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Der Unbekannte zog raffiniert die Fäden in dem schmutzigen Spiel. Sein Ziel war es, das FBI Field Office New York zu vernichten. Jetzt stand sogar Mr High auf der Abschussliste. Wir versuchten unseren ehemaligen Boss zu schützen und ahnten nicht, dass gerade wir es waren, die den Mörder auf Mr Highs Spuren gebracht hatten... Abschlussband des Jubiläums- Dreiteilers.
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Seitenzahl: 149
Veröffentlichungsjahr: 2015
Cover
Impressum
12 GEGEN NEW YORK
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: epa Szenes – PA/dpa-Fotoreport
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-1250-8
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
12 GEGEN NEW YORK
Der Killer war unterwegs.
Nachdem er den Job in Denver erledigt hatte, war Clement Trunk auf dem Weg nach Texas.
Er hatte den Auftrag, einen Mann ausfindig zu machen und zu töten, der im Archiv des FBI Field Office von Dallas arbeitete. Bis vor kurzem war dieser Mann noch der Leiter des FBI-Büros von New York gewesen, und natürlich ahnte er nichts davon, dass jemand an einem weit entfernten Ort seinen Tod beschlossen hatte.
Der Name des Mannes, dessen Tod beschlossene Sache war, lautete John D. High …
FBI Field Office, Miami
Annie Geraldo und June Clark waren noch immer wie versteinert. Wie gebannt saßen die beiden Agentinnen im Archivraum und starrten auf den Bildschirm, lasen immer wieder den Namen, der dort stand.
Eine Substanz, die sie im Zuge einer Razzia bei einem Dealer namens Frank Gomez sichergestellt hatten, hatte sie auf die Spur geführt. Die chemische Untersuchung hatte nämlich ergeben, dass es sich bei dem Zeug um eine Superdroge handelte. Ein Opiumderivat, das aus genmanipuliertem Schlafmohn gewonnen wurde und »geradezu perfekt« war, wie die FBI-Chemikerin es ausgedrückt hatte.
Das bedeutete, dass das Zeug schneller ins Blut überging als andere Drogen und auch wesentlich rascher zu völliger Abhängigkeit führte. Beim Vergleichen mit anderen Fällen, in denen solche »verbesserten« Drogen zum Einsatz gekommen waren, waren Annie und June auf einen Fall gestoßen, der sich vor etwa eineinhalb Jahren in New York zugetragen hatte.
Jerry Cotton und Phil Decker hatten die Sache damals bearbeitet, und wie sich zeigte, gab es sowohl in der Zusammensetzung der Droge als auch in der Vorgehensweise der Leute, die sie auf den Markt bringen wollten, verblüffende Übereinstimmungen. Und voller Entsetzen lasen die beiden Agentinnen den Namen, der damals hinter allem gestanden hatte – denn dieser Name war gleichbedeutend mit Terror und Schrecken.
Jeff Patrick.
Der ehemalige CIA-Agent, der abtrünnig geworden war und sich im Mittleren Osten zum Chef eines eigenen Gangstersyndikats aufgeschwungen hatte, war einer der erbittertsten Feinde des FBI. Nicht genug damit, dass Patrick immer wieder versuchte, seine alte Heimat mit Drogen zu überschwemmen; er arbeitete auch mit islamischen Fundamentalisten zusammen, denen er dank seiner intimen Kenntnisse des Geheimdienstes ein willkommener Verbündeter war.
Schon einige Mal hatten Jerry und Phil ihm ins Handwerk gepfuscht – zuletzt, als Patrick geplant hatte, Phil Decker durch eine infame Intrige aus dem FBI zu manövrieren, und das für einige Zeit auch geschafft hatte1). Erst in buchstäblich letzter Sekunde war es erneut gelungen, seine verbrecherischen Pläne zunichte zu machen. Beim Kampf im kolumbianischen Dschungel jedoch war Patrick einmal mehr die Flucht gelungen.
