Jerry Cotton 3529 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3529 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

In Brooklyn wurde ein Geldtransporter brutal überfallen, der dritte nach dem gleichen Muster, nach dem Andy Marmone mit seinem Partner sieben Jahre zuvor schon mehrere Überfälle durchgeführt hatte. Marmone hatte damals als Kronzeuge gegen seinen Komplizen und Auftraggeber ausgesagt und war anschließend ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen worden. Hatte der ehemalige Kleinkriminelle genug von diesem beschaulichen Leben? Oder steckte etwas ganz anderes hinter den Taten?

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Seitenzahl: 145

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

Cover

Zeit der Rache

Vorschau

Impressum

Zeit der Rache

»Pass auf dich auf, Bro!«

»Stay fresh, Homie!«

»Vergiss uns nicht!«

Die Stimmung im Speisesaal war prächtig, obwohl der gefürchtete Gemüseeintopf auf den Tisch kam. Dreihundertzweiundzwanzig Häftlinge spachtelten, was das Zeug hielt.

Und Oscar Summer strahlte. Morgen wurde er entlassen. Nach sieben Jahren Rikers Island.

Er würde Marge wiedersehen, seine Frau, und seine Tochter Hattie. Summer fühlte sich wie ein Stück Alpenvollmilchschokolade.

Da erhob sich Teiresias, der blinde Grieche, der acht junge Frauen aufgeschlitzt hatte und hier nur Terry gerufen wurde. Terry deutete Träume für selbst gedrehte Zigaretten und sagte die Zukunft voraus, wobei er fast nie falsch lag.

Obwohl er blind war, baute er sich genau vor Summer auf und starrte ihn aus leeren Augenhöhlen an. Als er seine dröhnende Stimme erhob, war es urplötzlich mucksmäuschenstill im Saal.

»Da draußen, mein Sohn, wartet die Hölle auf dich!«

Andy Marmone hatte schlecht geträumt. Und wie üblich folgte dann ein Tag zum Vergessen.

Es fing an mit der ersten Tasse Kaffee in seinem Stammcafé.

»Das ist kein Kaffee! Das ist Pferdepisse!«, fluchte er.

»Entschuldigung, Sir?«

»Ich hatte Kaffee bestellt! Also bringen Sie mir Kaffee! Und keine gottverdammte Rattengülle!«

In dem Stil ging es weiter. Eine Mahnung vom Finanzamt, ein widerlicher Haufen Hundedreck auf dem Bürgersteig, den er exakt mittig traf. Und eben wäre ihm um ein Haar ein Blumentopf auf den Kopf gefallen, den irgendein vertrottelter Hobbygärtner vom Balkon gestoßen hatte.

Jetzt saß er schon seit zwanzig Minuten in seinem Lincoln MKZ auf dem Standstreifen der Morris Avenue, während draußen ein Wolkenbruch XXL die Straßen der Bronx in reißende Gebirgsbäche verwandelte.

»Immer noch nichts?«

»Negativ.«

»Wir sind jetzt zwölf Minuten über der Zeit.«

Keine Antwort.

»Bist du dir sicher, dass du die Zeiten richtig gestoppt hast?«

»Hab ich schon mal daneben gelegen?«

Der gereizte Unterton seines Partners war nicht zu überhören.

Die wenigen Autos, die bei diesem Wetter unterwegs waren, fuhren Schritttempo. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite lief eine Frau hastig auf die Kreuzung zu. Mit der einen Hand hielt sie ihre Einkaufstüte über den Kopf, an der anderen zerrte sie ein kleines Mädchen hinter sich her.

Andy Marmone starrte teilnahmslos in den Regen hinaus. So musste sich ein Goldfisch im Aquarium fühlen.

»Dreizehn Minuten.«

Plötzlich zerriss ein greller Blitz die Dunkelheit und tauchte die Szene für einen Moment in ein unwirkliches Licht. Im nächsten Augenblick krachte ein Donnerschlag vom Himmel, und Marmones Herz setzte für zwei Sekunden aus.

