Jerry Cotton 3542 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton 3542 E-Book

Jerry Cotton

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Als die junge Frau, die im Büro von Mr High saß, uns berichtete, dass ihr Verlobter vor ein paar Wochen ermordet worden war, dachte ich noch an einen ganz gewöhnlichen Fall. Wir erfuhren, dass sie die Tochter des mexikanischen Drogenbosses Diego Medina war und die Hochzeit der Fusion zweier Kartelle hätte dienen und gegen ihren Willen hätte stattfinden sollen. Da wurde ich hellhörig. Und dann verriet Maria Medina uns, was der eigentliche Grund ihres Besuchs war. Wenn wir ihr halfen, sich an ihrem Vater zu rächen und ihr und ihren Geschwistern Straffreiheit versprachen, würde sie mich in die Organisation einschleusen und uns die Zerschlagung des Kartells ermöglichen. Dafür müsste ich nur eines tun - sie heiraten, um mich als Nachfolger ihres Vaters zu etablieren ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 139

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Blutige Hochzeit

Vorschau

Impressum

Blutige Hochzeit

Felipe Hoyos schloss den obersten Knopf seines Seidenhemds, band sich die fliederfarbene Fliege um, zupfte das ebenfalls fliederfarbene Einstecktuch in seinem Jackett zurecht und besah sich zufrieden im Spiegel. Es war nur eine Anprobe, doch in vierzehn Tagen, wenn er seine Braut zum Altar führte, musste alles perfekt sein. Sein Kartell würde mit dem Kartell von Diego Medina aus Mexiko zu einer einzigen mächtigen Organisation unter seiner Leitung werden, und er würde einer der mächtigsten Bosse des Kontinents sein.

Die Tatsache, dass er seine zukünftige Braut bisher nur einmal getroffen hatte, bereitete ihm dabei kein Kopfzerbrechen. Mochte sie nach der Hochzeit tun, was sie wollte, es ging nicht um sie oder um ihn, es ging um die Familien, die zu einer verschmelzen würden.

Es klopfte an der Tür. Das musste seine Mutter sein, die ihn nach unten holen wollte, wo die Familie schon gespannt auf seinen Auftritt wartete.

Er öffnete die Tür. Aber es war nicht seine Mutter. Es war ein Mann mit einer Skimaske über dem Kopf, der ihn mit einer Hand im Nacken packte und ihm mit der anderen ein Messer bis ans Heft in die Brust stieß.

Ich war gerade dabei, mich auf meinen Feierabend vorzubereiten, als Mr High mich noch einmal zu sich ins Büro bestellte.

Als ich dort eintraf, saß ihm eine junge Frau gegenüber. Mr High stand auf, die junge Frau folgte seinem Beispiel.

»Miss Medina, das ist Jerry Cotton, einer unserer Agents. Jerry, das ist Maria Fernanda Medina. Sie hat ein Anliegen, das wir miteinander besprechen sollten.«

Maria Medina und ich schüttelten uns die Hände, ich setzte mich auf den Stuhl neben sie.

Mr High räusperte sich und nickte der jungen Frau zu.

»Am besten, Sie erklären es selbst«, sagte er und lehnte sich in seinem Sessel zurück.

Sie richtete sich auf ihrem Stuhl auf und sah mich mit einem Lächeln an.

»Mein Name ist Maria«, wiederholte sie die Vorstellung. »Ich stamme aus Mexiko City. Vielleicht haben Sie schon von unserer Familie gehört. Mein Vater ist der Boss eines international tätigen Drogenkartells. Wir besitzen eine Hazienda etwas außerhalb der Stadt, wo wir hauptsächlich wohnen. Aber wir besitzen auch Häuser in ganz Lateinamerika und hier in New York und in Los Angeles. Mein Vater ist stets bemüht, seinem Imperium neue Geschäftszweige hinzuzufügen, und unterhält Kontakte zu zahlreichen anderen Kartellen weltweit.«

Sie machte eine Pause, seufzte einmal tief und sah meinen Chef an, der ihr ermunternd zunickte.

Natürlich kannte ich den Namen ihres Vaters, er war mir während meiner Jahre beim FBI schon das ein oder andere Mal untergekommen, wir hatten jedoch noch nie direkt mit ihm zu tun gehabt. Ich erinnerte mich, dass er Frau und Kinder hatte, wusste allerdings nichts Genaueres.

