Jerry Cotton 3508 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3508 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Kristen Steele war zufällig im Laden, als ein Juwelier von der berüchtigten Abraxas-Bande überfallen wurde, einer Frau und drei Männern, hinter denen das FBI seit Monaten her war. Kristen reagierte blitzschnell. Als ein Securitymann die Frau mit seiner Pistole bedrohte, schlug sie ihn kurzerhand nieder und folgte den Gangstern. Auf der Flucht strickte sie sich eine glaubwürdige Biografie zusammen. Erst viel später erfuhren wir, dass Kristen verzweifelt versuchte, uns über ihren Undercovereinsatz zu informieren. Ein Wettlauf gegen die Zeit begann ...

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Seitenzahl: 132

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Cover

Gefährliches Di‍a‍man‍ten‍fie‍ber

Vorschau

Impressum

Gefährliches Di‍a‍man‍ten‍fie‍ber

Die beiden Männer, die um 11:53 Uhr das Sapphire Sky in der William Street im Finanzdistrikt von New York betraten, trugen falsche Bärte und sprachen mit einem starken Akzent. Sie waren gleich groß, hatten das schwarze Haar links gescheitelt und braune Augen, sanft wie Katzenpfoten.

Dreieinhalb Minuten später klingelte es erneut. Der Security Guard musterte das junge Paar vor der Tür aufmerksam und ließ es eintreten.

Exakt achtunddreißig Sekunden später griff die Frau in ihre Umhängetasche, holte eine langläufige Ruger heraus und richtete sie auf den Juwelier, einen freundlichen, älteren Gentleman mit Stirnglatze und Hörgerät.

»Alle auf den Boden! Das ist ein Überfall!«

Kunden und Angestellte kamen der Aufforderung eilig nach.

Da trat der Securitymann hinter einem Pfeiler hervor und richtete seine Waffe auf die Frau. »Waffe fallen lassen, Lady! Sofort!«

Einige Sekunden lang starrte die junge Frau unschlüssig auf die Mündung der Browning. Bevor sie eine Entscheidung treffen konnte, kippte der Mann jäh zur Seite und schlug der Länge nach hin.

Die Person, die ihm die Beine weggeschlagen hatte, hatte schöne grüne Augen, halblanges braunes Haar und war Special Agent des Federal Bureau of Investigation.

Ihr Name war Kristen Steele.

Eine Weile herrschte Totenstille. Später bei der Zeugenvernehmung würde der Juwelier behaupten, die Stille hätte mehr als fünf Minuten gedauert. Dabei vergingen gerade einmal zwölf Sekunden, bis Kristen Steele den überrumpelten Sicherheitsmann mit einem gezielten Handkantenschlag in den Nacken außer Gefecht gesetzt und seine Waffe an sich genommen hatte.

Dann ging alles sehr schnell. Die beiden Männer mit den falschen Bärten zogen mit geübtem Griff zwei Vorschlaghämmer aus ihren Jacketts und schlugen systematisch die Vitrinen einn und warfen den Schmuck wahllos in einen Müllsack.

Die junge Frau konzentrierte sich auf die zahlreichen Schubladen, in denen ausnahmslos Luxusuhren aufbewahrt wurden, und kippte sie eine nach der anderen in ihre große Umhängetasche.

Ihr Begleiter hatte sich den Juwelier geschnappt und ließ sich im hinteren Teil des Ladens die Schmuckkästen und Tresore öffnen, in denen noch unbearbeitete Steine und Bargeld aufbewahrt wurden.

Nach knapp drei Minuten war alles vorbei. Der junge Mann hielt die Tür auf und winkte den anderen zu. »Los!«

Kristen hatte bis jetzt am Boden gekauert. Sie richtete sich langsam auf. Als die Frau mit der Umhängetasche voller Luxuschronometer an ihr vorbeilief, blieb sie vor Kristen stehen. Sie musterten sich mit abschätzenden Blicken.

Dann nickte die junge Frau ihr zu. »Komm mit!«

In der William Street herrschte um diese Zeit bereits der für diese Tageszeit typische Run auf die beliebtesten Delis und Coffeeshops des Viertels. Ausgehungerte Banker und von minütlich wechselnden Aktienkursen und den üblichen Turbulenzen des Effektenhandels aufgeriebene Kreditanalysten strebten in die einschlägig bekannten Lokale, wo Putensandwiches, Lachsbagels und Dill Pickels auf sie warteten.