Unwillkürlich schlug er ein Kreuz über der Brust. Schon als kleiner Junge hatte er panische Angst vor Gewittern gehabt. Und dieses Entsetzen angesichts der bedrohlichen Naturgewalten hatte er bis heute nicht verloren.

»Es geht los!« Lenny Todd meldete sich über die Freisprechanlage. Sein Ram ProMaster stand zweihundert Yards hinter Andy Marmone auf der Morris Ave. Offenbar hatte sein Partner den verspäteten Geldtransporter entdeckt.

Marmone streifte die schwarze Sturmhaube über den Kopf, startete den Lincoln und schaute angespannt in den Rückspiegel. Als er die Scheinwerfer des Loomis Cash Management Trucks sich nähern sah, lenkte er den Wagen aus der Parktasche auf die Straße und fuhr langsam auf die Kreuzung zu.

Sie hatten sich sehr kurzfristig und ohne größere Vorbereitung für einen Überfall auf diesen Transport entschieden. Vor drei Tagen war hinter der Kreuzung Morris Ave und Mount Eden Parkway eine unterirdische Glasfaserleitung beschädigt worden. Wegen der komplizierten Reparaturarbeiten wurde der Verkehr über kleinere Seitenstraßen umgeleitet, was ihrem Geschäftsmodel entgegenkam.

Andy Marmone setzte den Blinker und bog rechts in den Mount Eden Parkway ein. Der Loomis folgte ihm, und dahinter würde Lenny in seinem Ram den Rückweg abschneiden.

Außer diesen drei Fahrzeugen war weit und breit niemand zu sehen, als die kleine Kolonne nach links in die Selwyn Ave einbog. Die Selwyn war eine ruhige Einbahnstraße mit einer Mischung aus Wohn- und Bürogebäuden. Um diese Zeit waren die meisten Fenster dunkel.

Etwa hundert Yards vor der Einmündung zurück auf die Morris Avenue verlangsamte Marmone das Tempo. Als der Geldtransporter herangekommen war, stellte er den Lincoln quer, griff nach dem Barrett M82 auf dem Beifahrersitz und sprang aus dem Auto.

Im nächsten Moment war er nass bis auf die Knochen. An der Fahrertür des Transporters brachte er das Gewehr in Anschlag und richtete es auf die Panzerglasscheibe.

»Aufmachen! Los!«, brüllte er.

Die beiden Männer in der Fahrerkabine starrten ihn ungläubig an. Offenbar wühlten sie tief in den Erinnerungen an die entsprechende Lektion ihrer Ausbildung und fragten sich, wie sie sich in einer solchen Situation verhalten mussten.

»Los! Tempo, Tempo! Mach die verdammte Tür auf!«

Aus dem Augenwinkel sah Marmone seinen Partner herankommen, auch mit einer Sturmhaube über dem Kopf und die schwere Beretta APX in der rechten Hand.

Die beiden Securitymänner in der Fahrerkabine des Geldtransporters sprachen miteinander. Eine heftige Sturmböe warf Marmone eine Ladung Wasser ins Gesicht. Reflexartig riss er das Gewehr hoch und feuerte auf die Seitenscheibe.

Das Panzerglas zerbarst in tausend Stücke. Panisch rissen die Männer in der Kabine die Hände hoch. Einige Splitter hatten den Fahrer getroffen, von seiner Stirn rannen Blutfäden übers Gesicht.

»Raus jetzt! Los! Los! Los!«

Umständlich kletterten die Männer mit erhobenen Händen aus der Kabine.

»Den Tresorraum öffnen! Schnell, schnell!«

Andy Marmone wies mit dem Barrett M82 hektisch nach hinten. Doch die Männer von der Sicherheitsfirma rührten sich nicht.

