Jerry Cotton 3489 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3489 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Über einen FBI Agent wurde ein Hollywoodstreifen mit filmisch dramaturgischer Übertreibung gedreht. Der hoch bezahlte Filmstar, der die Hauptrolle spielte, sollte in einer Szene von einem Mafiakiller mit einem Messer attackiert werden. Es besaß eine Trickklinge, die sich beim Kontakt mit dem "Opfer" im Griff versenkte. Doch die Filmwaffe wurde vertauscht, ein scharfes Messer verletzte den Schauspieler schwer am Arm. Phil und ich wurden ans Set gerufen und mussten bald feststellen, dass die Filmhandlung auf obskure Weise unsere Ermittlungen widerspiegelte ...

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Seitenzahl: 142

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Der Teufel herrscht in Hollywood

Vorschau

Impressum

Der Teufel herrscht in Hollywood

Das Schloss des Aktenschranks war leicht aufzubrechen. Hastig öffnete der FBI Agent die Schublade mit dem Buchstaben S. Er klappte den gesuchten Dokumentenordner auf, schnippte sein Feuerzeug an, um in der Dunkelheit lesen zu können. Was im Vertrag stand, war erschreckend. Wie im Fieber las er Zeile um Zeile, schneller und schneller. Nur das immer hastigere Umblättern störte die Stille der Nacht.

Sein Fund nahm ihn so gefangen, dass er nicht bemerkte, wie sich hinter ihm eine Gestalt aus den Schatten löste. Im Mondschein glänzte eine Klinge auf. Der gedrungene Killer schlich sich geräuschlos auf Armlänge heran. Der Ermittler war über den Vertrag gebeugt. Die Hand holte aus – und stach zu!

In diesem Moment größter Überraschung schrie der G-man auf. Er schrie wie am Spieß, er schrie so laut, dass allen Zuschauern klar wurde, dass er wirklich und wahrhaftig verletzt war.

»Cut! Cut!«, schrie der Regisseur, als wäre er sich der Bedeutung des Worts in diesem Zusammenhang plötzlich bewusst geworden.

Denn einen Schnitt zugefügt hatte das Messer dem Darsteller des FBI Agents. Nicht vorgesehen war, dass der hochbezahlte Filmstar Shane Brenner aufjaulte, mit der Klinge noch im Arm auf und ab hüpfte und Flüche wie »Gottverdammt!« und dergleichen ausstieß.

Auch dass der »Mafiakiller«, den man gecastet hatte, weil sein pockennarbiges Gesicht Gemeinheit ausstrahlte, plötzlich dreinschaute wie ein schuldbewusster Junge, der versehentlich etwas zerdeppert hat, gehörte nicht ins Konzept.

Mug war als Waffenmeister für die Sicherheit im Umgang mit den Filmwaffen am Set verantwortlich. Er war schon unterwegs, noch bevor der Regisseur die Aufnahme abgebrochen hatte, sobald er erkannte, dass das Blut, dass aus Shane Brenners Wunde quoll, nicht die Farbe des Filmbluts hatte. Mug hatte selbst die Blutkapsel gefüllt, die unter Brenners Trenchcoat versteckt war, und zwar hatte er helles Blut genommen. Nicht weil das anatomisch korrekt war, sondern weil es sich in der Nachtszene besser fotografierte. Drehbuchgemäß hätte diese Kapsel ihren roten Saft verspritzt, sobald sie mit der Klinge des Trickmessers in Kontakt käme.

»Shane, lass mal sehen!« Mug löste den Griff der Finger um den verwundeten Arm. Das Messer steckte noch immer im Fleisch.

»Gottverdammt«, jammerte Brenner weiter. Ihm kam kein anderer Dialog mehr in den Sinn.

Eine Sirene ertönte, das Zeichen für die Crew, dass die Szene unterbrochen war und man sich wieder bewegen durfte.

»Holt den Set Medic!«, rief Mug niemand Bestimmtes zu.

