Jerry Cotton Sammelband 29 - Jerry Cotton - E-Book

Jerry Cotton Sammelband 29 E-Book

Jerry Cotton

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Beschreibung

Sammelband 29: Fünf actiongeladene Fälle und über 300 Seiten Spannung zum Sparpreis!
G-Man Jerry Cotton hat dem organisierten Verbrechen den Krieg erklärt! Von New York aus jagt der sympathische FBI-Agent Gangster und das organisierte Verbrechen, und schreckt dabei vor nichts zurück!
Damit ist er überaus erfolgreich: Mit über 3000 gelösten Fällen und einer Gesamtauflage von über 850 Millionen Exemplaren zählt er unbestritten zu den erfolgreichsten und bekanntesten internationalen Krimihelden überhaupt! Und er hat noch längst nicht vor, in Rente zu gehen!

In diesem Sammelband sind 5 Krimis um den "besten Mann beim FBI" enthalten:
2920: Die Reichen und die Leichen
2921: Der Profit des Todes
2922: Der lange Arm der Rache
2923: Die Rückkehr des Kronzeugen
2924: Ein eiskalter Deal

Jerry Cotton ist Kult - und das nicht nur wegen seines roten Jaguars E-Type.
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Seitenzahl: 680

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Impressum

BASTEI LÜBBE AG Vollständige eBook-Ausgaben der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgaben Für die Originalausgaben: Copyright © 2013 by Bastei Lübbe AG, Köln Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller Verantwortlich für den Inhalt Für diese Ausgabe: Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln Covermotive von © shutterstock: Flik47 | sharpner ISBN 978-3-7517-0194-5 www.bastei.de www.luebbe.de www.lesejury.de

Jerry Cotton

Jerry Cotton Sammelband 29 - Krimi-Serie

Inhalt

Jerry CottonJerry Cotton - Folge 2920Phil und ich hatten eine traurige Pflicht zu erfüllen. Wir mussten dem englischen Konsul die Nachricht vom Tod seiner 18jährigen Tochter überbringen. Das Mädchen war in einer dunklen Gasse hinter dem Club "Vanity" erschlagen worden. Die Spur zum Täter führte ins Rauschgiftmilieu und schon bald stellte sich heraus, dass die junge Engländerin offensichtlich nicht nur Drogen konsumiert, sondern auch damit gedealt hatte...Jetzt lesen
Jerry Cotton - Folge 2921Nick Mulligan gehörte zu einer Berufsgruppe, die für uns ein ständiges Ärgernis war: die Paparazzi. Bei einer Festnahme kam er Phil und mir in die Quere, fühlte sich von uns bedroht und zeigte mich wegen Polizeigewalt an. Das Verfahren wurde eingestellt, doch damit gab sich Mulligan nicht zufrieden. Kurz darauf rief er mich im Büro an und die letzten Worte, die ich von ihm hörte, waren auch die letzten, die er in seinem Leben sprach. "Helfen Sie mir, Cotton! Der Dreckskerl will mich..."Jetzt lesen
Jerry Cotton - Folge 2922Laura Fulborn, William Gebers und Dennis Stratham waren auf unterschiedliche Art ermordet worden, hatten aber eines gemeinsam: sie waren Geschworene im Prozess gegen den Mafiaboss Ronaldo Quantiniano gewesen, der zu lebenslanger Haft verurteilt worden war. Anscheinend war jetzt ein Killer unterwegs, der die Geschworenen auslöschte. Phil und ich sollten ihm Einhalt gebieten, doch wir kamen weder an den Killer noch an seine Auftraggeber heran...Jetzt lesen
Jerry Cotton - Folge 2923Wir alle beim FBI New York waren entsetzt. Unser Kollege Joe Brandenburg war entführt und übel zugerichtet worden. Es war nur einem glücklichen Zufall zu verdanken gewesen, dass sein Partner Les Bedell ihn noch rechtzeitig fand und so vor dem sicheren Tod retten konnte. Was Joe über die Hintergründe dieser Aktion berichtete, konnten wir fast nicht glauben. Ein ehemaliger Kronzeuge hatte seine sichere neue Identität aufgegeben und einen Rachefeldzug begonnen...Jetzt lesen
Jerry Cotton - Folge 2924Zwei Leichen - eine männliche und eine weibliche. Dieselbe Tatwaffe, die schon für einen Mord in Las Vegas benutzt worden war. Die einzige Verbindung zwischen den beiden letzten Opfern war der Mageninhalt, der darauf schließen ließ, dass sie zusammen zu Abend gegessen hatten. Phil und ich folgten dieser Spur, die uns zu einem rätselhaftem Catering Unternehmen, einer bildschönen Chinesin und einem internationalen Waffenhändler führte ...Jetzt lesen