Maria Medina musste in meinem Alter sein. Sie war groß, schlank, trug ihr langes schwarzes Haar offen und hatte ein ebenmäßiges, Stolz verheißendes Gesicht und dunkelbraune Augen.

»Mein Vater hat vor ungefähr zwanzig Jahren meine ältere Schwester Camila mit einem Gangsterboss in Kuba verheiratet, um seine Geschäfte dort zu sichern. Die Hochzeit wurde gegen den Willen meiner Schwester von meinem Vater arrangiert, nur weil mein Vater sein Imperium ausweiten wollte. Camila versuchte, sich dagegen zu wehren. Sie wollte sogar fliehen, unsere Mutter wollte ihr dabei helfen. Doch mein Vater hat ...«

Ihre Stimme brach, und sie holte ein Taschentuch aus der Tasche, presste es gegen ihre Augen und schluchzte tief auf.

Ich legte eine Hand auf ihren Arm und drückte ihn sanft.

»Sie können ruhig sagen, was passiert ist. Nichts von dem, was hier zur Sprache kommt, verlässt diesen Raum«, sagte ich, da mir nichts Besseres einfiel.

Sie nahm das Taschentuch herunter und lächelte mich an.

»Davon gehe ich aus, Agent Cotton. Sonst säße ich nicht hier.« Sie steckte das Taschentuch wieder weg und sprach mit unvermittelter Härte in ihrer Stimme weiter. »Mein Vater kam dahinter und ließ meine Mutter umbringen. Ich war damals zu jung, um das alles zu verstehen.«

Ich nickte.

»Man erzählte mir, dass meine Mutter an einer Krankheit verstorben ist. Erst nach und nach habe ich die Wahrheit von meiner Schwester erfahren. Meine beiden anderen Geschwister, Angel, unser einziger Bruder, und Ximena, unsere jüngste Schwester, wissen nichts davon. Die werden Sie ja bestimmt noch kennenlernen, wenn ...« Sie stockte.

Ich schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln.

»Auf jeden Fall ist mein Vater nun an Alzheimer erkrankt«, sprach sie weiter. »Die Ärzte haben ihm prophezeit, dass der Krankheitsverlauf bei ihm recht schnell seine körperliche und schließlich auch seine geistige Beweglichkeit einschränken wird und deshalb ...«

Sie unterbrach sich wieder und sah Mr High Hilfe suchend an. Offensichtlich schien es ihr schwer zu fallen, weiterzureden und zu sagen, warum sie eigentlich im Field Office war.

Mr High beugte sich vor und legte beide Unterarme auf den Tisch.

»Was Miss Medina uns sagen will«, versetzte er, »ist, dass ihr Vater aufgrund dieser Prognose vorhatte, sie ebenfalls mit einem kolumbianischen Gangsterboss zwangsweise zu verheiraten. Mit dem Kartell dieses Mannes hat er seit Jahren enge Verbindungen geknüpft, nun erschien dieser Mann ihm vertrauenswürdig genug, dass er seine Nachfolge übernehmen könnte. Die Hochzeit sollte vor drei Monaten stattfinden, früh genug, bevor er sich selbst nicht mehr um die Geschäfte kümmern könnte.«

»Mein zukünftiger Ehemann wurde kurz vor der Hochzeit von Rivalen erschossen und sein Kartell von einer anderen kolumbianischen Gang übernommen«, sagte Maria Medina. »Diese Gang ist mit meinem Vater seit Jahren verfeindet, weshalb ihm damit ein nicht unwesentlicher Teil seines Einflusses in Kolumbien weggebrochen ist. Ich war, wie Sie sicher verstehen können, erleichtert, dass das passierte, dachte ich doch, dass sich die Sache damit erledigt hätte. Weit gefehlt. Mein Vater, dem es langsam wirklich schlechter geht, hat mir vor zwei Wochen signalisiert, dass er sich wieder auf die Suche nach einem geeigneten Bräutigam machen will.«

Ich nickte verständnisvoll und fragte mich, wo diese Geschichte hinführen würde.

Maria Mendes lächelte mich seltsam an, und ich meinte sogar, so etwas wie Scham in ihrer Stimme zu bemerken, als sie fortfuhr.

