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Der intelligente und berüchtigte Kriminelle Jakob Kuznetsov kam nach New York. Bereits in anderen Großstädten hatte er mit Scheinfirmen, Veruntreuung, Betrug, Geldwäsche und Spionage Schäden in Milliardenhöhe verursacht. Bislang hatten ihn die Behörden nie für diese Verbrechen belangen können. Auch wir vom FBI bissen uns die Zähne an Kuznetsov aus und mussten zusehen, wie der Russe mit dem gewinnbringenden Lächeln und der einnehmenden Art es schaffte, sogar die Mafia für einen Coup zu einen. Er plante etwas Großes. Die Frage war nur, ob wir ihn rechtzeitig aufhalten konnten ...
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Seitenzahl: 138
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Bulle und Bär – Tödliche Trades
Vorschau
Impressum
Bulle und Bär – Tödliche Trades
Jakob Kuznetsov war bereit, New York zu erobern. Er war überrascht, dass die Schwachstelle der Millionenstadt so offen und ungeschützt dalag und niemand vor ihm auf die Idee gekommen war, sie für sich zu nutzen.
Aus dem Flugzeugfenster hatte er sie bereits während des Landeanflugs deutlich sehen können. Das grenzt schon an Ironie, dachte er. Da waren diese fetten und vor allem dummen Amerikaner so auf Sicherheit bedacht und hatten dennoch diesen blinden Fleck vor der Nase.
Es würde diesmal so viel leichter und schneller Geld regnen als bei seinen Coups zuvor.
»Wollen Sie einen Kaffee, bevor wir beginnen?«, fragte Mr High, ohne von seinem Schreibtisch aufzusehen, auf dem er noch ein paar Unterlagen und Dokumente zusammensuchte.
»Da sage ich nicht Nein, Sir«, antwortete Phil und setzte sich an den Besprechungstisch.
Der Chef konzentrierte sich weiterhin auf die Akten. »Dann seien Sie bitte so gut und besorgen mir auch einen.«
Phil presste die Lippen aufeinander, während er sich wieder aufrichtete und unter meinem schadenfrohen Blick das Büro verließ.
»Ich würde einen Eisbecher nehmen. Stracciatella, Schokolade und gesalzenes Karamell!«, rief ich meinem Partner hinterher.
Nach kurzer Zeit kehrte Phil mit drei dampfenden Tassen von Helen zurück und verteilte sie.
Mr High legte den Papierstapel vor uns auf den Tisch.
»Ich gebe Ihnen ein Eis aus, wenn Sie diesen Mann festnehmen.« Er zog ein Bild aus einer Mappe und reichte es uns.
Ein schlanker, zierlicher Mittdreißiger mit kurz geschorenen blonden Haaren lächelte verschmitzt in die Kamera. Sein Auftreten schien selbst Zeerookah Konkurrenz zu machen. Der schwarze Anzug und die kobaltblaue Krawatte auf dem weißen Luxushemd zeugten vom Geschmack des Trägers. Die vorzügliche Qualität war trotz des Fotos nicht zu übersehen. Der Mann machte einen sympathischen und vertrauenswürdigen Eindruck.
»Wenn Sie etwas ausgeben wollen, Sir, dann ist es ernst«, sagte ich und reichte das Foto an meinen Partner weiter. »Wer ist das?«
Mr High nickte. »Jakob Kuznetsov, neununddreißig Jahre alt, in Russland geboren. Studierte Wirtschaft an der Lomonosov Moscow State University. Schon während des Studiums sagte man ihm ein außergewöhnliches Talent nach, sodass sich die Unternehmen regelrecht überboten, um sich seine Finanzexpertise zu sichern. Er sei eine Art Wirtschaftsorakel, das Kursschwankungen wie kein anderer vorhersehen und ausnutzen könne. Den Zuschlag sicherte sich die Zarev Bank. Nach fünf Jahren war die Bank zahlungsunfähig, und umgerechnet mehrere Millionen Dollar waren spurlos verschwunden.«
»Ist er dafür verantwortlich zu machen?«, wollte ich wissen.