Inhalt

Cover

Impressum

Die Reichen und die Leichen

Jerry Cotton aktuell

Vorschau

Die Reichen und die Leichen

Sie wehrte sich mit aller Macht, doch die beiden Angreifer überwältigten Amber mühelos.

»Ihr wisst nicht, was ihr tut«, schrie sie.

Verzweiflung packte die Achtzehnjährige, die sich gegen ihr grausames Schicksal aufbäumte. Einer der Angreifer stieß sie brutal zu Boden. Die junge Frau kam taumelnd wieder auf die Beine und wollte nur noch wegrennen. Der Schlag traf ihren Kopf und die Welt um Amber verlor die Konturen.

Für einige Sekunden starrten die Angreifer Amber stumm an, doch nach einem Blick in ihre Augen schüttelte der eine den Kopf.

»Das war’s.«

Ich hätte mir diesen Besuch gerne erspart. Niemand überbrachte den Angehörigen eines Opfers gerne die traurige Nachricht. Der englische Konsul hatte uns in seinem Arbeitszimmer empfangen und blieb anfangs erstaunlich ruhig.

»Ich möchte genau wissen, wie es passiert ist«, sagte er.

Nach einem Seitenblick auf Phil gab ich die Informationen weiter, die wir zu diesem Zeitpunkt als gesichert ansehen durften.

»Ihre Tochter wurde in der Seitengasse hinter dem Club Vanity gefunden. Allem Anschein nach wurde sie das Opfer eines Überfalls«, antwortete ich.

Als die Cops im East Village die Identität der Toten festgestellt hatten, wurde sofort das FBI eingeschaltet. Aus dem Rathaus wurde bereits kurze Zeit später politischer Druck auf Mr High ausgeübt, nicht zuletzt da der Bürgermeister sich mitten im Wahlkampf befand. Phil und mir fiel daher die undankbare Aufgabe zu, diesen Fall möglichst schnell zu lösen.

»Wurde Sie …?«

Andrew Palmer brachte es nicht fertig, die ganze Frage zu formulieren. Doch wenigstens diese Grausamkeit blieb ihm erspart.

»Nein, Ihrer Tochter wurde keine sexuelle Gewalt angetan. Das schließt der Rechtsmediziner definitiv aus«, beruhigte ich ihn.

Daraufhin kehrte ein wenig Farbe ins fahle Antlitz des Konsuls zurück.

»War Amber das Opfer eines simplen Raubüberfalles? Wollen Sie mir das erzählen, Agent Cotton?«, fragte er.

Es lag eine gewisse Schärfe in seinen Worten. So langsam erfasste sein Verstand, welch grausamen Einschnitt es in seinem Leben gegeben hatte, und Andrew Palmer wehrte sich dagegen.

»Das wäre eine Möglichkeit, Sir. Wir stehen erst am Anfang unserer Ermittlungen und benötigen dabei Ihre Hilfe«, antwortete ich.

Der Konsul schüttelte benommen den Kopf und dann verschleierten sich seine Augen. Wir gaben ihm die Zeit, sich wieder zu sammeln.

»Natürlich erhalten Sie jede nur denkbare Hilfe. Was wollen Sie wissen?«, fragte er dann.

Ich bat ihn um eine möglichst genaue Beschreibung vom üblichen Tagesablauf seiner Tochter. Andrew Palmer schilderte sie als lebenslustigen Teenager, der das quirlige Leben in New York sehr genossen hatte.

»Wir kommen ursprünglich aus Manchester. Das Leben dort lässt sich nur bedingt mit dem bunten Treiben im Big Apple vergleichen. Amber fand sehr schnell Freunde und hat sich in die Stadt verliebt«, erklärte Palmer.