»Was ist los? Worauf wartet ihr? Aufmachen! Los!«

Der Fahrer wischte sich mit dem Ärmel seiner Uniformjacke das Blut aus dem Gesicht. »Wir haben den Alarm ausgelöst. In zwei Minuten sind die Cops da.«

Marmone starrte ihn ungläubig an. Das war sein siebter Überfall auf einen Geldtransporter, aber so viel Dreistigkeit war ihm noch nicht begegnet.

»Entweder du schließt uns jetzt den Tresorraum auf, du kleine Ratte, oder ich mache Matsch aus deiner Birne!«

Der Beifahrer wurde langsam unruhig. »Mach keinen Scheiß, Pat! Gib ihm den verdammten Code!«

»Du kapierst es nicht, oder?«, erwiderte sein Kollege ruhig, während ihm das Blut in die Augen lief. »Sobald er den Code hat, bläst er uns das Licht aus.«

Lenny trat vor und verzog zynisch lächelnd die Lippen. »Hübsche Frau hast du. Wär doch schade, wenn ihr was passiert.«

Gegenüber wurde im zweiten Stock plötzlich Licht gemacht, und der Schattenriss eines Mannes erschien im Fenster.

Die Miene des Fahrers blieb ungerührt. »Netter Versuch. Nelly ist heute zu ihren Eltern nach Montana gefahren. Pech gehabt, ihr könnt ihr gar nichts anhaben.«

Andy Marmone warf einen unsicheren Blick zu Lenny, aber sein Partner ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

»Ein paar hübsche rosa Ohren fehlen mir noch in meiner Sammlung«, erklärte er zynisch grinsend, ohne Nellys Mann aus den Augen zu lassen, »oder ich schneide ihr einfach das Tattoo aus ihrer linken Schulter. Du weißt schon, der kleine Amor mit Pfeil und Bogen.«

Der Angesprochene runzelte irritiert sie Stirn. Bevor er etwas sagen konnte, war in der Ferne eine Polizeisirene zu hören, die sich rasch näherte.

»Scheiße, du verdammtes Arschloch!«, schrie Marmone und zog ihm mit Gewalt den Gewehrkolben über den Schädel.

Augenblicklich sackte der Mann zusammen und fiel der Länge nach auf den nassen Asphalt, der sich unter seinem Kopf rot färbte.

Zehn Minuten später jagte der Loomis Cash Management Truck auf dem Cross Bronx Expressway in östliche Richtung. Inzwischen hatten sich auf der Fahrbahndecke große Wasserlachen gebildet. Aber die Gefahr von Aquaplaning war gering, dafür war der Transporter schlicht zu schwer.

Andy Marmone hatte das Steuer übernommen, neben ihm drückten sich Lenny und die beiden Fahrer des Geldtransporters in die Sitze. Den Dodge und den Lincoln hatten sie einfach in der Selwyn Avenue zurückgelassen.

»Schläft er noch?«, wollte Marmone wissen.

»Wie ein Baby«, erwiderte Lenny.

Denn der Mann, dem Marmone sein Barrett M82 über den Schädel gezogen hatte, war immer noch bewusstlos.

»Weck ihn auf, verdammt noch mal! Wir brauchen den fucking Code!«

Sein Kollege arbeitete erst seit zwei Wochen für die Sicherheitsfirma. Und Leute in der Probezeit bekamen die Codes für die Tresorräume grundsätzlich nicht mitgeteilt.

Inzwischen war vermutlich das ganze NYPD hinter ihnen her. Das GPS des Geldtransporters löste automatisch Alarm aus, sobald er die vorgeschriebene Route verließ.

Hinter dem West Farms Bus Depot wechselte Marmone auf den Bronx River Parkway. Das Gewitter war mittlerweile weitergezogen. Nur hin und wieder leuchtete der schwarze Himmel noch kurz auf, ohne dass ein Donner folgte.

Nach wenigen Minuten tauchten links die Bäume des River Park auf. Marmone nahm die erste Ausfahrt und hielt auf einem einsam gelegenen Parkplatz.

