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Phil und ich wohnten der Beerdigung des großen Mafiabosses Don Vito Trados bei. Viele Familien waren anwesend. Todesursache Herzversagen, es schien ein natürlicher Tod gewesen zu sein. Wenige Tage später starb Don Vasco Gamas, angeblich ein Unfalltod. Mein Partner witterte einen Zusammenhang. Und schon bald war offensichtlich: Ein Unfall kommt selten allein ...
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Ein Unfall kommt selten allein
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Impressum
Ein Unfall kommt selten allein
Alles begann recht besinnlich, wobei besinnlich vielleicht nicht der passende Ausdruck sein mag. Oder würde man eine Beerdigung mit diesem Wort beschreiben? Noch dazu, wenn es die Beerdigung eines berühmt-berüchtigten Mafiapaten war? Für Phil und mich war es auf jeden Fall zu Anfang ein reiner Routinejob. Mr. High hatte uns beauftragt, die Beerdigung zu überwachen. Es war eine günstige Gelegenheit, um Informationen zu sammeln. Immerhin krochen dabei die ganzen kriminellen, verschlagenen und hinterhältigen Persönlichkeiten der dunklen Seite der Gesellschaft aus ihren Löchern.
Da war zum Beispiel Nathaniel Bloome. Ein durchschnittlich dreinschauender Mann Anfang fünfzig, der dem Verstorbenen auf dem Green-Wood Cemetery die letzte Ehre erweisen wollte. Niemand würde vermuten, dass er wahrscheinlich für ein Dutzend Morde verantwortlich war. Bloome war einer der geschäftigsten Mafiakiller, die noch lebten.
»Das sind bestimmt an die tausend Jahre Gefängnis, die hier zusammenkommen«, meinte Phil.
Ich nickte. »Mindestens.«
Ich deutete in Richtung einer älteren schwarzhaarigen Frau, die quer über ihrem schwarzen Hosenanzug einen leuchtend roten Schal trug. »Ist das nicht Donna Gina Rambaldi? Die Frau, die ihren Mann, den alten Don, beseitigt und danach selbst die Führung der Familie übernommen hat?«
»Ja, ich glaube, das ist sie. War der verstorbene Don Vito Trados vielleicht einer ihrer Liebhaber?«
»Nie etwas dergleichen gehört. Ihr Besuch bei Trados' Beerdigung heute liegt wohl eher darin begründet, dass die beiden lange Zeit geschäftlich zu tun hatten.«
Wir bemerkten, wie zwei ältere Männer aufeinander zukamen, aufblickten, sich gegenseitig drohende Blicke zuwarfen und kehrt machten. Auch als sie bereits mehr als vierzig Yards voneinander entfernt waren, schimpften sie noch.
»Zwei Dons im Rentenalter, die inzwischen im Ruhestand sind, sich jedoch offensichtlich nicht riechen können«, gab Phil belustigt von sich. »So langsam macht es fast Spaß, sich diese Show anzuschauen. Wenn man genau hinsieht, erkennt man, wer mit wem kann und wer nicht.«
»Die Mafia ist keine homogene Familie, sondern eine Sammlung von Clans, die sich manchmal tolerieren, manchmal bekämpfen. Stammt die Idee der Blutfehde nicht aus Sizilien?«
»Kann sein«, murmelte Phi, während ich beobachtete, wie sich uns ein Mann von Anfang vierzig näherte, und flüsterte mir zu: »Ist das nicht der Spross der Savetti-Familie?«
Ich nickte. »Franco Savetti, der Sohn von Don Ricardo Savetti. Auch einer der berühmt-berüchtigten Dons.«
Franco Savetti schaute alles andere als glücklich drein. Man konnte ihm ansehen, dass er auf Streit aus war.
»Was fällt Ihnen ein, uns bei einem solchen Ereignis zu stören?«, gab er zornig von sich. »Allein Ihre Anwesenheit ist ein Schlag ins Gesicht aller hart arbeitenden Amerikaner italienischer Abstammung.«
»Wir machen nur unseren Job«, erwiderte ich gelassen.
