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Der Boss eines kolumbianischen Drogenkartells war in New York festgenommen worden. Der erste Gerichtstermin stand kurz bevor. Ein Whistleblower wurde zu der Anhörung erwartet, der den Angeklagten weiterer Verbrechen beschuldigte. Das Kartell wollte das Erscheinen dieses Whistleblowers unbedingt verhindern. Wir vom FBI sollten uns um den Abgeordneten kümmern, der den Deal mit dem Whistleblower eingefädelt hatte. Seine Frau begleitete ihn. Sie zu beschützen, entwickelte sich zu einem lebensgefährlichen Job für mich ...
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Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Ich beschützte die Frau des Abgeordneten
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Impressum
Ich beschützte die Frau des Abgeordneten
Civic Center, New York, 7:50 Uhr
Theodore Shelleys Job war es, Kundenbeschwerden nachzugehen und für eine reibungslose Kommunikation in allen Bereichen zu sorgen. Eine Beschwerde hatte ihn hierhergeführt.
Als er den Servicepoint erreichte, staunte er nicht schlecht. Jemand hatte den Leitungsschacht geöffnet und tat so, als wäre er mit Reparaturarbeiten beschäftigt.
Shelley stieg aus seinem Wagen.
»Was geht hier vor?«, rief er.
Der Mann legte seelenruhig sein Werkzeug beiseite. Dann griff er nach einem Messer mit einer überlangen Klinge in seinem Gürtel und trieb es Shelley in den Leib.
Civic Center, New York, 8:00 Uhr
Matteo Cardenas fing den Körper des Technikers auf, bevor er zu Boden fallen konnte. Das hätte vielleicht einen der vorbeihastenden New Yorker aufmerksam werden lassen. Sein Servicewagen stand gleich neben der Absperrung. Dazu blinkte die Warnleuchte wie wild. Das sollte als Ablenkung wohl genügen, damit die Blicke zuerst darauf und nicht auf den Arbeiter gerichtet wurden.
Drei Schritte trennten ihn von seinem Servicefahrzeug. Cardenas schleifte den Toten dorthin, wuchtete ihn auf den Beifahrersitz. Er verstaute ihn ordentlich, hob dessen Beine in das Innere und legte mit aller Ruhe den Sicherheitsgurt um den Oberkörper. Dann zog er das Messer aus dem Herz. Nun trat das Blut aus. Im Wageninneren konnte es ruhig die Sitze versauen. Für die Reinigung musste er nicht aufkommen, denn das Fahrzeug hatte er vom Parkplatz der Firma gestohlen.
Als er wieder auf die Straße trat, bot sich ihm das gewohnte Bild. Niemand war auf den Zwischenfall aufmerksam geworden.
Erneut wandte er sich dem Kabelwirrwarr zu. Das dicke Kabel ... Cable TV, daneben Internet ... Die Scherenmesser waren frisch geschliffen. Der Reihe nach trennte er die Leitungen durch. Die Stromversorgung rührte er nicht an.
Danach holte er einen quadratischen Kasten mit einer Seitenlänge von zwanzig Inch hervor. Den größten Teil beanspruchte die eigenständige Stromversorgung. Mehrere Akkus waren in Serie geschaltet. Der eigentliche Sender nahm kaum Raum ein.
Cardenas fixierte den Störsender inmitten der Kabel und aktivierte ihn. Er arbeitete auf den Frequenzen der meistbenutzten Cellphone-Anbieter. Er war sich bewusst, dass er mit seinen Manipulationen lediglich für erhebliche Störungen sorgen konnte.
Er verschloss den offenen Kabelschacht und stellte den Originalzustand wieder her.
Die Absperrgitter verräumte er in den Servicewagen, ehe er das Fahrzeug in Bewegung setzte und es zwanzig Yards weiter am Straßenrand parkte. Er schaltete die Blinkleuchten aus und schloss das Fahrzeug ab. Bis die Cops darauf kamen, dass auf dem Beifahrersitz ein Toter saß, war er längst auf und davon.
Der Servicewagen, mit dem der Techniker auf dem Schauplatz erschienen war, stand noch vor dem Servicepoint. Den Schlüssel hatte er nicht abgezogen.