Die Sanitäterin, die sich aus gewerkschaftlichen Gründen zu jeder Zeit am Drehort aufhalten musste, hatte sich gerade einen Donut geholt. Die Caterer versorgten die Crewmitglieder durchgehend mit heißem Kaffee und gefüllten Donuts. Auf dem Callsheet dieses Drehtags war der Set Medic für diese Szene nicht aufgeführt, weil es sich ja nicht um einen Stunt handelte, bei dem die Sanitäterin in Bereitschaft sein musste. Gedreht wurde eine simple Einstellung mit einem Trickmesser.

Das vermeintliche »Trickmesser« zog Mug dem Verletzten gerade aus dem Arm, so vorsichtig wie jemand, der eine Atombombe entschärft, als die Sanitäterin in ihrem weißen Kittel eintraf, den Mund verschmiert von der Füllung des Donuts.

»Was ist denn passiert?«

»Das möchte ich selbst gern wissen«, meinte Mug mit einem skeptischen Seitenblick auf Tony Manderas, den Statisten, der, so schien, es jedenfalls auf den ersten Blick, das Requisit mit einer echten Waffe verwechselt hatte. Oder hatte er es absichtlich vertauscht?

Er hielt dem Gangsterdarsteller das Messer unter die Nase, für den Fall, dass ihm noch nicht klar wäre, dass er Superstar Shane Brenner soeben eine richtige Wunde zugefügt hatte.

Manderas verstand sofort, worauf Mug anspielte. Sein Blick wechselte in derselben Sekunde von Schulbewusstsein zu Empörung. »Ich habe genauso zugestoßen, wie du gezeigt hast, Mug!«

»Das schon, nur leider hattest du dabei nicht das Messer in der Hand, das ich dir gegeben habe.« Mug zeigte die Klinge in seiner offenen Hand. Ihre Spitze war gerötet.

Manderas starrte auf das blutige Requisit, als wäre es erst in Mugs Hand durch einen Filmtrick zur tödlichen Waffe geworden. »Das ist nicht das Messer, das du mir gegeben hast!« Seine Stimme überschlug sich.

»Genau das habe ich ja gesagt, Tony.«

Das Filmrequisit, das Mug dem Darsteller des Messerstechers für diese Szene überreicht hatte, hatte eine versenkbare Klinge. Ein uralter Filmtrick. Trifft die Spitze auf Widerstand, versenkt sie sich im Schaft. Ist der Stich schnell ausgeführt, sieht das für den Kinozuschauer so aus, als grübe sich das Messer in sein Opfer.

»Was ist denn passiert?« Franklin J. Maxwell wiederholte die Frage der Sanitäterin, als wäre auch dieser Dialog im Drehbuch niedergeschrieben, um ständig wiederholt werden zu können.

»Was passiert ist?«, äffte Shane Brenner ihn nach. »Ich blute wie ein abgestochenes Schwein!«

Als Produzent von The Price You Pay For Success wurde Maxwell schlagartig klar, dass die Kardinalsünde an einem Filmdrehort begangen worden war – der Weltstar war verletzt worden! Er sah Gerichtsklagen wie einen Tsunami auf sich einstürzen, er sah Posts auf Social Media aufpoppen, die ihn als Verantwortlichen vorverurteilten, und er sah, genau wie im alten Filmklischee, wie ein Bündel frisch gedruckter Zeitungen auf den Bordstein geworfen wird, und auf der Titelseite von Variety stand sein Nachruf: Franklin J. Maxwell wird nie mehr in Hollywood arbeiten!

Die Sanitäterin warf Maxwell einen besorgten Seitenblick zu, denn für einen Moment sah es so aus, als bekäme sie gleich einen zweiten Patienten. Maxwell hatte auf Schnappatmung umgestellt.