»Ihren Job?«, erwiderte er. »Sie sind Staatsbeamter und werden von Steuergeldern bezahlt, Steuern, die meine und die anderen Familien hier zahlen. Also sollten Sie eigentlich für uns arbeiten.«
»Das kann man so sehen«, sagte ich. »Ist ein interessanter Gesichtspunkt. Nicht meiner, ein wenig verdreht, aber interessant.«
Ich schaute dem Mann in die hellbraunen, zornig funkelnden Augen. Es war nicht schwer zu erkennen, dass er mir am liebsten einen Kinnhaken verpasst hätte. Er hielt sich jedoch zurück. Keine Ahnung, ob er meine Reaktion fürchtete oder die der anderen Trauergäste.
»Wehe, Sie stören die Feier!«, drohte er mir, warf auch Phil einen wütenden Blick zu und ließ uns ohne ein weiteres Wort stehen.
»Der hat es uns aber gegeben«, sagte Phil unbeeindruckt.
»Er ist nicht mit dem Toten verwandt, oder?«
»Die Savettis mit Don Vito Trados? Nicht dass ich wüsste.«
»Dachte ich mir«, sagte ich. »Dann ist es wohl allein die Anwesenheit von Beamten, die ihn aufgeregt hat. Hat wohl einiges auf dem Kerbholz.«
Phil nickte. »Ganz sicher.«
Außer Franco Savetti schenkte uns keiner der Trauergäste viel Beachtung. Man arrangierte sich mit unserer Anwesenheit, indem man uns ignorierte. Einige Leute griffen zum Handy, nachdem sie uns entdeckt hatten. Wahrscheinlich wollten sie jemanden warnen, nicht zur Beerdigung zu kommen. Das ein oder andere steckbrieflich gesuchte Mafiamitglied hatte vielleicht geplant, bei der Beerdigung aufzutauchen, musste aufgrund unserer Anwesenheit allerdings davon Abstand nehmen.
Natürlich machte das FBI auch Videoaufzeichnungen und Fotos. Darum kümmerte sich unser IT-Genie Dr. Ben Bruckner, der gut hundert Yards entfernt in einem Überwachungsfahrzeug saß und mehrere Drohnen zur Verfügung hatte. Als Unterstützung waren Joe Brandenburg und Les Bedell bei ihm im Wagen. Wir rechneten zwar nicht mit einem Zwischenfall, doch es war besser, ein paar bewaffnete Agents im Rücken zu wissen, falls einer von den Gästen auf die Idee verfiel, handgreiflich zu werden. Ich war mir sicher, dass viele der Männer bewaffnet waren, vielleicht auch einige der Frauen.
Nachdem der Sarg in die Erde hinabgelassen worden war und ein Priester rührende Lügen über den Toten vom Stapel gelassen hatte, gingen die rund sechs Dutzend Gäste zu ihren Fahrzeugen, um zum Leichenschmaus zu fahren. Wir konnten zwar nicht in das Gebäude, observierten jedoch auch dort, wer kam und ging.
Letztlich war das eine Routineaktion ohne besondere Vorkommnisse. Sie sollte erst später an Bedeutung gewinnen, als wir in die tödlichen Verstrickungen der Mafiafamilien hineingezogen wurden.
Die nächsten Tage kümmerten wir uns um einen anderen Fall. Dr. Iris McLane bat uns, einige unserer »verkrusteten Gewohnheiten«, wie sie es nannte, für einen Tag abzulegen. Dabei lernte ich eine mysteriöse Frau kennen, und das Ganze entwickelte sich zu einem Fall, der mich persönlich bis ins Mark erschütterte.*
Als Phil und ich nach Abschluss dieses Falls in unserem Büro saßen und uns eine kurze Auszeit und Helens Kaffee gönnten, stürmte Ben in unser Büro.
»Habt ihr das schon gehört? Die neueste Nachricht!«
»Die Nachricht, wer der nächste Bond-Darsteller wird?«, fragte Phil.
»Nein, das nicht«, erwiderte Ben.
Phil schüttelte den Kopf. »Was gibt es denn?«
»Don Vasco Gamas ist tot!«, antwortete Ben.
»Gamas?«, erwiderte Phil. »Der Schlächter von Brooklyn?«
»Er hat eine Menge Namen gehabt«, sagte ich. »Einige noch weitaus fieser als der.«
»Ich finde Schlächter ziemlich fies«, meinte Phil.