9:50 Uhr, vier Stunden und zehn Minuten bis zur Anhörung
Die Stimmung am Airport konnte man als aufgeheizt bezeichnen. Mr High stand als ruhender Pol in unserer Mitte. Trotz aller Erfahrung, über die meine Kollegen im gleichen Maß wie ich verfügten, hatte sich Unruhe über uns gelegt. Wir rechneten mit mannigfaltigen Schwierigkeiten.
Die Drogenmafia war es, genau genommen, das kolumbianische Drogenkartell, das uns offen herausgefordert hatte. Wir wussten genug über die Rücksichtslosigkeit dieses Kartells, um diese Drohung ernst zu nehmen.
Was war geschehen?
Andrés Gómez, einer der Bosse des Kartells, stand in New York vor dem Richter. Es handelte sich um eine Anhörung. Der Prozess stand ihm noch bevor. Brisanz erhielt diese Anhörung dadurch, dass ein Whistleblower seine Aussage vor dem Richter wiedergeben sollte. Das persönliche Erscheinen war in diesem Fall unumgänglich, denn der Whistleblower strebte die Anerkennung als Kronzeuge an.
Das Kartell setzte alles daran, dass der Verräter das Gerichtsgebäude nicht lebend erreichte. Es hatte uns mit Krieg gedroht.
Gegen sieben Uhr in der Frühe hatte ich die Meldung vom Abschuss unseres Helikopters erhalten, der das Gelände rings um das Gericht aus der Luft überwachte. Gleich darauf rief Mr High mich zum Einsatz.
»Jerry, ich brauche Sie und Phil vor zehn Uhr auf dem LaGuardia Airport. Ihr Partner hat sich einen Dienstwagen genommen und nimmt Sie unterwegs auf.«
Die ersten Anweisungen kamen wie immer kurz und klar.
Der ursprüngliche Plan hatte vorgesehen, dass das FBI, zuständig für den Personenschutz, diesen wichtigen Zeugen mit einem Helikopter direkt vom Flughafen zum Gericht bringen sollte. Solange der Luftraum über New York nicht als sicher galt, war dieser Plan hinfällig.
Phil und ich waren nicht das einzige Einsatzteam, das sich am Flughafen mit Mr High traf.
»Dabei haben sie uns vorab gewarnt, dass sie die Kontrolle über den Luftraum übernehmen«, fluchte Steve Dillaggio.
»Wir mussten damit rechnen, dass sie mit einer halben Armee in New York einfallen«, sagte Zeerookah und klang dabei wie ein Prophet, der seine Worte im Nachhinein bestätigt fand.
»Die Cops haben zwischenzeitlich das Viertel um das Gericht abgeschottet«, versicherte uns Mr High.
»Ja, aber offensichtlich nicht die Dachlandschaft«, sagte Steve.
»Auf den Dächern sitzen jetzt ebenfalls unsere Leute«, sagte der Chef. »Nur wir können nicht jedes Dach bemannen. Das Kartell hat in seinem Arsenal Raketen. Damit kann es über weite Strecken jeden Helikopter abschießen. Bis wir alle ihre Stellungen ausgeräuchert haben, dauert es.«
»Das heißt, wir müssen die Schwalbe auf einem anderen Weg ins Gerichtsgebäude bringen«, stellte Steve nüchtern fest.
»Deshalb sind wir hier.« Mr High nickte und blickte ernst durch das riesige Fenster auf das Rollfeld. Bald sollte dort die Maschine mit Harold Tauber landen, dem Abgeordneten von New Mexico.
An diesen Abgeordneten hatte sich ein gewisser Juan Alvarez gewandt. Er wollte die Verbrechen, die Gómez vor allem in den USA vorgeworfen wurden, vor einem Richter bestätigen.
Der Begleitschutz war eine Routineaufgabe. Den Abschuss des Helikopters verstanden wir jedoch als deutlichen Hinweis, die Warnung des Kartells ernst zu nehmen. Das Kartell unternahm sicherlich alles, damit der Verräter nicht lebend das Gericht erreichte.
