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Sammelband 15: Fünf actiongeladene Fälle und über 300 Seiten Spannung zum Sparpreis!
G-Man Jerry Cotton hat dem organisierten Verbrechen den Krieg erklärt! Von New York aus jagt der sympathische FBI-Agent Gangster und das organisierte Verbrechen, und schreckt dabei vor nichts zurück!
Damit ist er überaus erfolgreich: Mit über 3000 gelösten Fällen und einer Gesamtauflage von über 850 Millionen Exemplaren zählt er unbestritten zu den erfolgreichsten und bekanntesten internationalen Krimihelden überhaupt! Und er hat noch längst nicht vor, in Rente zu gehen!
In diesem Sammelband sind 5 Krimis um den "besten Mann beim FBI" enthalten:
2850: Liebe ist ein hartes Geschäft
2851: 1000 Karat kennen keine Skrupel
2852: Ende der Schweigepflicht
2853: Hülle dich in Schweigen
2854: Leichen geben keine Antwort
Jerry Cotton ist Kult - und das nicht nur wegen seines roten Jaguars E-Type.
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Seitenzahl: 664
Veröffentlichungsjahr: 2019
Jerry Cotton
Jerry Cotton Sammelband 15 - Krimi-Serie
Cover
Impressum
Liebe ist ein hartes Geschäft
Vorschau
Liebe ist ein hartes Geschäft
Die Blondine, auf die Tim Lacey wartete, sah fantastisch aus. Zwar kannte er bisher nur ihre Fotos, die er im Internet gesehen hatte. Aber wenn die Kleine auch nur halb so toll war wie auf den Bildern, dann lag die Nacht der Nächte vor ihm. Daran zweifelte er nicht.
Tim Lacey schaute erneut auf seine teure Rolex. Es war fast Mitternacht. Er parkte an der Ecke Gerry Street und Marcy Avenue. Dort wollte Gina in seinen Wagen steigen, wenn sie aus der U-Bahn kam. Tim Lacey behielt den Subway-Eingang fest im Blick. Daher bemerkte er nicht, dass plötzlich die Beifahrertür seines Dodge Viper aufgerissen wurde.
Tim Lacey wirbelte herum, aber es war zu spät. Er spürte nur noch Schmerz und schmeckte sein eigenes Blut. Drei Minuten später war er tot.
Die Nachricht von Tim Laceys Tod erreichte mich per Funk, als ich morgens auf dem Weg zur Federal Plaza war.
»Jerry, einer der Söhne von Miles Lacey ist tot aufgefunden worden«, informierte mich unsere Telefonistin Myrna. »Der Chef möchte, dass du sofort zum Leichenfundort fährst, um dir selbst ein Bild zu machen. Tim Lacey saß tot in seinem geparkten Auto. Der Standort ist Ecke Marcy Avenue und Gerry Street in Brooklyn.«
»Verstanden, Myrna. Ich hole nur noch Phil ab, dann fahren wir sofort dorthin.«
Phil und ich gehörten zu einem FBI-Team, das über die Grenzen der Bundesstaaten New York und New Jersey hinweg einen gewissen Miles Lacey observierte. Er stand in dringendem Verdacht, in mehreren Ostküstenstaaten einen Schutzgelderpresser-Ring aufgezogen zu haben. Doch Miles Lacey war ein alter Unterwelt-Haudegen, dem man so leicht nichts nachweisen konnte. Offiziell handelte er mit gebrauchten Elektrogeräten. Seinen Sohn Tim Lacey kannte ich persönlich überhaupt nicht. Ich wusste nur aus der Kriminalakte, dass Lacey zwei erwachsene Kinder hatte. Sein anderer Sohn Earl ließ sich gelegentlich in dem Elektrogeschäft sehen. Phil und ich glaubten nicht, dass Lacey junior einer ehrlichen Arbeit nachging. Aber wir konnten ihm ebenso wenig etwas nachweisen wie seinem alten Herrn.
Ich hielt an unserer gewohnten Ecke. Mein Partner öffnete die Beifahrertür und ließ sich grüßend auf den Sitz neben mir fallen.
»Und wieder liegt ein öder Tag mit langweiligen Observationen vor uns«, stöhnte Phil. Ich schüttelte den Kopf.
»Da irrst du dich. Myrna hat mich gerade angefunkt. Miles Laceys Sohn ist tot.«
Phil hob die Augenbrauen.
»Hat ihn jemand umgelegt?«
»Ich weiß es noch nicht. Auf jeden Fall ist es nicht der ältere Sprössling, den Miles Lacey verloren hat, sondern der junge Tim.«
Phil wiegte den Kopf.
»Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, Jerry. Falls ein Konkurrent Tim Lacey auf dem Gewissen hat, dann steht uns im Handumdrehen ein knallharter Gangsterkrieg ins Haus.«
»Wir kennen die Fakten ja noch gar nicht. Aber das wird sich bald ändern, und deshalb fahren wir jetzt sofort nach Brooklyn.«
Ich lenkte meinen roten Jaguar-E-Hybriden über die Williamsburg Bridge nach Brooklyn. Die Gegend, in der die Leiche gefunden worden war, war ruhig und unauffällig. In der Gerry Street standen Reihenhäuser mit winzigen Gärten, die von altertümlichen Eisenzäunen abgegrenzt wurden. In der Marcy Avenue gab es auf dieser Höhe ein paar Bars, eine Pizzeria und eine chemische Reinigung. Für Brooklyn-Verhältnisse war es eine bessere Wohngegend.
Ich parkte meinen roten Boliden hinter dem Van des Coroners, dessen Leute ebenfalls bereits vor Ort waren. Die Cops hatten weiträumig um einen geparkten Dodge Viper mit gelbem Trassierband abgesperrt. Die Zahl der Schaulustigen hielt sich allerdings in Grenzen. Die Anwohner mussten offenbar zur Arbeit und hatten keine Zeit zum Gaffen. Auch die Pressegeier glänzten noch durch Abwesenheit.
Ein Team von der Scientific Research Division in weißen Overalls war bereits an der Arbeit. Ich erkannte auch den Gerichtsmediziner Doc Weinberger, der die sterblichen Überreste von Tim Lacey untersuchte. Wir befestigten unsere FBI-Marken an unseren Jacketts. Doch die Detectives vom zuständigen Precinct hatten uns bereits erkannt.
Detective Sergeant Harry Lane nickte einem jungen uniformierten Cop zu, damit er das Absperrband für uns hob. Wir kannten ihn und seine hübsche Dienstpartnerin Detective Eileen Hyams bereits durch andere Fälle, bei denen wir zusammengearbeitet hatten. Die beiden Zivil-Kollegen vom NYPD begrüßten uns mit einem Händedruck.
»Das ging ja schnell«, sagte der erfahrene grauhaarige Detective Sergeant. »Eileen hat vor einer halben Stunde im FBI Field Office Bescheid gegeben, dass vermutlich Tim Lacey ermordet wurde. Es gibt ja die Anweisung, alle Hinweise zur Lacey-Familie an das FBI weiterzuleiten.«
»Tim Lacey wurde vermutlich umgebracht?«, hakte ich nach. »Dann steht das also noch nicht fest?«
Detective Eileen Hyams schaltete sich ein und deutete auf den Dodge Viper.
»Am besten seht ihr es euch selbst an. Wir haben bei der Leiche den Führerschein von Tim Lacey gefunden. Doch vom Gesicht des Toten ist nicht mehr viel übrig.«
Wir machten ein paar Schritte auf das Fahrzeug zu und warfen einen Blick ins Innere. Nun sah ich, was die NYPD-Kollegin meinte. Vom Gesicht der männlichen Leiche war nicht viel übrig geblieben. Dort, wo Wangen, Nase und Mund gewesen waren, befand sich nur noch eine blutige Masse.
Doc Weinberger, der den Toten untersuchte, bemerkte uns nun ebenfalls. Er nickte uns grüßend zu.
»Hallo, Jerry, hallo, Phil. Es dürfte kein Problem sein, den Leichnam mit Hilfe der Fingerprints und des Zahnstatus zu identifizieren. Wahrscheinlich kann ich euch schon innerhalb der nächsten paar Stunden genauen Bescheid geben.«
»Wann ist der Tod eingetreten?«, fragte Phil.
»Zwischen Mitternacht und ein Uhr heute früh«, gab der Gerichtsmediziner zurück. »Die Tatwaffe war ein harter Gegenstand aus Metall oder Holz, vielleicht ein Eisenrohr oder ein Baseballschläger.«
Ich kniete mich vor die offenstehende Beifahrertür, wobei ich darauf achtete, nichts zu berühren und die Kollegen von der SRD nicht zu behindern.
»Auf jeden Fall muss der Täter sehr viel Kraft gehabt haben«, stellte ich fest. Eileen Hyams legte den Kopf schief.
»Wie kommst du darauf, Jerry?«
»Normalerweise holt man mit einem Schlaginstrument weit aus, um möglichst hart zu treffen. Das war hier nicht möglich, weil das Opfer im Auto sitzend getroffen wurde. Im Inneren des Fahrzeugs ist kein Platz, um Schwung zu holen. Sieh mal, der Tote war sogar angeschnallt. Ich stelle es mir so vor, dass der Mörder die Tür aufriss und sofort mit ganzer Kraft zuschlug. Tim Lacey – falls es sich um ihn handelt – hatte keine Chance zur Gegenwehr. Der erste Schlag versetzte ihm einen Schock. Aber dieser Hieb muss schon so hart gewesen sein, dass Tim Lacey sofort oder bald darauf starb.«
»Das würde ich auch so sehen«, stimmte der Gerichtsmediziner mir zu. »Mehr als zwei oder drei Schläge waren nicht notwendig, um das Opfer zu töten.«
Doch Eileen Hyams war noch nicht vollständig überzeugt.
