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Zwei Männer starben unter mysteriösen Umständen. Sie wurden mit derselben Mordwaffe getötet. Es sah so aus, als hätten die Opfer die Apartments, in denen sie umgebracht worden waren, eigens für das Treffen mit ihrem Mörder angemietet. Es gab keine Einbruch- oder Kampfspuren, weswegen die Opfer ihren Mörder gekannt oder ihn zumindest als harmlos eingestuft haben mussten. Alles deutete darauf hin, dass sich die Männer auf ein Rendezvous eingestellt hatten. Deshalb hegten wir vom FBI den Verdacht, dass sie von einer Frau ermordet worden sein könnten. Und die hatte längst nicht genug ...
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Seitenzahl: 135
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Inhalt
Im Netz der Lust
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Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Inhaltsbeginn
Impressum
Julian Strickland lehnte sich zurück und nahm einen Schluck von dem teuren Scotch. Der Alkohol brannte angenehm in seiner Kehle, während er seinem Gast einen durchdringenden Blick zuwarf.
»Schön, dass du es doch noch geschafft hast«, sagte er mit einem leichten Lächeln, das seine Augen nicht erreichte.
Sein Gast erwiderte nichts. Die Atmosphäre im Raum wurde schwer. Zwischen ihnen lag eine unausgesprochene Spannung, die mit jeder Sekunde dichter wurde. Der Regen prasselte unablässig gegen die Fensterscheiben.
»Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte Strickland. Etwas stimmte nicht. Er stellte das Glas ab und richtete sich auf. »Was hast du vor?«
Die Anspannung spiegelte sich nun deutlich in seiner Stimme wider. Bevor er eine Antwort erhielt, blitzte etwas im gedämpften Licht auf. Ein Stilett, dünn und tödlich, dessen Klinge blitzschnell in seiner Brust verschwand.
Strickland keuchte, als die Stichwaffe sein Herz durchbohrte. Ungläubig starrte er auf den Dolch in seiner Brust. Seine Hände griffen vergeblich nach Halt, rasch entwich ihm die Kraft. Er sackte in den Sessel zurück. Sein Leben erlosch mit einem letzten erschrockenen Atemzug.
Fünf Wochen später
Nicolas Voss saß auf einer Couch im Wohnzimmer eines Apartments, das nicht ihm gehörte.
Seine Augen waren hinter einer Sonnenbrille verborgen, obwohl die Wohnung nur von trübem Tageslicht erhellt wurde.
Bis vor wenigen Minuten hatte es noch geregnet, und die Schlieren auf dem Fensterglas schufen eine trügerisch ruhige Atmosphäre. Der Lärm der Stadt drang dumpf und wie von weiter Ferne in den Raum.
Er beobachtete die Regentropfen und hoffte, so sein hektisch schlagendes Herz unter Kontrolle zu bringen nen. Seine langen, feingliedrigen Finger trommelten nervös auf der Armlehne der Couch.
Der Radetzky-Marsch, kam es ihm erst nach Minuten in den Sinn. Er hatte die Melodie unbewusst vor sich hin geklopft. Doch jetzt da ihm auffiel, welches Lied er die ganze Zeit über getrommelt hatte, schlich sich der Ohrwurm in Orchesterlautstärke in sein Gehirn.
Voss hatte diese Wohnung bewusst gewählt. Er hatte sie über Airbnb gebucht, um sie für seine eigene auszugeben.
Schon seit Tagen hatte er im Onlineportal nach einer passenden Location für das heute bevorstehende Treffen gesucht.
Das Apartment strahlte Eleganz aus, war stilvoll und teuer eingerichtet und trotzdem anonym genug, um nicht zu viel über die eigentlichen Besitzer zu verraten.
Sie passte zu ihm, dem zweiundvierzigjährigen, attraktiven Mann, der sich seinem heutigen Gast ebenfalls als gut situiert und elegant beschrieben hatte, ohne zu viel von sich preiszugeben.
Sarah wusste nicht einmal seinen richtigen Namen. Und sie würde ihn wohl auch nie erfahren. Es lag immerhin nicht in seiner Absicht, mit dieser Frau eine Beziehung einzugehen.
Obwohl sie ihm durchaus gefallen könnte, falls sie den Fotos, die er von ihr im Internet gesehen hatte, in natura auch nur annähernd gerecht wurde.