Seither war es still um ihn geworden – wie es jetzt aussah, hatte der Erzschurke die Zeit genutzt, um in seine Wahlheimat zurückzukehren und mit Hilfe einiger afghanischer Warlords, zu denen er eine innige Zweckfreundschaft pflegte, in großen Mengen Drogen auf den amerikanischen Markt zu bringen.
»So also ist das«, schnaubte Annie, die als Erste die Sprache zurückgewann. »Patrick steckt hinter allem.«
»Patrick? Aber wie ist das möglich? Zuletzt wurde er in Kolumbien gesehen, und soweit mir bekannt ist, wurde sein Schlupfwinkel in Grund und Boden gebombt.«
»Irgendwie muss er es wohl einmal mehr geschafft haben zu entkommen. Und wenn er es ist, der hinter allem steckt, wird mir auch langsam klar, was diese ganze Kampagne zu bedeuten hatte. Weshalb es uns hierher nach Miami verschlagen hat und warum Mr High drüben in Dallas Ordner entstauben muss.«
»Du meinst …?«
»Aber klar, Annie! Siehst du nicht, wie alles zusammenpasst? Der Anschlag auf das Continental Plaza Hotel, die Auflösung des New Yorker FBI-Büros, die Einsetzung eines Assistant Director, der von nichts wirklich Ahnung hat – wem kommt das alles sehr gelegen?«
»Keine Frage – Jeff Patrick.«
»Eben. Der Mistkerl weiß ganz genau, dass Jerry ihn sofort durchschaut hätte, zumal er schon einmal versucht hat, mit dieser Nummer zu landen. Damals haben Jerry und Phil seinen Traum vom amerikanischen Drogenimperium in Rauch aufgehen lassen, aber wie es aussieht, hat er ihn noch immer nicht ausgeträumt.«
Annie nickte. Plötzlich ergab alles Sinn: Der verheerende Anschlag auf die Internationale Sicherheitstagung im Continental Plaza Hotel in New York, bei dem das FBI alles andere als gut ausgesehen hatte; die – fehlgeschlagenen – Attentate auf Jerry Cotton und Phil Decker sowie auf die FBI-Agentinnen Sarah Hunter und Ruby O’Hara; schließlich der Schiedsspruch der Untersuchungskommission, der die Agenten des New Yorker Büros in alle Winde zerstreut hatte.
Während Annie und June nach Miami versetzt worden waren, hatte es Steve Dillaggio und Zeerookah ins ferne North Dakota verschlagen; Sarah und Ruby waren in Denver gelandet, Les Bedell und Joe Brandenburg an der FBI-Akademie von Quantico, Virginia. Phil Decker schließlich war zum Bürodienst im FBI-Hauptquartier verdonnert worden, während Jerry Cotton als Einziger hatte in New York verbleiben dürfen.
Am ärgsten jedoch hatte es Mr High erwischt.
Der Leiter des New Yorker FBI-Büros war von der Kommission seines Amtes enthoben und kurzerhand nach Dallas versetzt worden, wo er Archivdienste zu verrichten hatte – so ziemlich der langweiligste und niedrigste Job, den das FBI zu bieten hatte2).
Vergeblich hatten die geschassten Agenten bislang herauszufinden versucht, weshalb die Kommission eine solche Maßnahme ergriffen hatte. Der Verdacht, dass es innerhalb des FBI eine Verschwörung gab, die zum Ziel hatte, das New Yorker Büro aufzulösen, lag nahe, hatte bislang aber nicht bestätigt werden können.
Nun erklärte ein einziger Name praktisch alles.
»Jeff Patrick, dieser elende Schweinehund«, ereiferte sich Annie.