»Damals tat man es nicht«, sagte unser Chef. »Jedoch hat man die Ermittlungen mehrmals erfolglos wiederaufgenommen. Jedes Mal, nachdem erneut Millionen Dollar veruntreut worden waren und der Name Kuznetsov zufälligerweise auf der Gehaltsliste des Unternehmens gestanden hatte.«
Phil gab das Foto an Mr High zurück und kratzte sich am Kopf. »Jedes Mal?«
»In Singapur verschwand das Fondsvermögen, für das Kuznetsov verantwortlich war. Das bankeigene Depot realisierte über Jahre Gewinne, bis plötzlich alle Aktien verkauft wurden und der gesamte Gegenwert verschwand. In Hongkong gründete er eine Firma, die Kryptowährungen handelte. Das Unternehmen lief jedes Jahr besser und wurde zum Marktführer. Die Geschäftszahlen wurden allerdings aufgebläht und geschönt, die Aktionäre um ihr Geld betrogen. In Brüssel und Berlin betrieb er zuletzt wohl Wirtschaftsspionage für die Russen. Insgesamt hat er fast drei Milliarden Dollar Schaden verursacht. Steht alles in den Akten.«
Da das FBI auch für Wirtschaftskriminalität zuständig war, hatten wir schon häufig gegen Betrüger ermittelt. Mehrfach erfolgreicher Betrug in dieser Größenordnung war selbst für uns etwas Besonderes.
»Warum wurde er nie verurteilt?«, wollte ich wissen.
»Wer die Regeln exzellent beherrscht, versteht sie auch zu beugen«, antwortete Mr High. »Kuznetsov stand jedes einzelne Mal vor Gericht. Er verließ es stets von den Richtern für unschuldig befunden. Verschwundene, alle Schuld auf sich ladende oder plötzlich an Amnesie leidende Zeugen, nicht mehr auffindbare Unterlagen oder gelöschte Dokumente machten es möglich.«
»Der Kerl scheint mit allen Wassern gewaschen zu sein«, stellte Phil fest. »Und wie kommen wir ins Spiel?«
»Die CIA meldete uns Kuznetsovs Ankunft in den Vereinigten Staaten. Er ist vor ein paar Stunden auf dem John F. Kennedy Airport gelandet und wird bereits von Joe und Les observiert. Der Präsident wünscht sich eine prestigeträchtige Verhaftung des Russen auf amerikanischem Boden, womit Sie gefragt sind. Genauer gesagt, wurde aufgrund Ihrer bisherigen Erfolge explizit nach Ihnen in diesem Fall verlangt. Im Übrigen erklärt das auch seine Einreisegenehmigung. Bei der CIA ist man sich einig, dass Kuznetsov auch in New York kriminell aktiv werden wird. Ihre Aufgabe wird es sein, ausreichend Beweise für sein neues Vorhaben zu sammeln, sodass er diesmal verurteilt werden kann. Es gilt also, seinen Plan aufzudecken und ihn zu überführen.«
»Der Mann scheint viel Geld gemacht zu haben, und seine Unternehmungen sind nicht gerade risikoarm. Ich meine, könnte er nicht einfach satt sein?« Nicht dass es für mich jemals in Betracht käme, aber mit solchen Summen wüsste ich Besseres anzufangen, als eine Verhaftung immer wieder aufs Neue zu riskieren.
Der Assistant Director in Charge schüttelte entschieden den Kopf.
»Kuznetsovs Vermögen«, Mr High deutete Anführungszeichen an, »befindet sich nach unseren Schätzungen irgendwo zwischen zwanzig Millionen Dollar Schulden bis hin zu drei bis vier Millionen rapide schwindenden Dollar auf der Habenseite.«
Wir staunten nicht schlecht. Betrug in Milliardenhöhe und trotzdem verschuldet?
»Verstehen Sie mich nicht falsch. Kuznetsov geht es finanziell bestens, er lebt in einer Welt des Luxus. Doch die Art, wie dieser Wohlstand zustande kommt, muss teuer erkauft und die Herkunft verschleiert werden. Schweigegeldzahlungen an Mitwisser und Komplizen in diesen gesellschaftlichen Kreisen und zuletzt auch die Hilfe von Nachrichtendiensten können kostspielig sein.«
»Er ist also mehr oder weniger gezwungen, wieder zuzuschlagen, sonst fliegt ihm sein Konstrukt irgendwann um die Ohren?«, fragte ich, kannte jedoch bereits die Antwort.
Mr High nickte. »Korrekt. Davon abgesehen ist Kuznetsov gut beraten, sich nicht mit dem veruntreuten Geld zu zeigen, sodass er große Summen in Scheinfirmen investieren musste und es dort erst mal gebunden ist. Er muss aktiv werden.«
»Ich hasse Observationen«, sagte Phil neben mir auf dem Beifahrersitz des Jaguar und öffnete eine neue Packung Reese's. »Die schaden meiner Figur.«
Wir folgten Jakob Kuznetsov in der abendlichen Rushhour quer durch die Stadt, nachdem wir unsere Kollegen Joe Brandenburg und Les Bedell im fliegenden Wechsel abgelöst hatten.
