Jerry Cotton 3528 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3528 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Mr High ließ Phil und mich zu sich rufen, um uns mitzuteilen, dass Norman MacAllister, ein Privatdetektiv, erschossen worden war. Normalerweise wäre das kein Fall fürs FBI gewesen, doch bei MacAllister handelte es sich um einen ehemaligen Kollegen. MacAllister hatte das FBI unter fragwürdigen Umständen verlassen. Es war gemunkelt worden, dass er Verbindungen zur Mafia unterhalten hatte, nachgewiesen werden konnte ihm allerdings nie etwas. Als wir die Ermittlungen aufnahmen, stachen wir mitten in ein Wespennest!

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Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Die Tage des Jägers

Vorschau

Impressum

Die Tage des Jägers

Mit festen Schritten marschierte Blake über die Brooklyn Bridge nach Manhattan. In diesen frühen Morgenstunden war die Fahrbahn, die nach Brooklyn hinausführte, verhältnismäßig wenig befahren. In seine Marschrichtung jedoch rollte eine endlose Welle von Autos an ihm vorbei auf das Herz der Stadt zu, die niemals schlief.

Mit seinem Eintreffen würde diese noch um einiges wacher werden, das wusste er. Und auch er würde kein Auge mehr zutun können. Maximal eines, um mit dem anderen all die Leute im Blick zu behalten, die ihm schon bald nach dem Leben trachten würden.

Der Verkehr ließ die Brücke unter seinen Füßen erzittern, Blake selbst war absolut ruhig. Alles andere hatte auch keinen Sinn. Nicht, wenn er Gerechtigkeit wollte – für weit mehr als die zwei Kugeln, die ihm ein halb betrunkener Tierarzt vor etwas über einem Jahr aus dem Körper geschnitten hatte. Seitdem hatte er eine Menge Zeit gehabt, um nachzudenken, Nachforschungen anzustellen, zu planen und wieder auf die Beine zu kommen, die ihn nun unaufhaltsam nach Manhattan trugen, seinem Ziel entgegen ...

Das willkommene Klingeln meines Bürotelefons riss Phil und mich aus unserer Schreibtischarbeit.

Ich meldete mich.

»Jerry«, erklang die Stimme Mr Highs, »kommen Sie bitte mit Phil in mein Büro.«

»Sofort, Sir.«

Ich legte den Hörer zurück auf die Gabel und nickte Phil zu. Keine Minute später standen wir vor dem Schreitisch unseres Chefs.

Letzterer stand ebenfalls, allerdings mit dem Rücken zu uns. Nachdenklich blickte er aus dem Fenster auf das geschäftige Treiben auf der Federal Plaza hinunter. Nach ein, zwei Herzschlägen wandte er sich uns zu und bedeutete Phil und mir, Platz zu nehmen. Er kehrte auf seinen Schreitischsessel zurück.

»Was können wir für Sie tun, Sir?«, fragte ich.

Mr High räusperte sich. »Sie können etwas überprüfen.«

Weder Phil noch ich gaben einen Ton von uns, um die kurze Pause zu überbrücken, die entstand, als unser Chef seinen Computermonitor in unsere Richtung drehte, sodass wir das Dokument sehen konnten, das er aufgerufen hatte.

Es war eine Seite aus einer FBI-Personalakte. Darauf befanden sich die Personalien eines Kollegen und ein Porträtfoto, das bereits älteren Datums zu sein schien, wenn man den Haarschnitt des Mannes sowie die Krawatte und das Revers des Anzugs bedachte, die er trug. Ich warf einen Blick auf das Geburtsdatum des Mannes und überschlug, dass er jetzt zweiundsechzig Jahre alt sein musste. Auf dem Bild sah er definitiv jünger aus.

»Norman MacAllister«, las ich halblaut. »Sagt mir nichts.«

»Mir auch nicht«, sagte Phil.