»Und wenn der Mörder den Toten erst später hier deponiert hat?«
Phil schüttelte den Kopf und deutete auf die Vielzahl an winzigen Blutflecken auf dem Inneren der Windschutzscheibe.
»Nein, Eileen. Siehst du, was für ein regelmäßiges Muster die Blutspritzer bilden? Es entstand, als der Schlag ausgeführt wurde. Wenn sich das Opfer woanders befunden hätte, dann wären diese Rückstände nicht entstanden, jedenfalls nicht hier.«
Detective Sergeant Harry Lane lachte gemütlich und klopfte seiner Dienstpartnerin auf die Schulter.
»Gib es auf, Eileen. Bevor du so gut wirst wie Jerry und Phil, musst du noch viel lernen.«
Der junge weibliche Cop grinste verlegen, schien aber nicht beleidigt zu sein. Doch im nächsten Moment zeigte sich, dass sie ihren Job sehr wohl ebenfalls beherrschte.
»Ich habe den Zeugen vernommen, der die Leiche gefunden hat. Wollt ihr mit ihm reden?«, fragte sie.
»Ja, sehr gerne.«
Detective Eileen Hyams führte uns zu einem Zivilisten, der sich mit den uniformierten Cops unterhielt und nervös von einem Bein auf das andere trat. Er paffte eine Zigarette.
»Diese Gentlemen sind vom FBI, Mister Conway.«
Der Zeuge bekam große Augen. Er stellte sich uns als Larry Conway vor. Der Mann war Ende vierzig, hager und schäbig gekleidet. Er warf seinen Glimmstängel weg und zwinkerte unruhig.
»Feds? Dann habe ich wohl eine richtig heiße Sache aufgedeckt, oder? Gibt es eine Belohnung?«, fragte er begierig.
»Das wissen wir noch nicht, Mister Conway«, erwiderte ich.
»Schade, ich könnte das Geld gut gebrauchen. Voriges Jahr bin ich mit meinem Transportunternehmen pleitegegangen. Ich komme jetzt erst ganz allmählich wieder auf die Beine und bin auf jeden Dollar angewiesen.«
»Am besten erzählen Sie uns der Reihe nach, was geschehen ist«, schlug ich vor und zückte mein Notizbuch.
»Da gibt es nicht viel zu sagen, G-man. Ich war heute Morgen gegen sieben Uhr auf dem Weg zu einem Vermittlungsbüro, wo man Tagelöhner-Jobs bekommt. Ich wollte so früh wie möglich dort sein, um noch Arbeit zu ergattern. Jetzt brauche ich mich dort gar nicht mehr sehen zu lassen, es ist schon zu spät.«
»Je eher wir Ihre Aussage haben, desto schneller können Sie gehen, Mister Conway. – Waren Sie mit dem Auto unterwegs?«
Der Zeuge lachte, als ob ich einen Scherz gemacht hätte.
»Ich habe keinen fahrbaren Untersatz mehr, seit ich pleite bin. – Sehen Sie das alte Fahrrad, das dort an dem Eisenzaun lehnt? Damit wollte ich zum Vermittlungsbüro fahren. Aber ich habe immer noch eine Schwäche für tolle Autos, auch wenn ich sie mir nicht mehr leisten kann. Deshalb habe ich mir den Dodge Viper im Vorbeifahren genauer angeschaut. Und dann sah ich, dass ein blutüberströmter Kerl auf dem Fahrersitz hockte.«
»Was haben Sie getan?«, wollte Phil wissen.
»Ich habe sofort angehalten. Dann klopfte ich mit dem Fingerknöchel gegen die Fensterscheibe und fragte, ob er Hilfe brauchen würde. Aber der arme Teufel rührte sich nicht mehr. Da wurde mir klar, dass er tot war. Neben der Pizzeria da vorne an der Marcy Avenue ist ein öffentliches Telefon. Dort bin ich hingeradelt und habe die 911 gewählt. Na ja, wenig später traf dann ein Patrolcar ein. Und seitdem stehe ich mir hier die Beine in den Bauch.«
Larry Conway schaute mich anklagend an und linste demonstrativ auf seine billige Armbanduhr.
»Ich verstehe, dass Sie Geld verdienen müssen«, sagte ich. »Aber hier geht es um einen Mord. – Ist Ihnen irgendetwas Verdächtiges in der Nähe aufgefallen? Ein Fahrzeug oder Leute, die sich ungewöhnlich verhalten haben?«
Der Zeuge schüttelte den Kopf.
»Nein, gar nichts, G-man. Wenn ich geradeaus geschaut hätte, dann wäre mir auch der Dodge Viper gar nicht aufgefallen. Wie Sie sehen, ist er normal geparkt. Ich fahre mit dem Rad jeden Morgen durch die Gerry Street, aber hier stehen immer unterschiedliche Karren. Manche Leute parken hier und fahren dann mit der U-Bahn rüber nach Manhattan, um das Geld für ein teures Parkhaus zu sparen.«
Ich nickte und gab Larry Conway meine Visitenkarte. Er würde später noch zur Federal Plaza kommen müssen, um seine schriftliche Aussage zu unterschreiben.
Am Tatort konnten wir einstweilen nichts mehr ausrichten. Das Ergebnis der Obduktion sowie die Erkenntnisse der Scientific Research Division würden wir erst später bekommen. Wir verabschiedeten uns von Harry Lane und Eileen Hyams sowie den anderen Kollegen. Dann stiegen wir wieder in meinen roten Boliden.
»Was sagst du zu unserem Zeugen, Phil?«
»Im ersten Moment habe ich mich gefragt, ob er etwas mit Tim Laceys Tod zu tun hat. Aber so ein Spargel wie Larry Conway hat gewiss nicht genug Kraft, um den Schädel des Opfers zu zertrümmern.«
»Das sehe ich auch so. Trotzdem sollten wir checken, ob es eine Verbindung zwischen dem Zeugen und dem Toten gibt. Ist dir sonst noch etwas aufgefallen?«
»Eileen Hyams wird immer hübscher«, meinte Phil schmunzelnd. Aber dann wurde er sofort wieder ernst. »Wer immer Tim Lacey umgebracht hat, muss eine gewaltige Wut im Bauch gehabt haben. Und so ein Täter ist eine tickende Zeitbombe.«
Da konnte ich meinem Freund nur zustimmen.
***
Etwas später saßen Phil und ich bei Assistant Director High in seinem Office an der Federal Plaza. Seine Sekretärin Helen hatte uns in der Besprechungsecke ihren köstlichen Kaffee serviert.
»Ich habe soeben einen Anruf aus der Gerichtsmedizin erhalten«, sagte der Chef. »Bei der männlichen Leiche handelt es sich wirklich um Tim Lacey. Wir hatten seine Fingerabdrücke in den Datenbanken, weil er vor einigen Jahren einmal wegen Autodiebstahl verhaftet wurde. Doch seitdem ist er sauber geblieben – oder zumindest nicht erwischt worden.«
»Mir erscheint die zweite Möglichkeit wahrscheinlicher, Sir«, meinte Phil. »Die Leidenschaft für Autos hatte Tim Lacey offenbar bis zu seinem gewaltsamen Tod. Aber so ein Dodge Viper ist ein teurer Spaß.«
»Falls Tim Lacey wirklich einer ehrlichen Arbeit nachgegangen ist, muss er sehr gut verdient haben«, ergänzte ich.
Mr High faltete seine schmalen Künstlerhände.
»Wir alle sind uns wohl einig, dass Tim Lacey in die Machenschaften seines Vaters verwickelt war, auch wenn wir es ihm nicht beweisen können. Leider ist es uns ebenfalls bisher nicht gelungen, Lacey senior als Schutzgelderpresser zu enttarnen. Aber wir sollten uns nicht verzetteln. Deshalb ziehe ich Sie, Jerry und Phil, aus der gemeinsamen Ermittlungsgruppe gegen Miles Lacey ab. Konzentrieren Sie sich bitte ausschließlich darauf, den Mord an seinem Sohn aufzuklären. Das bringt uns auf jeden Fall weiter.«
»Observieren June Clark und Blair Duvall weiterhin gemeinsam mit den Kollegen aus New Jersey den alten Lacey?«, fragte ich. Der Chef nickte.
»Ja, Jerry. Ich möchte Sie aber bitten, gemeinsam mit Phil dem Vater die Todesnachricht zu überbringen. Beobachten Sie seine Reaktionen genau. Falls eine rivalisierende Bande für den Tod von Tim Lacey verantwortlich ist, dann müssen wir auf alles gefasst sein.«
»Ob Miles Lacey weiß, dass er unter FBI-Beobachtung steht?«, dachte Phil laut nach.
