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Es sah nach einem Routinetreffen aus, als ein ehemaliger FBI-Kollege mir Informationen zu einem unserer Fälle geben wollte. Plötzlich zog der Mann eine Waffe. Ich hatte keine andere Wahl, als zu schießen. Er starb, und ich konnte mir nicht erklären, warum er mich hatte töten wollen. Kurz darauf entdeckten Phil und ich in seiner Wohnung Beweise, die mich mit verschiedenen kriminellen Aktivitäten in Verbindung brachten. Und so tragisch und gleichzeitig lächerlich mir diese Geschichte erschien, sie kostete mich meinen Job und beinahe auch mein Leben!
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Seitenzahl: 134
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Suspendiert
Vorschau
Impressum
Suspendiert
Es war Nacht, und dünner Regen legte einen Schleier über alles, was das spärliche Licht der Laternen aus der Dunkelheit hob, als sich eine Gestalt aus den Schatten der Hafencontainer löste.
Es war Joseph Usher. Ich hatte ihn ewig nicht gesehen, erkannte ihn aber sofort wieder.
Gestern hatte er mich angerufen und mir erklärt, dass er Informationen über einen Fall habe, den wir gerade bearbeiteten. Dementsprechend gespannt war ich, was er mir zu sagen hatte.
Ich ging auf ihn zu und hob die Hand, um ihn zu begrüßen.
Eine schnelle Bewegung meines ehemaligen Kollegen ließ mich zusammenzucken. Usher griff unter seinen Regenmantel. Noch bevor ich realisierte, dass es eine Waffe war, die er zog, hatte ich meine Glock in der Hand. Und als der Lauf seiner Waffe für einen Moment im Licht der Laternen aufblitzte, hatte ich auch schon geschossen.
»Ich kann es mir auch nicht erklären«, sagte ich zu Phil, nachdem die Kollegen den Reißverschluss des Leichensacks über dem Gesicht des Toten zugezogen und ihn abtransportiert hatten. Es regnete immer noch Bindfäden, aber über den stählernen Wänden aus Containern wurde es langsam heller. »Ich habe dem Mann nie etwas getan. Wir haben kein einziges Wort miteinander geredet. Er hat sofort, als er mich sah, die Waffe gezogen.«
»Muss wohl mit unserem aktuellen Fall zu tun haben«, sagte Phil.
Ich zuckte mit den Schultern und sah dem Leichenwagen hinterher, der gerade um die Ecke verschwand.
»Er sagte nicht, dass es um den Mord an William Davis geht, nur dass er etwas über einen der Fälle, die wir gerade bearbeiten, wisse. Plural. Also kann er das nur gesagt haben, um mich in eine Falle zu locken, unabhängig von unserem aktuellen Fall.«
»Gab es irgendetwas in eurer gemeinsamen Vergangenheit, was ihm Anlass dazu gegeben hätte, dich zu töten?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich kannte ihn nur flüchtig. Nach unserer gemeinsamen Ausbildung in Quantico verbrachte er seine ersten Dienstjahre in New York, allerdings nicht in derselben Abteilung wie ich. Irgendwann wechselte er nach Chicago. Vor ein paar Jahren verließ er das FBI. Er stand nicht in dem Ruf, ein Ehrenmann zu sein. Schon damals in Quantico nicht, aber das hier ... Ich kann es mir nicht erklären.«
Ich zog die Brieftasche des Toten, die ich an mich genommen hatte, aus meiner Tasche und durchsuchte sie nach etwas Brauchbarem.
Ein längst abgelaufener Bibliotheksausweis mit einer Adresse in Dallas, wo Usher aufgewachsen war, wie ich wusste. Zwei Fotos, die Usher mit seinen Eltern zeigten. Eines war im Winter aufgenommen worden. Im Zoo hatte sich die Familie fröhlich vor dem Bärengehege fotografieren lassen. Das zweite zeigte Usher und seine Eltern vor einem Haus, das an der Hausnummer als diejenige Adresse zu erkennen war, die in dem Bibliotheksausweis stand. Ein paar Dollars. Ein Führerschein mit Adresse in New York.