»Kein Wunder«, erwiderte Mr High. »Agent MacAllister, allgemein nur als Norm bekannt, ist seit gut fünfzehn Jahren kein Mitarbeiter des FBI mehr. Und auch bevor er das Bureau verließ, verbrachte er die letzten Jahre seiner Zugehörigkeit zunächst im Brooklyn-Queens und dann im Westchester Resident Office.«

»So wie Sie das sagen, klingt es, als hätte man ihn weggelobt«, sagte ich.

Mr Highs Mundwinkel zogen sich nach oben, doch das Ergebnis hatte nichts von einem amüsierten Lächeln. »Das kann man so sagen. Zunächst weggelobt und schließlich, bei seiner Versetzung ins Westchester Office, endgültig kaltgestellt.«

»Weshalb?«

»Es wurde gemunkelt, Jerry, dass MacAllister gute und ziemlich rege Kontakte zur hiesigen Mafia unterhielt.«

»Die man ihm offenbar nicht nachweisen konnte«, sagte Phil.

Mr High zuckte vielsagend mit den Schultern. »Das konnte man in der Tat nicht, aber ihn mehr oder weniger aus dem Verkehr ziehen, schon.«

»Daher die Abschiedstour durch die Resident Offices«, sagte ich, »in denen er sich nur noch an der Peripherie der Einsätze gegen den New Yorker Mob befand.«

»Zum einen das.« Mr High lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Zum anderen kam hinzu, dass er gegen Ende seiner Dienstzeit überhaupt nicht mehr in Ermittlungen gegen die Mafia involviert wurde.«

Verständlich, dachte ich. Doch irgendwo musste die Sache einen Haken haben, sonst hätte unser Chef uns nicht zu sich gerufen.

»Sie sagten, er sei seit gut fünfzehn Jahren nicht mehr beim FBI«, hakte ich daher nach. »Hat man ihn entlassen, oder ist er freiwillig gegangen?«

»Er hat vorzeitig den Dienst quittiert. Ob das nun daran lag, dass er sich wegen der Vorwürfe in seiner Ehre gekränkt fühlte oder weil etwas dran war, ist nach wie vor unklar.« Mr High machte eine kleine Pause. »Klar ist nur, das MacAllister nun tot ist, erschossen in einer dunklen Gasse in Brooklyn.«

Etwas in der Art hatte ich bereits vermutet. Nach dem knappen, leisen Knurren, das aus Phils Richtung kam, war es ihm ähnlich ergangen.

»Und was hatte er dort zu suchen?«, fragte ich.

»Seit er das FBI verlassen hatte«, erklärte Mr High, »arbeitete er als Privatdetektiv in New York.«

»Dann könnte sein Tod also etwas mit seiner aktuellen Betätigung zu tun haben«, stellte ich fest.

»Denkbar. Andererseits besteht die Möglichkeit, dass MacAllisters Tod mit seiner Vergangenheit beim FBI zusammenhängt und entweder in einem alten Fall begründet liegt oder in der Tatsache, dass er tatsächliche Mafiaverbindungen besaß.«

»Und wenn die letzten beiden Möglichkeiten zutreffen, liegt es im Interesse des FBI, diese Umstände aufzudecken«, sagte ich und nahm damit eine Erklärung meines Chefs vorweg.

»Weshalb Jerry und ich die Sache einmal unter die Lupe nehmen sollen, obwohl das FBI rein juristisch gesehen nicht für einen ›simplen‹ Mord zuständig wäre«, fügte Phil hinzu, »sondern das NYPD.«

»Ja. Aufgrund der FBI-Verbindung des Toten haben wir allerdings ein berechtigtes Interesse, über die Ermittlungen des NYPD informiert zu werden.« Er warf einen Blick auf einen Notizzettel vor ihm. »Mit der offiziellen Mordermittlung ist ein Detective Bridger betraut. Bitte kontaktieren Sie ihn, und sehen Sie, was Sie herausfinden können.«

Detective Bridger empfing uns an seinem Schreitisch. Bei unserem Eintreffen erhob er sich und führte uns in einen Vernehmungsraum.