Er stellte den Motor ab und schaltete die Innenbeleuchtung ein. Dann fixierte er den Fahrer des Geldtransporters scharf, der immer noch ziemlich benommen wirkte.

»Du verrätst uns jetzt den Code, du Hurensohn, oder ich reiß dir den Arsch auf!«

Der Mann stierte ihn mit großen Augen an.

»Woher kennt ihr das Tattoo meiner Frau?«, lallte er.

Marmone nickte Lenny Todd zu. »Zeig ihm sein Häschen!«

Lenny zückte sein Smartphone, rief eine Galerie mit zehn Fotos einer hübschen, spärlich bekleideten jungen Frau auf und hielt es dem Fahrer hin. Ungläubig starrte der Mann auf die Bilder seiner Frau.

»Ihr verdammten Schweine!«, presste er hervor.

»Den Code!«, wiederholte Marmone drohend.

»Was habt ihr mit ihr gemacht?«

»Noch nichts.« Lenny grinste hämisch. »Aber wenn du sie in einem Stück zurückhaben willst, sagst du uns jetzt, wie wir in den verfluchten Tresorraum kommen!«

»Erst will ich mit meiner Frau sprechen«, verlangte der Fahrer.

Andy Marmone sah rot. Er riss sein Gewehr hoch und drückte die Mündung gegen seine blutende Stirn.

»Du bist tot, du verdammter Scheißkerl!«, brüllte er. »Ich schwöre, ich drücke ab, wenn du nicht auf der Stelle ...!«

Er brach ab, als der Fahrer die Hände hob. Offenbar hatte er eingesehen, dass er verloren hatte.

»Einen Stift und einen Zettel«, sagte er resigniert.

Marmone kramte beides aus der Innentasche seiner Jacke und reichte es ihm. Mit zitternder Hand notierte der Securitymann eine zehnstellige Ziffernfolge und reichte Lenny den Zettel.

»Na also, warum nicht gleich so?«, kommentierte Lenny und reichte den Zettel weiter an ihn.

Andy Marmone legte sein Sturmgewehr auf den Boden und tippte den Code konzentriert in den Bordcomputer. Ein leises Klicken verriet, dass der Zugang entsperrt wurde.

Marmone nickte seinem Partner zufrieden zu. »Okay, du hältst unsere beiden Freunde bei Laune, und ich sehe mich mal hinten bei den Goldbarren um.«

Damit sprang er aus der Kabine, lief nach hinten und öffnete die Tür zum Tresorraum. Als er mit dem Flashlight seines Smartphones ins Innere leuchtete, stutzte er. In der Regel wurden bei solchen Transporten nicht nur die Tresorschränke an den Außenwänden befüllt, sondern in dem Raum dazwischen stapelten sich unzählige versiegelte Safebags, die hauptsächlich bündelweise Geldscheine enthielten.

Hier war der Zwischenraum leer. Er schien sogar erst kürzlich gründlich gereinigt worden zu sein, denn der beißende Geruch eines konzentrierten Desinfektionsmittels schlug ihm wie eine Faust entgegen.

Marmone hatte schon von sogenannten Blindtransporten gehört. Da die Überfälle auf Geld- und Werttransporte in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen waren, ließen einige Geldinstitute ihre gepanzerten Spezialfahrzeuge hin und wieder komplett leer die gewohnten Routen abfahren, um potenzielle Räuber zu irritieren und ihnen ihre kriminellen Machenschaften zusätzlich zu erschweren.

Bisher war Andy Marmone von solchen bösen Überraschungen verschont geblieben.

Aber bekanntlich gab es im Leben immer mal wieder ein erstes Mal.

Dieser Tag entwickelte sich damit endgültig zum Albtraum.

Außer sich vor Wut riss er die gepanzerten Schranktüren auf und wühlte in den stählernen Schubladen. Außer irgendwelchen Papieren, deren Bedeutung er nicht verstand, enthielten sie nichts.