»Jetzt wissen wir, wo wir ansetzen können«, sagte ich und wedelte mit dem Führerschein. »Queens, 175th Street, Nummer 79.«
Die Nummer 79 in der 175th Street in Queens war ein schmales zweistöckiges Haus mit einer Garage und einem vernachlässigtem Vorgarten. Wir parkten unseren Wagen am Straßenrand und gingen zur Eingangstür, wo ein wackeliger Briefkasten mit Ushers Namen hing.
Der Briefkasten war leer. Ich klingelte, doch es schien niemand im Haus zu sein. Ich knackte das Schloss in weniger als zehn Sekunden.
Die Einrichtung legte den Schluss nahe, dass Usher Single gewesen war. Nirgends Blumen oder Topfpflanzen. Keine Bilder auf dem Kaminsims. Keine Frauenkleidung in den Schränken. Das Wohnzimmer wurde von einem riesigen Fernseher dominiert, auf einem Beistelltisch neben dem Fernsehsessel standen ein halbes Dutzend leerer, zerdrückter Bierdosen.
Wir durchsuchten Schubladen, Schränke und ein paar Koffer, die im Schlafzimmer auf einem Schrank lagen, fanden aber nichts, was auf illegale Aktivitäten hingedeutet hätte.
Ich wollte gerade die Kellertreppe hinuntersteigen, um sicher zu sein, dass wir nichts verpassten, als Phil mich zurück ins Wohnzimmer rief.
»Hier ist vielleicht etwas«, sagte er und zeigte mir einen USB-Stick, den er aus einer kleinen Schachtel nahm. »Steckte in der Ritze des Fernsehsessels.«
Ich nahm auf einem Stuhl Platz, nickte Richtung Fernseher, und Phil fand sofort einen Port, in den er den Stick steckte. Ich betätigte die Fernbedienung und aktivierte den Stick.
Was wir sahen, verschlug uns die Sprache.
Es waren zwei leicht verwackelte Filme, nicht mehr als Schnipsel, in denen Usher zu sehen war, hier in seinem Wohnzimmer, wie er sich mit einer männlichen Person unterhielt.
Und diese Person war eindeutig ich!
Ich saß auf demselben Stuhl, auf dem ich nun saß. Usher hockte in seinem Fernsehsessel, und wir unterhielten uns über das letzte Spiel der Yankees. Das Spiel hatte mit einem Sieg der Tigers geendet, und ich machte ein paar enttäuschte Bemerkungen. Das Filmchen brach ab, sofort startete das zweite.
Jetzt stand ich hinter dem Stuhl, mit beiden Händen auf die Rückenlehne gestützt und Usher stand mit verschränkten Armen neben seinem Sessel. Der Fernseher lief. Ein Nachrichtensprecher verlas die Wetternachrichten und ich erklärte Usher gerade, dass wir so nicht weiter machen könnten. Die ganze Sache würde mir zu heiß. Ich würde aussteigen, und zwar sofort. Er solle mir mein restliches Geld geben und das wäre es dann. Unsere Wege würden sich wieder trennen und ich wollte in Zukunft nichts mehr mit ihm zu tun haben.
Das Filmchen brach ab, ohne dass zu erfahren war, worum es genau ging, und danach war nur noch weißes Rauschen auf dem Bildschirm zu sehen.
Phil und ich schauten uns entsetzt an.
»Das ist ...«, stammelte ich, brach jedoch ab, weil ich im Moment wirklich nicht zu sagen wusste, was mir gerade durch den Kopf ging. Am ehesten war es noch mit dem weißen Rauschen zu vergleichen, das auf dem Fernseher zu sehen war. Absolute Leere. Ein Durcheinander an aufsteigenden Vermutungen, Bildern, Verneinungen und Ratlosigkeit, die wie zersplittertes Glas mein Hirn durchfluteten.
»Das muss eine Fälschung sein«, kam Phil als Erster auf die naheliegendste Idee.
»Aber wie ...?«, fasste ich mich langsam. »Und warum ...?«
Phil stand auf, ging zum Fernseher, zog den Stick aus dem Port und hielt ihn mir entgegen, als wolle er ihn mir schenken.
