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Jemand machte Jagd auf Transgendermenschen. Auf seinem Kreuzzug gegen alle, die ihr "gottgegebenes" Geschlecht nicht akzeptieren wollten, erfolgten zuerst Anschläge mit Farbe. Dann steckte der Täter Autos in Brand und tötete schließlich den ersten Menschen. Hassverbrechen fielen in unseren Zuständigkeitsbereich, daher nahmen wir vom FBI die Ermittlungen auf. Und die ließen uns in die dunkelsten Abgründe der Menschheit blicken ...
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Seitenzahl: 142
Veröffentlichungsjahr: 2023
Cover
Gottes Zorn
Vorschau
Impressum
Gottes Zorn
»Ich habe dir hundertmal gesagt, du sollst die Schuhe ausziehen, wenn du in die Küche kommst. Sie sind voller Schlamm, weil es regnet. So dumm kann keiner sein.« Sein Vater brüllte wie ein Ochse. »Du willst mich verarschen! Willst mich infrage stellen, was? Du kleiner Hurensohn! Ich werd's dir zeigen!«
Er zuckte zusammen und wusste, was jetzt kommen würde. Wenn Vater so wütend war, dass er ihn Hurensohn nannte, damit eingestand, dass seine Frau eine Hure war und er ein Zuhälter, gab es Prügel. Einmal hatte er seinem Vater das erklärt, die Prügel danach hatte alles in den Schatten gestellt. Er wusste, dass er sich nicht verstecken konnte, und versuchte es dennoch. Er rannte an seiner Mutter vorbei, die die Hände vors Gesicht schlug, stürzte aus der Tür, hörte hinter sich das Sirren des Gürtels, der aus den Gürtelschlaufen der Hose seines Vaters fuhr.
Noch bevor er die Scheune erreicht hatte, schlug sein Vater zu. Die Schnalle traf ihn zwischen den Schulterblättern, der Schmerz ließ ihn aufschreien.
»Jetzt jammert er auch noch wie eine Pussy«, keifte sein Vater. »Wie ein Warmduscher, wie einer dieser aidsverseuchten schwulen Perversen, die die ganze Welt in den Untergang stürzen. Deswegen muss ich dich strafen. Damit du nie wirst wie die. Es ist nur zu deinem Besten, dass ich einen echten Mann aus dir mache, damit du in dieser verschissenen Welt überleben kannst.«
Wieder traf der Gürtel seinen Rücken. Er ging in die Knie, wimmerte, flehte um Gnade. Doch die kannte sein Vater nicht.
Als er nachts im Bett lag und vor Schmerzen nicht schlafen konnte, obwohl die Mutter seine Wunde mit einer Salbe behandelt und ihn verbunden hatte, betete er sein Mantra stumm in sein Kissen, das nass von Tränen war. »Ich werde euch perverse Widerlinge töten. Alle. Denn ihr seid schwach und führt die Welt in den Untergang.«
Die Sonne schien durchs Fenster, der Tag würde warm und trocken werden, der Frühling ließ grüßen. Ich hatte gut geschlafen und fühlte mich voller Energie. Wir waren einem Drogenring auf der Spur, heute würden wir ihn ausheben, und zwar nicht die kleinen Dealer von der Straße, sondern einige dicke Fische. Das war so gut wie sicher. Die Falle war aufgestellt, sie war gefüllt mit tausend Pfund Kokain und achthundert Pfund Heroin von erlesenster Qualität. Einem solchen Köder konnte keiner der Drogenbosse des Nurao-Kartells widerstehen, das seit zehn Jahre sein Unwesen vor allem in New York trieb. Zwei Agents waren undercover in die Organisation eingesickert, wir arbeiteten seit drei Jahren daran und heute war Erntezeit. Unsere Kollegen würden sich mit den Bossen in einer Villa am Tomahawk Lake treffen, um das Geschäft abzuwickeln.
Ich holte Phil an der üblichen Ecke ab, er strahlte übers ganze Gesicht.
»Auf diesen Tag habe ich mich mehr gefreut als auf meinen Geburtstag«, sagte er, als er sich auf den Beifahrersitz schwang.
»Mir geht es genauso«, erwiderte ich.
Natürlich feierten wir unsere Geburtstage ausgiebig, doch ein ganzes Drogenkartell hochzunehmen, das war ein Geschenk ohnegleichen.
»Schade, dass wir nur zuschauen dürfen«, bemerkte Phil.
