Jerry Cotton 3525 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3525 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Die Morde an zwei jungen Frauen innerhalb kürzester Zeit versetzten das FBI in Alarmbereitschaft. Sie verschwanden zunächst spurlos, fünf Tage später wurden ihre Leichen gefunden. Dass beide erdrosselt worden waren, deutete darauf hin, dass sie demselben Täter zum Opfer fielen. Erste Hinweise ließen vermuten, dass sie in das Auto eines Fremden gestiegen waren. War hier ein Serienmörder am Werk? Die Suche nach ihm blieb tagelang erfolglos. Und dann wurde eine dritte Frau vermisst ...

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Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Jagd auf den Kojoten

Vorschau

Impressum

Jagd auf den Kojoten

Ein Leichenwagen! Das war Loreens erster Gedanke, als der Wagen neben ihr am Straßenrand hielt. Ein Cadillac, dunkel, lang und wie aus einer anderen Zeit. Vorsichtig trat sie näher, während die Scheibe des Beifahrerfensters summend nach unten fuhr.

»Wohin?«, fragte eine dunkle männliche Stimme aus den Schatten hinter dem Lenkrad.

»Boston. Oder so weit Sie eben fahren.«

Der Fahrer gab keine Antwort. Nur das Klicken der Zentralverriegelung war zu hören.

Lächelnd zog Loreen die Tür auf, warf ihren Rucksack auf die Rückbank, setzte sich und schnallte sich an.

»Hi, ich bin Loreen.«

»Matt.«

»Freut mich!«

Sie nutzte den kurzen Moment, in dem die Innenbeleuchtung brannte, um ihren Gönner zu mustern. Der Mann war dünn, sehr dünn, fast hager. Seine Wangen waren eingefallen, und dunkle Schatten füllten sie aus, wie das Wasser eines tiefen Bergsees. Außerdem hatte er ein spitz zulaufendes Kinn und eine Frisur, die an den jungen Elvis Presley erinnerte. Offenbar stammte nicht nur der Wagen, sondern auch sein Fahrer aus einer anderen Zeit.

Sie schlug die Tür zu, und das Gesicht verschwand wieder in der Dunkelheit, die nur noch von der Armaturenbeleuchtung erfüllt war. Dann fuhr der Wagen an.

Loreen lehnte sich zurück und beobachtete, wie das graue Band der Straße erst von den Scheinwerfern aus der Finsternis gerissen und dann von der breiten Kühlerhaube verschluckt wurde. Fahrten bei Nacht hatten immer etwas Meditatives.

»Sie haben mir noch nicht gesagt, wohin Sie eigentlich fahren«, sagte sie beiläufig, um den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen.

Die Antwort fiel erneut knapp aus. »Boston.«

Ja, wirklich?

»Was für ein Zufall!« Jetzt erst bemerkte sie die Figur, die vom Rückspiegel hing und immer wieder in ihr Blickfeld hüpfte. Der Kojote aus der bekannten Zeichentrickserie. Ihr Dad hatte diese Filme geliebt.

Loreen wartete noch einen Augenblick darauf, dass Matt von sich aus den Faden aufnahm. Nach einer halben Minute meinte sie dann: »Aus welchem Anlass? Privat, geschäftlich?«

Der Mann überlegte kurz. »Beides.«

Loreen nickte und räusperte sich. Wenn der Kerl weiter so gesprächig war, würde das eine lange Fahrt werden.

»Etwas dagegen, wenn ich Musik anmache?«

Sie griff bereits nach dem Knopf des altmodischen Radios, als sich seine Hand auf ihre legte. Sie fühlte sich warm an, nicht unangenehm. Unangenehm war nur der Druck, der immer fester wurde.

»Aua. Entschuldigung, ich wusste nicht ...«

Der Griff löste sich, und die Hand legte sich zurück aufs Lenkrad.

»Ich liebe die Stille«, sagte er fast entschuldigend. »Deshalb fahre ich nachts.«

»Verstehe. Dann haben Sie wohl nichts dagegen, wenn ich kurz die Augen schließe.«

»Ich wecke Sie, wenn wir in Boston sind.«

Loreen lachte laut auf, da sie an einen Scherz glaubte. Sie waren kurz hinter New York. Bis Boston waren es noch vier Stunden, wenn die Straßen frei blieben. Aber da er nicht in ihr Lachen einstimmte, war er wohl doch nicht der Mann für Scherze.