Voss wurde noch ein wenig aufgeregter, wenn er an den One-Night-Stand dachte, der heute vielleicht für ihn dabei heraussprang.
Aber nicht mehr, dachte er. Die kriege ich schon rum.
Er sah die Bilder der schnellen heißen Nummer mit seinem jungen Opfer direkt vor sich. Diese Bilder ließen sein Herz schneller schlagen.
Ganz bestimmt werde ich sie heute flachlegen.
Sein Mund wurde trocken. Er war sich seiner Sache plötzlich ganz sicher. Immerhin hatte Sarah in ihren letzten Nachrichten durchaus durchblicken lassen, dass auch sie dem Sex nicht ablehnend gegenüberstehen würde.
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er würde sich ihren Körper nehmen und sich am nächsten Tag mit ihrem Geld aus dem Staub machen.
Voss warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Eine Zeppelin. Nicht zu protzig, aber auch nicht gerade billig. Jedenfalls nicht so aufdringlich wie eine Rolex oder eine Breitling. Er achtete auf das kleinste Detail, um seiner Rolle gerecht zu werden.
Noch fünf Minuten. Perfekt.
Sarah würde jeden Moment eintreffen. Gedanklich ging er die Schritte noch einmal durch. Wie ein Schauspieler, der vor der Aufführung die einzelnen Szenen durchging. Ein Schauspieler, der er im Grunde auch war. Ein Hochstapler.
Das Spiel war vertraut, fast Routine. Es begann immer gleich. Er präsentierte sich als verletzlicher, leicht zu manipulierender Mann, der gerade in einer schweren Phase seines Lebens steckte. Ein Mann, der sich nach Nähe sehnte.
Die Frauen, die er über Onlineplattformen kennenlernte, suchten Romantik. Eine Verbindung. Und er gab ihnen genau das, was sie wollten. Zumindest am Anfang.
Er wusste, wie man die richtigen Worte fand. Und er wusste, wie er sein charismatisches Lächeln einsetzen musste, wenn es doch einmal zu einer persönlichen Begegnung kam.
Und dann, wenn sie glaubten, ihm vertrauen zu können, zog er ihnen den Boden unter den Füßen weg. Er nahm sich alles, was er kriegen konnte.
Anfangs hatte er es aus Geldnot getan. Er konnte immer schon gut mit Frauen umgehen. Warum also sollte er aus seiner Fähigkeit kein Kapital schlagen?
Er hatte den Absprung verpasst. Inzwischen tat er es nicht mehr nur des Geldes wegen. Er brauchte den Kick.
Früher als erfolgreicher Investmentbanker, hatte er sich unbesiegbar gefühlt. Die Spielsucht hatte ihn vorübergehend aus der Bahn geworfen. Es hatte ihm nicht mehr gereicht, an der Börse mit hohen Beträgen zu jonglieren. Fast alles, was er verdient hatte, brachte er ins Casino und in Wettbüros.
Bald türmten sich die Schulden. Anfangs glaubte er noch, er könnte sie von allein in den Griff bekommen. Doch er hatte mehr Geld verspielt, als er gewann.
Die Banken saßen ihm nun im Nacken, und er wandte sich verzweifelt an Kredithaie, um sich wenigstens zeitweise über Wasser zu halten.
Dann hatte er von einer Form des Internetbetrugs gehört, die ihn anfänglich sogar in Empörung versetzt hatte. Love Scamming.
Die Idee, leichtgläubigen Frauen Verliebtheit vorzuspielen, um sie finanziell auszunehmen, hatte ihn zu Beginn abgestoßen. Aus der anfänglichen Abscheu wurde bald Interesse, und der Gedanke gewann immer mehr an Faszination.
War es wirklich so einfach?
Er war sich seiner Ausstrahlung Frauen gegenüber bewusst. Er hatte noch nie besondere Schwierigkeiten damit gehabt, Frauen anzusprechen oder sogar ins Bett zu bekommen.
Warum sollte er es dann nicht versuchen?
Weltweit scheffelten organisierte Banden haufenweise Geld mit dieser Form des Betrugs. Er könnte es zumindest versuchen und sich einen kleinen Teil des Kuchens holen.
Vielleicht war das ja wirklich eine Möglichkeit für ihn, schnell zu Geld zu kommen.