Das war ein Wermutstropfen, in der Tat, aber Mr. High wollte uns aus der Schusslinie haben, denn es war wahrscheinlich, dass es zu einem Feuergefecht kommen würde. Also waren die für solche Fälle bestens trainierten SWATs im Einsatz. Unsere Leute wussten, was sie taten, waren ausgerüstet mit schusssicheren Westen, Helmen und Schilden.
Wir betraten Mr. Highs Büro, grüßten uns stumm. Die ganze Mannschaft war versammelt, wir scharten uns um den Monitor, auf dem in mehreren Fenstern die Villa von allen Seiten zu sehen war. Es dauerte nur ein paar Minuten, bis die erste Limousine vorfuhr und der Kopf der Schlange ausstieg. Nach und nach trudelten die drei wichtigsten Generäle ein, so wurden die Spitzen der Organisation genannt. Es gab noch einige mehr, aber ich war mir sicher, dass mindestens zwei der Generäle singen würden und die anderen ans Messer lieferten, um einer lebenslangen Haft zu entgehen. Das hatten unsere Ermittlungen ergeben. Die Limousine fuhr mit unseren Männern vor. In ihrem Gepäck hatten sie Proben des Stoffs, den sie verkaufen wollten. Allererste Qualität, zu einem Preis, der dem Kartell Millionengewinne versprach. Sie gingen ins Haus. Es wurde spannend.
Mein Telefon vibrierte, ich hatte den Ton ausgeschaltet. Ich warf einen Blick auf die Nummer und ging dran. Es war Britt Cummings, eine gute Freundin, die nicht anrief, wenn es nicht dringend war. Ich nickte Mr. High zu und verließ sein Büro.
»Britt, schön, dich zu hören, was gibt es?«
»Es ist so furchtbar!«
Ich hörte sofort, dass sie mit den Tränen kämpfte. »Britt, um Gottes willen, was ist passiert?«
»Sarah.« Sie schluchzte. »Sie ist tot.«
Mein Verstand weigerte sich zu begreifen, was Britt sagte. Sarah war doch kerngesund. »Tot? Wie ist das möglich? Ein Unfall?«
»Sarah ist ermordet worden.«
Ich brauchte endlose Sekunden, bis ich wieder sprechen konnte. Ermordet? Sarah?
»Wie? Wo?«
»Gerade eben. Auf dem Bürgersteig. Erschossen. Der Täter ist unerkannt entkommen.«
Ich schluckte mehrmals, um nicht in Tränen auszubrechen. Letzte Woche hatte ich noch mit ihr telefoniert. Sie war guter Dinge gewesen und hatte sich auf ihre Hochzeit gefreut. Ich schüttelte den Kopf, seufzte tief, hatte das Gefühl, machtlos zu sein gegen das Böse. »Weiß es Luther schon?«
»Die Cops haben ihn sofort benachrichtigt. Er hat einen Schwächeanfall erlitten und liegt im Lenox Hill.«
Ich runzelte die Stirn. »Ernst?«
»Die Ärzte haben ihm Beruhigungsmittel gegeben. Aber das verzögert nur den Schmerz des Stichs, der ihn mitten ins Herz treffen wird, sobald er zu sich kommt.«
Ich erinnerte mich an die langen Gespräche, die ich mit Sarah geführt hatte, zu einer Zeit, als sie noch Peter geheißen hatte. Ich hatte sie darin bestärkt, ihren Gefühlen zu folgen und sich nicht verrückt machen zu lassen von ewig Gestrigen und Konservativen. Schließlich hatte er den Schritt gewagt, hatte sich geoutet, sich operieren und behandeln lassen.
Vor einem Monat war er als erster Transbischof der New Yorker Methodistenkirche geweiht worden, die sich von der United Methodist Church getrennt hatte. Die lehnte nach wie vor Lesben, Schwule und Transmenschen ab. Ich glaubte nicht an Gott, ich glaubte jedoch an Menschen wie Sarah, die in ihrem Glauben zu Gott Gutes taten und niemanden missionieren oder in seiner Lebensweise einschränken wollten. Für Sarah war Gott der Ausdruck universeller bedingungsloser Liebe zu jedem Wesen.
Vor zwei Monaten hatten wir ihren sechsten Geburtstag als Sarah gefeiert und ihren dreißigsten als Peter. Die ganze Gemeinde war anwesend, dreihundert Menschen, unter denen ich mich wohlfühlte. Es war gesungen, gegessen, getrunken, tiefsinnige und amüsante Reden gehalten worden.