»Nun habe ich in meiner Not meinem Vater erzählt, dass ich während einer Reise nach Las Vegas, die ich vor einigen Wochen unternommen habe, einen amerikanischen Gangsterboss kennengelernt habe, der mir den Hof gemacht hat, und dass ich mir durchaus vorstellen könnte, diesen Mann zu heiraten und mit ihm in Amerika zu leben. Das Ganze habe ich nur aus Angst davor erfunden, dass mein Vater mich umbringen könnte, wenn ich mich dem nächsten Versuch verweigere, mich unter die Haube zu bringen. Und deshalb ...«

»Und deshalb hat sich Miss Mendes an uns gewandt und mir vorgeschlagen, dass wir einen Agent als ihren Ehemann in die Organisation einzuschleusen und alles dafür tun, dass die Organisation des Vaters zerschlagen werden kann«, sagte Mr High. »Im Gegenzug werden wir ihr und ihren Geschwistern Immunität gewähren und eine neue Identität verschaffen.«

Obwohl ich geahnt hatte, dass ich nicht zufällig hier saß und mit dieser Familiengeschichte zu tun bekommen würde, brachten mich die letzten Sätze unseres Chefs einigermaßen aus der Fassung.

Nicht dass ich grundsätzlich gegen das Heiraten war, doch das kam jetzt so überraschend, dass ich nicht wusste, wie ich diesen wahrlich ungewöhnlichen Heiratsantrag aufzunehmen hatte.

Einige Tage später sollten Phil, Kristen Steele und ich uns mit Maria Medina wieder zu einer Besprechung im Field Office treffen. Nach dem Gespräch mit Mr High und mir war sie nach Mexiko City zurückgereist, um ihrem Vater zu berichten, dass ihr Verlobter zugestimmt hatte, nach Mexico City zu kommen, um sich der Familie vorzustellen. Maria Mendes hatte ihre Ankunft für den Nachmittag angekündigt, wir wollten vorher ein paar Dinge durchgehen.

»Du erwartest jetzt aber nicht, dass wir dir zur Verlobung gratulieren, oder?«, frotzelte Phil, als wir uns in unserem Büro versammelten. »Auch wenn du anscheinend weit über dein Niveau hinaus heiraten wirst.«

»Zumindest, wenn man ihr Foto gesehen hat und wir von ihrem familiären Hintergrund besser schweigen«, ergänzte Kristen, zwinkerte mir fröhlich zu und schenkte uns allen Kaffee ein.

»Um von so lieben Kollegen wegzukommen, würde ich sogar einen Bullterrier heiraten, der gerade einen Wurf Kätzchen totgebissen hat«, knurrte ich mit einem Lächeln und schlug den Aktenordner auf, den Dr Ben Bruckner für uns vorbereitet hatte.

Ich sah Phil an, dass er noch etwas nachlegen wollte, und schenkte ihm einen Blick, der ihn ausbremste.

Mein Freund räusperte sich, als hätte er sich verschluckt, und setzte sich zu uns.

Ich öffnete den Aktenordner und verteilte ein paar Ausdrucke.

»Das sind unsere falschen Identitäten«, erläuterte ich, während Phil und Kristen mit dem Lesen anfingen. »Phil, du gehst als mein Leibwächter Bruce Phillips. Wir kennen uns seit einem gemeinsamen Gefängnisaufenthalt in Phoenix Arizona, vor knapp zwölf Jahren. Du hast wegen einer Schlägerei gesessen, bei der du drei Polizisten krankenhausreif geschlagen hast.«

Er hob eine Braue, schwieg aber.

»Ich musste einsitzen, weil ich damals mehrere Wettbüros in Phoenix abgefackelt habe, deren Besitzer kein Schutzgeld an mich zahlen wollten. Zu bemerken ist, dass das meine einzige Straftat war, der man mich jemals beschuldigt hat. Danach war ich vorsichtiger und ließ andere die schmutzigen Jobs für mich erledigen, während ich mich darauf konzentriert habe, einige kleinere Bosse im lokalen Wettgeschäft aus dem Weg zu schaffen, um mir deren Pfründe anzueignen. Seit drei Jahren bin ich einer der großen Bosse in Phoenix und kontrolliere neben dem mittlerweile stagnierendem Wettgeschäft die Prostitution und den Drogenhandel der Stadt.«

Ich zog ein Foto aus der Akte, das ich meinen Kollegen zeigte.

»Das Gesicht kennt ihr sicher«, sagte ich. »Es befindet sich ebenfalls in euren Akten. Es handelt sich um Henry Butler, der seit einem Jahr im Gefängnis von Phoenix wegen mehrfachen Mordes eine lebenslängliche Strafe verbüßt. Butler hatte Verbindungen zum Kartell von Diego Medina, dem Vater der Braut.«

Ein Seitenblick zu Phil bestätigte mir, dass er schon wieder einen treffenden Scherz auf den Lippen hatte, ihn sich jedoch gerade noch verkneifen konnte.