Ein Assistent war endlich auf die Idee gekommen, Shane Brenners Setstuhl zu holen, auf dessen Stofflehne sein Name aufgemalt war, und direkt hinter ihm zu platzieren, sodass sich der Star setzen oder bei Bedarf ohnmächtig hintenüber kippen konnte. Die Sanitäterin war ihm sicher dankbar dafür, denn so ein Fall verursachte meist größeren Schaden als die eigentliche Verwundung.

Maxwell hatte sich aus seiner Erstarrung gelöst und sprintete wie von allen Teufeln gehetzt auf seinen Wohnwagen zu. Aufgrund seiner Stellung in der Hierarchie des Filmsets war es der vorderste, näher am Set aufgestellt als die aller anderen Mitwirkenden, die wichtig genug waren, sich in Pausen in die klimatisierte Abgeschiedenheit zurückziehen zu dürfen.

Maxwell schlug die Tür hinter sich zu, dass sie fast aus den Angeln flog. Zitternde Finger schraubten ein Röhrchen auf und streuten den Inhalt auf eine Plastikunterlage auf dem heruntergeklappten Tisch. Er machte sich nicht die Mühe, das Koks in feine Linien aufzuteilen. Seine geübte Nase fand das herrliche Weiß so sicher wie ein Trüffelschwein. Das Zittern seiner Finger verschwand fast augenblicklich.

Gleich war er gefasst genug, um eine Nummer auf seinem Handy zu wählen. Er hatte FIS als Nummer drei seiner Kurzwahl gespeichert. Er musste Schadensbegrenzung betreiben. Jeder Tag, den die Produktion still stand, kostete ihn dreißigtausend Dollar. Jetzt musste die Versicherung blechen, und zwar pronto!

Der Set Medic hatte den Druckverband angelegt. Die Wunde blutete bereits nicht mehr. Denn Shane Brenners Zetern zum Trotz war der Stich nicht besonders tief, da er auch noch den dicken Trenchcoat getragen hatte, was der Kostümdesigner wohl für die »Uniform« eines G-man hielt.

Obwohl niemandem klar war, wie ein echtes scharfes Messer überhaupt ans Set gelangen und dann noch mit dem Requisit vertauscht werden konnte, war der Schuldige bereits gefunden. Immerhin hatte er ja zugestochen. Tony Manderas wollte sich bei Shane entschuldigen, der auf dem Stuhl mit seinem Namen saß und darauf bestand, dass man ihn in einer Ambulanz ins Krankenhaus fahre. Tony wirkte wie ein Bittsteller, der vor seinen König tritt, um darum zu bitten, man möge ihm für sein Unrecht nicht den Arm abhacken.

»Bitte, Shane, du musst entschuldigen ...« Weiter kam er mit seiner Entschuldigung nicht.

Der muskelbepackte Bodyguard war gemäß Shane Brenners Vertrag für dessen persönliche Sicherheit zuständig. Ein Mexikaner namens Jorge, mit schwarzen Augen und tätowierten Oberarmen. Er schlug einmal hart zu. Jorges kurzer Kinnhaken traf Tony Manderas dort, wo er ihn treffen sollte, unter dem Kiefer. Der Schlag klang so authentisch und trocken, dass sich der Tonmeister sicher gewünscht hätte, er hätte ihn für spätere Verwendungen aufgezeichnet.

Die Airport Security gab uns unsere Glocks zurück. Unser persönliches Gepäck erschien gerade auf dem Karussell, sodass es keine Extrarunde zu drehen brauchte. Wir schnappten uns die Koffer, und schneller als je zuvor, es grenzte an Zauberei, standen wir am Ausgang des Flughafens LAX.

Zu schade, dass wir nun auf unsere Begleiterin warten mussten, die nicht ganz so schnell vorwärts kam wie wir. Joanne Davis hatte während des Flugs von New York neben uns gesessen. Ihr Office hatte das so arrangiert, damit wir die vier Stunden Flugzeit nutzen konnten. Nicht weil unsere Zeit kostbar war, sondern ihre. Sie repräsentierte eine der größten Versicherungsagenturen von New York. Die FIS Film Insurance versicherte Filme. Nebst Coca Cola waren Filme noch immer eines der wichtigsten Kulturgüter, das unser Land in alle Welt exportierte, vielleicht mal mit Ausnahme des Iran.