Halb besinnungslos vor Enttäuschung ließ er sich auf dem Boden des Transporters nieder und starrte in die Nacht hinaus. Er hatte fest damit gerechnet, mit vollen Taschen nach Hause zurückzukehren.

Das Haus in Bridgeport war immer noch nicht abbezahlt. Und seine Frau war anspruchsvoll, wollte am liebsten jeden Tag in den teuren Einkaufsmeilen von Stratford oder Fairfield shoppen gehen. Mit dem Geld, das er bei der Versicherung verdiente, konnte er ihren aufwändigen Lebensstil nicht bestreiten.

Aus diesem Grund hatte er nach Jahren der Abstinenz sein altes kriminelles Leben wiederaufgenommen. Bei Lenny, seinem ehemaligen Partner, musste er keine Überzeugungsarbeit leisten. Lenny Todd brauchte immer Geld und war sofort Feuer und Flamme gewesen.

Dreimal hatten sie nach der Zeit, in der er versucht hatte, ein ehrliches Leben zu führen, bisher zugeschlagen und jedes Mal groß abgesahnt. In New Jersey, Philadelphia und SoHo. Umso ärgerlicher, dass die Sache diesmal schiefgegangen war.

Plötzlich merkte er auf. Er hatte etwas gehört. Die Sirene eines Einsatzwagens des NYPD. Alle Achtung, manchmal waren die Jungs echt auf Zack.

Langsam glitt er hinaus. Der Waldboden war tief und morastig vom Regen. Er musste einen klaren Kopf bewahren. Sie hatten nicht nur einen leeren Geldtransporter überfallen. Zu allem Unglück saßen sie jetzt hier auch fest, ohne die Möglichkeit fortzukommen.

Der Transporter kam nicht infrage, er sandte seine Standortdaten permanent an die umliegenden Polizeireviere. Und auf dem Waldparkplatz war weit und breit kein anderes Fahrzeug abgestellt.

Da kam das Patrol Car wie gerufen.

Es musste nun ungefähr auf Höhe der Ausfahrt sein. Und es würde nicht lange dauern, dann würde es Gesellschaft kriegen, und der River Park würde von Einsatzfahrzeugen wimmeln.

Er öffnete die Fahrertür und griff nach seinem Barrett M82.

»Bring unsere Freunde auf die Ladefläche, und sorg dafür, dass sie nicht weglaufen!«, rief er Lenny zu. »Ich kümmere mich um die Cops!«

»Was hast du vor?«, fragte Lenny alarmiert.

»Abwarten.«

Andy Marmone schlug die Tür wieder zu und bezog Stellung hinter einer ausladenden Buche auf der anderen Seite des Wegs.

Drei Minuten später tauchten die abgeblendeten Scheinwerfer des Einsatzwagens auf. Das kreiselnde Warnlicht war abgeschaltet. Langsam näherte sich der Wagen. Als er den Parkplatz erreichte, stoppte er. Zwei Beamte des NYPD stiegen aus und liefen mit ihren entsicherten Sig Sauer P226 auf den Geldtransporter zu.

»Waffen fallen lassen! Die Hände hoch!«

Die Cops fuhren herum. Das Überraschungsmoment war auf Marmones Seite.

»Seid ihr taub? Die Knarren auf den Boden! Los!«

Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, feuerte Marmone zweimal hintereinander in die Luft. Automatisch landeten die beiden Dienstwaffen auf dem feuchten Boden.

»Hände auf den Rücken und Handschellen anlegen! Schnell, schnell!«

Der jüngere der beiden Cops sah zu seinem Kollegen. Der zuckte nur mit den Schultern, löste seine Handschellen vom Gürtel und begann umständlich, sie sich hinterm Rücken selbst anzulegen.