Ich bediente mich ebenfalls aus der Packung, die mir mein Partner unter die Nase hielt, und folgte Kuznetsovs Taxi durch die Upper East Side. »Wenn es so weitergeht, müssen wir uns demnächst im Fitnessstudio anmelden.«
Die letzten fünfzehn Tage hatten wir damit verbracht, den Russen in seinem privilegierten Alltag zu beobachten. Die Langeweile der Ereignislosigkeit teilten wir im Schichtsystem mit den Kollegen.
Es gab keine Treffen unseres Ziels – weder auffällige noch unauffällige. Auch keine verdächtigen Aktivitäten, keinen Besuch einer fragwürdigen Adresse oder Lokalität.
Kurz nach seiner Ankunft hatte Kuznetsov eine ganze Suite im Fünfsternehotel Rosenberg Heights bezogen, und als er ein paar Tage später abends eine Bar betrat, dachten wir, dass es endlich losginge, aber Fehlanzeige. Das Finanzgenie ging außerdem in eine Buchhandlung, einen Barbershop, zu einem Schneider und saß oft stundenlang vor Laptop oder Tablet in Cafés und schien zu arbeiten. Für uns war die Situation frustrierend und unbefriedigend.
Das Taxi hielt in der Park Avenue auf Höhe der 65th Street, nicht unweit vom Central Park Zoo. Dort stieg Kuznetsov aus, scherzte zur Verabschiedung mit dem Fahrer und steuerte auf ein Restaurant zu. Ich ließ Phil ebenfalls aussteigen, der an ihm dranblieb, und suchte einen Parkplatz. Kurze Zeit später saßen wir ein paar Tische von Kuznetsov entfernt.
»Der Kerl ist Raucher«, sagte Phil, als der Kellner uns mit den Speisekarten allein ließ. Die Beobachtung hatten wir in den letzten Tagen bereits häufiger gemacht. In regelmäßigen Abständen verließ Kuznetsov die Lokalitäten, um seine Nikotinsucht zu befriedigen. Dabei ließ er stets seine Aktentasche samt Laptop und Tablet am Tisch zurück. Hier konnte uns diese Tatsache zum ersten Mal nützlich sein.
Ich nickte. »Das Restaurant ist gut besucht und befindet sich im zweiten Stock. Sollte er also aufstehen, um zu rauchen, können wir an seine Sachen kommen, wenn er sie am Platz lässt.«
Darüber hatten wir schon die Tage zuvor nachgedacht, doch das Risiko war bislang zu hoch gewesen. Die Bars und Cafés hatten entweder zu leer oder von außen zu gut einsehbar gewirkt.
Unser IT-Genie Dr Ben Bruckner hatte mir einen USB-Stick ausgehändigt, der mit verschiedenen Anschlüssen ausgestattet war, um Smartphone, Laptop und andere Geräte mit Überwachungssoftware zu infizieren.
»Ich bin jedenfalls dieses ewige Warten leid«, sagte Phil und blätterte im Menü. »Es wäre an der Zeit, dass dieser Fall, der noch gar kein richtiger ist, ins Rollen gerät.«
Unsere Zielperson saß allein am Tisch und war mit dem Smartphone beschäftigt.
»Kuznetsov hat nichts von einem Kriminellen an sich.« Mir war bewusst, dass man vom Äußeren der Menschen nicht auf ihren Charakter schließen durfte. Aber Kuznetsovs Erscheinung passte überhaupt nicht zu dem, was ihm vorgeworfen wurde.
»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich, ohne zu zögern, meine Versicherungen bei ihm abschließen. Er wirkt wie ein gewissenhafter Familienvater der oberen Mittelschicht mit Haus im Vorort und gepflegtem Vorgarten«, stellte ich fest.
Phil nickte. »Ein Betrüger, wie er im Buche steht. Vertrauenserweckender Kumpeltyp mit gewinnbringendem Lächeln, der es schafft, dir hundertprozentige Professionalität vorzuspielen. Diese Typen verkaufen dir Sand in der Wüste, wenn es sein muss.«
»Ich bin mir da nicht so sicher«, sagte ich und beobachtete den Mann. »Kuznetsov spielt nichts vor. Seine Vita beweist, dass er die gesamte Klaviatur beherrscht und ganz genau weiß, was er tut. Das macht ihn gefährlicher als die anderen.«
»Mag sein«, erwiderte Phil. »Bislang hatte er auch einen Vorteil auf seiner Seite. Niemand hielt Betrug in dieser Größenordnung für wahrscheinlich oder für umsetzbar. Er musste keine großen Visionen oder potenziellen Chancen herbeireden, damit man in ihn investierte. Der Kerl packte direkt Sphären an, in denen niemand mit einem Verbrechen rechnete.«
»Den Vorteil hat er nun eingebüßt. Diesmal lauern wir«, sagte ich und klappte die Karte zu. Ich hatte mich für ein Gericht entschieden.