Ich schaute zu Ben. »Also, was ist passiert? Wurde er erschossen? Erstochen? Erwürgt?«
»Weder noch«, antwortete Ben. »Soweit ich gehört habe, handelt es sich um einen Unfall.«
»Unfall?«, erwiderte ich überrascht. »Das ist bei seinem Lebenswandel sicher kein angemessener Tod.«
»Er war schon recht alt«, bemerkte Ben.
Ich lächelte. »Alter ist relativ. Für dich ist ja jeder über fünfzig alt.«
»Fünfundachtzig«, spezifizierte Ben. »Er war fünfundachtzig Jahre alt. Und wohl auch krank. Ich wollte euch Bescheid geben. Mister High weiß es schon. Meeting in zehn Minuten, soll ich euch ausrichten.«
»Danke für die Info«, sagte ich.
Ben nickte und verließ unser Büro.
»Das ist schon der zweite große Don, der von uns geht«, bemerkte Phil. »Zuerst Don Vito Trados, bei dessen Beerdigung wir waren. Und jetzt Don Vasco Gamas. Ich trauere ihnen sicher nicht nach, aber zwei tote Mafiabosse innerhalb so kurzer Zeit? Hört sich für mich verdächtig an.«
»Du meinst, diese natürlichen Tode waren nicht ganz so natürlich, wie man annehmen würde?«
»Ist auf jeden Fall möglich«, sagte mein Partner. »Wir sollten der Sache auf den Grund gehen. Besser wir wissen, dass da etwas brodelt, bevor die Suppe überkocht.«
Kurz darauf saßen Phil und ich zusammen mit Ben, Iris, Steve Dillaggio und Zeerookah in Mr. Highs Büro.
Der Chef fasste zusammen, was passiert war. »Uns stellt sich jetzt die Frage, was dieses Ereignis für Folgen haben wird. Ganz besonders, da es bereits der zweite große Don ist, der seinen Platz frei macht.«
»Es könnte zu Machtkämpfen innerhalb der Familie Gamas kommen«, meinte Steve. »Der Don hat zwei Söhne. Beide wären, soweit ich weiß, als Nachfolger qualifiziert.«
»Der eine studiert in Übersee«, bemerkte Iris. »Er wird sicher für die Beerdigung in die Staaten kommen. Dann wird sich zeigen, wie die Familie das intern regelt.«
»Die eigentliche Frage, die sich uns stellt, ist, inwiefern es die kriminellen Aktivitäten der Familien beeinflusst«, sagte Mr. High.
»Ich denke, es gibt noch eine andere Frage«, warf Phil ein. »Handelt es sich wirklich um natürliche Tode, oder hat jemand nachgeholfen? Ich meine, erst Don Trados, jetzt Don Gamas.«
Mr. High nickte. »Ein interessanter Aspekt. Wollen Sie und Jerry der Gamas-Familie einen Besuch abstatten und herausfinden, was geschehen ist? Nur damit wir nichts übersehen.«
»Machen wir«, bestätigte Phil.
Ich nickte zustimmend.
Wir besprachen weiter die Veränderungen im Machtgefüge und ihre Auswirkungen. Dann gingen Phil und ich in unser Büro und informierten uns weiter über die Gamas-Familie.
»Ihr Revier ist der Stadtteil Bed-Stuy in Brooklyn«, sagte Phil, der die Akte auf seinem Computer aufgerufen hatte. »Das Haus der Familie steht auf der Lafayette Avenue, nicht weit entfernt vom Herbert Von King Park. Tatsächlich gehören der Familie dort drei nebeneinanderliegende Gebäude. Im mittleren wohnt die Kernfamilie, rechts und links in den Gebäuden die nahe stehenden Mitarbeiter, wenn man sie so bezeichnen möchte.«
»Dann ist Don Vasco Gamas im mittleren Haus gestürzt und gestorben?«
Phil nickte. »Sieht so aus.«
»Sind die Kollegen vom NYPD noch vor Ort?«
»Das klären wir am besten, wenn wir unterwegs sind«, antwortete Phil.
Wir machten uns auf den Weg. Bis nach Bedford-Stuyvesant, wie der Stadtteil offiziell hieß, war es nicht allzu weit. Allerdings mussten wir den East River überqueren und durch den New Yorker Verkehr.