Während des Flugs und zwei Martinis – sie bestellte die doppelte Menge Oliven –klärte sie uns auf, dass es nicht das erste Mal war, dass sich der Mob an der FIS bereicherte. Ihre Gesellschaft versicherte auch Theaterstücke am Broadway. Sie hatte das FBI schon in der Vergangenheit kontaktiert, wenn ein Unfall nach Sabotage schmeckte.

Dass die Mafia hinter der Unfallserie steckte, die diesen Hollywoodfilm befallen hatte wie Masern ein ungeimpftes Kind, war nicht allein der Grund, dass Mr. High uns nach Los Angeles schickte. Shane Brenner, der hochbezahlte Star des Films, war gebürtiger New Yorker. Er hatte am Theater angefangen, bevor er dem Lockruf von Ruhm und Geld der Filmstadt erlegen war.

Hinter den Schiebetüren liefen wir gegen die kalifornische Hitzewand, für New Yorker wie eine Keule. LAX war ein nie endender Strom hupender Shuttlebusse, die von Gate zu Gate zirkulierten. Die Menge der Wartenden bestand aus erwartungsfrohen Touristen und griesgrämigen Geschäftsreisenden.

Joanne Davis gehörte in keine dieser Kategorien.

Sie hatte für ihre fünfundvierzig Jahre schon viel geleistet und erreicht, und ihren Status ließ sie sich auf unaufdringliche Weise ansehen. Ihr cremefarbener Anzug war eine geschickte Gratwanderung zwischen Businesseleganz und gehobener Freizeitmode. Ihr folgte ein Gepäckträger, der bepackt war wie ein Sherpa auf dem Weg zum Everest.

»Sorry fürs Warten«, sagte sie zu uns, als stünden wir nicht im Gedränge des sechstgrößten Flughafens der Welt, sondern nur in der Schlange fürs Ponyreiten. Sie holte den Zeitverlust umgehend wieder auf. Joanne hatte ein Uber bestellt. Irgendwie hatte sie es auch geschafft, es zu veranlassen, uns direkt beim Ausgang aufzupicken, obwohl es einen offiziellen Taxistand erst in einiger Entfernung gab.

»Bronson Canyon«, sagte sie dem Fahrer schon die Adresse, während sie auf den Rücksitz glitt wie ein Baseballspieler, der im Spurt die Base erreicht.

Der Uber-Chauffeur war kein Einheimischer und zeigte auf sein Navi. »Nie gehört. Wo ist das auf der Karte?«

Joanne Davis hielt sich nicht mit einer Lektion über Filmgeschichte auf. Die Höhlen im Bronson Canyon waren Schauplatz von mehr Filmen gewesen, als selbst ein Filmnarr aufzählen könnte. Die Steinschlucht war darum so beliebt, weil sie von den Studios aus einfach zu erreichen war. Sie lag am Rand des Griffith Park, sogar ganz in der Nähe der Hollywoodschriftzugs. Joanne gab ihm die Adresse, 3200 Canyon Drive, die er in sein Navi tippte, während er gleichzeitig sein Gehirn ausschaltete und den Computer die Fahrt bestimmen ließ.

Als sie merkte, dass der Fahrer den Weg über die Interstate 405 nehmen wollte, tippte sie auf seine Schulter. »Die 405 ist um diese Zeit verstopft, fahren Sie über den Sepulveda Boulevard.«

»Sie kennen sich in Los Angeles gut aus, Miss Davis, für eine New Yorkerin.«

»Ich muss mehrmals pro Jahr her, Agent Cotton. Mich ums Geschäft kümmern.« Das klang nicht, als würde sie ihre Ausflüge besonders genießen.