»Die wichtigste Frage ist zuerst einmal, was wir jetzt damit machen«, sagte er. »Man hat dir eine Falle gestellt, das ist klar. Wer und warum, das müssen und werden wir klären, doch jetzt müssen wir erst einmal darüber nachdenken, wie wir hiermit umgehen.«
Ich stand auf, nahm ihm den Stick aus der Hand und sah das Ding an, als könne es sprechen und wolle nur nicht. Und wir mussten es zwingen.
»Wir müssen es Ben Bruckner geben«, sagte Phil. »Er soll herausfinden, wie die das gemacht haben. Es ist ein Produkt von KI, das ist klar. Ich hab ja schon so einiges an Unsinn gesehen, was man damit alles anstellen kann, nur so echt, das ist schon ...«
»Erschreckend«, nahm ich meinem Partner das Wort aus dem Mund. »Aber ich denke, wir sollten es zuerst Mr High zeigen. Ich will nicht, dass der Verdacht aufkommt, dass Ben, nur um mir zu helfen, daran herumgespielt hat.«
Wir berichteten Mr High, was sich letzte Nacht zugetragen hatte. Er sah sich die Videoschnipsel und schwieg eine Weile.
»Ich muss das sofort dem Kollegen von den internen Ermittlungen zeigen«, sagte er schließlich.
Ich nickte. Es war noch kein Wort darüber gefallen, wie er die beiden kurzen Videos bewertete, ich hatte jedoch keine Sekunde das Gefühl, dass er auch nur daran dachte, dass sie echt sein könnten.
Ich sah unserem Chef die Bedrückung an, die ihn beschlich, und ahnte wohl wie er auch, dass das keine leichte Sache werden würde. Ein Mensch war durch mich ums Leben gekommen, und wir hatten keinerlei Erklärung, warum er mich angegriffen hatte. Natürlich gab es immer, wenn so etwas passierte, auch intern Fragen zu klären, doch in den meisten Fällen war das Routine, die nur bestätigte, was tatsächlich vorgefallen war.
Hier würde es wohl komplizierter werden.
»Am besten, Sie warten in Ihrem Büro, bis ich mit dem Kollegen geredet habe«, sagte Mr High. »Aiden Kennedy ist seit einiger Zeit verantwortlich für interne Ermittlungen. Ich hatte bisher nur flüchtig Kontakt mit ihm. Er gilt als eitel, dafür gründlich und hat eine steile Karriere hinter sich. Vom einfachen Agent zum Leiter der internen Ermittlungen in knapp zehn Jahren. Sobald ich mit ihm gesprochen habe, werde ich Sie rufen.«
Ich konnte nur wieder nicken und stand auf. Phil folgte meinem Beispiel. Mr High erhob sich ebenfalls auf und reichte mir die Hand über den Tisch. Ich ergriff sie, und er hielt sie für eine Sekunde länger, als er es üblicherweise tat.
»Das wird schon«, sagte er mit einem Lächeln.
Dann verließen wir sein Büro, während er zum Telefonhörer griff.
»Das war unangenehm«, meinte Phil, als wir unsere Bürotür hinter uns schlossen. »Was denkst du, wie lange wird die Sache dauern?«
Ich ließ mich auf meinen Bürostuhl fallen. »Ein paar Stunden? Ein paar Tage? Keine Ahnung, in welche Richtung die Kollegen arbeiten werden. Selbst wenn sich herausstellt, dass die Videos Fakes sind, werden sie erst einmal versuchen herauszubekommen, was da im Hintergrund abläuft und warum man mir diese Falle gestellt hat.«
»Was können wir in der Zwischenzeit tun?«, wollte Phil wissen und ging unruhig auf und ab.
»Warten«, sagte ich und legte demonstrativ die Füße auf meinen Schreibtisch.
»Wir hätten eine Kopie von den Schnipseln machen und sie Ben zur Untersuchung geben sollen«, meinte Phil. »Dann wüssten wir bald mehr.«
»Man würde es uns nur als Einmischung auslegen«, erwiderte ich. »Du weißt doch, wie die Kollegen arbeiten. Misstrauen ist ihr oberstes Gebot. Und damit liegen sie in ihrem Job ja auch richtig.«
Die Zeit verging, nichts tat sich. Kein Anruf von Mr High oder den Kollegen der Internen. Und auch sonst war es ungewöhnlich still in unserem Büro. Kein Kollege kam herein, der etwas von uns wollte. Das Telefon blieb verdächtig stumm, und mehrmals nahm Phil den Telefonhörer ab, um zu hören, ob die Leitung noch funktionierte. Sie tat es.