»Hier haben wir etwas mehr Ruhe«, sagte er, während Phil und ich auf der Seite des Tisches Platz nahmen, die sonst für Verdächtige oder Zeugen reserviert war.

»Ein bisschen ungewohnt, mal auf dieser Seite zu sitzen«, sagte Phil.

Detective Bridger grinste. Er war ein bulliger Mittfünfziger von durchschnittlicher Größe. Die kurz geschnittenen Haare zeigten ein wenig Grau an den Schläfen und hatten die ersten Rückzugsgefechte gegen das Vordringen seiner Stirn längst verloren.

Er ließ eine Akte auf die Tischplatte klatschen, dann nahm auch er Platz. Er schien sich nicht daran zu stoßen, dass er mit dem FBI zusammenarbeiten musste und uns ins Bild setzen sollte, obwohl das Ganze eigentlich sein Fall war.

»Was können Sie uns erzählen?«, eröffnete ich das Gespräch.

»MacAllister wurde vorgestern Morgen von der Müllabfuhr in einer Gasse gefunden. In seiner Brust steckte eine einzelne Kugel, seine eigene Waffe lag ein paar Schritte von ihm entfernt zwischen ein paar Kisten und Müll.«

»Todeszeitpunkt?«, fragte ich.

»Laut der Gerichtsmedizinerin wurde MacAllister im Laufe des vorangehenden späten Abends oder der vorangehenden Nacht erschossen. Das ist natürlich keine verwunderliche Erkenntnis, da man ihn andernfalls sicher eher gefunden hätte. Wie dem auch sei, wir haben die umliegenden Häuser nach Zeugen abgesucht, aber außer dass ein oder zwei Leute meinten, zwischen halb zwölf und Mitternacht etwas gehört zu haben, das sie für die Fehlzündung eines Autos hielten, konnten wir nichts herausfinden.«

Ich nickte.

»Darüber hinaus haben wir alle in der Umgebung installierten Sicherheits- und Verkehrsüberwachungskameras überprüft, doch von denen war keine auf die Gasse ausgerichtet, sodass wir in dieser Hinsicht keine Erkenntnisse gewinnen konnten.«

»Haben Sie irgendeine Idee, warum er sich in der Gasse aufgehalten hat?«

Bridger nickte. »Wie wir aus den Fallakten auf seinem Bürocomputer entnehmen konnten, wollte er am Abend seines Todes eine Überwachung durchführen, Agent Cotton. Irgendein Scheidungsfall. MacAllister hatte irgendwoher die Information, dass sich einer der Ehepartner auf ein Rendezvous in einem nahe gelegenen Hotel mit einer anderen Person treffen würde. Mit dieser Überwachung hatte er wohl begonnen, denn sein Auto parkte nicht weit vom Fundort der Leiche entfernt am Rand einer belebten Straße, unweit des zweitklassigen Hotels, das er im Auge behalten wollte.«

»Besteht die Möglichkeit, dass eine der Personen, die er überwachte, das herausgefunden und MacAllister getötet hat?«, fragte Phil.

Bridger schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Das haben wir überprüft. Die haben beide das Zimmer während der Nacht nicht verlassen. Das wäre dem Portier aufgefallen oder von den Kameras im Hotel aufgenommen worden.«

»Stellt sich die Frage, was MacAllister in der Gasse zu suchen hatte, wenn er eigentlich ein Auge auf das Hotel hätte haben sollen«, überlegte ich laut.