Er konnte uns lediglich die Vornamen einiger Freunde nennen und wusste nicht, ob Amber den Club Vanity regelmäßig aufgesucht hatte.

»Das kann Ihnen Margret sicher besser beantworten«, erwiderte Palmer.

Erst als er seine Ehefrau erwähnte, erkannte er, was für eine schwere Aufgabe ihm noch bevorstand. Erneut verschleierte sich sein Blick, und dann erhob der Konsul sich ruckartig.

»Ich fahre nach Hause und überbringe Margret die fürchterliche Nachricht. Sobald sie ansprechbar ist, wird man Ihnen einen Termin nennen«, sagte er.

Das war nicht die beste Variante, aber unsere Vorgaben waren eindeutig. Daher stimmte ich dem Arrangement zu, da ich zurzeit keine Hinweise hatte, dass der Mörder aus dem familiären Umfeld stammte. Wir verabschiedeten uns von dem Konsul und saßen wenige Minuten später im Jaguar.

»Er hat sich mächtig angestrengt, um nicht zusammenzuklappen«, sagte Phil.

»Ja, er ist ein Kämpfertyp. Hoffentlich trifft es auch auf seine Frau zu. Wir benötigen die Informationen zum Freundeskreis, wenn wir vorankommen wollen«, antwortete ich.

»Wir können mit Stefano Pizarro anfangen«, schlug Phil vor.

Über den Besitzer des Vanity wussten wir bislang herzlich wenig. Er stammte ursprünglich aus Mendoza, wo seine Familie eines der größten Weingüter Argentiniens unterhielt. Sein Club lag in der Avenue A.

»Es gibt keine einschlägigen Einträge, die den Club mit Drogen oder sonstigen Verbrechen in Verbindung bringen«, sagte Phil.

Wir stiegen aus dem Jaguar aus und betrachteten die Fassade des Gebäudes, in dem der Club lag. Es gab zwei kleine Bürotrakte, von denen einer dem Argentinier gehörte. Alles wirkte seriös und passte bestens ins Bild des als aufstrebend bezeichneten Viertels. Phil und ich standen wenige Augenblicke später in dem nüchtern eingerichteten Flur des westlichen Bürotraktes, wo uns eine Frau in Empfang nahm.

»FBI, Special Agent Cotton, und das ist mein Partner, Special Agent Decker. Wir müssen mit Mister Pizarro sprechen«, sagte ich.

Die Angestellte des Clubbesitzers hatte sich gleich bei unserem Eintreten erhoben, um uns vor dem Schreibtisch zu begrüßen. Ich konnte nirgends irgendwelche zwielichtigen Typen ausmachen, die oft im Dunstkreis eines Clubs in Erscheinung treten.

»Es geht sicherlich um diesen fürchterlichen Mord an der jungen Frau, nicht wahr?«, fragte sie.

Ich nickte und erkundigte mich, was die Angestellte darüber wusste.

»Nur wenig, Agent Cotton. Offenbar gehörte sie zu den Stammgästen unseres Clubs, was Mister Pizarro schwer zu schaffen macht«, erwiderte sie.

Ihre Betroffenheit war ehrlich und der Hinweis, dass Amber Palmer ein häufiger Gast des Clubs gewesen war, bereits von großer Bedeutung. Anschließend führte sie uns ins Büro ihres Chefs, der uns neugierig musterte.

»FBI? Ist der Mord so besonders, dass gleich die Bundespolizei eingeschaltet werden muss?«, fragte er.

Der Akzent Pizarros war unüberhörbar, auch wenn er unsere Sprache sicher beherrschte. Ich erklärte ihm die Zuständigkeit unserer Behörde und wollte dann wissen, wie gut er die Tote gekannt hatte.

»Ich habe sie bestimmt öfter gesehen und mehrfach gesprochen. So wie ich es mit vielen der Gäste mache. Näher kannte ich Amber leider nicht«, erwiderte Pizarro.

Vorerst nahm ich es ihm ab. Pizarro kam von allein auf die Überwachungskameras zu sprechen, die auch einen Teil der Gasse abdeckten, in der sich das Verbrechen ereignet hatte.