Niemand nahm Notiz von den fünf Gestalten, die um kurz nach zwölf das Juweliergeschäft verließen. Die beiden Männer schwangen sich mit ihrem Müllsack auf einen Roller und brausten davon.

Der junge Mann öffnete die Heckklappe eines schwarzen Nissan Navara, warf seinen Beutel und die Umhängetasche seiner Partnerin hinein und sprang auf die Sitzbank in der Fahrerkabine.

Die ältere Frau am Steuer, die den Motor die ganze Zeit hatte laufen lassen, legte den ersten Gang ein.

Bevor sie losfuhr, nickte die junge Frau Kristen auffordernd zu und deutete auf die offene Heckklappe. »Los, steig ein!«

Mit einem Satz sprang Kristen auf die Ladefläche und zog die Tür hinter sich zu.

Dann verschwand auch die junge Frau in der Fahrerkabine, und der Nissan Navara raste die William Street hinauf.

Die Meldung aus Providence erreichte uns erst um 10:43 Uhr, obwohl der Überfall auf den dort ansässigen Juwelier bereits zwei Stunden früher verübt worden war. Das lag zum einen daran, dass man in Rhode Island noch keinerlei Erfahrung mit Abraxas hatte.

Diese hochprofessionelle und international bestens vernetzte Truppe schlug oft dreimal, manchmal sogar viermal an einem einzigen Tag zu.

Dabei machten sie es sich zunutze, dass die Strafverfolgung hierzulande in erster Linie in den jeweiligen Bundesstaaten organisiert wird. Sobald Bundesgrenzen überschritten werden, gestalten sich die Ermittlungen gleich um einiges komplizierter, weil die lokalen und kommunalen Behörden mit den Bundesbehörden kooperieren müssen, was längst nicht immer reibungslos funktioniert.

Zum anderen war der Überfall in Providence irgendwann aus dem Ruder gelaufen. Die Ladenbesitzerin und einige Kunden wurden mit Pfefferspray besprüht, und plötzlich schrie ein alter Mann: »Ich bin blind! Hilfe! Ich bin blind! Ein Arzt! Schnell!«

Passanten vor den Schaufenstern waren stehen geblieben und versuchten, den Laden zu betreten. Daraufhin brachen die Gangster ihr Vorhaben ab und flohen mit einer Handvoll Luxusuhren und Schmucksteinen.

Auch dann war zunächst ein Notarzt angefordert und der immer noch hysterisch brüllende Mann versorgt worden, bis jemand auf die Idee gekommen war, die Polizei zu verständigen.

All diese Verzögerungen führten dazu, dass es 11:20 Uhr wurde, bis unser IT-Spezialist Dr Ben Bruckner eine stabile Leitung zur Verfügung stellen konnte, auf der sich neben unserem Chef Mr High, meinem Partner Phil Decker und mir Steve Dillaggio, Zeerookah, Dr Iris McLane und Dionne Jackson und dazu Detective Sergeant Cole Tucker und Detective Lieutenant Rich sowie zwei Beamte des Department of Homeland Security zu einer eilig einberufenen Konferenz trafen.

»Ich danke Ihnen allen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, so schnell hier zusammenzukommen«, wandte sich John D. High an die Anwesenden.

Meine Kolleginnen und Kollegen und ich saßen am Besprechungstisch im Büro unseres Chefs, die anderen waren zugeschaltet und zeigten ihre angespannten Mienen auf unterschiedlichen Monitoren.

»Sie alle haben die Meldung aus Providence erhalten«, fuhr er fort. »Offenbar fand dort am Morgen, kurz nach Ladenöffnung, ein Überfall auf Paul's Pearl Paradise statt, ein bekanntes Juwelengeschäft in unmittelbarer Nachbarschaft der Brown University. Die Beute war zum Glück geringfügig, da es einen medizinischen Zwischenfall gab und die Gangster den Überfall unplanmäßig abbrechen mussten.«

»Kann der alte Mann denn wieder sehen?«, wollte Dionne wissen.

»Vielleicht sogar besser als vorher.« Über das Gesicht von Mr High ging ein feines, kaum wahrnehmbares Lächeln. »Der Notarzt hat seine Augen mit gewöhnlichem Wasser ausgewaschen. Mehr war nicht nötig.« Dann wurde er schnell wieder ernst. »Wenn wir den bisherigen Zeugenaussagen trauen dürfen, handelt es sich bei den verhinderten Räubern wieder um die Leute der sogenannten Abraxas-Truppe.«

Ich nickte. Das waren vier Täter, drei Männer und eine Frau.