»Und warum er vor seinem Tod seine Waffe gezogen hatte«, fügte Bridger hinzu. »Denn die lag so, dass sie ihm aus der Hand gefallen und davongeflogen oder -geschlittert sein muss, als er selbst erschossen wurde. Wir vermuten, dass er sich verteidigen wollte, es aber nicht mehr rechtzeitig schaffte.«

»Und warum in der Gasse? Könnte es sein, dass er sich dort erleichtern wollte und dabei zufällig auf jemanden getroffen ist, der nicht gesehen werden wollte, zum Beispiel auf jemanden, der gerade einen Drogendeal durchziehen wollte – oder etwas in dieser Preislage?«

»Diese Theorie können Sie vergessen, Agent Cotton. Wenn er auf die Toilette gemusst hätte, hätte er, vom Standort seines Autos aus betrachtet, einfach in die andere Richtung gehen müssen. Dort befindet sich ein Vierundzwanzig-Stunden-Supermarkt mit Kundentoilette.«

»Mit anderen Worten«, sagte Phil, »MacAllister ist vermutlich aus einem anderen Grund in die Gasse gegangen.«

»Oder dorthin gelockt worden«, sagte ich. Ich überlegte kurz. »Gibt es Aufnahmen des Autos, auf denen man sieht, wie er es verlässt?«

»Nein«, sagte Bridger. »Es gibt zwar die Aufnahme der Überwachungskamera eines Geldautomaten, auf der man die vordere rechte Ecke von MacAllisters Wagen erkennen kann, mehr auch nicht.«

»Was ist mit Spuren, die der Täter hinterlassen haben könnte?«, fragte ich.

»Das Labor ist noch dabei, diverse mögliche Spuren auszuwerten, an Ihrer Stelle würde ich mir nicht allzu viel davon versprechen. Wie gesagt, der Tatort ist eine Gasse, in der hauptsächlich Müll und anderes überflüssiges Zeug abgestellt wird, andernfalls hätten die Jungs von der Müllabfuhr sie ja nicht betreten. Da sind mehr Spuren zu finden als vor einem All-you-can-eat-Büfett.«

Eine ziemlich ernüchternde Aussage, doch die Hoffnung starb zuletzt. Immerhin war es durchaus möglich, dass das Labor uns mit etwas Interessantem überraschte. Bis dahin konnte es dauern.

Fragend blickte ich Phil an, dem man seine Ernüchterung deutlich ansah. Er nickte kaum merklich, und ich wandte mich wieder an Detective Bridger.

»Haben Sie Zeit für eine kleine Exkursion?«

Bridger willigte ein, mit uns den Tatort zu besuchen. Wir sahen uns in der Gasse und ihrer Umgebung um und besuchten die Stelle, an der man MacAllisters Wagen gefunden hatte, der mittlerweile abgeschleppt worden war. Außer dass wir dadurch ein Gefühl für den Tatort bekamen, hatten wir nicht viel davon.

»Gibt es Spuren am und im Wagen, die auf die Anwesenheit einer zweiten Person schließen lassen?«, fragte ich.

»Die Kriminaltechnik überprüft das Auto, aber er ist nur eines in einer langen Reihe weiterer Fahrzeuge, die untersucht werden müssen«, sagte Bridger.

»Also sollten wir auch hier nicht die Luft anhalten, während wir warten«, mutmaßte Phil.

»Nicht, wenn Sie nicht extrem blau anlaufen wollen.«

Als Nächstes suchten wir MacAllisters Büro auf, zwei Gewerberäume im zweiten Stock eines Brownstone. Die Einrichtung war etwa aus der Zeit, als MacAllister das FBI verlassen hatte. Staubpartikel tanzten im trüben Licht des späten Nachmittags.

Bridger erklärte uns, dass das NYPD MacAllisters Computer und Laptop mitgenommen habe, um sie einer eingehenderen Untersuchung zu unterziehen.

»Bisher haben unsere Computerjungs nicht viel zutage gefördert«, sagte er. »MacAllister scheint die Geräte hauptsächlich für die Arbeit genutzt zu haben. Wir haben eine Unzahl elektronischer Akten der Detektei gefunden, die wir durchgehen, um zu sehen, ob der Grund für den Mord in einem der Fälle begründet sein könnte.«

Ein »Aber es kann dauern, bis wir damit fertig sind« ließ er unausgesprochen.