Nun, sie hatte ihr Bestes gegeben. Wenn er keinen Wert auf eine Unterhaltung legte, konnte sie ihre Batterien tatsächlich bei einem Power Nap aufladen. Im Meditationstraining hatte sie gelernt, wie man aus einem Zehn-Minuten-Schlaf so ausgeruht erwachte, als hätte man eine Stunde gepennt.

Sie legte sich auf die Seite, sah dabei aus dem Beifahrerfenster, dann fielen ihr schon die Augen zu. Beim Hinübergleiten in den Schlaf dachte sie an ihren Freund Rick, der in Boston studierte und ihr strikt verboten hatte, als Anhalterin zu fahren. Doch was sollte man tun, wenn man noch in der Ausbildung war und jeder Cent für Miete und Essen draufging? Mit Ricks Bild vor Augen versank sie in einem tiefen Schlaf, aus dem sie erst eine knappe Stunde später wieder erwachte.

Schlaftrunken richtete sie sich auf und blickte sich um. Seltsam, das Auto stand, und von Matt war nichts mehr zu sehen. Der Sitz hinter dem Lenkrad war leer.

Irritiert beugte sich Loreen zur Windschutzscheibe vor und bemühte sich, im Licht der Scheinwerfer Details ihrer Umgebung zu erkennen. Anscheinend befand sie sich auf einer Art Feldweg. Geschätzte dreißig Yards weiter erhob sich eine kompakte Wand, bei der es sich um einen Wald handeln musste. Was taten sie hier? Warum hatte ihr Fahrer gehalten? Und wohin war er verschwunden?

Nervös ließ sie den Blick in alle Richtungen schweifen, während sie sich fragte, ob es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, per Anhalter zu fahren. Beim nächsten Mal würde sie wieder den Bus nehmen. Ernährte sie sich die Woche davor eben von Wasser und Toastbrot.

Ein flaues Gefühl im Magen hatte sie bereits beim Aufwachen begleitet. Wirklich unwohl wurde ihr aber erst, als sie nach der Türverriegelung griff. Sie zog einmal am Griff, dann ein zweites Mal, gefolgt von einer bitteren Erkenntnis, die sie wie ein Faustschlag in die Magengrube traf.

Abgeschlossen! Der Mistkerl hat mich eingesperrt!

Zweimal rüttelte sie noch an der Verriegelung und lehnte sich schwer atmend zurück. Böse Gedanken flatterten wie dunkle Vögel über sie hinweg. Warum war sie mitten in der Nacht zu einem Fremden ins Auto gestiegen? Hatte sie aus den True-Crime-Reportagen, die sie abends zur Entspannung konsumierte, gar nichts gelernt?

Hektisch sah sie sich um, griff nach dem Handschuhfach und öffnete es. Neben Fahrzeugpapieren und zwei Kaugummipäckchen fand sie eine Geldbörse, die einen Führerschein enthielt. Ausgestellt war er im Staat New Jersey, und der Mann, der ihr auf dem Foto entgegenblickte, war ohne Zweifel ihr Fahrer. Allerdings war diese Version von ihm einige Jahre jünger und trug eine Brille.

Matt Jordan lautete der vollständige Name, auf den er ausgestellt war. Zumindest in dieser Hinsicht hatte er ihr die Wahrheit gesagt.

Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie legte alles zurück und schloss das Handschuhfach. Loreen beugte sich zum Rücksitz und griff nach ihrem Rucksack. Ihr Handy. Es steckte in der Außentasche. Wenn sie Rick ihre Ortungsdaten und den Namen des Cadillac-Fahrers schickte, konnte ihr nichts passieren.

Klar kann es das, widersprach eine böse Stimme in ihrem Kopf. Sie werden sie deinen Mörder dann nur schneller finden ...

Loreen wollte den Rucksack zu sich heranziehen, als sie eine weitere Tasche bemerkte, die aus dem Fußbereich des Rücksitzes hervorragte. Offensichtlich gehörte sie Matt. Loreen überlegte, dann überwog die Neugier, und sie ließ ihren Rucksack sinken.

Sie griff nach der schwarzen Umhängetasche mit dem weißen Emblem einer Modemarke, von der sie nie zuvor etwas gehört hatte. Mit zitternden Fingern zog sie den Reißverschluss auf und tastete nach dem Inhalt. Sie fand eine Puderdose, einen Lippenstift und weitere Utensilien, die sie stark vermuten ließen, dass das nicht Matts Tasche war. Das musste nichts heißen. Bestimmt gehörte sie seiner Frau oder Freundin.