Kurz bevor die Maschine landete, erreichte uns die nächste Hiobsbotschaft. In unmittelbarer Nähe des Gerichtsgebäudes hatte das Kartell ein Gebäude gestürmt und die Bewohner als Geiseln genommen.
»Das Kartell wird versuchen, auch unseren Konvoi zu stoppen«, meinte Steve.
»Das werden zwanzig Meilen Hölle«, sagte Zeerookah.
»Wer sagt, dass wir in einem Konvoi fahren?«, fragte Mr High. »Das erwarten sie vermutlich. Nein, genau aus diesem Grund sind wir mit mehreren Fahrzeugen vor Ort. Eines muss durchkommen – das mit dem echten Whistleblower.«
»Die Sache hat einen gewaltigen Haken«, meinte Phil und blickte in die Runde.
»Ich weiß«, sagte der Chef ruhig. »Es muss vor allem der richtige Wagen sein Ziel erreichen.« Er schwieg, während er jeden Einzelnen von uns der Reihe nach musterte, ehe er hinzufügte: »Wir setzen in jedes Fahrzeug einen Doppelgänger von Alvarez. Sie treten gleichzeitig mit dem echten Whistleblower in Erscheinung.«
10:00 Uhr, vier Stunden bis zur Anhörung
Die Maschine aus New Mexico war gelandet. Sie wurde direkt zu einem Gate am Rand der Ankunftshalle gelotst.
Nachdem sie zum Stillstand gekommen war, rollten mehrere Fahrzeuge auf die Maschine zu. Während die regulären Passagiere die Maschine durch die Einstiegsluke im vorderen Flugzeugteil verließen, um ihren Weg durch das Flughafengebäude anzutreten, stiegen Harold Tauber und seine Begleiter über den rückwärtigen Ausstieg auf das Rollfeld. Es handelte sich insgesamt um zehn Personen: den Abgeordneten mit seiner Gattin Laura, seinen Sekretär und natürlich den Whistleblower Juan Alvarez.
Die restlichen sechs Mann gehörten dem FBI an. Ihren Job als Personenschützer übernahmen ab sofort wir Kollegen vor Ort.
Unsere Verstärkung in Form von Doppelgängern von Alvarez stieg aus einem Fahrzeug, das nahezu gleichzeitig heranrollte. Ich stellte verblüfft fest, dass sie sich tatsächlich alle ziemlich ähnlich sahen.
Alvarez, das Original, besaß die gebräunte Haut des Latino, wettergegerbt und mit scharf geschnittenen Falten im hageren Gesicht. Seine schwarz glänzenden, dichten Haare wurden von einer Menge Haargel in Form gehalten. Es war halblang, scheitellos und im Wesentlichen nach hinten gekämmt. Dort fiel es über den Kragen seines Hemds. Er trug ausgewaschene Bluejeans, ein weinrotes Hemd und darüber eine offene Lederjacke. Seine Füße steckten in Stiefeln. Ich war enttäuscht, als ich ihn so betrachtete. Er sah irgendwie unscheinbar aus.
Mr High begrüßte die Ankömmlinge und teilte die Gesellschaft den Fahrzeugen zu.
Der Abgeordnete stieg zu Mr High in die Limousine. Der Wagen gehörte zu den sogenannten Staatslimousinen, rundum kugelsicher. Zu Mr High und dem Abgeordneten setzten sich einer meiner Kollegen und – der Whistleblower? Sie trugen alle die gleiche Kleidung und sahen verdammt gleich aus. Ich konnte nicht sagen, wer derjenige war, der aus der Maschine gestiegen war. Dazu hätte ich ihn länger in Ruhe ansehen müssen.
Mr High setzte Laura Tauber, die Frau des Abgeordneten, zu Phil und mir. In unser Fahrzeug stieg auch noch der Whistleblower – ein Double oder das Original?
Phil hatte sich für einen der getunten Chevrolet Tahoe LS entschieden, als er vom Field Office aufgebrochen war. Nun überließ er nach alter Gewohnheit mir den Platz hinter dem Lenkrad.
»Bist du der Echte, oder darfst du das nicht sagen?«, fragte Phil, als er neben dem Kolumbianer auf dem Rücksitz Platz genommen hatte, denn neben mir saß Laura Tauber.