»Allerdings.« June nickte. »Patrick muss noch immer Verbindungen bis in höchste Kreise besitzen, wenn es ihm so leicht fällt, eine ministeriale Untersuchungskommission nach seiner Pfeife tanzen zu lassen.«
»Vielleicht war auch nur eine Menge Geld im Spiel«, mutmaßte Annie. »Vielleicht hat er die Jury bestochen.«
»Ich denke nicht. Patrick ist kein Idiot. Er weiß, dass so etwas sofort auffliegen würde. Ich denke, er hat diese Sache von Anfang an geplant. Er war es, der hinter dem Anschlag auf das Continental Plaza steckte, und er hat auch dafür gesorgt, dass wir in alle Winde zerstreut wurden – und alles nur, um in New York freie Bahn zu haben.«
»Vielleicht hatte er das alles ja schon damals vor, als die Sache mit Phil passiert ist«, rätselte Annie. »Damals haben Jerry und Sarah ihm dazwischengefunkt. Also hat er diesmal nicht nur einen von uns aus New York entfernt, sondern gleich alle.«
»Wir müssen Jerry sofort warnen«, sagte June und griff nach ihrem Handy. »Er muss wissen, mit wem er es hier zu tun hat, damit er …«
Sie unterbrach sich plötzlich, als sie das Funktelefon ans Ohr hob.
»Was ist?«, fragte Annie.
»Ich kriege keine Verbindung. Irgendetwas stört den Empfang …«
Die beiden Agentinnen tauschten einen viel sagenden Blick. In einer Millionenstadt wie Miami keinen Empfang zu bekommen war verdächtig. Es konnte darauf hindeuten, dass die Verbindung bewusst blockiert wurde oder dass jemand versuchte, das Gerät abzuhören.
Oder aber, es befand sich in unmittelbarer Nähe eine Störquelle, die stark genug war, um …
»June!«
Mehr beiläufig hatte Annie Geraldo einen Blick unter den Schreibtisch geworfen, auf dem das Computerterminal stand. Was sie dort sah, ließ das Blut in ihren Adern gefrieren.
Es war ein kleines Kästchen mit einem Funkempfänger. Daneben, mit Klebeband befestigt, hing ein dicker Pack Sprengstoff. Genug, um die ganze Etage in die Luft gehen zu lassen.
»Raus hier!«, war alles, was Annie noch sagen konnte, und ihre Partnerin stellte keine überflüssigen Fragen.
Die beiden Agentinnen rannten zum Ausgang, platzten hinaus auf den Korridor. Mit ausgreifenden Schritten rannten sie den Gang hinab zum Notausgang, wissend, dass es jeden Augenblick zu spät sein konnte.
Da war keine Schaltuhr gewesen.
Der Zünder wurde per Funk ausgelöst.
Irgendwo saß jemand und hatte den Finger am Auslöser – und er konnte jeden Moment abdrücken …
Der Korridor zog sich in ungeahnte Länge.
Annie und June rannten so schnell sie konnten. Dennoch hatten die beiden Frauen das Gefühl, als würde die breite Stahltür, auf der mit roten Lettern EMERGENCY EXIT stand, in noch immer weitere Ferne rücken.
Dann, nach quälenden Sekunden, hatten sie die Tür erreicht. Annie riss die Verplombung auf, und irgendwo im Haus begann eine Sirene zu kreischen, obwohl sich um diese späte Zeit kaum noch jemand im FBI-Gebäude aufhielt.
In diesem Augenblick detonierte die Bombe.
Eine Erschütterung durchlief das Federal Building, die die Agentinnen fast von den Beinen riss, dazu ein Knall, laut und durchdringend.
Dann kam das Feuer.
Erschrocken blickte June über die Schulter zurück, sah die Wand zum Archivraum unter der Druckwelle bersten und loderndes Feuer auf den Gang quellen. Nach allen Seiten breitete es sich aus und kam im nächsten Augenblick den Gang herab, eine glühende Flammenwand, die alles vernichtete, das ihr in den Weg kam.