Nach ungefähr drei Stunden landete der Bericht der Gerichtsmedizin über den Toten auf unserem Computer, zusammen mit dem Bericht des Ballistikers. Der Gerichtsmediziner hatte lediglich festgestellt, was wir schon wussten. Die tödliche Kugel stammte aus meiner Waffe. Sie hatte Ushers Herz getroffen und ihn auf der Stelle getötet. Ushers Waffe war geladen und entsichert gewesen.
»Wenigstens etwas«, murmelte Phil und sah aus dem Fenster.
Ich stand auf und streckte mich. Langsam bekam ich Hunger. Warten hin oder her, ich musste etwas essen.
»Wollen wir nicht etwas vom Inder oder vom Chinesen ...?«, Ich wurde durch das Klingeln meines Telefons unterbrochen.
Es war Mr High.
»Bitte kommen Sie in mein Büro. Allein, Jerry.«
Keine drei Minuten später saß ich im Büro des Chefs Aiden Kennedy, dem Leiter der internen Ermittlungen, gegenüber. Er war Mitte vierzig, von drahtiger Gestalt, hatte angegraute, lockige Haare und trug über der Oberlippe einen Strich von einem Bart, der seinem Gesicht ein strenges Aussehen verlieh.
»Agent Cotton«, eröffnete Kennedy das Gespräch, nachdem wir uns begrüßt und gesetzt hatten. »Ich muss Ihnen mitteilen, dass Sie bis auf Weiteres vom Dienst suspendiert sind. Es besteht der dringende Verdacht, dass Sie ...«
»Diese Videos sind Fälschungen«, unterbrach ich ihn vollkommen überrascht. »Da hat mir jemand ...«
»Würden Sie mich bitte ausreden lassen? Ich habe Ihnen eine Mitteilung zu machen. Wir sind nicht hier, um das zu diskutieren. Tatsächlich gibt es seit einigen Monaten Gerüchte, dass es in Ihrem Field Office korrupte Beamte gibt.«
Mr High saß in seinem Sessel, die Lippen zusammengekniffen, und blickte mich eindringlich an.
»Wir werden das klären, Jerry, das verspreche ich Ihnen«, sagte er mit fester Stimme. »Bitte hören Sie einfach weiter zu.«
Ich wandte mich wieder Kennedy zu, der Mr High zunickte und fortfuhr. »Wir haben die Videos einem Schnellcheck unterzogen, und unsere Spezialisten sind der Meinung, dass sie echt sind. Wir werden jetzt also ...«
Jetzt unterbrach Mr High Kennedy.
»Der Kollege hat es gegen meinen ausdrücklichen Wunsch, wie ich betonen muss, abgelehnt, dass sich Doktor Ben Bruckner, der Spezialist unserer Abteilung, die Videos ansieht«, führte er mir gegenüber aus. »Ich habe darüber eine Aktennotiz angefertigt.«
Ich sah meinem Chef an, dass er kurz davor war zu explodieren. Ich wusste, dass er desto förmlicher wurde, je wütender er war, was ich immer bewundert hatte. Er hatte sich voll im Griff, während Kennedy nervös wurde.
»Äh, ja, das ist Ihr gutes Recht. Sehen wir, wohin das führt.« Dann sah er mich scharf an. »Wir haben bei Ihnen eine Hausdurchsuchung durchgeführt und sind fündig geworden.«
Ich hob die Brauen.
»Wir haben mehrere nicht registrierte Waffen und eine größere Summe Bargeld bei Ihnen entdeckt«, fuhr Kennedy fort. »Soweit wir bisher feststellen können, stammen das Geld und eine der Waffen aus einem Banküberfall, der letzten Monat in Brooklyn verübt wurde. Aufgrund dieser Tatsachen sind Sie bis auf Weiteres vom Dienst suspendiert und ...«
Ich hörte nicht mehr zu. Kennedys Stimme schwappte wie kaltes Wasser in mein Hirn, gefror alles zu Eis und tötete meinen Verstand. Ich hatte nur noch Kennedys Gesicht vor mir, die Augen auf mich gerichtet, und das Gesicht von Mr High, sorgenvoll die Stirn gerunzelt.