Phil tat es mir gleich, brummte jedoch unzufrieden. »Das bringt nur nichts, solange er die Füße stillhält. Er hat kein Unternehmen in den Staaten. Ben überwacht die Neugründungen, auch da passiert nichts. Und Vorstellungsgespräche gab es ebenfalls keine. Die reinste Zeitverschwendung.«
»Hoffentlich hat er nicht bemerkt, dass er rund um die Uhr observiert wird. Dann wäre unser Vorteil hinfällig.«
Phil stimmte mir zu. »Daran habe ich auch schon gedacht. Das würde erklären, warum nichts passiert.«
Wir gaben unsere Bestellung auf, und eine gute Stunde später, als mein Partner sein Hummerrisotto mit Safran und Trüffelöl und ich mein Filet Mignon mit Kartoffelgratin und gegrilltem Spargel verspeist hatten, war es wieder so weit. Kuznetsov spülte den letzten Bissen seines Steaks mit einem Schluck Rotwein herunter, winkte die Bedienung heran und sprach kurz mit ihr. Er stand auf, knöpfte sein Jackett zu und verließ den Raum, um das Essen wie gewöhnlich mit einer Zigarette abzuschließen. Seine Aktentasche ließ er an seinem Platz zurück.
»Da erweisen sich Glimmstängel doch mal als nützlich«, stellte Phil fest. »Nichts ist verlässlicher als das Verlangen eines Süchtigen.«
Nachdem der Russe den Raum verlassen und die Bedienung den Teller mitgenommen hatte, schlenderte ich hinüber an Kuznetsovs Tisch und setzte mich.
Die anderen Gäste waren in ihre Mahlzeiten und Gespräche vertieft, sodass sie keinerlei Notiz von mir am falschen Tisch nahmen. Aber ein aufmerksamer Kellner beobachtete das Geschehen aus der Ferne und kam auf mich zu. Nun war Phil gefragt, damit ich in Ruhe Kuznetsovs Sachen durchsehen konnte.
Mein Partner sprang auf, legte einen Arm um die Schulter des Kellners, bevor dieser etwas sagen und somit die Aufmerksamkeit der anderen Gäste auf uns lenken konnte. Auf diese Weise führte er den Mann an den Rand des Gastraums, holte dort seine Dienstmarke hervor und erklärte die Situation. Der Kellner nickte mehrfach irritiert und wurde schließlich mit einem freundschaftlichen Klaps zwischen die Schultern von Phil wieder freigelassen.
In der mahagonifarbenen Aktentasche aus Leder fanden sich zahlreiche Papiere, Rechnungen und Flyer, mit denen ich vorliebnehmen musste. Kuznetsov hatte den Laptop im Hotel gelassen und das Smartphone mit zum Rauchen genommen, sodass Bens USB-Stick keine Anwendung fand. Die angezapften Elektronikgeräte hätten die Überwachung des Ziels erheblich vereinfacht und vorangebracht. Dennoch huschte ein Grinsen über mein Gesicht, als ich die Unterlagen überflog und die wichtigsten abfotografierte.
Zurück an unserem Tisch sah Phil mich fragend an. »Was ist nun mit dem langweiligsten Betrüger aller Zeiten?«
Ich rief die Bedienung, um zu zahlen. »Gute Neuigkeiten, Partner. Es geht los.«
»Die gesamte Tasche war voll mit Flyern und Unterlagen der wohltätigen Savanna Flow Foundation. Phil und ich haben bereits ein wenig recherchiert. Die finanzieren über Spenden verschiedene Brunnenprojekte in Afrika«, berichtete ich dem Team, das sich für die tägliche Besprechung im Field Office versammelt hatte.