»Das sind die Aufnahmen. Mein Sicherheitschef hat sie Ihnen auf diesen Stick überspielt«, sagte er.

Phil nahm den Speicherstick entgegen, während ich um ein Gespräch mit allen Mitarbeitern des Clubs bat. Zu meiner Überraschung hatte Pizarro sich so etwas bereits gedacht und seine Angestellten in den Club beordert.

»Sie können sofort mit ihnen sprechen, Agent Cotton. Ich hoffe sehr, dass einer davon mehr über Amber sagen kann«, erklärte Pizarro.

Phil und ich gingen in seiner Begleitung hinunter, um mit der Befragung der Mitarbeiter zu beginnen.

***

Als wir am späten Nachmittag mit Mr High am Besprechungstisch in seinem Büro saßen, konnten Phil und ich noch keine echten Ergebnisse melden.

»Amber hatte einen sehr großen Freundeskreis, aber uns fehlen noch die Namen und Anschriften«, sagte ich.

Da schob uns der Chef zwei zusammengeheftete Seiten zu.

»Diese Liste kam vor einer halben Stunde aus dem Büro des Konsuls. Mistress Palmer hat uns die Namen samt Anschriften aller Freunde ihrer Tochter geliefert«, sagte er.

Das war nicht so gut wie eine direkte Befragung der Mutter, aber es brachte unsere Ermittlungen voran.

»Dann können wir endlich das Umfeld des Opfers ausleuchten. Die Befragung der Angestellten des Clubs hat uns wenig Erhellendes eingebracht«, antwortete ich.

Ich gab die wesentlichen Beobachtungen der Mitarbeiter von Stefano Pizarro weiter, die jedoch kaum mehr als das übliche Bild eines Partygirls zeichneten.

»Amber Palmer genoss das Nachtleben und schien leicht neue Freundschaften zu schließen«, erklärte ich.

Es gab weder Anzeichen für Drogenkonsum noch für andere gefährliche Vorlieben. Da sich unsere Erkenntnisse bislang jedoch ausschließlich auf die Aussagen der Clubmitarbeiter stützten, war ich vorsichtig mit meiner Einschätzung. Die noch ausstehende Auswertung aus dem Labor würde hierzu eine sichere Auskunft geben.

»Einige ihrer Freunde sind aber ausgesprochen interessant«, sagte Phil.

»Was meinen Sie damit?«, fragte der Chef.

»Sie verkehrte mit Enzo Basile, dem zweitältesten Sohn von Domenico Basile«, antwortete Phil.

Ich schaute von ihm zu Mr High, der nachdenklich die Stirn gerunzelt hatte. Irgendwo in den Tiefen meines Gedächtnisses klingelte es bei dem Namen, doch so richtig wollte die Erinnerung nicht an die Oberfläche kommen.

»Von Domenico Basile wird gesagt, dass er in Verbindung zur kalabrischen Mafia stehen soll. Es gibt nur Gerüchte, und wenn, zählt er auch nicht zum inneren Zirkel«, sagte der Chef schließlich.

»Die Familie stammt ursprünglich aus Plati, einer Stadt in Kalabrien. Wie kommt die Tochter des englischen Konsuls in Kontakt zu einem Mitglied der kalabrischen Mafia?«, fragte Phil.

Kein Wunder, dass meine Erinnerungen nur sehr vage geblieben waren. Domenico Basile war nur am Rande einer Ermittlung in Erscheinung getreten.

»Vielleicht verkehrt Enzo ebenfalls im Club und Amber hat ihn dort kennengelernt«, schlug ich vor.

Phil holte sein Mobiltelefon heraus. Das Gespräch mit Stefano Pizarro dauerte nur eine halbe Minute, bevor mein Partner es beendete.

»Deine Nase hat dich nicht getäuscht, Jerry. Pizarro kennt Enzo sehr gut und weiß auch, dass Amber öfter mit dem Heißsporn unterwegs war«, sagte er.

Es war eine Abweichung vom normalen Leben eines Teenagers, die wir uns genauer ansehen wollten. Mr High unterstützte unser Vorhaben und musste sich selbst auf eine Pressekonferenz vorbereiten. Seitdem die Medien von dem Mord an der Tochter des englischen Konsuls erfahren hatten, drängten sie das Rathaus sowie unseren Chef, einen Kommentar abzugeben.