Hastig zog sie den Reißverschluss wieder zu und ließ die Tasche zurück in den Fußraum gleiten. Als sie erneut nach ihrem Rucksack greifen wollte, hörte sie das Klicken der Zentralverriegelung. Die Fahrertür wurde abrupt aufgerissen.

Ein Angstschrei entwich ihrer Kehle. Dann begriff sie, dass es Matt war, der sich auf den Fahrersitz schob.

»Mann! Sie haben mich zu Tode erschreckt!« Loreen sah den jungen Mann fassungslos an, während sie mit einer speziellen Atemtechnik versuchte, ihren Herzschlag unter Kontrolle zu bekommen.

»Tut mir leid. Ich musste für kleine Jungs.«

Das war das erste Mal, dass sie ihn lächeln sah. Es war das Lächeln eines Teenagers, der sich für eine Peinlichkeit rechtfertigte, bei der er ertappt worden war. Und es verschwand so schnell es gekommen war.

»Wo sind wir hier?« Erneut sah sie sich um, diesmal war es mehr eine Übersprungshandlung. Mit Matts Rückkehr war ihr Unwohlsein nicht verschwunden. Im Gegenteil.

»Etwa sechzig Meilen nördlich von New York City«, gab er zurück, während er den Schlüssel im Zündschloss drehte. Der Motor ließ nur ein heiseres Stottern vernehmen. Ein zweiter Versuch, er fluchte leise.

Loreens Blick wanderte vom Zündschluss zu dem hageren Mann und zu ihrem Rucksack, der noch auf der Rückbank lag. Ihr war klar, dass ihr nur Sekunden blieben, um eine Entscheidung zu treffen. Für welche Variante sie sich auch entschied, es konnte die absolut falsche sein. Dennoch handelte sie.

Blitzschnell griff sie mit der Rechten nach dem Türriegel. Jetzt nachdem Matt die Zentralverriegelung gelöst hatte, schnappte die Tür problemlos auf. Froh und dankbar darüber, dass sie zuvor ihren Gurt gelöst hatte, warf sie sich aus dem Wagen.

Der nachfolgende Schrei aus Matts Kehle klang schrill und abgehackt, wie der eines Vogels, der mitten im Flug von einem Golfball getroffen wurde. Unter anderen Umständen hätte er Loreen ein Lachen entlockt, doch in diesen Momenten war ihre Kehle so eng, als hätte sich eine Drahtschlinge darum gelegt.

Eine Berührung am Bein verriet ihr, dass Matt versuchte, nach ihr zu greifen. Während sie unkontrolliert um sich trat, bekam er ihren Stiefel zu fassen. Er rutschte von ihrem Fuß, als sie mit dem Kopf voraus auf den Schotterweg stürzte. Mit den Händen fing sie den Sturz ab und spürte, wie sich spitze Steine in ihre Handflächen und ihre Knie bohrten.

Matt stieß die Fahrertür auf und stürmte nach draußen. Loreen hörte schnelle Schritte und einen gezischten Fluch, als der Mann auf dem Schotter ins Rutschen geriet.

Keuchend katapultierte sich Loreen in den Stand und lief los. Wohin, wusste sie selbst nicht. Alles, was sie jenseits des Scheinwerferlichts sah, war die dunkle Wand des Walds, die sich weit entfernt in den schwarzblauen Nachthimmel erhob. Die Nacht war klar, der Mond nur eine dünne Sichel. Sein Licht zu schwach, um ihr den Weg zu weisen.

Sie war kaum losgelaufen, als ihr klar wurde, dass der eine verbliebene Stiefel sie eher behinderte. Sie stoppte, streifte ihn ab und warf einen schnellen Blick hinter sich.

Matts Silhouette zeichnete sich vor den Scheinwerfern ab wie der schwarze Mann aus den Albträumen ihrer Kindheit. Auch er hielt kurz inne, um sich zu orientieren, dann hatte er sie entdeckt. Wie ein Raubtier setzte er sich in Bewegung und rannte auf sie zu.

Mit klopfendem Herzen drehte sich Loreen um.

Der Feldweg zeichnete sich als heller Streifen vor ihr ab und führte geradewegs in den Wald. Wenn sie darauf blieb, hatte sie keine Chance. Ihr Verfolger würde sie einholen, noch bevor sie den Waldrand erreichte.

Ohne zu erkennen, wohin sie rannte, schlug sie einen scharfen Haken nach links. Auf dem Gras, das sie unter ihren Füßen spürte, lief es sich wesentlich angenehmer als auf den spitzen Steinen. Doch es war ein mieses Gefühl, in die Dunkelheit zu rennen, ohne zu sehen, wohin.