»Die Stiftung hat das gesamte Rosenberg Heights gemietet, das Hotel, in dem Kuznetsov aktuell residiert. Kommendes Wochenende findet dort eine große Spendengala statt, von eben jener Stiftung organisiert.«
»Ein Schelm, wer Böses dabei denkt«, warf Zeerookah ein und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Für den guten Zweck Geld sammeln und es dann in die eigene Tasche pumpen, könnte das sein Plan sein?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Wir wissen zu diesem Zeitpunkt nichts Genaueres. Aber die Idee ist naheliegend, und das Vorgehen würde zu dem Kerl passen.«
Steve Dillaggio legte die Stirn in Falten. »Glaubt er wirklich, dass er damit durchkommt, ohne dass das auffällt?«
Phil lächelte bitter. »Voraussichtlich würde er das. Die Stiftung läuft nicht auf seinen Namen. Kuznetsov taucht überhaupt nicht im direkten Zusammenhang mit der Stiftung auf. Die Savanna Flow wurde von einer Firma gegründet. Ben hat dahingehend schon etwas herausgefunden. Ben?«
Unser IT-Experte mit den zwei Doktortiteln räusperte sich ein paarmal, bevor er seine Erkenntnisse teilte. Gleichzeitig erschienen wie gewöhnlich die roten Flecke auf Hals und in Gesicht, wenn er im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand.
»Die Stiftung wurde von der Firma Bit Syndicate gegründet. Hat ihren Sitz im Ausland und bietet verschiedene Services im Bereich Kryptowährung an. Sie wollen mit der Stiftung ihr Image verbessern, nachdem Wirtschaftsjournalisten die Richtigkeit der letzten Jahresbilanz infrage gestellt haben. Zumindest soll es wohl so aussehen. Denn ihr dürft raten, wer bei Bit Syndicate das Sagen hat.«
Mr High strich sich über das silbergraue Haar. »Verstehe ich Sie richtig, dass Kuznetsov als Chef dieses Unternehmens also doch indirekt der Verantwortliche der Savanna Flow Foundation ist?«
Ben nickte. »Ja, Sir.«
»Auch das würde zu unserem Russen passen«, erklärte Phil. Wir hatten während der Observation viel Zeit gehabt, um die Akten durchzugehen. »Kuznetsov ist ein Meister der Verschleierung. An und für sich ist der Betrug jedes Mal eine einfache Aktion. Das Geld verschwindet jedoch in einem unüberschaubaren Unternehmensnetzwerk, das sich über mehrere Länder erstreckt. Dadurch wechselt das Geld ein paarmal die Währung, und niemand weiß mehr, wo es geblieben ist. Hochprofessionelle Geldwäsche.«
Unser Chef nickte zufrieden. »Gut. Ich schlage vor, dass auch das FBI bei dieser Gala zu Gast sein wird. Irgendwelche Ideen, wie wir das anstellen?«
Bens Arm schnellte nach oben, doch er ließ ihn wieder sinken, als er unsere Blicke auf sich spürte. »Also mit den berühmtesten Gästen wirbt die Stiftung öffentlich auf ihren Social-Media-Kanälen. Da ist alles dabei. Politiker, Musiker, Schauspieler ... Die nicht öffentlich zugängliche Gästeliste habe ich auch beschafft. Darauf findet man mehr oder weniger bekannte Namen. Hauptsächlich Unternehmer und Leute aus der Wirtschaft.«
»Ich könnte uns also selbst einladen, beispielsweise als Vertreter eines Casinos aus Atlantic City, und die bearbeitete Datei wieder auf ihre Server laden.«
Steve blies Luft hörbar aus. »Alter Falter! Ein Glück hast du dich für unsere Seite entschieden. Wir hätten keine Chance, dir beizukommen.«
»Das ist perfekt.« Ich nickte anerkennend. »Dann werden Phil und ich in diesem Leben also noch Casinobesitzer.«
»Es gibt aber eine Auffälligkeit bei der Gästeliste«, sagte Ben und blätterte durch den Papierstapel vor ihm. »Ich habe routinemäßig alle Namen prüfen lassen. Die meisten sind unauffällig. Wie gesagt, allerlei Prominente, die man nicht plausibel mit Kuznetsov in Verbindung bringen kann. Ein paar Namen, rund zwanzig, sind allerdings sehr unauffällig. Soll heißen, ich finde nichts zu diesen Personen.«
Steve hakte nach. »Rein gar nichts? Nicht einmal Alter, Geburtsort, Adresse, zugelassene Fahrzeuge?«
»Es könnte sich dabei um Fantasienamen handeln«, antwortete Ben. »Erst dachte ich, es wären vielleicht Ausländer, doch die Namen kommen auch nicht auf Einreiseformularen vor.«
»Bedeutet, dass gewisse Gäste nicht mit der Gala in Verbindung gebracht werden wollen?«, fragte Steve in die Runde.
»Kann schon sein. Wenn der Grund für die falschen Namen ist, dass sich die Gala als großer Betrug entpuppen wird«, sagte Joe und fuhr sich über die Bartstoppeln, »bedeutet das auch, dass mehr Leute in die Sache eingeweiht sind als nur Kuznetsov.«