»Da befrage ich doch lieber den Sohn eines Mafiabosses«, kommentierte Phil trocken.

Wir saßen bereits wieder im Jaguar und waren auf dem Weg zum Wohnhaus der Familie Basile. Es lag ebenfalls im East Village. Zufall oder nicht, allein dieser Umstand weckte meine Neugier.

»Die Kerle sehen aber nicht so aus, als wenn sie zum üblichen Hausmeisterdienst gehören«, sagte ich.

Wir hatten soeben das Foyer des Apartmenthauses am St. Mark’s Place betreten, da erfasste mein Blick drei Männer. Sie schauten uns aufmerksam an und die Körperhaltung ließ keinen anderen Schluss zu, als dass sie blitzschnell auf eine Bedrohung reagieren konnten. Das achtstöckige Haus wurde komplett von der Familie Basile bewohnt.

***

»FBI, Special Agent Cotton, und das ist Special Agent Decker. Wir müssen mit Enzo Basile sprechen«, sagte ich.

Die beiden Männer hinter dem Empfangstresen schauten überrascht auf unsere Dienstausweise.

»FBI? Um was geht es denn, Agent Cotton?«, fragte der Glatzkopf.

Möglicherweise litt der Mann in meinem Alter an einem ungewöhnlich frühen Haarausfall, aber ich hielt seine fehlende Haarpracht eher für den Versuch, als harter Bursche durchzugehen. Da jedoch sein Arbeitgeber nicht einmal zur zweiten Garnitur der kalabrischen Mafia zählte, rechnete ich die Handlanger ebenfalls nicht zur Spitzenkategorie.

»Das werden wir Mister Basile schon selbst sagen. In welcher Wohnung finden wir ihn?«, antwortete ich kühl.

Der andere Mann hinter dem Tresen hatte die Situation schneller eingeschätzt und telefonierte bereits. Bevor sein Kumpan antworten konnte, mischte er sich ein.

»Mister Basile erwartet Sie in seinem Büro. Ich führe Sie hin«, sagte er.

Mit einer einladenden Geste lotste er uns zu den Fahrstühlen, mit denen wir bis ins oberste Stockwerk fuhren. Phil und ich tauschten einen wissenden Blick aus. Dort oben residierte mit Sicherheit das Clanoberhaupt und nicht der zweitälteste Sohn. Fünf Minuten später wurde aus unserer Ahnung Gewissheit, als uns der etwa fünfzig Jahre alte Domenico Basile empfing.

»Danke, Salvatore. Du kannst uns allein lassen«, sagte er.

Unser schweigsamer Begleiter befolgte die Anweisung umgehend. Das Büro war mit massiven Möbeln aus dunklem Holz ausgestattet. Es gab eine Sitzgruppe, zu der drei Sessel und eine Couch gehörten.

»Domenico Basile. Ich bin der Vater von Enzo«, stellte er sich vor.

Basile war ein eher kleiner Mann mit einem kräftigen Körperbau. Seine dunkelbraunen Augen unter dem grauen Kraushaar musterten Phil und mich abschätzend, während er auf eine Erwiderung wartete.

»Special Agent Cotton, und das ist mein Partner, Special Agent Decker«, sagte ich.

Da Salvatore uns nicht weiter angekündigt hatte, wollte ich die Form wahren.

»Wir wollten eigentlich mit Enzo sprechen. Ist Ihr Sohn nicht zu Hause?«, fragte ich.

Mit einer einladenden Geste bot Domenico uns Sitzplätze an. Während Phil sich auf der Couch niederließ, wählte ich einen Sessel aus. Unsere Sitzwahl sorgte dafür, dass Domenico Basile von uns in die Mitte genommen wurde. Um dies zu umgehen, hätte er sich schon zu meinem Partner auf die Couch setzen müssen. Das tat er jedoch nicht.

»Nein. Vielleicht kann ich Ihnen weiterhelfen. Warum wollen Sie mit Enzo sprechen, Agent Cotton?«, erwiderte Basile.

»Es geht um den Mord an Amber Palmer. Sie haben vermutlich bereits davon gehört«, antwortete ich.