Die Fahrt zum Bronson Canyon würde eine weitere Stunde in Anspruch nehmen. Wir saßen auf dem Rücksitz nahe zusammen, und ich konnte fast durch ihren eng geschnittenen Blazer fühlen, wie angespannt sie war. Am Drehort wartete ein Versicherungsschaden auf sie, der die FIS Millionen kosten könnte, möglicherweise einen Betrag in zweistelliger Höhe.

»Was ist das Budget des Films, der dort oben gedreht wird?«, fragte ich.

»Es gibt ja unterdessen Filme, die eine dreistellige Summe kosten. Das können sich nur die Majors leisten, die ganz großen Studios«, erklärte sie, während sie gleichzeitig die E-Mails auf ihrem Handy checkte. »Dagegen ist dieser Streifen mit veranschlagten fünfzig Millionen geradezu ein Klacks.«

Das klang zynisch. Fünfzig Millionen sind fünfzig Millionen.

»Dann wäre dieser Betrag für Ihre Firma kein großes Problem, Miss Davis?«, fragte Phil, während er interessiert aus dem Fenster blickte, obwohl es nichts anderes zu sehen gab als eine Blechlawine.

Als der Uber-Fahrer mitbekommen hatte, dass eine Passagierin im Filmgeschäft war, wollte er sich ins Gespräch bringen. Er fahre nur das Taxi, bis er es als Schauspieler geschafft habe, erklärte er stolz, ohne dass wir ihn danach gefragt hätten. Joanne Davis ging nicht darauf ein. Dass jeder zweite Taxifahrer in Los Angeles Abendkurse als Method Actor belegte, war ihr sicher nicht neu.

Sie sah nicht von ihrem Handy hoch, das sie mit beiden Daumen bearbeitete. Die Frau war Multitasking.

»Fünfzig Millionen würden uns das Genick brechen«, sagte sie nach einer kurzen Pause.

Wir kamen an den Paramount Studios vorbei und fuhren weiter in Richtung der Hollywood Hills, an denen das bekannte weiße Schriftzeichen prangte. Der taxifahrende Schauspieler erreichte die größte Grünanlage der Stadt, den Griffith Park. Der Weg schlängelte sich nach oben bis zu einem Parkplatz.

Eine junge Assistentin, die zum Filmteam gehörte, wollte uns einweisen, aber Joanne stoppte unseren Fahrer. »Wir steigen hier aus.«

»Vergessen Sie nicht, mir fünf Sterne zu geben«, sagte der Fahrer, als sie ihn bezahlte, »das finanziert mein Schauspielstudium.«

Die Assistentin suchte auf ihrem Klemmbrett nach unseren Namen, die nicht da standen.

Ein FBI Agent weist sich in seiner Laufbahn wohl eine Million Mal mit seiner ID Card aus. Die drei Buchstaben öffnen üblicherweise viele Türen. Die schnelle Handbewegung des Aufklappens des Aufweises geht einem mit der Zeit in Fleisch und Blut über, bis sie reiner Reflex ist. Ich hielt Phil zurück, als er diesem Reflex gerade nachgeben wollte. Besser, wenn vorderhand niemand wusste, dass das FBI ein Interesse an diesem Fall zeigte.

Joanne Davis ließ sich als FIS-Vertreterin mit zwei Gästen auf die Liste setzen, und wir erhielten Badges mit der Aufschrift V für Visitor, die sichtbar getragen werden mussten.

Dann unterschrieb sie einen Standardvertrag für uns mit. Er besagte, dass am Drehort keine Aufnahmen gemacht werden durften und keinesfalls etwas auf Social Media publiziert werden durfte.

Die Assistentin trug ein Walkie-Talkie, mit dem sie in Kontakt mit dem Aufnahmeleiter oben am Drehort stand. Sie erkundigte sich, ob gerade gedreht wurde oder ob sie drei Besucher hochschicken dürfe.