Und tatsächlich hatte er Erfolg mit seiner Masche. Schon sein erstes Opfer, eine leichtgläubige Witwe aus Ohio, hatte ihm über mehrere Monate hinweg insgesamt fünfundzwanzigtausend Dollar überwiesen.
Der Rausch hatte bei Voss sofort eingesetzt. Es war wie früher an der Börse gewesen. Oder im Casino. Jedes Mal, wenn die Frau ihm Geld überwiesen hatte, verspürte er diesen Kick.
Nachdem die Witwe ihm irgendwann mehrfach versichert hatte, dass es bei ihr nichts mehr zu holen gab, hatte er sie fallen lassen und seine Masche bei anderen Frauen angewandt. Zuletzt waren es mehrere Frauen gleichzeitig, die er auf diesem Weg betrogen hatte.
Normalerweise zögerte Voss persönliche Treffen so weit hinaus, wie es nur ging. Wenn es sich vermeiden ließ, traf er sich gar nicht erst mit seinen Opfern.
Bevor es so weit kam, brach er lieber den Kontakt ab.
Erst in zwei Fällen, in denen er das Gefühl gehabt hatte, die Zitrone nur durch eine persönliche Geldübergabe noch etwas mehr auspressen zu können, hatte er einem Treffen zugestimmt. Er hatte in beiden Fällen Erfolg gehabt und war mit einem höheren Geldbetrag in der Versenkung verschwunden.
Natürlich war er in diesen Fällen ähnlich aufgeregt gewesen wie gerade in diesem Moment. So viel konnte dabei schiefgehen.
Er hatte mal von einem Fall gehört, bei dem das vermeintliche Opfer mit einem Detektiv zum Treffen erschienen war und den Betrüger hatte auffliegen lassen.
Dieser Gedanke sorgte für einen Schweißausbruch.
Aber Sarah war, im Gegensatz zu seinen bisherigen Opfern, die erste Frau, die ihn körperlich interessierte.
Natürlich stand auch diesmal das Geld, das sie mitbringen sollte, für Voss an erster Stelle.
Sarah hatte ihm Bilder von sich geschickt, die ihm den Atem raubten. Dabei war sie zuletzt immer freizügiger geworden.
Die Trockenheit wanderte von seinem Mund in seinen Hals. Er dachte daran, sich ein Glas Wasser zu holen.
Da läutete es an der Sprechanlage.
Nicolas Voss sah wieder auf seine Uhr. Sarah war pünktlich auf die Minute.
Er nahm die Sonnenbrille ab und legte sie auf den Tisch vor sich. Dann erhob er sich von der Couch, ging in den Flur und nahm den Hörer der Sprechanlage ab.
»Ja bitte?«, sagte er mit völlig ruhiger Stimme. Die Anspannung war mit einem Mal wie weggeblasen. Jetzt war Showtime!
»Hi, hier ist Sarah«, kam es mit zittriger Stimme aus dem Lautsprecher.
Sie ist aufgeregt, bemerkte er. Ausgezeichnet.
»Hi, Sarah. Mit dem Lift in den sechsten Stock. Dritte Tür rechts.«
Nicolas Voss wartete ab, bis Sarah vor dem Apartment stand und klingelte. Erst dann öffnete er die Wohnungstür.
Einen Sekundenbruchteil lang war er enttäuscht. Er ließ sich nichts anmerken. Auch darin war er geübt, und die Erfahrung hatte bisher gezeigt, dass kaum jemand im realen Leben exakt so aussah, wie man sich im Internet präsentierte.
Und eigentlich gab es auch gar keinen Grund, enttäuscht zu sein.
Die Frau vor ihm war attraktiv, keine Frage. Dennoch war irgendetwas anders als auf ihren Fotos. Und, so ehrlich musste er selbst zu sich sein, auch er hatte seinem Erscheinungsbild auf seinem Profilfoto mit Filtern etwas nachgeholfen.
Ihr hingegen schien das gar nichts auszumachen. Sie schien überglücklich darüber, dass sie ihm endlich zum ersten Mal gegenüberstand.
Sie strahlte übers ganze Gesicht, ihre Augen waren weit geöffnet, und sie biss nervös auf ihre Unterlippe.
Das turnte ihn an. Sie wirkte unschuldig und sexy zugleich.