»... aufgrund der Intervention Ihres Vorgesetzten, wie ich betonen muss«, beendete Kennedy seine Rede.
»Könnten Sie das Letzte bitte wiederholen?«, fragte ich. »Ich war einen Moment lang abgelenkt.«
»Ich sagte ...«, erhob Kennedy seine Stimme und wurde von Mr High abermals unterbrochen.
»Sie sind vom Dienst suspendiert, Jerry«, sagte er. »Die Verdachtsmomente sind tatsächlich schwerwiegend, auch wenn ich persönlich nicht daran glaube, dass Sie mit alldem etwas zu tun haben.«
»Danke, Sir.«
»Zunächst wird die Abteilung für interne Ermittlungen den Fall übernehmen, bis es neue Erkenntnisse gibt. Ich habe Mister Kennedy gebeten, davon abzusehen, Sie zu verhaften, was nach den Vorwürfen und Beweisen, die gegen Sie vorliegen, durchaus im Rahmen des Vertretbaren gewesen wäre.«
Ich nickte.
»Stattdessen werden Sie eine Fußfessel tragen, die es Ihnen erlaubt, sich in einem Umkreis einer halben Meile rund um Ihren Wohnort herum zu bewegen. Ich möchte ausdrücklich betonen, wie dankbar ich Mister Kennedy für sein Entgegenkommen in dieser Angelegenheit bin.«
Kennedy entspannte sich sichtlich, warf Mr High ein bestätigendes Kopfnicken zu und wandte sich mir zu.
»Das ist im Moment alles, Agent Cotton«, sagte er. »Wir werden zu gegebener Zeit auf Sie zukommen.«
Auf den ersten Blick hätte ich tatsächlich nicht bemerkt, dass während meiner Abwesenheit jemand in meiner Wohnung gewesen war. Das Schloss der Eingangstür war heil, alles lag an seinem Platz, nur an ein paar Stellen in meinem Schlafzimmerschrank klebte noch Puder, wo man Fingerabdrücke genommen hatte.
Gleich nachdem die Kollegen von der Internen mir die Fußfessel verpasst und mich zu Hause abgesetzt hatten, hatte ich mit unserem Doorman geredet, der unten in seiner gläsernen Kabine Wache hielt.
Er entschuldigte sich dafür, dass er die Kollegen von der Internen in mein Apartment gelassen hatte. Ich erklärte ihm, dass er richtig gehandelt hatte, und fragte, ob er noch jemandem in den Tagen vorher Zutritt zu meinem Apartment verschafft hatte. Er verneinte.
Auf die Frage, ob es vielleicht ein Kollege aus einer anderen Schicht gewesen sein könnte, schaute er in einer Datei auf seinem Computer nach, wo alle besonderen Vorkommnisse verzeichnet wurden. Er schüttelte den Kopf und sagte, dass einer der Kollegen seit vorgestern nicht mehr zum Dienst erschienen war. Ohne Begründung und ohne dass er bis jetzt auf Anrufe der Vermittlungsagentur geantwortet hätte.
Ich ahnte, worauf das hinauslaufen würde, hatte mich bedankt und war in meine Wohnung zurückgekehrt.
Offensichtlich hatte jemand den Kollegen bestochen, er hatte im Gegenzug Zutritt zu meinem Apartment gewährt und war danach untergetaucht.
Es hatte keinen Zweck, sich darüber Gedanken zu machen, wie genau und wo genau diese Verbrecher die Waffen und das Bargeld versteckt hatten. Außerdem war es mir ausdrücklich verboten, zu einem meiner Kollegen, die mir hätten weiter helfen können, Kontakt aufzunehmen.
Man hatte mir mein Diensthandy, meinen Ausweis und meine Dienstwaffe abgenommen, und ich war mir ziemlich sicher, dass auch mein Telefon abgehört wurde. Ohne meine Vernetzung mit Kollegen und Ermittlungstechnik war ich wie ein Fisch auf dem Trockenen, dazu verurteilt, hilflos nach Luft zu schnappen.