»Zumindest wird er damit rechnen«, erwiderte Mr High. »Lacey ist ein alter Hase, der im Lauf der Jahre immer wieder angeklagt und manchmal sogar verurteilt wurde. Er muss wissen, dass er die Bundespolizei gegen sich hat, wenn er seine Aktivitäten über die ganze Ostküste ausweitet. Aber offenbar fühlt er sich stark genug, es trotzdem zu tun.«
»Die Ermordung seines Sohnes könnte eine sehr deutliche Botschaft eines Rivalen sein«, sagte ich. »Jedenfalls gibt es für die eigentliche Tat keine Zeugen. Die Cops haben sämtliche Anwohner befragt. Im Gegensatz zu einer Schusswaffe kann man mit einem Schlaginstrument recht leise töten. Wahrscheinlich lagen die Nachbarn in tiefem Schlaf, als Tim Lacey der Schädel zertrümmert wurde.«
»Warum hat der Bursche um Mitternacht in dieser langweiligen Gegend von Brooklyn geparkt?«, fragte Phil. »Vielleicht kann uns sein Vater darauf ja eine plausible Antwort geben.«
Der Auftrag von Mr High war eindeutig. Daher machten wir uns nun sofort auf den Weg, um persönlich mit dem alten Lacey zu reden. Der mutmaßliche Schutzgelderpresser hatte seinen Elektrohandel ebenfalls in Brooklyn, allerdings am Albee Square. Dort gab es einige schmucklose Gewerbebauten und Parkplätze für die benachbarten Bürobauten. Von weitem sahen wir June Clark und Blair Duvall in ihrem nachtblauen Lincoln Navigator aus dem FBI-Fuhrpark sitzen. Wir hatten die Kollegen natürlich vorher informiert, dass wir Miles Lacey die Todesnachricht überbringen wollten. Ich parkte meinen Jaguar-E-Hybriden direkt vor dem bescheidenen Elektrogeschäft, das dem Gangster als Tarnexistenz diente.
Miles Lacey grinste breit, als wir seinen Laden betraten. Er hatte natürlich sofort unsere FBI-Dienstmarken bemerkt. Außerdem traute ich einem ausgefuchsten Gangster wie ihm zu, einen G-man auf drei Meilen gegen den Wind zu riechen.
Der Vater des Ermordeten rieb sich die Hände und erhob sich hinter seiner Verkaufstheke. Er war ein stämmiger Mann mit einem großflächigen Gesicht und hellen Augen, die Kälte und Undurchschaubarkeit ausstrahlten.
»Ah, die Vertreter des Gesetzes! Möchten Sie vielleicht eine Mikrowelle bei mir kaufen?«
Wusste Miles Lacey wirklich noch nichts vom Tod seines Sohnes? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er dumme Witze machte, nachdem vor wenigen Stunden Tims Schädel eingeschlagen wurde. Ich blieb ernst und kam sofort zur Sache.
»Mister Lacey, ich bin Special Agent Jerry Cotton vom FBI New York. Das ist mein Kollege Special Agent Phil Decker. Wir müssen Ihnen eine traurige Mitteilung machen.«
»Haben Sie mich beim Falschparken erwischt?«, höhnte der Schutzgelderpresser. Ich schüttelte den Kopf und schaute ihm direkt in die Augen.
»Ihr Sohn Tim lebt nicht mehr. Jemand hat ihn ermordet. Er wurde heute Morgen an der Marcy Avenue in seinem geparkten Auto gefunden.«
Miles Lacey blinzelte. Ich glaubte zuerst, er hätte mich nicht richtig verstanden. Aber dann nickte er langsam.
»So, Tim ist also tot. Haben Sie den Mörder schon gefasst, Agents?«
»Wir fahnden mit Hochdruck nach dem Killer«, sagte ich und ließ den Vater des Ermordeten nicht aus den Augen. »Wir hatten gehofft, dass Sie uns weiterhelfen könnten, Mister Lacey.«
»Das würde ich gern, wirklich. Aber mein jüngerer Sohn und ich, wir hatten uns auseinandergelebt. Er wohnte auch nicht mehr in meinem Haus. Ich habe Tim auch finanziell nicht mehr unterstützt.«
»Wovon hat Tim gelebt?«, fragte Phil. Der Schutzgelderpresser hob die Schultern.
»Das weiß ich nicht, offen gesagt. Ich hoffe, dass er keine Dummheiten gemacht hat.«
Eine solche Bemerkung konnte aus dem Mund eines Mannes wie Miles Lacey nur wie blanker Hohn klingen. Phil nimmt normalerweise genauso viel Rücksicht auf trauernde Angehörige, wie ich es tue. Aber nun sagte er: »Nun, Sie waren ja auch nicht gerade ein Unschuldslamm, Mister Lacey!«
»Wenn Sie auf meine Vorstrafen anspielen – das waren doch Jugendsünden, Agent Decker.«
»Bei der letzten Jugendsünde waren Sie aber immerhin schon 43 Jahre alt«, gab mein Freund trocken zurück. »Wie auch immer – können Sie sich vorstellen, dass die Ermordung von Tim sozusagen eine Warnung für Sie selbst sein könnte? Haben Sie Feinde?«
Miles Lacey schüttelte langsam den Kopf. Er wirkte immer noch völlig beherrscht. Ich hätte wetten können, dass der Tod seines jüngeren Sohnes keine Neuigkeit für ihn war. Ob er selbst am Ende sogar etwas damit zu tun hatte?
»Nein, ich kann mir keinen Grund für diese Bluttat vorstellen. Das muss ein Wahnsinniger gewesen sein, der Tim erschossen hat.«
»Ihr Sohn wurde nicht erschossen, sondern totgeschlagen«, stellte ich richtig. Wollte Miles Lacey uns aufs Glatteis führen, indem er eine falsche Todesart vermutete? Falls ja, war das ein ziemlich plumper Versuch. Aber bei einem ausgekochten Schurken wie ihm musste man mit jedem Trick rechnen. Wie ein verzweifelter Vater wirkte er jedenfalls nicht auf mich.
»Sie bestehen also darauf, dass Tim nichts mit Ihrem Geschäft zu tun hatte?«, hakte ich nach.
»Nein, Agent Cotton. Es ist sowieso klar, dass mein älterer Junge Earl einst meine Elektrohandlung erben wird. Tim hat sich nie dafür interessiert, während Earl mir jetzt schon im Geschäft hilft. – Momentan ist er auch gerade bei einer Haushaltsauflösung, um einige Elektrogeräte günstig anzukaufen.«
Ich glaubte Miles Lacey kein Wort. Aber solange wir ihm nicht beweisen konnten, dass er eine Schutzgeldorganisation leitete, hatte er für uns ein unbescholtener Elektrohändler zu sein.
»Mister Lacey, wo waren Sie in der vergangenen Nacht zwischen Mitternacht und ein Uhr morgens?«, fragte ich. Der Vater des Toten hob seine buschigen Augenbrauen.
»Ist das etwa die Zeit, als Tim ums Leben kam? Wollen Sie mir unterstellen, ich würde dahinterstecken? – Jedenfalls war ich im Bett und habe geschlafen. Das kann meine Frau bezeugen. Sie wird immer sofort wach, falls ich nachts mal aufstehen muss.«
Die Zeugenaussage seiner Ehefrau war nicht viel wert, und das wusste er natürlich auch. Trotzdem würden wir sein Alibi natürlich überprüfen. Ich redete Miles Lacey noch einmal ins Gewissen.
»Sie müssen doch ein Interesse daran haben, den Mörder Ihres Sohnes zu finden. Weshalb haben Sie sich mit ihm entzweit? Da muss doch etwas vorgefallen sein.«
Miles Lacey schüttelte störrisch den Kopf.
»Tim war volljährig, und das schon seit einigen Jahren. Er lebte sein eigenes Leben. Es wäre mir lieber gewesen, er wäre in meine Fußstapfen getreten. Aber er hat sich von uns entfernt, auch von seinem älteren Bruder. Was kann man dagegen schon tun?«
Mir war klar, dass dieser Mann uns einen großen Teil der Wahrheit verschwieg. Entweder steckte er selbst hinter der Ermordung seines Sohnes, obwohl ich daran meine Zweifel hatte. Oder er wollte auf eigene Faust den Mörder zur Rechenschaft ziehen. Selbstjustiz konnten wir natürlich auf keinen Fall hinnehmen. Ich war froh, dass Miles Lacey bereits observiert wurde. Sonst hätte ich es nämlich spätestens jetzt angeordnet.
»Wir haben Ihren Sohn bereits aufgrund seiner Fingerabdrücke identifiziert. Aber falls Sie noch einen Blick auf seine Leiche werfen wollen, ist das Ihr gutes Recht.«
Ich gab Miles Lacey die Adresse, wo der Bestatter nach der Freigabe die sterblichen Überreste von Tim Lacey abholen konnte. Auch jetzt zeigte der Alte keine nennenswerte Gefühlsregung.
Als wir wenig später im Auto saßen, machte Phil seinem Herzen Luft.
»Miles Lacey war ja wirklich kalt wie eine Hundeschnauze. So etwas habe ich selten erlebt, selbst bei abgebrühten Gangstern nicht. Ich wette, dass er seinen Sohn auf dem Gewissen hat.«
»Das glaube ich nicht, Phil. Meiner Meinung nach wurde die Tat mit großem Hass oder großer Wut begangen, das habe ich schon am Tatort gesagt. Wirkte Miles Lacey wie ein Kerl auf dich, der sich zu so einem brutalen Verbrechen hinreißen lässt? Ich glaube allerdings schon, dass er vom Tod seines Sohnes bereits wusste.«
»Ich sage ja auch nicht, dass Miles Lacey seinem Sohn selbst den Schädel eingeschlagen hat. Aber er könnte es angeordnet haben, weil der Junior ihm in die Quere kommen wollte oder seine Geschäfte gestört hat.«
***
Als wir an die Federal Plaza zurückkehrten, erwartete uns dort ein vorläufiger Bericht der Scientific Research Division. Ein Raubmord konnte ausgeschlossen werden, denn das Opfer hatte sowohl seine Rolex als auch seine Kreditkarten und einige hundert Dollar in bar bei sich. Am Hungertuch hatte Tim Lacey offensichtlich nicht genagt. Auch der Anzug, den er bei seiner Ermordung trug, war topmodisch und ein echtes Designermodell. Ich schaute mir nachdenklich das Foto auf Tim Laceys Führerschein an. Er war ein sehr attraktiver Mann gewesen, bevor jemand sein Gesicht zerstört hatte.