»Norman!«, stieß sie plötzlich hervor und warf sich ihm an den Hals.
Es war ein seltsames Gefühl, plötzlich mit dem Vornamen angesprochen zu werden. Natürlich kannte sie seinen richtigen Namen nicht. Und er hatte auch nicht vor, ihn ihr zu nennen.
Sie küsste ihn nicht. Noch nicht. Sie hielt ihn einfach nur fest, presste ihren Kopf an seinen Hals und flüsterte: »Endlich.«
Dabei streichelte sie sanft seinen Nacken.
Er erwiderte ihre Umarmung. Sie war ihm nicht unangenehm. Ganz im Gegenteil. Sie erregte ihn, und er zog sie noch fester an sich heran.
Sie verströmte einen angenehmen Duft, eine Mischung aus Vanille, Zitrusfrüchten und Weihrauch.
Möglicherweise Shalimar von Guerlain, dachte er.
Zu seinen Fähigkeiten als Frauenflüsterer gehörte, sich gut mit Parfüms auszukennen.
Al Pacino in Der Duft der Frauen war sein großes Vorbild.
»Norman?« Ihre Stimme klang hingegen genauso, wie er sie aus den wenigen bisher geführten Telefongesprächen in Erinnerung hatte.
Ruhig, weich, zerbrechlich, mit einem Hauch von etwas Dunklerem. Sie hatte es nicht immer leicht gehabt im Leben, wie sie ihm anvertraut hatte.
»Sarah«, sagte er endlich. »Ich freue mich auch, dich endlich bei mir zu haben.«
Sie lösten sich voneinander. Er bat sie herein, nahm ihr den feuchten Mantel ab und hängte ihn in den Schrank im Vorzimmer.
Dann führte er sie ins Wohnzimmer, bat sie sich zu setzen und fragte, ob sie etwas trinken wolle.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein danke. Später vielleicht. Jetzt möchte ich dich einfach nur ansehen und deine Stimme hören.«
Sie setzte sich auf den bequemen Sessel gegenüber der Couch und legte ihre Handtasche neben sich auf die Sitzfläche.
Voss ließ sich auf der Couch nieder. Für einen Augenblick herrschte Stille, und sie sahen sich nur in die Augen.
Ihre Verliebtheit, die sie so offen und unverblümt zur Schau trug, rührte ihn.
Vorsicht, Nicolas, ermahnte er sich selbst. Verlieb dich bloß nicht.
Er war sich seiner Überlegenheit sicher. Die Frauen, die er bisher getroffen hatte, betrachteten ihn meist mit einer gewissen Vorsicht. Sarah wirkte nicht beeindruckt. Sie war nervös, ja, doch sie schien keine Angst vor ihm zu haben.
Sie lehnte sich zurück und fragte, wie es ihm gehe. Er erzählte von seiner Arbeit, dass er seinen Beruf liebe, aber gerade eine schwierige Zeit durchmache. Er ließ Andeutungen über Investitionen fallen, von denen er ihr bereits online oder am Telefon erzählt hatte, und sprach über die Einsamkeit, die ihn quälte. Das sei der Preis seines beruflichen Erfolgs, der ihn um die halbe Welt brachte.
Alles lief nach Plan.
Sarah lehnte sich zu ihm vor. »Du bist genauso, wie ich mir dich vorgestellt habe, Norman.«
Sie lächelte, und plötzlich läuteten die inneren Alarmglocken bei Voss.
Nicht die Worte selbst, sondern die Art, in der sie diese ausgesprochen hatte, löste ein Ziehen in seinem Nacken aus.
Was war nur los?
Voss blinzelte. Er war verwirrt. Hatte sie ihn durchschaut? Ein kalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter.
Bevor er etwas sagen konnte, fuhr die Frau aus ihrem Sitz hoch, und er spürte einen scharfen, stechenden Schmerz in der Brust.
Seine Augen weiteten sich. Alles in ihm schrie nach Luft, nach einer Erklärung, doch kein Wort kam heraus. Die Welt schien sich um ihn zu verlangsamen, während er die Kälte des Metalls spürte, das tief in sein Herz gedrungen war.
Sarahs Gesicht blieb unbewegt, während sie die Klinge des Stiletts noch tiefer in seinen Körper stieß.