Das Lächeln, das sie mir beim Einsteigen geschenkt hatte, hätte in einer anderen Situation wie ein Freundschaftsangebot gewirkt. Ich war mir nicht sicher, ob es echt war oder einstudiert. Sie hatte schulterlanges blondes Haar, das ihr nicht stand. Laura Tauber trug ein schickes blaues Kostüm. Der Rock war knielang. Dazu blaue Pumps mit niedrigen Absätzen.
»Er versteht kein Englisch«, antwortete sie an der Stelle des Whistleblowers.
Laura Tauber sprach mit einem leichten Akzent. Ich wusste, dass sie in Mexiko geboren worden war, aber bereits als Kleinkind in die Staaten gekommen war. Hier hatte sie in New Mexiko ihren Mann kennengelernt, der es in seiner politischen Karriere bis zum Abgeordneten des Staats New Mexico geschafft hatte.
Ich hatte mir ein Foto von ihr angesehen, bevor wir heute Morgen zum Flughafen gestartet waren. Auf dem Bild war sie eine dunkelhaarige Schönheit und mit ihren vierzig Jahren verdammt attraktiv. Manche Menschen schienen die ewige Jugend gepachtet zu haben. Laura Tauber gehörte dazu. Sie besaß die Figur einer Zwanzigjährigen. Ich nahm an, dass sie ebenso durchtrainiert war. Die blonden Haare taten ihrer Attraktivität keinen Abbruch, auch wenn ihr Gesicht dadurch anders wirkte. Sie schien dadurch noch jünger.
»Können Sie ihn fragen?«, bat ich.
»Fragen kann ich natürlich, doch er wird nicht antworten. Er hat während des gesamten Flugs kein Wort gesprochen.«
»Das wird sich im Gerichtssaal hoffentlich ändern«, sagte ich.
»Er hat es versprochen. Wenn er den Status als Kronzeuge erhalten will ...« Laura Tauber brauchte den Satz nicht zu beenden. Alvarez wusste vermutlich genau, dass er selbst dran war, wenn er die versprochene Information nicht lieferte. Sein Schuldenkonto genügte, ihn für den Rest seines Lebens wegzusperren.
Mürrisch saß er auf der Rückbank. Wenn er ein Double war, spielte er seine Rolle ausgezeichnet.
Die Limousine mit Mr High und dem Abgeordneten setzte sich in Bewegung. Während der Chauffeur die Strecke über den Grand Central Parkway wählte, um von dort auf die I-278 West zu gelangen, bevorzugten wir den Weg abseits der großen Durchgangsstraßen.
Wir rechneten damit, dass die Kolumbianer nicht zimperlich waren in ihren Methoden und nicht davor zurückschreckten, Todesopfer in Kauf zu nehmen. In unmittelbarer Nähe des Flughafens machte es für die Drogenmafia wenig Sinn, die Parkway Service Road zu sperren. Außerdem konnten sie sich ausrechnen, dass wir eine so wertvolle Fracht hinter schusssicheren Scheiben transportierten.
Erfolg konnten sie nur dann haben, wenn es ihnen gelang, dass wir die Fahrzeuge verlassen mussten.
Die Uhr zeigte 10:15 an. Der allmorgendliche Stau hatte seinen Höhepunkt überschritten. Von wenig Verkehr konnte man auf dieser Strecke allerdings nie sprechen. Wir rechneten im günstigsten Fall mit einer Fahrzeit von einer Stunde – wenn wir ohne jedes Problem die Strecke bewältigen konnten. Unsere Straßenwahl verlängerte den Weg auf über zwanzig Meilen. Da konnte viel geschehen.
Das Straßengeschlängel in Flughafennähe passierten wir ohne Zwischenfälle. Kaum hatten wir das Airportgelände verlassen, meldete sich über die Freisprechanlage das Field Office.
»Information für Einsatzgruppe Personenschutz Whistleblower. Im Handschuhfach Ihres Chevrolet Tahoe LS befinden sich zwei Walkie-Talkies. Die Sprechverbindung über die Smartphones wird von einem starken Störsender in der Innenstadt erschwert bis unmöglich gemacht. Steigen Sie vorsichtshalber auf die Walkie-Talkies um. Ihre Strecke voraus ist noch frei. Viel Glück!«
Das bezog sich auf die Interstate 278 West. Das war der Weg, den Mr High mit dem Abgeordneten gewählt hatte.