Mit anderen Worten: Das Ergebnis der Untersuchung des Büros war ebenso ernüchternd wie das des Tatorts.

»Fast wünschte ich, ich säße wieder am Schreibtisch und würde meine Akten bearbeiten«, sagte Phil, als wir im Jaguar hinter Bridgers Dienstwagen herfuhren, unserem letzten Ziel entgegen, der Straße, in der MacAllister gewohnt hatte.

MacAllister hatte nicht in einer Wohnung gelebt, sondern in einem kleinen Vorstadthaus im südlichen Brooklyn. Es saß auf einer grünen Parzelle zwischen unzähligen weiteren von Gras umgebenen Häuschen, die seinem glichen wie ein Ei dem anderen.

»War MacAllister der Eigentümer?«, fragte ich, als wir ausgestiegen und etwa zwanzig Yards von MacAllisters Auffahrt auf dem Bürgersteig wieder mit Detective Bridger zusammengetroffen waren.

Der Detective nickte.

»Immerhin dafür haben seine Abfindung beim FBI und das, was er als Privatdetektiv verdiente, also gereicht«, sagte Phil.

»Was ist los?«, fragte ich. »Überlegst du gerade, ob es sich lohnt, zu kündigen und in den Vorruhestand zu gehen?«

»Vorruhestand?« Phil schnaubte. »Das ist doch nichts für so einen Jungspund wie mich.«

Ich blickte ihn aufmerksam an. »Also, ich meine, da schon ein graues Haar zu entdecken. Oder zwei. Vielleicht solltest du wirklich darüber nachdenken, ob ...«

»Ach, halt die Klappe.«

Bridger lachte. »Sind Sie beide schon lange verheiratet?«

Phil zog ein angesäuertes Gesicht. »Die Frage kennen wir schon. Und die Antwort ist Nein. Ich bin nur seine amtlich bestellte Aufsichtsperson.«

Bridger deutete auf mich. »Und wieso fährt er dann den Wagen?«

»Das macht ihn glücklich. Und es beruhigt ihn.«

Ich grinste und wies auf MacAllisters Haus. »Wenn wir dann mal wieder zum Ernst ...«

Ich verstummte. Phil und Bridger sahen mich verwundert an, bevor sie meinem Blick folgten und feststellten, was mich dazu veranlasst hatte, den Satz nicht zu beenden.

Zwei Männer gingen über den kurzen Weg, der die Rasenfläche vor dem Haus zerteilte, und hielten auf die Haustür zu. Ein dritter joggte aus der uns entgegengesetzten Richtung den Bürgersteig entlang und rief den anderen zu, auf ihn zu warten.

»Das dürfte interessant werden«, sagte Phil.

Ich sah, wie er mit einem schnellen, kaum merklichen Griff den Sitz seiner Dienstwaffe überprüfte, bevor er, Bridger und ich uns wortlos in Bewegung setzten.

Ruhig gingen wir auf die drei Männer zu, die mit den Rücken zu uns standen. Einer von ihnen drückte auf die Klingel neben der Tür, die beiden anderen trugen Papiertüten bei sich, in denen sich, wie man an der Form erkennen konnte, Flaschen befanden. Alkohol, keine Frage.

»Ich verstehe das nicht«, sagte der Mann an der Klingel, dem die Siegel, mit der das NYPD den Zugang zum Haus versehen hatte, offenbar bisher entgangen waren. »Heute ist unsere Pokerrunde.«

»Definitiv«, bestätigte einer der anderen.

Wir hatten sie fast erreicht, doch sie waren so darauf konzentriert, dass sie versetzt worden waren, dass sie uns nicht kommen hörten. Ich räusperte mich.

»Du bist verdammt spät dran, Norm«, sagte einer der drei, während er sich zu uns umdrehte. Das »Norm« erstarb ihm auf den Lippen, als er uns statt des erwarteten MacAllister erblickte.

