war.

Es gab ein Gerangel in der Fahrerkabine. Da war ein Kampf im Gange. Jemand stöhnte. Dann ertönte ein Schrei. Er stammte nicht von dem Fahrer, sondern von Chris' Vater, der wahrscheinlich wollte, dass sein ältester Sohn ihm half und damit endlich bewies, dass er es wert war, die Geschäfte zu übernehmen.

Chris stieg hinauf, packte den Griff der Tür und öffnete sie einen Spalt. Im selben Moment gab es direkt vor ihm einen dumpfen Knall. Ein Schuss aus der Schalldämpferpistole. Die Tür schien von innen aufgedrückt zu werden. Etwas fiel Chris Bellucci entgegen. Es war der Oberkörper des Fahrers. Die starren Augen des Mannes sahen Chris an.

»Schaff ihn raus!«, rief Roberto Bellucci. »Wir müssen abhauen. Sie haben den Schlüssel stecken lassen.«

Chris musste nicht viel tun, um die Leiche dazu zu bringen, auf den Asphaltboden des Parkplatzes zu rutschen. Das übernahm die Schwerkraft. Dann hievte er sich selbst nach oben. Im selben Moment startete der Vater den Dieselmotor.

Jeden Moment würde der andere Fahrer herausstürmen. Und dann mussten sie schon vorne auf der Straße sein. Hinter ihnen gingen Scheinwerfer an. Das war der SUV, in dem Fabio saß – bereit, ihnen zu folgen.

Der Truck setzte sich in Bewegung. Als sie am Eingang des Restaurants vorbeikamen, konnte Chris die Gestalt des anderen Fahrers erkennen. Er hatte Tüten in der Hand und rief etwas.

Roberto Bellucci gab Gas. Da war die Ausfahrt. Erst jetzt schaltete der Vater die Scheinwerfer ein und trat so abrupt auf die Bremse, dass es ihn und Chris nach vorne stieß. Chris knallte mit dem Kopf gegen die Konsole. Es fühlte sich an, als hätte er einen Kinnhaken kassiert.

»Verdammt!«, schrie Roberto Bellucci. »Wo kommen die auf einmal her?«