Instinktiv machte sie sich kleiner, damit sich ihre Silhouette nicht vor dem Nachthimmel abzeichnete. Sie wollte sich gerade nach ihrem Verfolger umdrehen, als es passierte. Ihr rechter Fuß trat in eine Vertiefung, die plötzlich in der Erde klaffte. Mit einem Aufschrei knickte sie um und spürte heißen Schmerz durch ihren Köchel zucken. Japsend ging sie Boden, krümmte sich. Mit angehaltenem Atem lauschte sie in die Nacht.

Matt war noch immer hinter ihr her. Sie hörte mehr sein Keuchen als seine vom Gras gedämpften Schritte. Offensichtlich war der junge Mann nicht gut in Form. Vielleicht wäre es ihr gelungen, ihn abzuschütteln. Jetzt konnte sie nur warten und darauf hoffen, dass er sie im Dunkel nicht fand. Der Schmerz, der in ihrem Fuß pochte, verriet unmissverständlich, dass an eine weitere Flucht nicht zu denken war.

»Loreen!«, zerriss Matts heisere, atemlose Stimme die Stille. »Warum rennst du denn weg? Ich tu dir nichts!«

Loreen sagte nichts. Ausgelaugt und vor Angst bebend, sank sie rücklings in das Gras und starrte zu den Gestirnen am Firmament. Hatte sie einen Fehler begangen? Hatte sie die Indizien falsch gedeutet? War alles nur ein Missverständnis?

»Loreen, du kannst nicht hierbleiben. Wir sind Meilen von der nächsten Ortschaft entfernt. Komm her, wir fahren bis zur nächsten Raststätte, essen etwas und reden in Ruhe.«

Loreens Brustkorb hob und senkte sich, ihre Lippen bebten. Nicht vor Kälte, denn die Nachtluft und der leichte Wind auf ihrer Haut waren angenehm lau. Es war Angst, die sie erbeben ließ. Eine Angst, die sie noch nie in ihrem Leben verspürt hatte.

Seine Schritte näherten sich, seine Stimme wurde lauter.

»Loreen!« Etwas flehendes lag in diesem Ruf. Offenbar hatte sich auch Matt den Verlauf des Abends anders vorgestellt.

Loreen wagte nicht sich aufzurichten. Sie wartete nur ab, während weitere Sekunden ihres Lebens vergingen, von denen jede einzelne auf einmal so kostbar erschien.

Einen Moment lang hörte sie nichts. Sie schloss die Augen, und als sie sie wieder öffnete, ragte seine Gestalt über ihr in den Himmel. Sie keuchte.

»Matt, es tut mir leid. Ich ... Du hast recht. Lass uns weiterfahren und ... «

»Sag jetzt nichts mehr, Loreen«, erwiderte er mit traurig klingender Stimme, während er sich zu ihr hinabbeugte.

Mit dem Mut der Verzweiflung ballte Loreen die Hand zur Faust und schleuderte sie dorthin, wo sie in der Dunkelheit sein Gesicht vermutete.

Matt hatte diese Reaktion wohl erwartet, denn er bekam sie zu fassen. Er warf sich auf sie und drückte sie mit seinem Gewicht zu Boden.

Bevor sich Loreen weiter zur Wehr setzen konnte, spürte sie, wie er ihr etwas Feuchtes auf Mund und Nase drückte. Der stechende Geruch einer chemischen Substanz brannte in ihren Schleimhäuten. Innerhalb weniger Sekunden trudelte sie in einen unnatürlichen, traumlosen Schlaf. Diesmal, das ahnte sie, würde der Albtraum erst nach dem Erwachen beginnen.

Die Frau war Anfang dreißig, hatte rotblonde Locken, und unter dem eng geschnittenen Sommermantel ließ sich ihr durchtrainierter Body mehr als nur erahnen. Als sie im Erdgeschoss zusammen mit vier weiteren Männern und Frauen den Aufzug betrat, streifte ihr Blick das halbe Dutzend Mitfahrer, das sich bereits in der Kabine zusammendrängte. Erst als ihr Blick meinen Partner Phil Decker erreichte, verdüsterte er sich, und auf einen Schlag schien die Raumtemperatur zu sinken.

Phil räusperte sich, lächelte erst verschämt und blickte danach nur noch auf seine Schuhspitzen. Auch mein fragender Blick konnte daran nichts ändern.

Auf seinem weiteren Weg legte der Fahrstuhl mehrere Zwischenstopps ein. Die Blondine stieg im dreizehnten Stock aus. Hier waren die New Yorker Büros des Ministeriums für Wohnungsbau untergebracht.

