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Im Südwesten der USA machte ein Gangsterpärchen von sich reden, das bereits mehr als ein halbes Dutzend kleine Banken ausgeraubt hatte. Von der Presse als Bonnie und Clyde 2.0 hochgejubelt und romantisiert, wurden die beiden nicht nur von der Polizei, sondern auch von Journalisten verfolgt. Zufällig sah ich eine Exklusivstory über die zwei und erkannte in ihnen Stella Morgan und Jake Watson wieder, die skrupellosen FBI-Rekruten aus Quantico, denen in einem früheren Fall die Flucht vor den Ermittlungsbehörden gelungen war. Und damit begann ein tödlicher Wettlauf gegen die Zeit ...
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Seitenzahl: 139
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Im Schatten von Quantico
Vorschau
Impressum
Im Schatten von Quantico
Ich saß mit einer Flasche Budweiser vor dem Fernseher und genoss meinen ersten Urlaubstag. Gerade liefen die Nachrichten. Im Südwesten der USA hatte es eine Reihe von Banküberfällen gegeben. Immer waren es kleine Banken gewesen, in Orten, von denen man noch nie gehört hatte.
Der Sender zeigte Bilder von einer Überwachungskamera. Es waren zwei vermummte Gestalten zu sehen, die die Bankangestellten mit ihren Waffen bedrohten.
Und als ich die Gangster betrachtete, wie sie mit ihren Waffen herumfuchtelten und der eine einen Bankangestellten zu Boden warf, während der andere über den Tresen hechtete, um zum Tresor zu gelangen, verschluckte ich mich fast an meinem Bier.
Die Art und Weise, wie sich die beiden bewegten, erinnerte mich an zwei Personen, mit denen ich vor einiger Zeit schon einmal zu tun gehabt hatte.
Und damit war mein Urlaub auch schon wieder vorbei.
Eine Stunde später war ich im Field Office und wartete darauf, dass unser IT-Spezialist Dr. Ben Bruckner mich zurückrief. Ich fuhr gerade meinen Computer hoch, als das Telefon klingelte.
»Okay«, meinte Ben ohne weitere Begrüßung. »Der Sender hat sich ein wenig geziert, schließlich haben sie Ausschnitte aus den Überwachungsvideos alle halbe Stunde durch die Röhre gejagt. Also konnte ich sie davon überzeugen, dass wir ihnen keine sensiblen Daten aus den Rippen leiern wollen. Insgesamt haben sie Aufnahmen aus drei von den fünf überfallenen Banken, zwei Banken verfügen nicht einmal über funktionierende Überwachungskameras. Was soll ich jetzt damit anfangen?«
»Vergleiche die Aufnahmen bitte mit den Videoaufnahmen, die ich dir jetzt sende«, antwortete ich und suchte die betreffenden Dateien aus unseren alten Akten hervor, klickte sie an und schickte sie Ben. »Ich vermute, dass die Personen, die auf den Videos der Banken zu sehen sind, dieselben sind wie auf den Aufnahmen, die ich dir zuschicke. Von dir will ich wissen, ob man das irgendwie feststellen kann. Damit meine ich, es gerichtsfähig zu beweisen. Wie gesagt, handelt es sich bis jetzt nur um eine Vermutung von mir. Ein Gefühl, das ...«
»O mein Gott«, unterbrach Ben mich. »Du denkst wirklich, dass es diese beiden sind? Das wäre ja der Hammer. Ich meine ...«
Ich entnahm Bens Worten, dass er die Dateien schon erhalten und sofort erkannt hatte, worum es mir ging.
»Ich muss mir hundertprozentig sicher sein. Dieser Fall wäre uns damals schon fast um die Ohren geflogen. Unser Ansehen in der Öffentlichkeit hat massiv darunter gelitten, dass es uns erst in letzter Sekunde gelungen ist, die Sache in den Griff zu bekommen. Wenn wir jetzt vorpreschen und uns irren, brechen die Kollegen von der Öffentlichkeitsarbeit mir sämtliche Knochen. Die hatten schon damals genug damit zu tun, das Desaster so zu verkaufen, dass wir alles Menschenmögliche getan haben.«
»Ich kann die Dateien mit einer neueren Software checken, die Bewegungsmuster von Personen vergleicht«, erklärte Ben. »Gerade unsere Kollegen von der CIA und vom Heimatschutz haben da dank künstlicher Intelligenz praktisch jeden Tag was Neues.«
»Wie lange würde das dauern?«, wollte ich wissen.