Unterwegs stellte Phil sicher, dass die Kollegen vom NYPD noch lange genug vor Ort blieben, damit wir ohne Probleme ins Gebäude gelangten. Die Mafiafamilien waren auf das FBI nicht gut zu sprechen. Das lag nicht zuletzt daran, dass die Taskforce T. A. C. T. I. C. S., der auch wir angehörten, für den Kampf gegen die erstarkte Mafia gebildet worden war. Und natürlich auch daran, dass wir bereits eine Menge Mafiosi und ganze Familien aus dem Verkehr gezogen hatten. Besonders Phil und ich hatten somit einen entsprechenden Ruf bei den ehrenwerten Familien.
Am Ziel angekommen, parkte ich den Jaguar gegenüber der stattlichen Häuserzeile der Gamas-Familie.
Wir stiegen aus. Das Wetter war gut, der Himmel blau, im nahe gelegenen Park spielten ein paar Jugendliche Football, einige Leute führten ihre Hunde Gassi. Eigentlich eine ganz normale, gehobene Gegend in Brooklyn, wäre da nicht die Anwesenheit der Gamas.
»Wahrscheinlich gehören einige dieser Schlitten Familienmitgliedern«, bemerkte Phil und deutete auf die deutschen, italienischen und amerikanischen Sportwagen und Limousinen, die am Straßenrand parkten.
»Solange sie keinen Besitzanspruch auf einen gewissen roten englischen Sportwagen anmelden ...«, erwiderte ich.
Wir gingen zum Hauseingang, vor dem ein Cop stand. Zusätzlich zwei Männer, die unverkennbar Mafiosi waren.
Ich zeigte dem Cop meine Marke. »Decker und Cotton, wir werden erwartet.«
Er nickte und machte uns den Weg frei.
Den Mafiosi schien das nicht zu gefallen. Sie bauten sich breitbeinig vor uns auf und blockierten den Eingang.
»Einen Moment, hier kommt niemand rein!«, sagte der größere mit grimmigem Gesichtsausdruck.
»Netter Auftritt«, entgegnete ich. »Würden Sie bitte beiseite treten?«
»Ich muss das erst abklären«, erwiderte er, zog sein Handy aus der Tasche und informierte jemanden darüber, dass zwei FBI Agents ins Haus wollten.
Wir hätten darauf bestehen können, sofort eingelassen zu werden, verständigten uns jedoch durch einen Blick, dass wir vermutlich mehr erreichen würden, wenn wir die Familie nicht noch mehr gegen uns aufbrachten, und warteten ab.
Es dauerte keine Minute, bis ein chic gekleideter Mann Mitte vierzig, flankiert von zwei kräftigen Kerlen, die Treppe hinunter zum Eingang kam.
»Was ist hier los?«, fragte er in herrischem Ton.
»Die beiden wollen hier rein«, antwortete sein Mann. »Die FBI Agents Decker und Cotton.«
Der Mittvierziger lächelte. »Die berühmten Agents Cotton und Decker.«
»Eher berüchtigt als berühmt«, korrigierte Phil. »Und Sie sind Marc Anton Gamas, wenn ich nicht irre.«
»Sie irren nicht«, sagte er und streckte die Brust heraus. »Genau der bin ich. Da mein Vater heute leider von uns gegangen ist, ist es nun an mir, wichtige Entscheidungen zu treffen.«
»Unser Beileid«, sagte ich.
»Klingt nicht ernst gemeint, trotzdem danke«, sagte Gamas. »Eigentlich wollten wir heute feiern, und dann das. Es ist ein schwerer Schlag für uns. – Was genau wollen Sie? Uns Ihr Mitgefühl bekunden? Oder unsere scheinbare Schwäche ausnutzen, um gegen uns zu ermitteln und uns ungerechtfertigterweise zu beschuldigen? So wie Sie es auch sonst gerne tun?«
»Uns kommt es ein wenig verdächtig vor, dass zwei große Familienoberhäupter so kurz hintereinander gestorben sind«, antwortete ich. »Daher wollten wir uns anschauen, wo Ihr Vater zu Tode gekommen ist, und herausfinden, was genau geschehen ist.«
»Das Haus ist Privatbesitz, da können Sie nicht einfach mit Ihrer Marke herumwedeln und herumschnüffeln«, gab Gamas wenig erfreut von sich.