Die Kollegen von der Spurensicherung hatten zwar fremde DNA in Tim Laceys Auto sicherstellen können, diese stammte aber von verschiedenen Frauen.
Phil runzelte nachdenklich die Stirn.
»Ich war bisher immer von einem männlichen Täter ausgegangen. Aber wenn eine Frau Kraftsport betreibt, könnte sie ebenfalls kräftig genug für tödliche Schläge auf Laceys Schädel sein.«
Ich nickte.
»Wir dürfen keine Möglichkeit außer Acht lassen. Für mich ist das Motiv der Schlüssel zur Tat. Wenn wir erst wissen, warum Tim Lacey überhaupt sterben musste, kommen wir ein großes Stück weiter.«
»Ja, Jerry. Wir sollten uns nicht auf die Konkurrenz von Tim Laceys Dad einschießen. Obwohl ich immer noch glaube, dass der alte Miles die Wahrheit kennt oder ahnt.«
In diesem Moment klingelte mein Handy. June Clark war am Apparat.
»Jerry, Miles Laceys älterer Sohn ist gerade aufgetaucht. Er war nur ein paar Minuten bei seinem Vater. Nun steigt er wieder ins Auto und fährt erneut weg.«
»Habt ihr ein zweites Team vor Ort?«
»Ja, zum Glück. Joe Brandenburg und Les Bedell übernehmen die Beschattung von Earl Lacey. Blair und ich behalten weiterhin den Alten im Auge.«
»Und sitzen uns die Hinterteile platt«, hörte ich die tiefe Stimme von Junes schwarzem Partner aus dem Hintergrund. Ich grinste, bedankte mich und beendete das Gespräch. Phil schaute mich fragend an. Ich brachte ihn sofort auf den neuesten Stand.
»Earl Lacey – den sollten wir uns sowieso als Nächsten zur Brust nehmen. Vielleicht ist er ja etwas auskunftsfreudiger als sein Dad.«
Dank unserer Vorarbeiten in dem Schutzgeld-Fall wussten wir, dass Earl Lacey ebenfalls vorbestraft war. Das schien in dieser Familie Tradition zu haben. Angeblich bestand sein Job darin, seinem Vater zu helfen. Das glaubte ich sogar. Allerdings war ich sicher, dass Earl Lacey seinen alten Herrn nicht nur in dem Alibi-Elektrogeschäft, sondern auch bei der Schutzgelderpressung unterstützte.
Ich griff erneut zum Handy und rief nun Les Bedell an.
»Wie klappt es mit dem Observieren von Earl Lacey, Les?«
»Ganz gut, Jerry. Der Straßenverkehr hält sich in Grenzen, bisher scheint der Verdächtige uns noch nicht bemerkt zu haben. Wir fahren momentan Richtung Manhattan. Ich melde mich wieder, wenn es Neuigkeiten gibt.«
Das Telefonat war beendet. Wir widmeten uns weiter der wenig geschätzten Büroarbeit. Aber die Auswertung der Spurensicherung war sehr wichtig, weil sich bisher kein Zeuge des Mordes gemeldet hatte. Ich ging davon aus, dass wirklich kein Unbeteiligter vor Ort gewesen war. Die Gerry Street hatte kaum Durchgangsverkehr, jedenfalls nicht mitten in der Nacht. Und die Bluttat konnte nicht länger als drei oder vier Minuten gedauert haben. Das war jedenfalls die Vermutung des Gerichtsmediziners gewesen.
Die Kollegen von der SRD hatten zwar zahlreiche Fingerabdrücke in dem Dodge Viper sichergestellt, aber sie stammten fast ausnahmslos von Menschen, die wir nicht in unseren Datenbanken hatten. Nur die Prints von Tim Lacey und seinem Bruder Earl waren registriert.
»Okay, Earl hat also mal in der Karre seines kleinen Bruders gesessen«, brummte Phil. »Aber das macht ihn ja noch nicht verdächtig. Das ist doch normal. Es kann ja auch sein, dass Tim ihm seinen Angeberschlitten mal geborgt hat.«
»Normal? Wie man es nimmt«, gab ich zurück. »Wenn du mein Bruder wärst, würde ich dir meinen Jaguar bestimmt nicht leihen.«
Phil lachte. Mein Handy klingelte. Les Bedell war am Apparat.
»Jerry, Earl Lacey ist nach Korea Town gefahren. Er war dort ein paar Minuten in einem Lebensmittelgeschäft, die Adresse lautet 1099, 32nd Street. Jetzt kommt er wieder raus. Sollen wir an ihm dranbleiben?«
»Ja, auf jeden Fall. Phil und ich kommen sofort dorthin. Ich möchte zu gerne wissen, was er in dem Laden gemacht hat.«
Ich beendete das Gespräch und informierte Phil. Wir brachen unverzüglich auf.
»Die Laceys sind größenwahnsinnig«, mutmaßte mein Freund. »Wollen sie sich wirklich mit dem koreanischen organisierten Verbrechen anlegen? Die Black Snakes werden es gar nicht gern sehen, wenn jemand in ihrem Revier fischt.«
Damit meinte Phil die koreanische Gang, die ihre Landsleute abkassierte. Korea Town wird der kleine Teil von Manhattan genannt, der durch Fifth und Sixth Avenue sowie durch die 32nd und die 36th Street begrenzt wird. In diesem beinahe quadratischen Areal sind viele Geschäfte und Firmen aus dem asiatischen Land beheimatet.
»Noch wissen wir nicht, was Earl Lacey dort zu suchen hatte«, erinnerte ich meinen Freund.
***
Ich parkte in der Nähe der Adresse, die mir Les Bedell genannt hatte. Phil und ich betraten das schmale Lebensmittelgeschäft. Es roch stark nach dem knoblauchhaltigen Gimchi, einer koreanischen Sauerkraut-Spezialität. Die Regale waren bis unter die Decke mit Kartons, Dosen und Verpackungen vollgestellt. In dem schlauchartigen Laden war weiter hinten eine Kasse, doch das Geschäft schien verwaist zu sein.
»Hier stimmt etwas nicht«, raunte ich Phil zu. Mein Freund nickte – und warf sich im nächsten Moment instinktiv zur Seite. Ein Hackmesser sauste durch die Luft und verfehlte uns beide nur um Haaresbreite.
»FBI!«, rief ich und griff nach meiner Pistole. »Kommen Sie heraus und nehmen Sie die Hände hoch!«
Doch bevor ich die SIG ziehen konnte, folgte schon die nächste Attacke. Wie aus dem Nichts sprang plötzlich ein junger Asiate aus einer Lücke zwischen zwei Regalen hervor. Er hielt eine Eisenstange in den Händen und holte damit aus, um mir eins überzuziehen. Ich musste daran denken, wie Tim Laceys Schädel ausgesehen hatte. Das Mordopfer war auf eine ganz ähnliche Weise angegriffen worden. Aber mein Widersacher kam nicht dazu, den Schlag auszuführen.
Bevor mich die Eisenstange berühren konnte, trat ich dem Koreaner einfach gegen das linke Knie. Mit meinem blitzschnellen Gegenangriff hatte er nicht gerechnet. Er taumelte gegen ein Regal und wurde von einer Flut an Fischdosen beinahe begraben. Er ruderte mit den Armen, um nicht zu Boden zu gehen. Es war kein Kunststück, ihm die gefährliche Schlagwaffe einfach zu entreißen.
Auch Phil musste sich seiner Haut wehren. Zwei junge Burschen wollten ihn von hinten mit Messern angreifen. Bevor ich ihm zu Hilfe eilen konnte, hatte er die Lage bereits geklärt.
Mein Freund wirbelte herum und benutzte seine Dienstwaffe als Schlaginstrument. Er knallte den Pistolengriff gegen das Kinn des ersten Widersachers. Der Mann strauchelte, wodurch in dem engen Laden auch sein Kumpan behindert wurde. Phil packte blitzschnell das Handgelenk des Kerls und verdrehte es. Der Angreifer stieß einen Schmerzensschrei aus und ließ das Messer fallen.
Mir wurde es zu bunt. Ich gab einen Warnschuss in die Luft ab und zeigte mit der anderen Hand meine FBI-Marke. Daraufhin herrschte plötzlich Totenstille in dem Laden. Es war, als ob jemand unseren drei Gegnern eine kalte Dusche verabreicht hätte. Sie versuchten nicht, uns noch einmal zu attackieren. Stattdessen starrten sie uns mit einer Mischung aus Furcht und Scheu einfach nur an.
Eine junge Koreanerin eilte aus dem Hinterzimmer auf uns zu. Sie trug eine weiße Schürze über ihrer Jeans und ihrem Rollkragenpulli und rief den Männern auf Koreanisch etwas zu. Daraufhin begannen sich die Kerle tief vor uns zu verbeugen.