»Ich müsste mir die Erlaubnis zur Benutzung der Software besorgen. Dauert ein paar Stunden, der eigentliche Vorgang dann nicht länger als die paar Minuten, die man an Videomaterial hat.«
Phil war nur mäßig irritiert, als ich am frühen Morgen mit meinem Jaguar schon vor seiner Haustür stand. Zu oft schon hatte uns die schillernde Welt des Verbrechens aus unseren Urlaubsträumen gerissen, als dass wir hätten überrascht sein können.
Ich ließ das Seitenfenster hinunter. Phil lehnte sich lässig mit einem Ellenbogen halb in den Wagen hinein und grinste mich an.
»Was ist es diesmal?«, fragte er. »Hat der Präsident sein Gebiss verloren? Oder ist dem Papst die Lieblingskutte geklaut worden? Was ist so wichtig, dass man dich wieder einmal der Langeweile des Büroalltags aussetzen muss?«
Ich öffnete die Tür.
»Steig ein, und folge mir«, sagte ich. »Ich erkläre es dir, wenn wir im Büro sind. Ben hat da etwas für uns vorbereitet. Ich will noch nicht zu viel verraten, aber es hat mit einem unserer vergangenen Abenteuer zu tun. Nicht dass ich scharf darauf wäre, wieder dasselbe Pferd zu reiten, doch es könnte sein ...«
Ich unterbrach mich selbst, wartete, bis Phil eingestiegen war, und startete den Wagen.
»Was?«, fragte Phil. »Spann mich nicht auf die Folter. Ich habe nichts im Magen außer zwei Tassen Kaffee und kann deine Scherze noch nicht verdauen.«
»Tut mir leid«, erwiderte ich und reihte mich in den morgendlichen Berufsverkehr ein. »Ich muss mir erst sicher sein, dass ich mich nicht irre. Gib mir die paar Minuten, bis wir Bens Präsentation genießen konnten. Dann wirst du schon selbst sehen.«
Wir begaben uns sofort in Bens Büro, nachdem wir das Field Office erreicht hatten.
»Ich habe die Videos, die wir von damals von den beiden haben, mit den Videos des Senders parallel laufen und mit der Software unserer Kollegen vergleichen lassen. Und wir haben tatsächlich eine Übereinstimmung von über siebzig Prozent. Das ist kein Lottogewinn, dafür ein Anfangsverdacht. Die Software zerteilt die einzelnen Bewegungen in ihre kleinsten Teile. Dann setzt sie sie wieder zusammen, vergleicht dabei jedes einzelne Bild mit ...«
Während Ben weiterredete und uns die Funktionsweise der Software detailliert erläuterte, flimmerten sämtliche Videos, die wir hatten, parallel über mehrere Bildschirme. Phil erkannte natürlich schon nach einigen Sekunden, worum es sich handelte.
»Moment«, unterbrach er Ben. »Das sind Aufnahmen von Stella Morgan und Jake Watson, die damals in Quantico gemacht wurden. Und diejenigen, die man von Watson bei der Erstürmung des Capitols gemacht hat. Nur was sind das ...?«
»Eine Reihe von Banküberfällen, die in den letzten Wochen im südlichen Teil unseres wunderbaren Landes aufgenommen wurden«, klärte ich Phil auf. »Ich habe Teile davon gestern Abend im Fernsehen gesehen und meinte, die zwei an ihren Bewegungen zu erkennen.«
»Übereinstimmung von über siebzig Prozent«, wiederholte Ben. »Das ist bei der Dürftigkeit des Materials schon sehr gut, würde allerdings bei jedem Richter der Welt nur ein müdes Lächeln hervorrufen. Und jeder Rechtsanwalt würde damit argumentieren, dass die Bewegungsabläufe aller Bankräuber der Welt in etwa gleich sein dürften, so wie die Bewegungsabläufe eines Pizzabäckers oder eines Schmieds. Die Tätigkeit bestimmt die Bewegung. Ich wäre also vorsichtig, was die Annahme angeht, dass es sich tatsächlich um dieselben Personen handelt.«
»Zum Glück sind wir nicht vor Gericht«, meinte ich. »Noch nicht. Mir reichen die siebzig Prozent. Es sind Watson und Morgan!«
Ich sah Phil an, der die immer wieder von vorne ablaufenden Videoschnipsel betrachtete.