»Wir rechnen damit, dass sich Diego Medina nach mir erkundigen wird und sich daran erinnern könnte, dass sein alter Geschäftsfreund Henry Butler in Phoenix einsitzt«, redete ich weiter. »Wenn nicht, werden wir ihm auf die Sprünge helfen müssen, damit er von selbst auf die Idee kommt, bevor er andere Leute befragt, die uns schaden könnten.«

Kristen nickte.

»Butler wurde von uns bereits dahingehend instruiert, dass er meine Identität verifiziert und mich als ganz gemeinen Hund und erfolgreichen Gangsterboss lobpreist. Er wird Medina bestätigen, dass ich es war, der ihm sein Geschäft abnehmen wollte, weshalb er ein paar meiner Männer umbringen ließ und nun dafür im Gefängnis sitzt. Im Gegenzug erhält er von uns einen lebenslangen Vorrat an Zigaretten, Zeitschriften und einen Plasmafernseher in seiner Zelle.«

Ich sah wieder zu meinem Partner, der nun ganz beim Ernst der Sache angekommen war.

»Zurück zu dir, Phil«, sagte ich. »Du warst anfangs einer meiner Laufburschen, seit einem Attentat, das ein Konkurrent vor zwei Jahren auf mich verübt hat, bist du mein persönlicher Leibwächter und der einzige Fremde, dem ich alles anvertraue. Es geht das Gerücht, dass du mir damals im Gefängnis einmal das Leben gerettet hast, als ein Mitgefangener versucht hat, mich zu töten. Doch das ist, wie gesagt, nur ein Gerücht.«

Kristen hatte ihr Aktenstudium beendet.

»Du, Kristen, bist meine Schwester Virginia Stone, die mich ein Leben lang begleitet hat, seit unsere Eltern bei einem Autounfall starben. Wir sind gemeinsam aus einem Erziehungsheim geflohen und haben uns in den Straßen von Phoenix durchgeschlagen, bis ich meine kriminelle Karriere gestartet habe. Du bist neben Bruce meine einzige Vertraute und so etwas wie der zweite Boss in unserer Organisation.«

»Das kriege ich hin«, sagte sie.

»Dein Bein hast du bei dem Unfall verloren, bei dem unsere Eltern ums Leben kamen. Du hast ein Wirtschaftsstudium abgebrochen, als meine Organisation anfing zu wachsen, und bist bei mir eingestiegen. Du hast die Hand auf der Kasse, bist aber auch mal dazu in der Lage einzugreifen, wenn es ruppig zugeht. Dir wird nachgesagt, dass du den Verursacher des Unfalls, nachdem wir aus dem Heim ausgebüxt sind, in seinem Haus aufgesucht, ihn verführt und ihn, gefesselt an sein Bett, bei lebendigem Leib mitsamt seinem Haus verbrannt hast. Da warst du gerade erst vierzehn Jahre alt.«

»Danke, Joshua Stone, mein lieber Bruder, dass du mir bei meiner Vita so hervorragende Eigenschaften zugesprochen hast«, sagte Kristen, während ich die Akte schloss.

Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken und wollte gerade noch erwähnen, dass sich weitere Informationen, wie Geburtsdaten und ein Dutzend weiterer Anekdoten und Ereignisse, die Ben vorbereitet hatte und die einer Überprüfung Stand halten würden, in der Akte befanden, als sich die Tür öffnete und meine zukünftige Braut eintrat.

Nachdem wir uns kurz, zuerst mit unseren richtigen, dann mit unseren Decknamen vorgestellt hatten und Maria Mendes uns das Einverständnis ihres Vaters übermittelt hatte, mich kennenzulernen, besprachen wir unser weiteres Vorgehen.

»Mein Vater erwartet uns übermorgen auf unserer Hazienda«, teilte Maria uns mit. »Aber er erwartet nur Sie ... Entschuldigen Sie, dich und mich, Joshua, und niemanden sonst. Ich wusste ja nicht, dass ...«

»Denkst du, dass er damit Probleme hat, wenn ich meine Schwester und meinem Leibwächter und besten Freund mitbringe?«, unterbrach ich sie und blieb mit meiner Art zu sprechen, sofort in meiner Rolle.