»Verzeihen Sie bitte den Gehilfen, G-men«, sagte die Koreanerin in perfektem Amerikanisch zu Phil und mir. »Sie sind erst vor kurzem eingewandert und kennen unsere Sitten noch nicht.«
»Na, und wenn schon«, brummte Phil. »Ist es in Korea Sitte, Kunden einfach zu attackieren?«
Die Frau wurde rot. In ihrem Blick flackerte Furcht. Aber hatte sie Angst vor uns oder vor jemand anderem? Sie stellte sich als Sayuri Kang vor. Wir nannten ebenfalls unsere Namen. Dann sagte ich eindringlich: »Es ist kein Kavaliersdelikt, Bundesagenten anzugreifen. Aber ich glaube, dass Sie uns versehentlich für Verbrecher gehalten haben. Wenn Sie erpresst werden, dann kann das FBI Sie schützen. Doch Sie müssen uns alles sagen, was Sie wissen.«
Sayuri Kang wand sich wie ein Aal.
»Sie sind sehr freundlich, Agent Cotton. Aber wir sind nicht in Schwierigkeiten, wirklich nicht.«
Ich spürte, dass die junge Frau mir nicht die Wahrheit sagte. Aber wenn ich sie noch mehr bedrängte, würde ich erst recht nichts erreichen.
»Wem gehört der Laden eigentlich?«, fragte Phil.
»Meinem Vater, Cho Kang.«
»Ist er auch zu sprechen?«
»Ja«, antwortete Sayuri Kang gedehnt. »Leider fühlt er sich nicht ganz wohl.«
Doch wir bestanden darauf, dass die Koreanerin uns zu ihrem Vater brachte. Cho Kang hockte im Hinterzimmer auf einem Stuhl und hielt sich mit beiden Händen den Magen. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
»Mein Vater hat ein Magengeschwür, schon seit Jahren«, murmelte die junge Frau. Sie war eine miserable Lügnerin. Phil schaute dem Ladenbesitzer direkt ins Gesicht und fragte: »Ihre Schmerzen kommen nicht zufällig daher, dass Earl Lacey Ihnen in den Magen geschlagen hat, Mister Kang?«
»Ich kenne niemanden, der so heißt«, brachte der ältere Koreaner hervor. Er sprach mit stärkerem Akzent als seine Tochter, war aber gut zu verstehen. Doch die Wahrheit sagte er trotzdem nicht, da war ich mir sicher.
Ich redete mit Engelszungen, um Vater und Tochter zu einer Aussage zu bewegen. Doch es war vergeblich. Sie behaupteten, von Earl Lacey noch niemals gehört zu haben. Ich hielt ihnen ein Foto des Verdächtigen unter die Nase.
»Diesen Mann habe ich noch nie gesehen«, behauptete Sayuri Kang. Phil verlor die Geduld.
»Wollen Sie uns für dumm verkaufen?«, rief er. »Dieser Mann hat vor ungefähr zwanzig Minuten den Laden betreten, ist einige Zeit hier geblieben und dann wieder gegangen.«
»Vielleicht hat er sich nur umgesehen. Viele Amerikaner sind neugierig auf koreanische Produkte, kaufen dann aber doch nichts.«
Wir bissen bei den Kangs auf Granit. Nun mussten wir uns zunächst mit zwei uniformierten Cops befassen, die in den Laden geeilt kamen. Irgendein Passant hatte offenbar vorhin meinen Warnschuss gehört und die 911 gewählt. Wir zeigten den NYPD-Kollegen unsere FBI-Marken und erklärten ihnen die Lage. Dann bat ich sie, die drei rabiaten Gehilfen zur erkennungsdienstlichen Behandlung mit aufs Revier zu nehmen.
»Sind unsere Helfer jetzt verhaftet?«, fragte Sayuri Kang furchtsam. Ich schüttelte den Kopf.
»Nein, Miss Kang. Mein Kollege und ich drücken beide Augen zu. Es ist ja niemand verletzt worden. Außerdem glauben wir, dass Sie schon genug Ärger haben. Wir müssen nur ausschließen können, dass Ihre Männer für den Tod von Tim Lacey verantwortlich sind. Die Gehilfen werden wieder auf freien Fuß gesetzt, nachdem ihre Fingerabdrücke genommen wurden. – Aber immerhin hat einer Ihrer Leute mich mit einer Eisenstange attackiert, und mit einem ähnlichen Gegenstand ist auch Tim Lacey erschlagen worden.«
»Ist dieser Tim Lacey der Bruder von Earl Lacey? Und er ist tot?«, fragte die Koreanerin. Ich nickte.
»Dann war er deshalb so wütend«, murmelte sie halblaut. Im nächsten Moment machte sie ein Gesicht, als ob sie sich am liebsten selbst die Zunge abgebissen hätte. Sayuri Kang hatte sich soeben verplappert. Sie hatte gerade zugegeben, Earl Lacey begegnet zu sein.
»Wollen Sie sich nicht doch noch überlegen, eine Aussage zu machen?«, hakte ich nach. Doch die junge Frau schwieg, wich meinem Blick aus und nagte an ihrer Unterlippe. Ich gab ihr meine Visitenkarte und erklärte ihr, dass sie mich jederzeit erreichen könnte.
»Für mich ist der Fall klar«, sagte Phil, als wir Koreatown wieder verließen. »Cho Kang will nicht zahlen, er holt sogar zum Gegenschlag aus. Seine Gehilfen töten Tim Lacey, vielleicht sogar unabsichtlich. Daraufhin kommt heute Earl Lacey zurück und rächt sich an dem alten Kang.«
»Ein Schlag in die Magengrube des Ladenbesitzers ist aber eine sehr dürftige Rache angesichts des brutalen Mordes an Tim Lacey«, gab ich zu bedenken.
»Das stimmt schon, Jerry. Aber vielleicht wurde Earl Lacey ja gestört, bevor er bei Cho Kang aufs Ganze gehen konnte.«
»Ruf doch mal Les und Joe an. Ich möchte zu gerne wissen, was der Bruder des Toten gerade so treibt.«
Phil griff zum Handy. Er schaltete bei dem Gerät den Lautsprecher ein, sodass ich seinen Wortwechsel mit Les Bedell mithören konnte.
»Seid ihr noch an Earl Lacey dran, Les?«
»Ja, Phil. Jedenfalls ist es ihm nicht gelungen, uns abzuschütteln. Ich glaube nicht, dass er von der Observation schon etwas bemerkt hat. Zunächst fuhr der Kerl ganz schön hektisch. Ich dachte schon, die Cops würden ihm ein Strafticket wegen seiner Raserei verpassen. Aber Earl Lacey hatte Glück, momentan lässt sich hier kein Patrolcar sehen. Inzwischen hat er sich auch etwas beruhigt und fährt wieder normal. Wir fahren gerade auf dem Brooklyn Queens Expressway. Ich vermute, dass Earl Lacey nach Hause will. Er hat sein Apartment in der Baltic Street.«
»Okay, dann kommen wir auch dorthin. Jerry und ich wollen dem Verdächtigen einen Besuch abstatten. Ihr haltet euch im Hintergrund und setzt die Beschattung fort, wenn wir wieder weg sind.«
»Alles verstanden, so machen wir es.«
Les beendete das Telefonat. Ich kannte die Baltic Street: eine schäbige kleine Straße, die von den Docks und vom Brooklyn Queens Expressway umrahmt wurde. Es gab gewiss New Yorker Adressen, die noch mieser waren. Aber eine schöne Wohngegend war die Baltic Street wirklich nicht.
***
Eine Viertelstunde später hatten wir unser Fahrtziel erreicht. Der grüne Camaro von Joe Brandenburg und Les Bedell parkte einen Steinwurf von dem Brownstone-Haus entfernt, in dem Earl Lacey lebte. Wir betraten das Gebäude und stiegen in das erste Stockwerk hinauf. Dort steckte eine Visitenkarte von Earl Lacey an der Tür mit der Nummer 1 C. Ich hämmerte mit der Faust gegen das lackierte Holz, von dem die Farbe bereits wieder abblätterte.
»Lacey? Machen Sie auf. Hier ist das FBI.«
Es dauerte nicht lange, bis Earl Lacey uns öffnete. Er sah aus wie eine etwas jüngere und höher gewachsene Version seines Vaters. Die Familienähnlichkeit war nicht zu übersehen. Tim Laceys Gesicht hingegen kannte ich nur aus seiner Autodiebstahl-Strafakte. Auf jeden Fall lag das gute Aussehen nicht in den Lacey-Genen. Tim war mit Abstand der attraktivste Mann in dieser Familie gewesen.
»FBI?«, murrte der Bruder des Toten. »Was wollen Sie denn von mir? Lassen Sie jetzt noch nicht einmal trauernde Angehörige in Ruhe?«
Wir zeigten unsere Dienstmarken und stellten uns vor. Dann sagte ich: »Offenbar wissen Sie schon, was mit Ihrem Bruder geschehen ist. Und genau darüber wollen wir mit Ihnen reden.«
»Wenn es unbedingt sein muss – dann kommen Sie eben rein.«
Wir folgten dem Vorbestraften in seine Behausung. Dort sah es aus wie auf einer Müllkippe. Ich war schon in den Wohnungen vieler erfolgreicher Krimineller, und Earl Lacey gehörte definitiv nicht zu ihnen. Er war ein Versager. Aber vielleicht hatte er ja den dringenden Wunsch, etwas daran zu ändern.
»Nett haben Sie es hier«, meinte Phil ironisch. Earl Lacey ging sofort an die Decke.
»Was soll der Spruch, G-man? Ich arbeite hart, und deshalb bin ich abends zu müde zum Aufräumen. Und für eine Putzfrau habe ich kein Geld.«
Mir wurde klar, dass Earl Lacey sehr schnell aufbrauste. War das grundsätzlich seine Art oder hatte die Ermordung seines Bruders seine Nerven ruiniert? Das würden wir herausfinden müssen.