»Was meinst du?«, wollte ich wissen.
Phil zuckte mit den Schultern. »Jetzt wo ich weiß, was du meinst, würde ich dir zustimmen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich es auch so gesehen hätte, bevor ich wusste, worum es geht.«
»Es hat uns alle sehr viel Kraft gekostet, das Desaster von damals einigermaßen in Vergessenheit zu bringen«, sagte Mr. High, als ich ihm gegenübersaß. »Eine Bande von Nazis, denen es gelungen war, sich in Quantico vom Rekruten aufwärts bis zum stellvertretenden Direktor einzunisten. Ein Anschlag in Washington auf den Festzug zum Unabhängigkeitstag und als krönender Abschluss ein Bombenattentat mit anschließender Schießerei in unserem Ausbildungscenter.* Die Presse darf nicht davon Wind bekommen, dass diese Geschichte noch nicht zu Ende ist. Wir müssten befürchten, dass sie das alles genüsslich aufwärmt um der Schlagzeilen willen.«
»Niemand müsste davon erfahren, weswegen wir die beiden suchen«, wandte ich ein.
Mr. High nickte nachdenklich. »Ich zweifle nicht daran, dass Ihnen das gelingen wird, Jerry. Schlimm genug, dass Watson und seine Freundin uns damals entkommen sind. Ich erinnere mich daran, dass diese Verschwörung weit über Quantico hinaus auch unsere anderen Dienste betraf. Mehr als hundert Verhaftungen, monatelange Prozesse. Doch an diese zwei erinnere ich mich nicht im Detail. Erklären Sie mir bitte kurz, welche Rolle sie damals spielten.«
Ich klappte den Aktenordner auf, den ich mitgenommen hatte.
»Stella Morgan und Jake Watson«, referierte ich, »sie hatten innerhalb der Gruppe der Rekruten, die wir zu den Nazis zählen mussten, eine führende Rolle inne. Sie organisierten den tödlichen Unfall, bei dem zwei Lehrkräfte ums Leben kamen, die dabei gewesen waren, die Verschwörung aufzudecken. Sie haben damit die Befehle des damaligen stellvertretenden Direktors ausgeführt. Der hatte wiederum die Pläne vor Ort umzusetzen, die Susan Tyler, die Doppelagentin des Nazinetzwerks, gemeinsam mit der eigentlichen Führungsebene ausbaldowert hatte. Dabei ging es unter anderem um das von Ihnen eben erwähnte Attentat auf den Festzug in Washington und den am selben Tag stattfindenden Anschlag auf unser Ausbildungsgelände. Es gelang uns, diese Führungsebene einschließlich der bei uns als Agentin der National Security Branch eingeschleusten Susan Tyler auszuschalten. Insofern repräsentieren Stella Morgan und Jake Walker nur die untere Ebene der damaligen Verschwörung, aber wir müssen angesichts der aktuellen Ereignisse befürchten, dass sie diese Banküberfälle nicht aus Eigennutz, sondern im Auftrag einer neuen sich gerade formierenden Organisation von Rechtsradikalen ausführen.«
Mr. High hatte mehrmals zustimmend genickt. Als ich die Akte wieder schloss, stand er auf und reichte mir die Hand.
»Tun Sie, was immer notwendig ist, Jerry«, sagte er. »Sollte sich auch nur das geringste Anzeichen dafür ergeben, dass Sie mit Ihrer Vermutung über eine erneute Verschwörung recht haben, benachrichtigen Sie mich sofort. Ich würde dann unsere anderen Dienste unterrichten. Ich möchte nicht, dass wir noch einmal den Ereignissen so hinterherlaufen müssen wie damals.«
Noch am selben Tag machten Phil und ich uns auf den Weg nach Ely in Nevada, dem Schauplatz des letzten Banküberfalls, den unser Pärchen unternommen hatte. Ein Blick auf die Landkarte zeigte, dass sie nicht eine Bank nach der anderen in gerader Linie ausraubten, sondern einen Zickzackkurs verfolgten, der es eventuellen Verfolgern unmöglich machte vorherzusehen, wo sie das nächste Mal zuschlagen würden.