»Mehr Sicherheitsmaßnahmen als in Fort Knox«, kommentierte Phil trocken.

Als das Funkgerät die erforderliche Genehmigung krächzte, machten wir uns auf einen kurzen Fußmarsch den Kiesweg hinauf. Unter der kalifornischen Sonne genügte das, damit uns der Schweiß den Rücken hinunterlief. Wir behielten die Jacketts an, damit die Glocks in den Gürtelholstern unsichtbar blieben.

»Erzählen Sie mir von den bisherigen Vorfällen«, bat ich Joanne. Erst hier fiel mir auf, dass sie zwar High Heels trug, aber von der Sorte, die mit einer robusten Gummisohle ausgestattet waren, sodass dieser Aufstieg für sie kein Hindernis darstellte. Im Gegenteil, sie ging uns voran wie eine Bergführerin.

»Es fing mit Lappalien an. Scheinwerfer, die nicht funktionierten, wenn sie sollten. Nebengeräusche, die Tonaufnahmen verdarben. Kurzschlüsse. Solche Dinge sind zwar schnell repariert, kosten jedoch Zeit. So geriet der Zeitplan unter Druck. Ach ja, einmal hat die Cateringfirma das Essen zu spät angeliefert, weil sie hier unten aufgehalten worden war. Das gibt dann eine Penalty der Gewerkschaften.« Das sei die Geldstrafe, ergänzte sie, die die Union einfordert, wenn ihre Leute nicht pünktlich aßen. Ein teures Versäumnis.

Wie Joanne Davis uns schon auf dem Flug gesagt hatte, war dieser Film mit genau fünfundfünfzig Drehtagen veranschlagt. Verlorene Zeit musste aufgeholt werden.

»Sie glauben also, dass die Vorfälle keine natürliche Ursache hatten.«

Sie zuckte mit den Schultern. »Schwer zu sagen, Agent Cotton. Sie müssen wissen, dass jeder Mitarbeitende am Set einer Gewerkschaft angehört. Diese Unions sind sehr strikt darin, dass nur ihre eigenen Experten angestellt werden, was den Preis eines Films in die Höhe treibt. Andrerseits können wir uns sicher sein, dass die Union nur ausgebildete Arbeiter stellt. Unsachgemäße Arbeiten schließe ich daher aus.«

Wir erreichten das Plateau, und mit jedem Schritt nahm die zuvor grüne Umgebung ein schrofferes Aussehen an. Bald erhoben sich zu beiden Seiten steinerne Felswände. Millionen Filmzuschauer hatten sich von diesem Anblick täuschen lassen. Bronson Canyon sah aus, als stünde man weitab der Zivilisation in einer unwirtlichen Gegend, irgendwo in der Wüste. Dabei lagen die Hollywoodbuchstaben gleich hinter dem nächsten Hügel.

Der Drehort summte wie ein Bienenhaus vor Betriebsamkeit. Eine Aufnahme wurde eingeleuchtet. Teamleiter trugen Walkie-Talkies an ihren Gürteln, die unaufhörlich krächzten. Eine Gruppe von Technikern legte Schienen für eine Kamerafahrt.

Joanne Davis wandte sich an einen der Teamster, der neben einem Wagen in Bereitschaft stand, obwohl es nicht so aussah, als müsste in nächster Zeit jemand gefahren werden. Wie sie uns später erklärte, bildeten die Fahrer die stärkste Gewerkschaft überhaupt. Sie konnten einen Film sprichwörtlich zum Stillstand bringen. Er hatte beide Daumen lässig in den Hosenbund gehakt.

»Franklin J. Maxwell?«, fragte sie den Chauffeur.

Er deutete auf den vordersten Wagen im Trailerpark, müde vom Nichtstun, und nahm dazu nicht einmal seine Daumen, sondern wies uns mit seinem stoppeligen Kinn die Richtung.

Sobald der Produzent von