Die Stimme verstummte.
»Ist die Zentrale immer so kurz angebunden?«, erkundigte sich Laura Tauber.
»Ja, wenn die Gefahr besteht, dass sich jemand in unsere Frequenz eingeklinkt hat, ist es besser, keine Details zu verraten.« Ich erwähnte nicht, dass es grundsätzlich verboten und auch schwierig war für Außenstehende, sich in unsere Informationskanäle einzuschleusen. Illegal war alles, was das Drogenkartell tat. Das musste selbst die Frau des Abgeordneten wissen.
Laura Tauber öffnete das Handschuhfach und reichte ein Walkie-Talkie an Phil.
Ich nahm gleichzeitig Geschwindigkeit weg und ließ unser Fahrzeug zurückfallen. Wenn sich die Zentrale tatsächlich so kurz angebunden meldete, hieß das nichts Gutes.
10:15 Uhr, drei Stunden und fünfundvierzig Minuten bis zur Anhörung
Luis Martinez lenkte einen schweren Truck, einen Mack mit seiner charakteristischen vorpreschenden Frontpartie. An der Zugmaschine hing ein geschlossener Sattelauflieger. Direkt vor Martinez fuhr José Buitrago in einem Kenworth T 680, nicht weniger schwer als der Mack.
Gerade hatten sie eine Ausfahrt passiert. Martinez rechnete im Kopf aus, dass ihnen genügend Zeit blieb bis zur nächsten Ausfahrt. Der Streckenabschnitt kam ihrem Vorhaben insofern entgegen, da von den drei Fahrspuren eine aufgrund einer Baustelle verengt war. So konnten sie es schaffen, mit den beiden Trucks und einem dritten Fahrzeug die gesamte Richtungsfahrbahn zu blockieren. Das dritte Fahrzeug lenkte eine Frau. Mariana Gonzáles hatte zu ihnen aufgeschlossen. Sie fuhr einen Van, mit dem sie die rechte Pannenspur blockieren konnte.
Sie blinkte mit der Lichthupe zum Zeichen, dass sie bereit war.
Martinez warf einen Blick in den Außenspiegel. Auf der linken Fahrspur näherten sich jetzt schneller fahrende Fahrzeuge. Die vordersten davon wollte er passieren lassen. Hinter ihnen fuhr ein weiterer Wagen in raschem Tempo heran. Der kam Martinez gerade recht, das gab der Sache einen offiziellen Anschein.
Die ersten Fahrzeuge ließ er vorbeifahren, dann kannte er keine Rücksicht mehr.
Martinez riss seinen Mack auf die linke Fahrspur. Der Sattelauflieger folgte dem Impuls des Schleppers. Im Spiegel konnte Martinez die weit aufgerissenen Augen des Fahrers in dem viel zu schnell heransausenden Wagen erkennen. Der Mann hantierte hastig am Lenkrad. Martinez verfolgte die vergeblichen Bemühungen, um den Unfall zu verhindern, doch der Driver war machtlos. Gegen die Masse des Aufliegers und sein Gewicht kam der Wagen nicht an. Der Auflieger drückte das Fahrzeug gegen die hüfthohe Betontrennwand, die zwischen den Richtungsfahrbahnen für eine klare Trennung sorgte. Der Auflieger blockierte anderthalb Fahrstreifen.
Es krachte vernehmlich.
Martinez und Buitrago bremsten gleichzeitig. Buitrago stellte seinen Kenworth ebenfalls ein wenig schief, sodass auch er anderthalb Fahrspuren blockierte. Zwischen den Trucks passte vielleicht ein Motorrad durch, aber kein Pkw. Mariana Gonzáles lenkte ihren Van auf die Pannenspur und hielt dort.
In den Auflieger von Buitragos Kenworth krachten gleich zwei Fahrzeuge. Hinter Gonzáles' Van bremste eine Großraumlimousine gerade noch rechtzeitig.