»Was arbeiten Sie denn so?«, hakte ich nach. Earl Lacey tigerte in dem kleinen Apartment hin und her wie ein Raubtier im Käfig. Er zündete sich eine Zigarette an und paffte unruhig.
»Ich helfe meinem Vater in seinem Elektrobetrieb«, behauptete er. »Hauptsächlich kaufe ich in seinem Auftrag gebrauchte Geräte.«
»Waren Sie deshalb im Laden von Cho Kang in Korea Town? Hatte der einen Föhn oder einen Toaster zu verkaufen?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden, G-man. Dort bin ich noch nie gewesen.«
»Mit uns können Sie Ihre blöden Spielchen nicht abziehen«, rief Phil. »Wir wissen, dass Sie dort waren. Und dann ist Ihre Faust irgendwo in Mister Kangs Magengrube gelandet, nicht wahr?«
Ein gemeines Grinsen erschien auf Earl Laceys Gesicht.
»Faust? Magengrube? Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Wie kommen Sie darauf? Hat mich jemand angezeigt?«
Wir beantworteten die Frage nicht. Der Schutzgelderpresser glaubte, Oberwasser zu bekommen. Er wusste genau, dass die Koreaner aus Angst schweigen würden. Aber wegen seiner Schutzgeld-Geschäfte wurde er ja von unseren Kollegen observiert. Phil und ich waren bei ihm, weil wir den Mord an seinem Bruder aufklären wollten.
»Haben Sie einen Verdacht, wer Tim umgebracht haben könnte? Hängt sein Tod vielleicht mit Ihren Schutzgeldgeschäften zusammen?«
»Von Schutzgeldgeschäften weiß ich nichts«, behauptete der Gangster. »Aber Tim hat sich in letzter Zeit mit Dreckskerlen abgegeben. Das hat ihm wahrscheinlich das Genick gebrochen.«
»Vielleicht hatten Sie ja auch selbst etwas mit seinem Tod zu tun«, meinte Phil. Im nächsten Moment quollen Earl Laceys Augen beinahe aus den Höhlen. Sein Gesicht lief rot an. Er ließ die Zigarette fallen. Ich rechnete schon damit, dass der Verbrecher sich auf meinen Freund stürzen wollte. Aber im letzten Moment beherrschte Earl Lacey sich, obwohl es ihm offenbar schwerfiel. Er war schon hinter Gittern gewesen und wusste, was ihm für einen tätlichen Angriff auf einen FBI-Agent blühen konnte.
Der Verdächtige machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Sie wollen mich herausfordern, aber das können Sie vergessen. Ich hatte kein Interesse am Tod meines Bruders. Tim hat sich von der Familie abgewandt, aber deshalb bringt man doch nicht sein eigen Fleisch und Blut um.«
»Aber ein Motiv hätten Sie gehabt«, sagte ich. »Ich gehe davon aus, dass Sie in die Fußstapfen Ihres Vaters treten wollen. Vielleicht hat Ihnen Tim Ihre Position streitig gemacht. Wenn Sie eines Tages das Geschäft führen, können Sie aus diesem Dreckloch herauskommen. Mussten Sie Tim nicht fürchten?«
»Glauben Sie doch, was Sie wollen«, knurrte Earl Lacey. »Ich war es nicht, und ich lasse mir nichts anhängen. Kümmern Sie sich lieber um diese Widerlinge, mit denen sich mein Bruder abgegeben hat.«
»Von was für Leuten sprechen Sie?«, hakte ich nach. »Mit Andeutungen ist uns nicht gedient.«
»Haben Sie noch nicht herausgefunden, wovon Tim gelebt hat?«, höhnte Earl Lacey. »Ich dachte immer, das FBI wäre so auf Zack!«
Nun wollte er uns offenbar provozieren, aber darauf ließen wir uns nicht ein. Stattdessen fragte ich: »Sie können unseren Verdacht ganz einfach entkräften, Lacey. Sagen Sie uns nur, wo Sie in der Nacht von Montag auf Dienstag zwischen Mitternacht und ein Uhr früh waren.«
»War das die Zeit, als Tim … als man ihn umgelegt hat?«
Ich nickte. Earl Laceys Gesicht verdüsterte sich noch mehr. Seine spöttische Art war wie weggeblasen. Ich begann allmählich zu glauben, dass sein Bruder ihm wirklich etwas bedeutet hatte.
»Ich war bei einer Frau, die ganze Nacht. Sie heißt Ela Sanchez, ich kann Ihnen ihre Telefonnummer geben. Wenn ich mir vorstelle, dass Tim sterben musste, während ich meinen Spaß mit Ela hatte – aber woher hätte ich das wissen können?«
Ich ließ mir von Earl Lacey die Nummer der Zeugin geben. Dann fragte ich ihn noch einmal, mit wem sein Bruder Geschäfte gemacht hatte.
»Ich kenne keinen von den Mistböcken, wirklich nicht. Aber die sind schuld daran, dass Tim nicht mehr lebt.«
Wir versuchten es noch eine Zeit lang, bissen aber auf Granit. Es war offensichtlich, dass Earl Lacey nicht mehr aussagen wollte. Wir hatten keine Handhabe, um ihn mitzunehmen. Also mussten wir wieder abziehen.
»Wetten, dass diese Ela eine Bordsteinschwalbe ist?«, fragte Phil auf der Straße.
»Die Wette wirst du gewinnen.«
Und so war es auch. Wir überprüften das Alibi von Earl Lacey und rückten Ela Sanchez auf die Bude, nachdem wir bei ihr angerufen hatten. Sie ging vermutlich auf den Strich, was in New York bekanntlich verboten ist. Offiziell lebte sie nur von der Sozialhilfe, aber wir glaubten ihr kein Wort. Sie bestätigte immerhin die Angaben ihres Kunden Earl Lacey.
»Eine Nutte gibt dem Verdächtigen also ein Alibi«, stellte Phil fest, als wir wieder in meinem roten Boliden saßen. »Das ist nun wirklich nicht viel wert.«
»Trotzdem glaube ich nicht, dass Vater oder Bruder hinter der Ermordung von Tim Lacey stecken, Phil. Viel interessanter finde ich diese ›Dreckskerle‹, von denen Earl sprach. Er schien wirklich sauer auf sie zu sein. Lass uns zu Tim Laceys Apartment fahren. Dort müssten die Kollegen von der SRD inzwischen mit der Spurensicherung begonnen haben.«
***
Im Vergleich zu seinem älteren Bruder hatte Tim Lacey geradezu luxuriös gelebt. Der Ermordete hatte im Flat Iron District in der Nähe der Fifth Avenue in einem aufwendig restaurierten Jahrhundertwende-Haus gelebt. Der Apartmentschlüssel sowie eine Telefonrechnung mit seiner Anschrift waren bei der Leiche gefunden worden.
Die Leute von der Scientific Research Division waren bereits vor Ort. Doch bevor wir mit dem Lift zum Apartment hochfuhren, redeten wir mit dem uniformierten Doorman. Unsere FBI-Marken hatten wir an unseren Revers befestigt.
»Was können Sie uns über Tim Lacey sagen?«, fragte ich zunächst ganz allgemein.
»Nicht viel, G-man. Er war ein sehr angenehmer Mieter, machte niemals Ärger.«
Der Doorman sprach zögernd und blinzelte nervös. Er war ein älterer Mann, der verlegen wirkte. Ich spürte, dass er uns noch etwas verschwieg.
»Aber Ihnen hat doch etwas an Tim Lacey missfallen. Sie machen mir nichts vor«, sagte ich ihm auf den Kopf zu. Er knickte sofort ein.
»Ich fand es unmöglich, dass Tim Lacey diese vielen jungen Mädchen abgeschleppt hat«, brach es aus dem Mann hervor. »Ich bin gewiss nicht prüde, G-man. Aber er nahm praktisch jede Woche eine andere junge Frau in sein Apartment mit. Es waren richtige Schönheiten. Das klingt vielleicht danach, als ob ich neidisch wäre. Aber ich habe selbst eine Tochter in dem Alter. Und wenn ich mir vorstelle, dass sie auf einen solchen Playboy hereinfällt …«
Es war nicht nötig, den Satz zu vollenden. In meinem Kopf formte sich ein bestimmter Verdacht. Aber ich brauchte mehr Informationen, um ihn zu festigen.
»Haben Sie mitbekommen, dass Tim Lacey ermordet wurde?«, wollte ich von dem Doorman wissen.
»Ja, ich habe es im Radio gehört. Außerdem sind ja Ihre Kollegen schon oben im Apartment.«
»Ist Ihnen in der Umgebung etwas Verdächtiges aufgefallen? Haben sich hier Leute herumgetrieben, die das Gebäude beobachtet haben?«
Der Doorman legte seine Stirn in Falten, schüttelte dann langsam den Kopf.
»Nein, dazu fällt mir nichts ein. Allerdings arbeite ich nicht rund um die Uhr hier. Vielleicht kann Ihnen der Doorman der Nachtschicht weiterhelfen.«
Er gab mir die Telefonnummer seines Kollegen. Nachdem wir uns bedankt hatten, stießen wir zu den in weiße Overalls gekleideten Kollegen vom Spurensicherungsteam.
Tim Laceys Wohnung war großzügig geschnitten und mit Designermöbeln eingerichtet. Es herrschte eine luxuriöse Atmosphäre.