Ich spürte Wut in mir aufsteigen. »Gibt es einen Hinweis auf das Motiv?«
Britt schluchzte. »Ein Zeuge hat den Täter rufen hören«, ihre Stimme brach, »dass alle widernatürlichen Ausgeburten sterben müssen.«
Mord aus Hass! Damit fiel die Tat in den Zuständigkeitsbereich des FBI. Ich sah Sarah und Luther vor mir, zwei glückliche Menschen, ein wunderbares Paar. Die Tränen drückten, doch ich wollte der Trauer erst nachgeben, wenn wir den Mörder gefasst hatten. Ich würde nicht eher ruhen, bis ich ihn mit meinen eigenen Händen in eine Zelle gesperrt hatte, koste es, was es wolle.
Britt versprach, sich um Luther zu kümmern, ich versicherte, dass ich mich um den Täter kümmern würde. Ich legte auf, brauchte noch einen Moment, um mich zu fassen, zu fokussieren und meine Wut beiseitezuschieben. Denn das Scheusal, das Sarah ermordet hatte, würde ich nur fangen, wenn ich mir einen kühlen Kopf bewahrte. Aus Mr. Highs Büro hörte ich Jubelrufe, allen voran Phils. Er öffnete die Tür, winkte mir zu.
»Jerry, Volltreffer! Wir haben die ganze Blase eingesackt. Du hättest deren Gesichter sehen müssen.« Er stockte. »Gute Güte, Jerry. Du bist ja weiß wie die Wand. Was ist denn los?«
Mir fiel kein Weg ein, Phil die traurige Nachricht schonend beizubringen. »Sarah ist tot. Hassverbrechen.« Im Gegensatz zu mir wurde Phil nicht blass, sondern rot. Vor Zorn.
»Das wird er büßen, wer immer es sein mag.« Seine Stimme war kalt wie Eis.
»Geben wir den anderen Bescheid«, sagte ich und zeigte zur Tür.
Phil ließ mir den Vortritt, er kämpfte sichtlich mit seinen Gefühlen.
Ich traf auf angeregtes Geplauder, doch als Mr. High mich ansah, hob er eine Hand, und sofort kehrte Ruhe ein.
Ich wiederholte, was ich wusste, bedauerte, dass ich die gute Stimmung wegen des Erfolgs gegen das Nurao-Kartell verderben musste.
Mr. Highs Miene versteinerte, er schloss die Augen, ballte die Hände zu Fäusten, öffnete sie und legte die Hände flach auf die Schreibtischplatte, öffnete die Augen, schaute mich an. »Jerry, Phil, ich weiß, wie gut Sie mit Sarah und Luther befreundet sind. Sie sind befangen, und ich dürfte Sie nicht mit diesem Fall betrauen. Aber Sie sind die Besten, und ich weiß, dass Sie Profis sind, dass Sie Ihre Gefühle im Griff haben. Deshalb erteile ich Ihnen hiermit die offizielle Weisung: Finden Sie den Mörder von Sarah Bird. Lassen Sie nichts unversucht. Was immer sie benötigen, ich werde versuchen, es zu beschaffen.«
Ich war meinem Chef dankbar wie noch nie, dass er sich so für mich, Phil und Sarah einsetzte. Nichts würde sie zurückbringen, und Luther würde den Schmerz dieses Verlustes niemals überwinden können. Aber ich war mir sicher, den Mörder schnell fassen zu können. Dieser Typ Mensch machte Fehler, weil er zu sehr von sich überzeugt war, weil er aus Hass handelte, und Hass schaltete den Verstand aus. Ich ahnte nicht, wie sehr ich mich täuschte.
Er hatte gelernt, den Strafen seines Vaters zu entgehen. Er tat, was sein Vater verlangte. Und das war im Grunde ganz einfach. Es gab klare Regeln, an die er sich halten musste. Regeln wie beim Militär. Er wusste genau, wie er sein Bett zu machen hatte, dass es keine Falte geben durfte, dass das Laken strammgezogen sein musste wie eine Zeltplane, dass seine Schuhe blank gewienert und seine Haare ordentlich gekämmt sein mussten. Wenn er die Regeln befolgte und sich Mühe gab, belohnte sein Vater ihn. Zum zehnten Geburtstag schenkte er ihm einen Colt Python, Kaliber .357, eine Waffe, die für die Hände eines Zehnjährigen viel zu groß war, doch er platzte vor Stolz und ertrug die Schmerzen in seiner Schulter, wenn er auf dem Übungsplatz die Waffe abfeuerte. Denn das Gefühl der Macht in seinen Händen war unbeschreiblich. Seine Mutter war ebenfalls stolz auf ihn und sie nannte ihn fortan »unser Beschützer«.