»Die Anwesenden wurden aufgefordert, sich auf den Boden zu legen, gesprochen hat nur die Frau. Anschließend Flucht mit einem Roller und einem Kastenwagen, an dessen Steuer eine Frau mit laufendem Motor wartete.«

Steve nickte. Er hatte einen Block mit Notizen vor sich liegen. »Der gleiche Ablauf wie letztes Jahr in Detroit, Toledo und Fort Wayne. Und im April in Milwaukee, Chicago, South Bend und Jackson.«

»Ganz genau, Steve«, bestätigte Mr High, »wobei die ersten drei und dann die vier Überfälle an einem einzigen Tag verübt wurden, und zwar jeweils in einem anderen Bundesstaat.«

»Vermutlich um die Strafverfolgung zu erschweren«, sagte Phil.

»Das ist bisher nur eine Hypothese«, gab Mr High zu bedenken, »aber die Logik dahinter leuchtet ein.«

»Vorausgesetzt, die Hypothese stimmt und wir haben es tatsächlich wieder mit Abraxas zu tun«, überlegte ich laut, »dann müssten wir im Lauf des Tages mit weiteren Überfällen in Massachusetts, New Hampshire und Vermont rechnen.«

»Oder in Connecticut und New York«, sagte Dionne, »vielleicht sogar in New Jersey.«

»Wir sollten umgehend die JSA informieren«, schlug Zeerookah vor, »und ihnen diese Bundesstaaten nennen, damit sie ihre dortigen Mitgliedsfirmen entsprechend warnen können.«

»Übernehmen Sie das?«, wandte sich Mr High an Zeerookah, der zustimmend nickte.

Dionne beugte sich zu mir. »Was bedeutet JSA?«

»Das ist die Jeweler's Security Alliance«, antwortete ich, »ein Zusammenschluss von Goldschmieden und Juwelieren, um durch gegenseitige Informationen und gegebenenfalls Warnungen die Sicherheit der eigenen Geschäfte zu erhöhen.«

Mr High blickte in die Runde. »Noch irgendwelche Vorschläge oder Anregungen?«

Detective Sergeant Tucker meldete sich zu Wort. »Ich denke, die Einschaltung der JSA ist das Beste, was wir zu diesem frühen Zeitpunkt tun können. Im Übrigen halten wir unsere Kräfte in Bereitschaft, um sofort reagieren zu können, sollte uns ein weiterer Überfall gemeldet werden.«

Das geschah genau in diesem Augenblick. Helen erschien in der Tür und hatte die Miene aufgesetzt, die nie etwas Gutes erwarten ließ.

»Überfall auf das Sapphire Sky in der William Street! Abraxas hat wieder zugeschlagen!«

Der Nissan Navara jagte mit Höchstgeschwindigkeit durch den New Yorker Straßenverkehr. Kristen lag bäuchlings auf der Ladefläche und wurde erbarmungslos hin und her geschleudert. Sie hatte die Arme um den Kopf gelegt, um sich vor größeren Verletzungen zu schützen. Mehr als einmal schlug sie mit dem Hinterkopf so heftig gegen die Seitenwand des Pick-ups, dass ihr schwindelig wurde.

Was genau war da gerade eigentlich passiert? Hatte sie wirklich dem Wachmann die Beine weggeschlagen, als er den brutalen Überfall auf das Juweliergeschäft hatte beenden wollen? Hatte sie den Verstand verloren? Wusste sie plötzlich nicht mehr, auf welcher Seite des Gesetzes sie stand?

Wenn ihre Kollegen sie auf dem Video der Überwachungskamera erkennen würden, wäre ihre Karriere beim FBI beendet, bevor sie richtig Fahrt aufnehmen konnte.

Das Tempo blieb unvermindert hoch, aber die Fahrweise war jetzt deutlich ruhiger. Offensichtlich hatten sie eine der größeren Tangenten erreicht und mussten nicht mehr so häufig die Richtung wechseln.

Es konnte der FDR Drive sein, nach der Logik von Abraxas war es eher die West Street, mit dem Ziel, über den Holland Tunnel New Jersey zu erreichen und dort einen weiteren Juwelier zu überfallen.