»Rasch! Hier hinein!«, brüllte Annie und stieß die Tür zur Nottreppe auf, während die Flammen rasend schnell heranzuckten.
June wandte sich um und stürzte zur Tür, wollte sich in das kühle Dunkel flüchten, das jenseits des Durchgangs herrschte.
Im nächsten Moment waren die Flammen heran, und June Clark fühlte, wie sengende Hitze sie umgab und an ihr nagte. Sie roch den beißenden Gestank von verbrannter Haut und angesengtem Haar.
Dann verlor sie das Bewusstsein.
***
Die Stimmung war gedrückt.
Wie hätte es auch anders sein sollen?
Vor gerade einmal vier Stunden hatten mein Partner Phil Decker und ich erfahren, dass ein Killer auf unseren ehemaligen Chef und Mentor Mr High angesetzt worden war, und alle unsere bisherigen Versuche, Mr High zu warnen, waren gescheitert.
Natürlich hatten wir sofort versucht, bei ihm anzurufen, aber Mr High war weder über das FBI-Büro noch über seinen Privatanschluss oder über Handy erreichbar. Danach hatten wir beim Police Department von Dallas angerufen und eine Streife zu ihm nach Hause geschickt – ebenfalls Fehlanzeige. Wir konnten nur hoffen, dass der Killer seinen Job noch nicht erledigt hatte.
Kurz entschlossen hatten Phil und ich das Einzige getan, was uns geblieben war: Wir hatten den nächstbesten Flug nach Dallas genommen. Jetzt saßen wir im Flieger, der sich irgendwo über dem Mittelwesten befand, und die Zeit verging mit quälender Langsamkeit.
Phil, der den Sitzplatz neben mir hatte, rutschte ebenfalls unruhig hin und her. Während alle anderen Passagiere schliefen, konnten wir beide kein Auge zutun.
»Hast du Les und Joe noch erreichen können?«, raunte ich meinem Partner halblaut zu.
»Ja. Die beiden stehen in Quantico in Bereitschaft. Wir brauchen nur Bescheid zu sagen, und sie werden die nächste Maschine nach Dallas nehmen.«
»Gut. Und Sarah und Ruby?«
»Die beiden warten auf uns am Flughafen von Dallas. Ihre Maschine trifft kurz vor unserer ein.«
»Gut.« Ich nickte. Dass wir unsere Kolleginnen wieder sehen würden, war immerhin ein tröstlicher Gedanke, nachdem man uns so abrupt auseinander gerissen hatte.
Von Basil Lawrence, dem Vorsitzenden der Jury, die für die Zerschlagung des New Yorker Field Office verantwortlich gewesen war, wussten wir inzwischen, dass der Grund dafür eine Maulwurfsjagd war.
Offenbar gab es irgendwo innerhalb des FBI einen Verräter, den man in unseren Reihen vermutet hatte – entsprechend waren wir auseinande gerissen worden, damit man uns an getrennten Dienststellen besser im Auge behalten konnte. Zudem hatte man uns an Positionen versetzt, wo wir möglichst wenig Schaden anrichten konnten.
Es war ein seltsames Gefühl, von der Behörde, der man die besten Jahre seines Lebens geopfert hatten, als mögliches Risiko eingestuft zu werden. Aber immerhin wussten wir jetzt, woran wir waren.
Unser Ziel musste es sein, das Komplott gegen uns aufzudecken und den wahren Verräter zu entlarven, wenn es ihn gab. Aber vor allem mussten wir am Leben bleiben …
Zum ungezählten Mal blickte ich auf die Uhr.
Drei Uhr nachts.
Noch vier Stunden bis zur Ankunft in Dallas.
Ich griff nach dem Telefon, das in den Sitz meines Vordermannes eingearbeitet war, und versuchte erneut, Mr High zu erreichen – die Nummer samt Vorwahl kannte ich inzwischen auswendig.
Wieder Fehlanzeige. Unser Chef war nicht zu Hause.