Unsere routinemäßige Anfrage bei allen Hotels und Motels entlang der Strecke nach einem auffälligen Pärchen hatte bisher nichts ergeben. Unsere Annahme ging daher in die Richtung, dass sie entweder in ihrem Auto übernachteten oder über eigene Unterbringungsmöglichkeiten in der Umgebung verfügten.
Ely lag am Fuß des Ward Mountain, zählte nicht mehr als vielleicht tausend Einwohner und war über den Ort hinaus nur denjenigen bekannt, die sich für das dort ansässige Eisenbahnmuseum interessierten. Weil wir um die ausgedehnten Wüstengebiete Nevadas und dem damit einhergehenden Klima wussten, packten wir uns ein paar Flaschen Sonnencreme ein und nahmen den nächsten Flug nach Las Vegas, wo wir uns einen geländefähigen Chevrolet Tahoe aus der Fahrbereitschaft unserer dortigen FBI-Kollegen besorgten.
Von Vegas waren es dann noch knappe drei Stunden Fahrt durch staubige Ebenen unter einer glühend heißen Sommersonne, bis wir gegen Abend den Ort und schließlich das Büro des County Sheriffs von Ely erreichten.
Wir erwischten den Mann gerade noch, als er dabei war, sein Büro abzuschließen und sich auf den Heimweg zu machen. Nachdem wir ihm erklärt hatten, warum wir da waren, schloss er wieder auf, bat uns herein und bot uns einen Kaffee an.
»Warum interessiert sich das FBI für einen Banküberfall?«, brummte er, während der Computer hochfuhr, und sah uns mit einer Mischung aus Neugier und Misstrauen an.
Ich stellte meine Tasse auf dem Schreibtisch ab. »Sie werden sicher wissen, dass der Überfall auf Ihre Bank nur der letzte in einer Reihe war, insgesamt fünf bislang. Können Sie uns etwas sagen, was wir noch nicht der Presse oder offiziellen Berichten Ihrer Behörde entnehmen konnten?«
»Ich wüsste nicht, was«, brummte der Sheriff und kratzte sich seine Bartstoppeln. »Achtzigtausend Dollar, mehr war nicht drin. Ich weiß nicht, was diese jungen Leute reitet, aber ich würde für so wenig Geld nicht riskieren, dass ein paar wütende Rancher mich am nächsten Baum aufknüpfen.«
Ich nickte. Über die Höhe der Beute schwiegen sich die Banken gegenüber den Zeitungen aus. Selbst wenn es sich jeweils um nicht mehr als fünfstellige Summen handelte, man wollte vermeiden, Nachahmer zu ermutigen.
»Woher wissen Sie, dass es sich um junge Leute handelt?«, fragte Phil.
»Na, das haben die Angestellten unserer Bank doch gesehen«, antwortete der Sheriff. »Die sind über den Tresen gehüpft wie ein paar junge Kälber, die sich vor dem Brandeisen fürchten. Außerdem hat das dieser Reporter erwähnt, der gestern hier war, um uns die Würmer aus der Nase zu ziehen.«
Phil und ich sahen uns an.
»Reporter?«, wollte ich wissen. »Von welchem Sender kam der?«
Der Sheriff schüttelte den Kopf. »Keiner vom Fernsehen. Die waren schon weg. Er war allein. Hatte nicht einmal eine Kamera dabei. Machte Fotos mit seinem Handy. Hat sich auch gar nicht für uns oder unser Geld interessiert. Wollte nur wissen, was wir bei der Angelegenheit denken und fühlen, wie er sagte. Mit mir hat er nur kurz geredet und mit einer der Angestellten der Bank. War mit ihr sogar mittagessen in unserem Restaurant, dem Bullet. Einziges Restaurant in der Stadt, wo man mit einer Lady hingehen kann. Das junge Ding war wohl dementsprechend beeindruckt und hat bestimmt eine Stunde mit ihm geredet.«
»Können Sie uns den Namen der Frau verraten und wo sie wohnt?«, fragte ich und klappte mein Notizbuch auf.
Der Sheriff kaute auf seiner Unterlippe und überlegte.
»Wir müssten sonst jeden im Ort befragen, was er oder sie gesehen oder gehört hat«, sagte ich. »Und wir würden natürlich so lange bleiben, bis wir jeden befragt haben.«
Der Sheriff seufzte einmal tief auf und blickte zu dem ausgestopften Kopf eines Bären, an der Wand hing.