Seit Monaten waren sie dieser Gang auf der Spur, bisher ohne nennenswerten Ermittlungsfortschritt. Das lag daran, dass sie es mit abgebrühten Profis zu tun hatten, die ihre Beute augenblicklich in einem weit verzweigten und international bestens vernetzten Verteilungssystem verschwinden ließen, sodass der gestohlene Schmuck und die erbeuteten Luxusuhren in der Regel nicht mehr auftauchten.

Das erschwerte die Ermittlungen zusätzlich.

Vorsichtig setzte sie sich aufrecht hin. Auf der linken Seite konnte sie durch die getönten Scheiben den Hudson River erkennen. Ihre Vermutung war also richtig gewesen. Sie waren in nördlicher Richtung auf der West Street unterwegs.

Als Kristen in ihre Jacke fasste, blieb ihr kurz das Herz stehen. Das Handy war weg! Während sie im Juwelierladen auf dem Boden gelegen hatte, hatte sie es heimlich aus der Innentasche gezogen, war allerdings nicht dazu gekommen, eine Nachricht an ihre Kollegen abzusetzen. Sie konnte es gerade noch rechtzeitig in die Außentasche schieben, doch beim Spurt über die William Street musste es herausgefallen sein.

Sie war also auf sich allein gestellt. Das machte ihr keine Angst. In Afghanistan hatte sie schlimmere Situationen überlebt. Es wäre nur toll gewesen, wenn sie die Bande schon heute hinter Schloss und Riegel gebracht hätten.

Als sie die Meldung am Vormittag auf X, vormals Twitter, gelesen hatte, hatte sie daran noch nicht im Traum gedacht. Überfall auf Juwelier in Providence, Rhode Island.

Da war nicht mal sicher gewesen, dass es sich um Abraxas handelte.

Und sie hatte sich auch nichts dabei gedacht, als sie zwei Stunden später das Sapphire Sky im Bankenviertel betreten hatte, um einen Ring reparieren zu lassen. Den Ring hatte ihr ihre damalige Freundin Shona Wright einmal geschenkt, beim Aufräumen war er ihr zufällig in die Hände gefallen.

Der hübsche Opal war herausgebrochen, sie wollte ihn ersetzen lassen. Den mitleidigen Blick des Angestellten ignorierte sie standhaft. Ihr war durchaus bewusst, dass dort in der Regel deutlich wertvollerer Schmuck gehandelt wurde als ein einfacher Silberring mit einem eingefassten Opal.

Doch mit dem Ring waren für sie schöne Erinnerungen verbunden. Außerdem lag der Juwelier auf dem Weg, denn sie war an ihrem freien Tag mit einer Freundin im Radisson verabredet. Das Hotel war nur wenige Blocks entfernt.

Als die Anwesenden dann aufgefordert wurden, sich auf den Boden zu legen, erkannte Kristen das Muster sofort. Abraxas überfiel immer mehrere Juweliere an einem Tag.

Und im selben Moment hatte sie sich entschieden, dass sie diesen außergewöhnlichen Zufall nutzen wollte – und hatte dem Securitymitarbeiter kurzerhand die Beine weggeschlagen.

Bei allem, was jetzt auf sie zukam, würde sie improvisieren müssen.

Damit hatte sie kein Problem.

Ganz im Gegenteil, sie liebte solche Herausforderungen.

Im nächsten Moment tauchte der Nissan Navara ein in den Holland Tunnel.

Das Bankenviertel von New York hat seinen eigenen Charme. Das fällt besonders auf, wenn man vom benachbarten Chinatown kommt. Der Kontrast zwischen dem bunten, pulsierenden Chinesenviertel zu den grauen Schluchten mit den ehrfurchteinflößenden Fassaden der mächtigen Geldinstitute könnte kaum größer sein.

Ich hatte Dionne Jackson mitgenommen, um mir vor Ort ein Bild vom Überfall der Abraxas-Bande auf das Sapphire Sky zu machen. Es war früher Nachmittag, als wir den Finanzdistrikt erreichten.