»Und?«, fragte Phil, und ich schüttelte nur den Kopf.
»Verdammt«, knurrte mein Partner. »Aber das muss noch nichts heißen, Jerry. Vielleicht hat Big Daddy auch nur einen Spaziergang gemacht.«
»Seit drei Stunden?«
»Oder vielleicht ist er ins Kino gegangen oder …«
Ein einziger Blick von mir brachte Phil zum Schweigen. Ich rechnete es meinem Partner hoch an, dass er mich beruhigen wollte, aber das war im Augenblick so vergeblich, als versuchte man, einen Kettenraucher zum Aufhören zu bewegen.
Wir wussten beide, dass Mr High nicht der Typ war, der ins Kino ging oder mal eben auf Piste, um einen drauf zu machen. Das FBI war sein Lebensinhalt, seit seine Familie von skrupellosen Verbrechern ermordet worden war. Er hatte geschworen, sein Leben dem Kampf gegen das Verbrechen zu widmen. Er hatte nichts anderes, und ich mochte mir gar nicht ausmalen, was die unrühmliche Strafversetzung bei ihm angerichtet hatte.
Mr High hatte den Urteilsspruch der Jury gelassen, fast resignierend aufgenommen – ich konnte mich nicht erinnern, ihn jemals so erlebt zu haben. Und ein wenig plagte mich auch das schlechte Gewissen, weil ich mich in den drei Wochen, die seither verstrichen waren, nicht um ihn gekümmert hatte.
Jedenfalls nahm ich das an.
Genau wusste ich es nicht, denn an alles, was weniger als drei Wochen zurücklag, hatte ich keine konkreten Erinnerungen mehr. Anfangs hatte ich gedacht, dies sei die Folge einer Kopfverletzung, die ich davongetragen hatte, aber inzwischen wussten wir, dass es das Ergebnis einer gezielten Manipulation gewesen war3).
Dr. Raspuri, ein indischer Hypnosespezialist, hatte mich zurück in jene Nacht versetzt, in der ich am Kopf verwundet und bewusstlos aufgefunden worden war. Unter Hypnoseeinfluss hatte ich mich an eine dunkle Gasse erinnert und an mehrere dunkle Gestalten.
Eine davon hatte ich nicht erkennen können, dafür war die Sperre, die man in meinem Unterbewusstsein eingesetzt hatte, zu stark. Aber die beiden anderen hatte ich als Nick Clery und Kerwin Porker identifiziert, zwei einschlägig bekannte Ganoven.
Porker war es auch, der in dringendem Verdacht gestanden hatte, mit dem Anschlag auf das Continental Plaza Hotel in Verbindung zu stehen. Welche Rolle er dabei tatsächlich gespielt hatte, würden wir nun wohl nicht mehr erfahren, denn Porker war tot.
Und der Mann, der ihn getötet hatte, war jetzt auf dem Weg nach Dallas, um Mr High zu erledigen.
Ich konnte nur hoffen, dass wir nicht zu spät kamen …
***
»Lagebericht«, forderte Jeff Patrick mit kalter Stimme, während er den Telefonhörer so fest in der Hand hielt, dass das Weiße an den Knöcheln hervortrat.
»Alles läuft so, wie es von Ihnen angeordnet wurde, Sir«, meldete der Anrufer zackig. Er war nur ein tumber Handlanger, aber Patrick schätzte es, wenn in seiner Organisation militärische Ordnung herrschte. Eine der Angewohnheiten, die er sich beim Geheimdienst zugelegt hatte und nicht wieder losgeworden war.