Ich lächelte freundlich und stellte mich und meine Begleiter vor.

»FBI?«, sagte der an der Klingel. »Und NYPD?«

»Hat Norm Sie auch zum Pokern eingeladen?«, fragte derjenige, der uns zuerst angesprochen hatte. »Sind Sie ehemalige Kollegen?«

Ich schüttelte den Kopf. »Sie sind mit Norm MacAllister befreundet?«

Der an der Tür verengte die Augen. »Befreundet ist vielleicht ein bisschen viel gesagt, aber ja, wir sind gut mit ihm bekannt. Weshalb fragen Sie? Zum Pokern sind Sie ja offensichtlich nicht hier.«

»Ist Norm etwas passiert?«, fragte einer der anderen.

Ich wechselte einen schnellen Blick mit Bridger, der als ermittelnder Beamter nun die Zügel übernahm.

Zunächst bat er die drei darum sich auszuweisen. Mit Blicken, die zwischen Besorgnis, Irritation und Neugier schwankten, reichten sie uns ihre Führerscheine. Jetzt hatten die drei Männer wenigstens Namen: der an der Tür hieß Matthews, die beiden Flaschenträger Summers und Pearson.

»Was ist mit Norm?«, wiederholte Matthews die Frage seines Pokerfreunds Summers.

»Ich fürchte«, sagte Bridger langsam, wobei keiner von uns die drei auch nur eine Sekunde aus den Augen ließ, »Mister MacAllister ist tot.«

Die Nachricht traf alle drei unvorbereitet, daran hatte ich keinen Zweifel. Die Reaktionen erfolgten bei jedem so unmittelbar und natürlich, dass es schon einen Oscarpreisträger gebraucht hätte, um diese verdatterten und schockierten Mienen ähnlich glaubhaft rüberzubringen.

»Verdammt«, murmelte Summers.

»Sie scheinen überrascht«, sagte Bridger.

Summers schnaubte. »Das wären Sie in unserer Situation wohl auch.«

Pearson, ein untersetzter Mann mit dichtem Schnurrbart, der bisher die ganze Zeit geschwiegen hatte, kämpfte sich aus seiner Schockstarre.

»Wieso sollten wir nicht überrascht sein?« In seiner Stimme schwang ein gewisses Maß an Panik mit. Angst vor der geballten Staatsmacht, die ihm hier gegenüberstand, oder mehr als das?

»Hören Sie«, mischte sich Matthews wieder ein, »ich weiß nicht, was Sie denken, aber wir haben nichts mit Norms Tod zu tun. Wir treffen uns an jedem zweiten Mittwoch im Monat zu einer Pokerrunde. Rein freundschaftlich, was so viel heißen soll wie, dass keiner von uns einen Grund hat, Norm den Tod zu wünschen, weil der ihn bei früheren Spielen Haus und Hof gekostet hat – falls sein Tod nicht natürlich war, was ich vermute, wenn NYPD und FBI bei ihm zu Hause aufschlagen.«

»Zur Kenntnis genommen.« Bridger sah die drei mit unbewegtem Gesichtsausdruck an. »Und Sie haben recht, Norm MacAllister wurde erschossen. Daher müssen wir diese Fragen stellen.«

»Bevor sich die Gemüter weiter erhitzen, sollten wir vielleicht mal kurz durchatmen«, lenkte Summers ein, legte seinem Pokerfreund Matthews eine Hand auf die Schulter und blickte ihn und Pearson ernst an.

»Gute Idee«, pflichtete Phil ihm bei. »Das ist ja auch keine Nachricht, wie man sie alle Tage erhält.«

»Und schon gar nicht unter diesen Umständen«, sagte ich, auch wenn die Umstände, unter denen man solche Nachrichten überbrachte, in der Regel alles andere als ideal waren, wie ich aus leidiger Erfahrung wusste.