»Maggie Farmer«, kam er schließlich mit der Sprache heraus. »Wohnt die Straße runter. In dem blauen Haus bei ihren Eltern.«
Während wir die Straße hinunter zu dem blauen Haus stiefelten, wollte Phil von mir wissen, woher mein plötzliches Interesse für diesen Reporter stammte. Ich klärte ihn über das Gespräch auf, das ich mit Mr. High geführt hatte.
»Wusste nicht, dass wir jetzt auch für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig sind«, meinte Phil mit einem ironischem Unterton, »aber gut, vielleicht weiß dieser Journalist mehr als wir. Dürfte bei unserem bisherigen Kenntnisstand nicht allzu schwer sein.«
Wir kamen an dem Haus an, ich klopfte an die Tür. Eine junge Frau öffnete.
»Maggie Farmer?«, fragte ich.
Sie nickte.
Ich wollte meine Marke ziehen, doch sie trat schon zur Seite und bat uns hinein.
»Der Sheriff hat mich angerufen«, sagte sie. »Dieser Reporter wollte wirklich alles wissen. Wer von den beiden geredet hat und was sie gesagt haben. Ob sie richtig aggressiv waren oder cool und ob wir ...«
Während sie redete, folgten wir ihr ins Wohnzimmer, wo sie sich an einen Tisch setzte und wartete, bis wir uns ebenfalls Platz genommen hatten, dann redete sie weiter.
»Ob wir Gegenwehr geleistet haben. Was für Waffen sie hatten. Und so weiter und so weiter.«
»Und?«, fragte Phil. »Was haben Sie ihm erzählt?«
»Es ging alles rasend schnell«, sagte sie. »Die beiden stürmten in die Bank und bedrohten uns mit ihren Pistolen. Die Frau sprang über den Tresen und drückte mir den Lauf der Waffe gegen die Schläfe, während der Mann an der Tür Wache hielt.«
Phil nickte.
»Ich sollte den Tresor öffnen. Ich war allein in der Bank. Es war Mittagspause. Mister White, unser Bankdirektor, war beim Essen. Nur noch Walter, unser Wächter, war da. Walter ist eigentlich schon in Pension. Er war in seinem Sessel eingeschlafen, den wir ihm statt des harten Stuhls neben die Eingangstür gestellt haben. Er ist wach geworden, hat seine Waffe gezogen und ist aufgestanden. Der Mann hat ihm einfach die Waffe aus der Hand genommen und ihn in den Sessel zurückgedrückt. Ich habe den Tresor geöffnet, und die Frau hat alles Geld in einen grauen Beutel gepackt. Dann sind sie auch schon wieder verschwunden. Ich bin zum Fenster gerannt, um zu sehen, wohin sie fliehen, doch ich habe nur noch das Geräusch eines Wagens gehört, den sie in der Seitenstraße geparkt hatten. Sehen konnte ich nicht, was für ein Modell das war. Und dann habe ich den Sheriff gerufen. Das ist alles.«
»Also ein Mann und eine Frau«, wiederholte ich, während ich mir Notizen machte. »Und man konnte erkennen, dass es sich um junge Leute handelte?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Maggie Farmer. »Ich war viel zu aufgeregt. Die Frau war sportlich, das kann ich bezeugen. Wie alt sie waren, das ...«
»Aber der Reporter, der hat Ihnen erzählt, dass es junge Leute waren?«, fragte Phil. »Wann war er bei Ihnen?«
»Gestern«, sagte Maggie. »Gestern gleich am Morgen.«
»Hat er Ihnen seinen Namen genannt oder von welchem Sender oder welcher Zeitung er kommt?«, wollte ich wissen.
»Nein. Er sagte nur, dass er schon eine Weile hinter den beiden her ist. Seit dem zweiten Überfall, der vor ungefähr zwei Wochen war. Und dass er in seinem Job eben schneller sein muss als die anderen. Und er fragte mich, wer meiner Meinung nach von den beiden die Hosen anhat, wie er sich ausdrückte.«
»Und Sie haben es ihm erzählt?«, fragte ich.
Maggie Farmer nickte.
»Das Gleiche wie Ihnen. Mehr weiß ich ja auch nicht. Und er hat gelächelt und so was gesagt wie: ›Bonnie also, dachte ich es mir, diese jungen Leute.‹«
»Bonnie?«, hakte ich nach. »Er hat die Frau Bonnie genannt?«