»Im Fall eines Unfalls vielleicht nicht«, erwiderte ich. »Falls jemand nachgeholfen haben sollte, ist das etwas anderes. Dann wäre das ein Mordfall. Und da das nicht ausgeschlossen ist, haben wir zunächst einmal umfangreiche Befugnisse.«
»Es war ein Unfall«, sagte Gamas. »Mein Vater ist die Treppe hinuntergestürzt und hat es nicht überlebt. Ich weiß, wir hätten mehr auf ihn achtgeben sollen. Natürlich war er es gewohnt, viele Dinge allein zu erledigen, auch die Treppe hinunterzugehen. Es war schwer, ihm so etwas auszureden. Alte Menschen können manchmal ziemlich dickköpfig sein.«
Phil, der die Rolle des »guten Cops« übernommen hatte, gab Gamas zu bedenken: »Da haben Sie recht, gerade in dem Alter könnte es sehr gut ein Unfall gewesen sein. Manch einer könnte dennoch den Verdacht hegen, dass Don Gamas' Tod kein unglücklicher Zufall war. Wenn das FBI Ihre These vom Unfalltod offiziell bestätigen würde, wäre das sicher auch in Ihrem Interesse. Falls Sie uns den Zugang verwehren, könnte man denken, Sie wollen nicht, dass die Wahrheit ans Licht kommt.«
»Die Wahrheit? Die Wahrheit, dass mein Vater gestürzt ist? Also gut, wenn Sie unbedingt wollen, können Sie sich die Treppe anschauen. Aber Sie werden sich nicht allein in unserem Haus bewegen, ist das klar?«
»Wir tun, was nötig ist«, sagte ich.
Er besprach etwas mit seinen beiden Begleitern. Offenbar wurde einer Phil zugeteilt, der andere mir.
Dann kam Gamas wieder auf uns zu. »Die beiden werden Sie begleiten. Die ganze Zeit. Ich ebenfalls. Und dass Sie mir nicht auf die Idee kommen, das Badezimmer benutzen zu wollen oder etwas in der Art. Falls Sie sich die Hände waschen müssen, dann müssen Sie das woanders erledigen. Haben wir uns da verstanden?«
Ich sah, wie Phils Halsader anschwoll, er blieb jedoch in seiner Rolle. Während ich so tat, als wollte ich Gamas zusammenstauchen, legte er mir eine Hand auf den Arm und sagte zu Gamas: »Das sollte kein Problem sein.«
Gamas nickte. »Gut, dann folgen Sie mir!«
Er ging voran, die ersten Stufen im Treppenhaus nach oben und weiter bis zur zweiten Etage. Die Etagen hatten hohe Decken, wie sie vor rund hundert Jahren üblich gewesen waren. Entsprechend hoch waren auch die Treppen, die von einer Etage zur nächsten führten.
»Da ist es passiert«, sagte Gamas und schien emotional berührt. »Mein Vater ist von dort oben heruntergegangen und gefallen. Es muss gleich hier gewesen sein, denn es gibt schon nach wenigen Stufen die ersten Blutspuren. Unten ist er bewusstlos liegen geblieben. Ich glaube nicht, dass er lange gelegen hat, aber es war lange genug, um zu sterben.«
Ich schaute mir alles an. Den Blutspuren nach stimmte die Aussage von Gamas.
»War irgendjemand bei ihm, als es passiert ist?«, wollte ich wissen.
Gamas schüttelte den Kopf. »Niemand.«
»Und er ist gewöhnlich allein die Treppe hinuntergegangen, sagten Sie?«, hakte ich nach.
»Allein ja, oft war jemand dabei. Diesmal offenbar nicht.«
»Also wäre beides möglich«, sagte ich. »Er könnte allein gegangen und gefallen sein, oder jemand könnte ihn gestoßen haben.«
»Theoretisch schon«, antwortete Gamas. »Soweit ich feststellen konnte, war niemand oben.«
Ich lief die Treppe hoch und schaute mir den oberen Bereich genau an. Es gab nichts, worüber Don Gambas hätte stolpern können, und keine Hinweise darauf, dass dort ein Stolperdraht oder Ähnliches befestigt gewesen und wieder entfernt worden war.