»Was ist mit Carrey?«
»Das Problem ist erledigt. James Carrey alias Kerwin Porker weilt nicht mehr unter uns.«
»Gut so. Dann kann er den Bullen auch nichts mehr erzählen.« Patrick grinste. »Und was ist mit Miami?«
»Die Bombe ist wie vorgesehen detoniert.«
»Sehr gut. Dann darf ich davon ausgehen, dass Agent Geraldo und Agent Clark ebenfalls das Zeitliche gesegnet haben?«
»Ja, Sir.«
Patrick nickte zufrieden. Mit dem Kugelschreiber, mit dem er schon die ganze Zeit über nervös gespielt hatte, strich er zwei Namen auf der Liste, die er vor sich auf dem Schreibtisch liegen hatte.
Geraldo und Clark waren also tot – zwei Probleme weniger, mit denen er zu kämpfen hatte.
Anfangs war es leicht gewesen, die Agenten des New Yorker FBI zu manipulieren, und eine Weile lang hatte es Patrick auch Spaß gemacht, mit ihnen zu spielen. Er hatte die Information mit dem Maulwurf lanciert, um das New Yorker Büro in Misskredit zu bringen, und er hatte den Anschlag auf das Continental Plaza inszeniert, um das FBI-Hauptquartier misstrauisch zu machen.
Der Plan war aufgegangen, und während Cottons Kollegen in alle Himmelsrichtungen zerstreut worden waren, hatte Patrick in aller Ruhe damit begonnen, den Drogenmarkt an der Ostküste zu übernehmen. Schon einmal hatte er es versucht und war damit gescheitert – diesmal sollte nichts dem Zufall überlassen bleiben. Zumal er offiziell für tot galt und man ganz sicher nicht ihn hinter all den Manipulationen vermuten würde.
Nur etwas war gründlich schief gelaufen: Wäre es nach Jeff Patrick gegangen, hätte Jerry Cotton längst ins Gras gebissen. Der Überfall am alten Bootshaus in Montauk4) war jedoch fehlgeschlagen, sodass Jonathan Garner, Patricks Verbindungsmann im mächtigen Heimatschutzministerium, zu einem drastischen Mittel gegriffen hatte: Er hatte Cotton einer Hypnose unterziehen und seinem Unterbewusstsein eine Gedächtnissperre einpflanzen lassen.
Das war beinahe noch besser, als wenn Cotton tot gewesen wäre, denn bei einem G-man mit Gedächtnisschwund stellte niemand dumme Fragen. Bei Cottons enormer Popularität jedoch hätte sein Tod nur unerwünschte Wellen geschlagen.
»Gut, gut«, sagte Patrick noch einmal. »Dann gehen wir jetzt zum nächsten Namen über, der auf der Liste steht …«
»Trunk wurde bereits informiert, Sir. Er hat das Foto und die Adresse bereits bekommen.«
»Und die Anzahlung?«
»Ebenfalls.«
»Sehr gut«, lobte Patrick und verzog seine entstellten Züge zu einem Grinsen. »Den Rest des Geldes bekommt er, wenn John D. High tot ist. Aufgepasst, Jerry Cotton. Ich töte nacheinander all deine Freunde. Das ist meine Rache …«
***
Domestic Terminal
International Airport, Dallas-Ft. Worth
Pünktlich um fünf Uhr morgens war unser Flieger in Dallas angekommen. Und wie es vereinbart worden war, erwarteten uns unsere Kolleginnen Sarah Hunter und Ruby O’Hara, deren Maschine kurz vorher eingetroffen war.
Die Begrüßung fiel knapp und sachlich aus. Wir alle hofften, dass wir später Gelegenheit haben würden, unser Wiedersehen zu feiern. Einstweilen galt unsere ganze Sorge Mr High.
»Seit wir hier sind, versuche ich ständig, ihn auf dem Handy zu erreichen«, berichtete Ruby, während wir bereits mit dem Mietwagen, den unsere Kolleginnen besorgt hatten, stadteinwärts fuhren. »Aber es geht niemand ran.«
»In seiner Wohnung ist auch niemand«, fügte Sarah hinzu. »Die Polizei sagt, alles sei unberührt. Offenbar ist er gestern von der Arbeit nicht nach Hause gekommen.«