»Er kann schon recht eigen sein«, antwortete meine Braut. »Und es kann sein, dass er es als unverschämt auffasst, wenn du gleich zwei völlig Fremde mitbringst. Vielleicht sollte ich ihn einfach mal anrufen und hören, was er sagt.«

»Dann sag deinem Vater, dass ich mit meiner Schwester und meinem Leibwächter komme oder gar nicht«, sagte ich. »Ich komme nicht als Bittsteller, sondern als der Mann meiner Frau, dass das von vorneherein klar ist. Meine Schwester ist meine Trauzeugin und Bruce ist wie ein Teil von mir. Ich gehe nirgends hin ohne ihn.«

Maria lächelte mich an.

»Das gefällt mir«, sagte sie. »Ein Mann, der sich durchsetzen kann. Am besten, wir sagen meinem Vater gar nichts und tauchen einfach zu viert auf.«

»Ist Ihnen klar, dass wir das Kartell Ihres Vaters vollkommen zerschlagen werden und alle verhaften, derer wir habhaft werden können? Und dass wir das ganze Geld, dass Sie besitzen, wo immer es sein mag, beschlagnahmen werden?«, fragte Kristen. »Ihnen und Ihren Geschwistern wird nichts bleiben außer Ihrem Leben. Was werden Sie anfangen, wenn Sie sich an Ihrem Vater gerächt haben? Wird Ihnen Ihre Rache genug sein, um unbeschwert weiterzuleben? Wird Ihre Motivation, mit uns zusammenzuarbeiten, ausreichen, um sich jeden Moment in den nächsten Wochen oder Monaten zusammenzureißen, um sich nicht zu verplappern?«

Eisige Stille herrschte im Raum. Die beiden Frauen fixierten sich. Phil hob die Brauen, sichtlich gespannt, wie Maria reagieren würde. Und auch ich spürte, dass Kristen mit ihrer Ansprache den Kern der Sache getroffen hatte und es wichtig war, dass nicht nur wir, sondern auch die junge Frau sich darüber bewusst wurde, was davon abhing, dass wir alle unsere Rollen spielen würden. So gut spielen würden, dass ihr Vater mir letztlich mehr vertraute als ihr, mich als seinen Schwiegersohn akzeptierte, dem er das Zepter übergeben könnte.

»Es geht nicht nur darum, dass ich nicht wie ein Stück Rind an den erstbesten Kerl verscherbelt werden will, der sich meinem Vater als Nachfolger für seine schmutzigen Geschäfte andient«, erwiderte Maria mit leicht zitternder Stimme. »Es geht darum, dass dieser Mann meine Mutter umgebracht hat. Darum, dass er meiner älteren Schwester schon angetan hat, was er mir nun antun will, auch wenn sie sich mittlerweile mit ihrem Schicksal arrangiert hat und sogar zwei Söhne mit ihrem Mann hat. Ich habe das alles, was unser Vater uns angetan hat, erst vor Kurzem erfahren, als ich sie anrief, um ihr zu erzählen, was er von mir verlangt.«

Kristen schwieg.

»Da hat sie es mir erzählt. Bis dahin dachte ich, meine Mutter wäre einfach gestorben. Er ist nicht mehr mein Vater, seit er das getan hat. Er ist ein Feind. Ich will, dass er bezahlt, ganz gleich, ob er wegen seiner Erkrankung dann noch weiß, was um ihn herum passiert. Und ich will sein ganzes dreckiges Geld nicht. Ich will wieder atmen können, ohne den Druck zu verspüren, den sein Leben auf mein Leben ausübt. Diesen Druck, der mir jeden weiteren Augenblick meines Lebens raubt. Können Sie das verstehen?«

Sie brach ab. Kristen ließ den Blick nicht von Maria, die mit den Tränen kämpfte, sich aber eisern dazu zwang, nicht den Kopf zu senken.

»Ja.« Kristen nickte schließlich. »Das verstehe ich vollkommen.«

Die Hazienda von Diego Mendes lag am Rand von Mexiko City in der Bella Vista, einem sanften, hügeligen Gelände mit üppigen Wiesen, in dem es nur zwei Anwesen gab, das der Familie Mendes und das des Bürgermeisters der Stadt. Ansonsten war es unberührte Natur, die uns umfing, als wir vom Flughafen aus von einem Chauffeur mit einer Limousine abgeholt wurden.