Ihre dunklen, fast schwarzen Augen ruhten auf ihm. Er wollte etwas sagen, um Hilfe rufen.
Fragen, warum sie ihm das antat. Aber alles, was er tun konnte, war, stumm auf der Couch zu sitzen, während das Leben aus ihm wich.
Er kannte die Antwort auch so.
»Hast du mich wirklich für so dumm gehalten?«, fragte sie, ihre Stimme nun kalt, gar nicht mehr zerbrechlich. »So dumm wie all die anderen Frauen? Du hast genug Frauen ausgenutzt, Nicolas. Ja, du wunderst dich, warum ich deinen richtigen Namen kenne. Hast du wirklich geglaubt, das könnte immer so weitergehen?«
Sein Atem wurde flacher. Blut sickerte langsam aus seiner Brust und färbte sein weißes Hemd immer mehr rot.
Sein Blick trübte sich. Die Welt verschwamm.
Die Wolken hingen auch am nächsten Tag noch schwer am Himmel, als Detective Lieutenant Nick Vatrano von einem Streifenwagen des NYPD vor dem Apartmenthaus abgesetzt wurde.
Wenn es ihm irgendwie möglich war, ließ er sich lieber von seinen Kollegen fahren. Er verabscheute den New Yorker Verkehr und bezeichnete sich selbst gerne als Landei, obwohl das überhaupt nicht der Wahrheit entsprach.
Er stammte zwar aus New Jersey, aber er hatte bereits in Newark als Polizist gedient. Und obwohl Newark seiner Größe nach nicht an New York heranreichte, war es dennoch weit von einem Kuhkaff entfernt.
Vatrano stieg aus dem Wagen und schob die Hände in die Taschen seines Trenchcoats. Seine Aufmachung und sein Auftreten erinnerten stark an Inspektor Columbo aus dem Fernsehen. Niemand seiner Kollegen hätte mit Sicherheit sagen können, ob diese Assoziation von ihm ungewollt war oder sogar absichtlich geschürt wurde.
Immerhin fehlten bei ihm sowohl das Glasauge als auch die Zigarre, und er hatte schon des Öfteren zu hören bekommen, er ähnelte auch dem Schauspieler Mark Ruffalo.
Er ging auf den Eingang des schlichten Apartmentgebäudes zu. Er wusste, dass die Wohnungen in dieser Gegend sehr teuer waren, was man dem Wohnhaus von außen nicht ansah.
Vor dem Eingang warteten uniformierte Beamte, die den Tatort vor neugierigen Passanten sicherten. Vatrano nickte ihnen zu und betrat das Treppenhaus.
Das Haus machte von innen einen sauberen Eindruck, der Geruch von Desinfektionsmittel lag in der Luft. Offensichtlich war hier erst kürzlich geputzt worden.
Vor dem Aufzug wartete bereits ein Kollege von der Mordkommission auf ihn.
»Sergeant O'Hara«, begrüßte Vatrano den Mann.
»O'Malley«, korrigierte ihn der Detective, die Arme verschränkt und mit ernstem Blick. »Mein Name ist O'Malley. Es wäre sehr freundlich, wenn Sie sich das endlich merken könnten, Columbo.«
Vatrano nickte und hob abwehrend die Hände über den Kopf. »Tut mir leid, tut mir leid. Ich notiere es mir.«
Er machte keine Anstalten, sein Notizbuch herauszuholen, und drückte stattdessen den Aufzugsknopf.
»Welches Stockwerk?«, fragte er, als der Lift im Erdgeschoss ankam und sich die Türen öffneten.
»Der sechste«, erwiderte O'Malley, hörbar schlecht gelaunt.
Während der Fahrt nach oben schwiegen sie. Auch nachdem sie im sechsten Stock angekommen waren und den Lift verlassen hatten, gingen sie stumm nebeneinander zur Wohnung, in der die Leiche gefunden worden war.
Drinnen war bereits die Spurensicherung zugange. Die Kollegen der Crime Scene Unit in ihren weißen Ganzkörperanzügen nickten ihnen zur Begrüßung zu.
Vatrano blieb vorerst im Flur stehen und steckte nur den Kopf in die Wohnung.
»Wer kann mir schon etwas dazu sagen?«, fragte er.
Eine Beamtin, eingehüllt in einem weißen Overall und mit einem Mundschutz, trat zu ihm.