»Warum nennt sich die Gang eigentlich Abraxas?«, wollte Dionne wissen. »Hat das irgendwas mit dem berühmten Album von Carlos Santana zu tun?«

Ich musste schmunzeln. »Könnte man meinen. Ist aber nicht so. Den Namen hat unser geschätzter Kollege Zeerookah der Truppe gegeben.«

»Dann ist es ein magisches Wort. Zeery hat doch indianische Wurzeln, oder?«

»Stimmt. Zeery gehört zum Stamm der Cherokee.«

»Ich habe mal gelesen, dass Abraxas ein Zauberwort ist, das von Medizinmännern bei magischen Ritualen verwendet wird.«

Jetzt musste ich lachen. Unsere neue Kollegin kannte sich offenbar auf vielen Gebieten gut aus. Diesmal lag sie allerdings daneben. »Es ist viel einfacher. Es ist schlicht und einfach eine Abkürzung.«

Inzwischen hatten wir die William Street erreicht, und kurze Zeit später sahen wir die kreiselnden Warnlichter der Einsatzfahrzeuge des NYPD.

»Der Kopf der Bande ist Abigail Marsh, ehemalige Wrestlerin, bis sie Anthony Rafelson kennenlernte. Durch ihn geriet sie an Drogen und auf die schiefe Bahn, saß drei Jahre auf Rikers Island ab und spezialisierte sich dann auf Juwelenraub im großen Stil. Von ihr kommen die ersten beiden Buchstaben A und B.« Ich lenkte den Jaguar an den Straßenrand und stellte den Motor ab. »Ihre Mutter Rahel ist ebenfalls mit von der Partie. Von ihr kommen R und A. Hinten das A und S stammen von ihrem Ex Anthony sowie von Stoyan Todorov, einem Sohn bulgarischer Einwanderer, der in seiner Jugend mal an einer Schach-Olympiade teilgenommen hat, bevor er sich anschließend für eine kriminelle Karriere entschied.«

»Und wofür steht das X?«

»Das ist die Eine-Million-Dollar-Frage«, gab ich zu. »Wir haben an den bisherigen Tatorten die DNA der vier genannten Personen sicherstellen können. Aber an den Überfällen waren immer fünf Leute beteiligt. Das X steht für unseren Mister X, den großen Unbekannten.«

Hätte der Überfall in Chinatown stattgefunden oder in der Bronx, hätten wir uns erst durch die Menge der Schaulustigen zum Tatort durchkämpfen müssen. Hier im Bankenviertel interessierte sich gerade mal eine Handvoll Passanten dafür, was gerade bei Sapphire Sky passiert war.

Keine Zeit. Time is money. Das wusste man in dieser Gegend besser als irgendwo sonst.

Detective Sergeant Wimmer leitete die Ermittlungen. Er begrüßte mich wie einen alten Bekannten. Vor einem Jahr hatten wir schon einmal bei einem ähnlichen Einsatz in Lower Manhattan zusammengearbeitet.

Wimmer war einer der wenigen Leute beim NYPD, die keinerlei Berührungsängste mit dem FBI hatten. Damit unterschied er sich von vielen Kollegen, die sich bei der Zusammenarbeit mit der Bundesbehörde in Kompetenzstreitigkeiten und Hierarchiediskussionen aufrieben.

»Hi, Jerry, schön Sie zu sehen«, sagte er und kam breit lächelnd auf mich zu. »Sieht ganz danach aus, als hätten wir es mit derselben Truppe zu tun wie letztes Jahr.«

»Dann wird es höchste Zeit, dass wir den Leuten das Handwerk legen.«

Er musterte Dionne mit einem langen, wohlwollenden Blick. »Wie ich sehe, hat das Büro personell aufgerüstet.«

»Dionne Jackson, eine neue Kollegin«, stellte ich vor. »Bruce Wimmer, Detective Sergeant und gute Seele von Tribeca bis Seaport.«

»Sehr angenehm.« Er nickte Dionne zu.

»Gleichfalls«, erwiderte sie lächelnd.

Ich warf einen Blick in den Geschäftsraum. »Was haben wir bisher?«

»Das gleiche Ablaufmuster wie letztes Jahr«, berichtete der Detective Sergeant. »Zwei Männer kommen rein, unauffällig, lassen sich hochpreisige Uhren zeigen, kurz darauf betritt ein junges Paar den Laden.«

Ich nickte. »Abigail Marsh und Anthony Rafelson.«

»Höchstwahrscheinlich. Endgültigen Aufschluss werden die Aufnahmen der Überwachungskamera geben.«

»Wie viele Leute befanden sich zu dem Zeitpunkt außerdem im Laden?«, erkundigte ich mich.

»Drei. Und der Inhaber. Die Security hat die Auflage, nie mehr als sieben Kunden in die Geschäftsräume zu lassen.«

»Okay. Weiter.«