Wenn Vater in der Kaserne oder im Manöver war, durfte er oft draußen spielen. Am liebsten machte er Jagd auf alles, was schwach war. Hunde, die den Schwanz einkniffen und vor ihm wegliefen, wenn er sie anschrie, Kaninchen, die ihn nur mit großen Augen ansahen, und alle verletzten Tiere. Er liebte seine Ausflüge, nicht weil er Freude am Töten empfand. Er reinigte die Welt von allem Schwachen.
Nur ein Jahr später bekam er zwei Schwesterchen. Eineiige Zwillinge, die er vom ersten Moment an liebte wie sein Leben. Er schwor, sie vor allem Bösen zu beschützen. Sein Vater und seine Mutter waren glücklich, dass er nicht eifersüchtig war auf seine Geschwister, denn sie beanspruchten viel Zeit. Die Babys wurden schnell größer, lernten laufen und gingen schließlich in den Kindergarten.
Er war inzwischen vierzehn Jahre alt und zu einem der besten Schützen in der Gegend geworden, denn er durfte so oft und so viel üben wie er wollte, und er hatte großes Talent. Für ihn war es kein Problem, alles um sich herum auszublenden, sei es Lärm, Geschrei, Autos, Musik oder einfach die Anwesenheit anderer Menschen. Dann spürte er genau den Moment zwischen zwei Herzschlägen. Sein Vater sagte, er habe das kalte Blut eines Scharfschützen. Aber er konnte seine Gefühle nicht nur verbergen, sondern ausschalten, ganz nach Belieben. Außer seinen Schwestern gegenüber. Die liebte er mit jedem Tag mehr.
Der Kindergarten und die Schule, die er besuchte, waren in einem Gebäude untergebracht, so konnte er seine Schwestern jeden Tag in den Kindergarten bringen und wieder abholen. Und er hielt Wort, dass er sie beschützen würde. Er erfuhr, dass der McCormick-Junge seine Schwestern mit Papierkugeln beworfen hatte. Ted Adams, der Erzieher war nicht eingeschritten, sondern hatte anscheinend gewollt, dass sich seine Schwestern wehren. Was für ein Unsinn! Was für eine Unverschämtheit! Was für ein Versager! Dem McCormick-Jungen hatte er daraufhin die Reifen an seinem Fahrrad aufgeschlitzt, natürlich ohne dass jemand es mitbekam, und sein Elternhaus mit roter Farbe beschmiert.
Adams hatte er Säure über das Auto gekippt eines Nachts. Er hatte in seinem Zimmer Musik laufen lassen, war aus dem Fenster geklettert, hatte seinen Plan ausgeführt, war zurückgekehrt. Als die Polizei alle Kinder befragten, hatten seine Eltern alle heiligen Eide geschworen, dass er zu Hause gewesen war. Aber er hatte sich nicht nur geschickt ein Alibi verschafft, sondern auch ausgetüftelt, wie er jemand anders beschuldigen konnte. Es gab noch einige andere an der Schule und im Kindergarten, denen der Erzieher ein Dorn im Auge war. Er setzte das Gerücht in die Welt, dass Adams Kinder begrapschte, natürlich wiederum so, dass niemand wusste, wer das Gerücht in die Welt gesetzt hatte.
Es dauerte keine sechs Wochen, bis Adams versetzt wurde, obwohl man ihm nichts nachweisen konnte. Er war zufrieden und spürte, dass er für eine große Aufgabe auserkoren worden war. Im Nachhinein war er seinem Vater dankbar, dass er ihn so unnachgiebig behandelt hatte. Denn nur so hatte er zu dem werden können, der er jetzt war: der Beschützer der ganzen Welt, der Cleaner, der Gärtner, der das Unkraut ausriss, ohne jemals zu ermüden.
Er wusste, dass diese Aufgabe gefährlich war, dass ihn kaum jemand verstehen würde und dass eines Tages dafür mit dem Leben bezahlen würde. Dann würde er zum Märtyrer werden und dadurch unsterblich, denn er würde eingehen in das unauslöschliche Gedächtnis der Menschheit. Es gab schlechtere Aussichten.