Für den Bruchteil einer Sekunde zeigte Basile seine Überraschung, bevor er wieder die Maske des unbeteiligten Geschäftsmannes aufsetzte. Falls Enzo mit seinem Vater über den Mord oder seine Beziehung zu dem Opfer gesprochen hätte, wären Domenico Basiles Emotionen sicherlich weniger auffällig ausgefallen.

»Wie kommen Sie darauf, dass mein Sohn etwas damit zu tun haben könnte?«, fragte er.

Seine Stimme war eine Nuance dunkler geworden, was ich aber noch als Folge seiner Erschütterung ansah.

»Er gehörte zum engeren Freundeskreis des Opfers, Mister Domenico«, antwortete Phil.

Für einen Moment legte sich Schweigen über uns. Enzos Vater musste sich offenbar erst klar darüber werden, wie er sich weiter verhalten sollte.

***

Domenico Basile hatte uns versprochen, dass sich Enzo am folgenden Tag im Field Office melden würde. Phil und ich verließen danach sein Arbeitszimmer, um mit dem Fahrstuhl den Weg nach unten anzutreten.

»Er weiß nichts von dem Mord«, sagte ich.

Mein Partner nickte und verließ den Lift durch die sich soeben öffnende Tür. Ich war zu sehr mit meinen Gedanken beschäftigt, um mich über die unerwartet kurze Fahrt zu wundern.

»He, das ist nicht das Foyer«, stutzte ich.

Phil schmunzelte zufrieden vor sich hin, während er auf den Klingelknopf neben einer Wohnungstür drückte. Nach wenigen Sekunden öffnete uns Enzo Basile und erstarrte vor Schreck.

»FBI, Special Agent Cotton, und das ist mein Partner, Special Agent Decker. Wir dürfen doch?«, sagte ich.

Da mein Partner uns auf diese Weise doch noch zu einem Gespräch mit dem Freund von Amber verholfen hatte, wollte ich die Gelegenheit unbedingt nutzen. Mit sanftem Nachdruck drängte ich den immer noch erschrockenen Enzo in sein Apartment zurück. Phil folgte uns und schloss die Wohnungstür.

»Sie haben gehört, was Ihrer Freundin Amber Palmer widerfahren ist?«, fragte ich.

Enzo war bis zu einem Barschrank zurückgewichen und schluckte angestrengt. Sein schlechtes Gewissen war geradezu offensichtlich.

»Äh, ja. Darüber weiß ich aber überhaupt nichts, Agent Cotton. Amber und ich waren mehr flüchtige Bekannte als gute Freunde«, antwortete er endlich.

Mit zitternden Händen füllte er sich großzügig ein Glas mit Whisky und kippte es in zwei Zügen schnell hinunter. Sein Gesicht nahm anschließend mehr Farbe an, und als Enzo sein Glas nachfüllte, zitterten seine Hände kaum noch.

»Erzählen Sie uns über Amber«, forderte ich.

Enzo sammelte seine Gedanken und erzählte, wie er mit seiner Clique im Club Vanity regelmäßig zusammenkam.

»Dabei habe ich auch Amber kennengelernt. Wir haben ab und an getanzt oder einfach nur geredet«, erzählte er.

Ich warf Phil einen Seitenblick zu.

»Vergessen Sie die Drogen nicht, Enzo«, ermahnte er ihn.

Mein Partner kaufte Basile diese nette Geschichte also genauso wenig ab wie ich selbst.

»Was für Drogen? Mein Vater würde mir den Kopf abreißen, wenn ich das Zeug auch nur anfassen würde«, protestierte Enzo.

Zu meiner Verwunderung glaubte ich es ihm sogar.

»Sie wussten aber, dass Amber mit Drogen zu tun hatte«, hakte ich nach.

Enzo trank einen langen Schluck, wodurch er sich offenbar mehr Zeit für die Antwort verschaffen wollte. Sollte mein Bluff funktionieren?

»Ja, aber nur aus Berichten von anderen Gästen im Club«, räumte er ein.

Ich bohrte weiter und schaffte es immerhin, dass Enzo uns zwei Namen nannte. Der Frauenname stand auf der Liste von Ambers Mutter, doch der Männername war neu für mich.