Phil sah erst wieder auf, als wir im dreiundzwanzigsten ankamen, in dem sich unser Field Office befand.

Zwei weitere Kollegen stiegen mit uns aus, grüßten knapp, bevor sie sich eilig in den Gängen verteilten.

»Was war das denn?«, fragte ich amüsiert, während wir die Richtung zu unserem Gemeinschaftsbüro einschlugen.

»Was meinst du?«, fragte mein Partner mit aufgesetzter Unschuldsmiene.

»Die Lady mit den rotblonden Locken. Ich hatte das Gefühl, ihr würdet euch kennen.«

»Ach, die. Ja, wir sind mal ausgegangen.«

»Oh.« Ich beließ es erst einmal bei dieser Antwort. Die Reaktion der Frau verriet mir, dass das Ganze wohl nicht gut geendet hatte.

Doch Phil gab auch ungefragt weiter Auskunft. »Das letzte Date habe ich leider verschwitzt.«

»Wie konnte das denn passieren?«

»Das fragst ausgerechnet du? Wir steckten gerade mitten in dem Douglas-Fall und ... Du weißt selbst, wie das ist, wenn man über den Job sein Privatleben vergisst.«

Ich nickte sparsam lächelnd. Das wusste ich in der Tat. Ehrlicherweise waren wir beide mit unserem Beruf verheiratet, was bereits in der Anbahnungsphase einer Beziehung häufig zu Problemen führte.

»Hast du dich danach nicht wenigstens bei ihr entschuldigt?«, hakte ich nach.

»Ich habe versucht, sie anzurufen. Da hatte sie mich bereits blockiert.«

»Autsch.«

Schon beim Betreten unseres Büros bemerkte ich das grüne Lämpchen, das an meinem Festnetztelefon blinkte. Es bedeutete, dass jemand von intern angerufen hatte. Schnell klemmte ich mich hinter den Schreibtisch, überprüfte die Anruferliste und sah, dass der Anruf aus Mr Highs Vorzimmer gekommen war.

Ich tippte die Rückruftaste, und keine drei Sekunden später hatte ich die glockenhelle Stimme der Sekretärin am Apparat.

»Guten Morgen, Jerry.«

»Hallo, Helen. Was gibt's?«

»Der Chef möchte, dass ihr umgehend Kontakt zum NJSP aufnehmt. Genauer gesagt, zu einem Detective Frank Peterson. Er wird euch Näheres sagen.«

Ich sagte nur »Alles klar« und verzichtete auf jegliche Nachfragen. Dass es um einen Fall ging, lag auf der Hand. Und in die Details unserer Ermittlungsarbeiten war Helen in der Regel nicht involviert.

»Der Chef selbst ist nicht zu sprechen?«, hakte ich lediglich nach.

»Nicht für dich«, sagte Helen mit neckendem Unterton.

»Nett.«

»Im Ernst, Jerry, er sitzt schon seit sechs im Büro und telefoniert. Heute Nacht muss irgendetwas passiert sein, das noch nicht an die Öffentlichkeit soll.«

Spätestens jetzt hatte sie mein Interesse geweckt, und nachdem ich Phil ins Bild gesetzt hatte, wählte ich die Durchwahl des New Jersey Police Department, die mir Helen auf mein Handy geschickt hatte, und stellte auf laut.

Während es klingelte, dachte ich fieberhaft darüber nach, was wohl passiert sein mochte. Ich hatte da schon eine Idee, die ich mir allerdings nicht weiter ausmalen wollte.

»NJPD, Detective Peterson am Apparat.« Die Stimme klang tief und weich zugleich. Sollte der Kollege einmal die Lust am Polizeidienst verlieren, konnte er zur Not auch Werbetexte einsprechen.

Ich stellte mich ebenfalls vor.

Kaum hatte ich meinen Namen genannt, sagte er: »Cotton. Auf Ihren Anruf habe ich gewartet. Sie wissen, worum es geht?«

»Nicht im Entferntesten.«

Das schien ihn zu überraschen. Wahrscheinlich nahm er an, dass mein Chef mich bereits informiert hatte, was normalerweise auch die übliche Vorgehensweise war.

»Die beiden Morde bei Scarsdale und Englewood ... Das waren doch Sie.«

Die Frage war äußerst unglücklich formuliert. Was er meinte, war, dass unser Field Office die Fälle übernommen hatte, nachdem der Verdacht bestanden hatte, dass beide auf die Kappe desselben Täters gingen.