Als Marmone sah, wie ungeschickt sich der junge Cop anstellte, half er kurzerhand nach und ließ die Handschellen zuschnappen. »Los, rauf auf die Ladefläche! Beide!«

Mit auf dem Rücken gefesselten Händen war das nicht ganz einfach, und Lenny half von oben nach. Dann sprang er runter und verzog das Gesicht, als er mitten in einer Pfütze landete.

»Okay, Leute, macht's euch gemütlich, ihr werdet gleich Gesellschaft bekommen!« Damit schlug Marmone die Flügeltüren zu und schob den schweren Riegel vor.

Zehn Minuten später erreichten sie den Cross Island Parkway und verfolgten über Funk gut gelaunt den Fahndungsaufruf des NYPD nach den Gangstern, die einen Geldtransporter überfallen hatten und mit einem Einsatzfahrzeug geflohen waren.

Als Phil an diesem Morgen zu mir in den Jaguar stieg, erinnerte nichts mehr an das schwere Unwetter der vergangenen Nacht. Die Straßen waren fast wieder trocken, am Himmel war keine einzige Wolke zu sehen, und auch die Menschen, die auf dem Weg zur Arbeit waren, wirkten fröhlicher und aufgeräumter als an anderen Tagen.

Nur Phil schien mit dem falschen Bein aufgestanden zu sein.

»Schon die Nachrichten gehört?«, fragte er.

»Der Überfall auf den Geldtransporter?«

Mein Partner nickte, als handelte es sich bei dem mutmaßlich gestohlenen Geld um seine eigenen Ersparnisse.

»Jetzt geht alles wieder von vorne los«, unkte er wenig begeistert.

»Abwarten«, sagte ich, »noch kennen wir die Einzelheiten nicht.«

Für elf Uhr war eine Pressekonferenz angekündigt. Danach hatten wir hoffentlich Klarheit.

»Du wirst sehen, es handelt sich wieder um die üblichen Verdächtigen«, sagte Phil unbeirrt, »und wie immer werden unsere Ermittlungen ins Leere laufen.«

Obwohl Überfälle auf Geldtransporte normalerweise in den Verantwortungsbereich des NYPD fielen, war in diesem besonderen Fall auch das Field Office des FBI New York engagiert.

Nicht nur, weil die Überfälle in mehreren Staaten verübt worden waren und so das Bundesrecht zum Tragen kam. Es bestand darüber hinaus auch der begründete Verdacht, dass ein alter Bekannter daran beteiligt war, an dem das FBI aus ganz bestimmten Gründen interessiert war.

Es wunderte daher niemanden, dass unser Chef an diesem Vormittag ein Meeting in seinem Büro anberaumt hatte, und zwar um elf Uhr, pünktlich zum Beginn der Pressekonferenz.

Über den 85-Zoll-Monitor flimmerten bereits die stummen Bilder eines Werbeblocks, als ich mit meinen Kolleginnen und Kollegen den Raum betrat und am Konferenztisch Platz nahm, den Helen wie üblich perfekt eingedeckt hatte.

Mr High beendete ein Telefonat, dann trat er hinter seinem Schreibtisch hervor und begrüßte uns knapp, aber freundlich.

»Sie haben alle von dem Überfall auf den Geldtransport in der vergangenen Nacht gehört«, sagte er mit seiner ruhigen, sonoren Stimme. »Noch kennen wir die Details nicht. Da wird uns die Pressekonferenz, die wir uns gemeinsam ansehen werden, hoffentlich den ein oder anderen Hinweis geben. Anschließend werden wir das weitere Vorgehen besprechen. Doch zunächst bitte ich Sie um Ihre Aufmerksamkeit.«

Er schaltete den Ton ein und setzte sich auf den freien Stuhl neben mir. Auf dem Bildschirm war eine Reihe von Mikrofonen zu sehen, die auf einem langen Tisch aufgereiht standen. Im Vordergrund hatten sich die Vertreter der Medien versammelt, ausgerüstet mit Kameras, Aufnahmegeräten und Mikrofongalgen, und kämpften um die besten Plätze.