»Eine junge Frau ohne viel Lebenserfahrung ist gewiss geblendet, wenn sie Tim Laceys Protzerpalast zum ersten Mal betritt«, stellte Phil fest.
»Ja, und dieser Typ verstand es sicherlich, seinen Opfern zu gefallen. Ich glaube nämlich, dass diese Frauen Opfer waren.«
»Weil Tim Lacey sie auf den Strich geschickt hat?«
»Ja, Phil. Das würde zumindest seinen großen Frauenverschleiß erklären – und seinen Wohlstand, besonders im Vergleich zu seinem Bruder.«
Einer der SRD-Leute schleppte einen Computer fort.
»Die Dateien sind alle passwortgeschützt«, sagte er im Vorbeigehen zu uns. »Aber Alec Hanray hat gewiss schon härtere Nüsse geknackt.«
Da konnte ich nur zustimmen. Alec Hanray ist einer der Computerspezialisten beim FBI Field Office New York. Es ist auch dem Einsatz solcher Innendienstleute zu verdanken, dass wir draußen auf den Straßen einen guten Job machen können.
Phil und ich schauten uns in dem Apartment um, ohne die Leute von der Spurensicherung bei ihrer Arbeit zu behindern. Wir erfuhren, dass auf dem Bettlaken zahlreiche Körperflüssigkeiten nachgewiesen werden konnten – ein weiterer Hinweis, der meinen Verdacht erhärtete.
»Das ergibt doch einen Sinn, Phil. Tim Lacey hat sich sein Geld als Jungzuhälter verdient. Und die ›Dreckskerle‹, von denen Earl redete, waren offenbar die anderen Luden.«
»Ja, das stimmt. Tim Lacey hatte offenbar keine Lust, in dem Schutzgeld-Imperium seines Vaters den Laufburschen zu spielen. Sein älterer Bruder war schließlich die Nummer eins. Also zieht er sich ganz aus dem Familiengeschäft zurück und sattelt auf Zuhälterei um. Und das wird ihm zum Verhängnis.«
»Dadurch ergeben sich natürlich ganz andere Tatverdächtige, Phil. Entweder kommt ein konkurrierender Lude in Frage – oder ein Verwandter von einem der Mädchen, die für Tim Lacey anschaffen mussten.«
»Was für ein Widerling«, stellte Phil empört fest. »Ich hoffe nur, dass wir den Aufenthaltsort der Mädchen ermitteln und sie befreien können.«
In der Wohnung konnten wir zunächst nichts weiter ausrichten. Wir kehrten an die Federal Plaza zurück. Es gelang mir, den Doorman von der Nachtschicht ans Telefon zu bekommen. Aber auch er wollte nichts Verdächtiges bemerkt haben. Inzwischen lagen auch die Fingerprints der drei Koreaner vor. Es gab keine Übereinstimmungen mit den Spuren in Tim Laceys Dodge Viper. Aber ich hatte schon vermutet, dass die Opfer der Schutzgelderpressung nichts mit dem Tod des Zuhälters zu tun hatten.
»Wir müssen uns auf Tim Laceys Umfeld konzentrieren«, stellte ich fest. »Ich frage mich, ob sein Bruder nicht doch einige der Zuhälter persönlich kennt.«
Doch bevor wir uns Earl Lacey noch einmal vorknöpfen konnten, klingelte mein Telefon. Unser Computerspezialist war am anderen Ende der Leitung.
»Jerry, du und Phil, ihr bearbeitet doch den Mord an Tim Lacey?«
»Das stimmt, Alec.«
»Ich habe jetzt die verschlüsselten Dateien geknackt. Das Material ist pures Dynamit.«
»Okay, wir kommen gleich zu dir.«
Phil hatte über Lautsprecher mitgehört. Gespannt eilten wir hinüber ins Büro des Computerspezialisten. Alec Hanray konnte auf die neuesten Hochleistungsrechner zurückgreifen, um uns bei unserer Arbeit zu unterstützen. Er deutete auf einen der großen Monitore, die auf seinem Schreibtisch standen. Dort waren mehrere Internetseiten mit Fotos und Texten junger Mädchen zu erkennen.
»Wie ihr seht, hat sich Tim Lacey in verschiedenen sozialen Netzwerken und Kontaktbörsen herumgetrieben. Er war hinter Frauen her, die einen Freund suchen oder flirten wollen. Dabei hat er sich auf solche Kandidatinnen spezialisiert, die etwas jünger sind als er selbst. Seht euch die Geburtsdaten der Mädchen an. Sie sind alle achtzehn oder neunzehn Jahre alt.«
»Dann war wohl Tim Lacey das, was man einen Loverboy nennt«, sagte ich. Phil und Alec schauten mich fragend an. Also fuhr ich fort: »Das ist die neueste Masche des Rotlichtmilieus. Ein junger gutaussehender Kerl wie Tim Lacey treibt sich im Internet und auf Partys herum, weil er es auf unerfahrene Mädchen abgesehen hat. Er wickelt sie ein, macht ihnen teure Geschenke, spielt ihnen die große Liebe vor.«
»Ah, ich kapiere«, rief Phil empört. »Und wenn die Opfer dann auf ihn hereingefallen sind, macht er sie von sich abhängig. Vielleicht verabreicht er ihnen sogar Drogen, um sie gefügig zu machen. Und wenn die Mädchen dann körperlich und seelisch von ihm abhängig sind, schickt er sie auf den Strich.«
Ich nickte düster. Tim Lacey war tot, aber er war gewiss kein Einzeltäter. Wir mussten diesen gewissenlosen Schurken unbedingt das Handwerk legen. In diesem Milieu war ein Menschenleben nicht viel wert. Es gab gewiss viele Männer und Frauen, die diesem Loverboy ein blutiges Ende gewünscht hatten.
»Die Mädchen sind jedenfalls auf seine Masche hereingefallen«, stellte der Computerspezialist fest. »Seht euch die E-Mails an, die sie Tim Lacey geschrieben haben. Mehrere dieser jungen Ladys waren richtig verliebt in ihn. Daran gibt es keinen Zweifel.«
»Du hast dort ja nur die Vornamen und die Profilfotos, Alec. Kannst du herausbekommen, wie diese Mädchen heißen und wo sie wohnen? Möglicherweise sind einige von ihnen schon als vermisst gemeldet, wenn sie von Tim Lacey und seinen Kumpanen verschleppt wurden.«
»Ja, ich werde die Fotos mit den Vermissten-Dateien der gesamten Ostküste abgleichen. Außerdem ist es mir möglich, die Standorte der Computer dieser Mädchen zu ermitteln.«
»Das ist gut«, sagte ich. »Aber noch viel wichtiger wäre momentan, das geheime Bordell von Tim Lacey ausfindig zu machen. Jede Minute, die seine Opfer in der Gewalt ihrer Peiniger sind, ist eine Minute zu viel.«
»Da bin ich ganz deiner Meinung«, stimmte der Computerspezialist zu. »Allerdings habe ich auf Tim Laceys Rechner noch keinen Hinweis darauf gefunden. Doch sobald ich etwas in Händen habe, lasse ich es euch wissen. – Hey, Moment. Hier ist ja doch etwas.«
Alec Hanray klickte auf eine Datei, die er bisher offenbar noch nicht entdeckt hatte. Sie bestand nur aus einem kurzen Text: Junge Nymphen erfüllen alle Wünsche. Deine Fantasien werden wahr im Cat Club, Tel. …«
»Die Handynummer sieht so aus, als ob sie zu einem Prepaid-Handy gehören würde«, meinte der Computerspezialist.
»Ja, auf jeden Fall. Ich nehme an, Tim Lacey hat diese Anzeige in verschiedenen Internetforen aufgegeben, die sich mit Prostitution befassen.«
Nun hatten wir einen Hebel, wo wir ansetzen konnten. Wenn einer von uns die Nummer anrief, konnten wir eine Handyortung vornehmen. Mit etwas Glück ließ sich so das Bordell ermitteln, in dem die Mädchen gefangen gehalten wurden. Jedenfalls ging ich davon aus, dass keine von ihnen freiwillig dieser verbotenen Tätigkeit nachging. Sie hatten im Internet nach Liebe gesucht, nicht nach einem Job als Hure.
Ich klopfte Alec Hanray dankbar auf die Schulter. Phil und ich gingen sofort zu Mr High, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Zum Glück hatte der Chef gerade Zeit für uns.
Der Assistant Director hörte konzentriert zu, während ich ihn auf den neuesten Stand brachte. Er nickte zustimmend mit dem Kopf.
»Ich bin auch der Meinung, dass die Aushebung dieses Bordells absoluten Vorrang hat. Die Mädchen müssen befreit werden. Außerdem ist möglicherweise einer von Tim Laceys Zuhälterkollegen sein Mörder. – Ich werde das NYPD verständigen, denn die Cops haben eine spezielle Ermittlungsgruppe zur Prostitutionsbekämpfung. Der Zugriff sollte noch heute Abend erfolgen, wenn es irgend möglich ist.«
Das war ganz in unserem Sinn. Der Rest des Arbeitstages verging mit der Vorbereitung dieser Razzia. Sowohl G-men als auch Cops der Spezialeinheit Emergency Service Unit würden an dem Zugriff teilnehmen. Mr High hatte mir die Leitung der Operation übertragen.
Unser Plan sah vor, dass Phil sich als Freier ausgeben und zum Cat Club gehen sollte. Noch kannten wir die Adresse ja nicht. Sobald sich die Tür für meinen Freund öffnete, wollten wir das Gebäude stürmen. Phil trug unter seinem Jackett eine schusssichere Weste.