Mr. High wies uns den zweitgrößten Konferenzraum zu, der mit der neuesten Technik ausgestattet und an alle relevanten Datenbanken der Justizbehörden angeschlossen war. Mir war klar, dass wir vor einer Herkulesaufgabe standen, denn es gab mehr als genug transphobe, gewaltbereite Menschen, auch im Staat New York, der eines der besten Gesetze gegen die Diskriminierung von Transgendermenschen hatte. Von der gewaltsamen Razzia 1969 in der Stonewall Bar in der New Yorker Christopher Street bis zum heutigen Antidiskriminierungsgesetz war es ein langer Weg gewesen, mehr als vierzig Jahre hatte es gedauert. Die meisten davon betroffenen Menschen konnten sich in New York sicher fühlen. Doch mit dem Mord an Sarah, auf offener Straße, wurden alle Bemühungen infrage gestellt.
Ich rief die bisherigen Ermittlungsergebnisse auf und projizierte sie auf die Leinwand. Sarah war durch einen Schuss in den Hinterkopf mit einer großkalibrigen Faustfeuerwaffe, wahrscheinlich einem Revolver, ermordet worden, als sie aus der Kirche auf den Bürgersteig getreten war. Der Täter war maskiert gewesen, Zeugen hatten ihn ungenau beschrieben. Er war zwischen einem sechs und sieben Fuß groß, schlank, untersetzt, athletisch, mager, hatte blaue, braune und grüne Augen, kurze Haare und einen Pferdeschwanz. Nur in einem waren sich alle einig: Er hatte eine Skimaske getragen.
Ich blickte in die Runde. Meine Freunde und Agents Phil, Zeerookah, Joe Brandenburg, Steve Dillaggio, unser Technikgenie Ben Bruckner und die beste Profilerin des FBI Iris McLane zeigten entschlossene Mienen.
»Wir sollten uns alle Hassverbrechen der letzten Zeit chronologisch rückwärts vornehmen«, schlug ich vor.
Ben hackte auf die Tastatur seines ultraflachen Notebooks ein. »Für das laufende Jahr sind es knapp zweiundzwanzigtausend für das ganze Land, etwa fünfhundert für den Staat New York, davon sechsunddreißig Morde. Ich filtere mal den Modus Operandi raus. Dann bleiben noch vier. Alle vier sind ungeklärt.«
Iris räusperte sich. »Ich fürchte, das wird uns nicht viel helfen. Hassverbrechen sind oft spontane Einzeltaten, denen andere Taten vorangehen: Körperverletzung, Brandstiftung, Tierquälerei. Wir sollten also breiter suchen. Serienkiller sind selten. Vielleicht steckt eine rechtsradikale Gruppe dahinter.«
Ich merkte, dass ich mich vergaloppiert hatte, in dem Bestreben so schnell wie möglich den Mörder von Sarah zu finden. »Iris hat recht. Der Täter kann aus Wisconsin, aus Minnesota, Texas, Oregon oder aus Alaska stammen. Vielleicht ist er nicht einmal amerikanischer Staatsbürger.«
Ben hob eine Hand, ich nickte ihm zu. »Sarah Bird ist Ziel vieler Hasskommentare und Morddrohungen im Internet gewesen. Besonders häufig tritt ein User mit dem Namen soug1925 in Erscheinung.«
Iris zog die Brauen nach oben. »Oh!«
Ich erlebte es selten, dass Iris nur einen Laut der Überraschung von sich gab. Normalerweise schwieg sie, und erst wenn sie etwas zu sagen hatte, tat sie das auf den Punkt mit klaren Worten. Alle schauten sie erstaunt an.
Sie räusperte sich. »Wir haben es mit einem religiösen Fanatiker zu tun. Der Name steht für die Vernichtung von Sodom und Gomorra. Nachzulesen im Buch Mose 1, 19 bis 25.«
Konnte es so einfach sein? Ein paar Tasten gedrückt und schon hatten wir einen Verdächtigen? Vielleicht sogar den Täter?
»Wer steckt hinter soug1925, Ben?«
»Das ist das Problem. Der Nickname lässt sich nicht zurückverfolgen, auch seine Posts nicht. Eine Antwort ist nur über die Plattformen möglich. Eine Sackgasse.«
Ich musste nicht lange überlegen, um die richtige Strategie zu finden, eine Strategie, die schon oft zum Erfolg geführt hatte, auch wenn sie ein wenig Geduld verlangte. »Wir werden soug1925