Außer mir selbst nahmen auf FBI-Seite noch June Clark, Blair Duvall, Steve Dillaggio, Zeery, Fred Nagara und Ben Harper an dem Einsatz teil. Wir alle waren mit Einsatzoveralls, Kevlar-Westen sowie Maschinenpistolen und Helmen ausgerüstet. Über Kehlkopf-Mikrofone konnten wir miteinander kommunizieren.
Am frühen Abend sollte es losgehen. Phil rief die Nummer an. Das Freizeichen ertönte. Während das Computer-Spezialprogramm auf Hochtouren lief, meldete sich eine dunkle Männerstimme. Wir konnten über Lautsprecher mithören.
»Hallo?«
»Bin ich beim Cat Club gelandet? Ich wollte heute Abend noch etwas Spaß haben.«
Phil musste sich zusammenreißen, um den Zuhälter seine Empörung nicht spüren zu lassen.
»Ja, hier ist der Cat Club. Aber wir arbeiten nur auf Empfehlung. Weißt du das nicht?«
Das war uns natürlich nicht bekannt gewesen. Aber Phil rettete geistesgegenwärtig die Situation.
»Mein Freund Andy hat mir gesagt, dass es bei euch wirklich heiße Miezen geben soll.«
Andy ist ein sehr weit verbreiteter Männername. Die Glücksgöttin meinte es abermals gut mit uns. Der Kerl mit dem Prepaid-Handy lachte heiser.
»Ja, Andy ist ein richtiger Genießer. – Okay, du wirst mein Misstrauen hoffentlich verstehen. Man kann ja nie vorsichtig genug sein. Also, du findest uns 273, Eighth Avenue. Du gehst durch die Toreinfahrt in den Hof, kapiert? Da ist ein Firmenschild mit der Aufschrift P & B Imports. Dort klingelst du.«
»Okay, ich werde in einer Stunde dort sein.«
***
Als Phil das Gespräch beendet hatte, begann bei uns eine fieberhafte Aktivität. Die Adresse befand sich mitten im Garment District von Manhattan, wo in früheren Zeiten zahlreiche Textilfabriken angesiedelt waren. Heute gibt es dort etliche Hotels und Restaurants, aber auch immer noch viele Gewerbebetriebe.
Wir mussten auf jeden Fall verhindern, dass Passanten in die Schusslinie gerieten. Die ESU-Einheit und wir fuhren in verschiedenen Vans zum Ziel. Auf keinen Fall durften Tim Laceys Kumpane Verdacht schöpfen. Daher achteten wir darauf, in Deckung zu bleiben.
»An der Tür hängt alles von dir ab«, führte ich Phil vor Augen. »Wir benötigen höchstens eine Minute, bis wir bei dir sind. Es gibt laut Bauplan des Gebäudes einen Hinterausgang. Der soll von dem ESU-Team gesprengt werden, sobald sich die Vordertür für dich öffnet.«
Unsere Techniker hatten meinen Freund mit einer winzigen Kamera in der Krawattennadel ausgestattet, die ihre Bilder zu einem Überwachungs-Van des NYPD sendete. So bekamen die Cops von der ESU-Spezialeinheit direkt mit, wann sie eingreifen mussten.
Ich ließ unsere FBI-Gruppen ebenfalls in Position gehen. Wir wollten frontal angreifen, die Männer von der City Police sollten den zweiten Ausgang übernehmen. Und der Zugriff musste schnell erfolgen, damit die Zuhälter keine Geiseln nehmen konnten. Leider wussten wir nicht, mit wie vielen Gegnern wir es zu tun bekommen würden.
Über Funk bekam ich eine Meldung von Lieutenant Finnegan. Er leitete das ESU-Team.
»Wir sind bereit, Jerry.«
»Okay, dann geht Phil jetzt los.«
Mein Freund nickte mir entschlossen zu. Er brannte genau wie wir Übrigen darauf, dem Spuk endlich ein Ende zu machen. Phil stieg aus dem Van, den wir einen Steinwurf von der angegebenen Adresse entfernt geparkt hatten. Auch wir verfolgten über einen Computer-Monitor, wie der blonde G-man die Toreinfahrt durchquerte. Dann stand er vor dem Eingang der Tarn-Firma und läutete.
»Da ist eine Überwachungskamera«, raunte Blair Duvall, der mir über die Schulter linste. Unwillkürlich sprach er leise. Ich hatte die Kamera ebenfalls bemerkt.
Phil klingelte abermals. Die Spannung wurde beinahe unerträglich. Ich fürchtete schon, dass die Verbrecher Lunte gerochen hatten. Die Tür war offenbar aus massivem Stahlblech. Man hätte sie zwar mit einer Ramme aufbekommen können, aber das dauerte zu lange. Falls wir uns dazu entschließen mussten, sah ich schwarz für die Mädchen, die dort gefangen gehalten wurden.
Doch nach einigen Sekunden, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, wurde die Tür geöffnet. Sie ging nach innen auf. Im schummrigen Halbdunkel zeigte das Kamerabild eine muskulöse Gestalt in Jogginghose und Unterhemd, mit einer dicken Goldkette um den Hals. Im nächsten Moment begann das Bild zu wackeln, denn Phil griff den Kerl unmittelbar an.
»Go!«, rief ich. »Sofortiger Zugriff!«
Wir sprangen aus dem Van und hetzten durch den Tordurchgang zur offenstehenden Tür, um Phil beizustehen. Doch jede Befürchtung war unbegründet. Während wir ihm zu Hilfe kamen, hatte mein Freund seinen Widersacher bereits zu Fall gebracht. Phil kniete schon auf seinem Rücken und legte ihm Handschellen an.
Der Kerl fluchte obszön und rief seinen im Gebäude befindlichen Kumpanen eine Warnung zu. Während Phil weiterhin die Tür sicherte, stürmten wir in das geheime Bordell. Eine Explosion ertönte irgendwo vor uns. Offenbar war es den ESU-Kollegen soeben gelungen, die Hintertür aufzusprengen. Jetzt saßen Tim Laceys Zuhälter-Freunde wirklich in der Falle.
»FBI!«, rief ich. »Waffen weg! Auf die Knie!«
Meine Warnung galt einer schemenhaften Gestalt, die im Halbdunkel des Eingangsbereichs vor mir auftauchte. Der Kerl antwortete, indem er auf mich schoss. Das Mündungsfeuer blitzte auf, doch sein Projektil verfehlte mich. Ich warf mich zur Seite und feuerte mit meiner Maschinenpistole eine kurze Salve in seine Beine. Der Verbrecher schrie, torkelte wie ein Betrunkener und ging zu Boden.
Ich stoppte kurz, um mich zu orientieren. Das von außen völlig nüchtern und unauffällig wirkende Gebäude war innen mit viel Plüsch, roten Samttapeten, goldgerahmten Spiegeln und Kristallleuchtern wie ein altertümlicher Salon ausgestattet. Es gab eine Bar sowie zahlreiche Türen, die vermutlich zu den Zimmern führten. Viele dieser Türen waren nun aufgerissen worden, denn natürlich waren die Kampfgeräusche nicht zu überhören. Auch im hinteren Bereich des Bordells wurde geschossen, offenbar trafen die ESU-Leute ebenfalls auf Widerstand.
Einige junge Frauen erschienen halbnackt auf dem Korridor, manche von ihnen kreischten und schrien vor Angst.
»Gehen Sie in Deckung!«, rief ich Ihnen zu. »Wir sind vom FBI, wir holen Sie hier raus!«
In der Bar wollte sich ein Zuhälter hinter der Theke verschanzen. Er hatte eine Uzi in den Fäusten, die er auf mich anlegte. Doch der Verbrecher hatte nicht bemerkt, dass sich Blair Duvall bereits in seinem toten Winkel befand. Der hünenhafte schwarze G-man stürmte wie ein Footballspieler auf den Kriminellen los. Und bevor der Zuhälter seine Uzi-Mündung in Blairs Richtung schwenken konnte, wurde er zu Boden gerissen. Seine Rippen knackten, als Blair auf ihm landete. June Clarks Partner riss dem Kerl einfach die Waffe aus den Händen und schleuderte sie in eine Ecke.
Ein anderer Bewaffneter kam aus einem Nebenraum gestürzt. Doch als Fred Nagara und Ben Harper ihre Maschinenpistolen auf ihn richteten, tat er das einzig Vernünftige: Er warf seine .357er-Magnum fort und hob die Hände. June Clark eilte zu ihm. Während die beiden anderen Kollegen den Verbrecher in Schach hielten, legte die blonde Agentin ihm Handschellen an.
Der Widerstand brach schnell zusammen. Zum Glück war weder ein G-man noch ein ESU-Cop verletzt worden. Drei Zuhälter hatten bei dem Zugriff Schusswunden erlitten. Sie wurden mit Ambulanzen in die Krankenabteilung von Rikers geschafft.
Wir durchsuchten nun Zimmer für Zimmer. Immerhin war es ja möglich, dass sich noch weitere Straftäter hier verborgen hatten. Doch wir trafen nur auf einige Freier, die alle vor Scham am liebsten im Boden versunken wären. Da Prostitution in New York strafbar ist, konnten sie alle sich auf eine Anklage wegen Verleitung zur Unzucht gefasst machen. Doch darum kümmerte sich das NYPD. Mir kam es jetzt darauf an, die Mädchen zu befreien. Ich hoffte natürlich auch auf weiterführende Aussagen, um den Mörder von Tim Lacey aus dem Verkehr ziehen zu können.