»Sie sprechen von Mills, dem Stararchitekt?«, fragte ich.

»Ja. Er und Amber waren enger befreundet. Angeblich vor allem, weil Judd von ihr das beste Koks bekam«, antwortete Enzo.

Zu weiteren Fragen kamen wir nicht, da urplötzlich die Wohnungstür aufflog und ein sichtlich erregter Domenico Basile in Begleitung von zwei Schlägern ins Apartment stürmte. Von Privatsphäre schien Enzos Vater wenig zu halten.

»Das ist ungeheuerlich, Agent Cotton! Ich werde mich bei Ihrem Vorgesetzten beschweren«, fuhr er mich an.

»Ihr Sohn hat uns freiwillig in seine Wohnung gelassen und unsere Fragen beantwortet«, erwiderte ich gelassen.

Basile warf seinem Sohn einen finsteren Blick zu, bevor er sich an die beiden Männer neben sich wandte.

»Sorgt dafür, dass die Agents sich nicht noch einmal im Haus verlaufen«, befahl er.

Wir hatten vorerst genügend Informationen von Enzo erhalten. Die beiden Schläger spielten bis zur Ausgangstür unsere Eskorte.

»Der arme Kerl steht ganz schön unter der Fuchtel seines Vaters«, murmelte Phil.

Wir schlenderten hinüber zum Jaguar.

»Judd Mills. Weißt du zufällig, wo sich sein Büro befindet?«, fragte ich.

Phil beugte sich bereits über den Monitor in der Mittelkonsole, um die gewünschte Information einzuholen. Wie erwartet lag das Geschäftshaus mit den Büroräumen des Architekten in Midtown. Da unser Weg zurück ins Field Office daran vorbeiführen würde, wollten wir unser Glück versuchen.

***

Sie war kein Kind von Traurigkeit, doch Amber spielte in einer völlig anderen Liga. Sandrine befand sich am Rande der Panik, als ihr die Gefahr bewusst wurde.

»Wenn die Ambers Kontakte überprüfen, bin ich so gut wie tot«, stöhnte sie.

Als ihr Vater sie vor sechs Monaten als Au-pair nach New York geschickt hatte, fühlte Sandrine sich wie im siebten Himmel. In Marseille wurde es immer schwieriger, das eigene Leben zu gestalten. Ihre spießigen Eltern wollten nicht, dass Sandrine sich mit ihren Freunden traf.

»Das sind doch alles halbseidene Typen. Vermutlich bestreiten die ihren Lebensunterhalt mit krummen Geschäften«, schimpfte ihr Vater.

Sandrine hatte ihr Leben mit der bürgerlichen Familie gründlich satt. Sie wagte sich in die Bistros unten am Hafen und lernte dabei Pierre kennen. Er war Korse und fiel schon durch sein verwegenes Äußeres auf. Sandrine hätte sich nie im Leben träumen lassen, dass der hochgewachsene Pierre mit seinen Glutaugen und den langen Haaren sich für eine Langweilerin, wie sie es war, interessieren könnte.

»Ich verpfeife meine Freunde nicht!«

Ein schmales Lächeln umspielte Sandrines Lippen, als sie an diesen Ausruf dachte. Sie hatte im Vernehmungsraum der Polizei gesessen und sich standhaft geweigert, ihnen etwas über die Geschehnisse in der Villa Camus zu erzählen. Wenn sie heute daran dachte, erkannte Sandrine ihre Naivität.

»Ich muss weg von hier«, dachte sie.

Dummerweise lag ihr Reisepass in der Schublade des kleinen Schreibtischs in ihrem Zimmer bei den Gasteltern. Sandrine hockte schon über eine Stunde in dem Diner und zerbrach sich den Kopf, wie sie unbemerkt dorthin gelangen könnte.

»Die warten dort doch auf mich«, murmelte sie.

Jetzt war man hinter Sandrine her, darüber bestanden keine Zweifel. Sie hatte die Teufelin gereizt und konnte mit ihrem Wissen zur Gefahr werden. Sie musste es einfach schaffen, in ein Flugzeug nach Marseille zu kommen.

»Ach, egal! Marseille, Paris oder von mir aus auch Brüssel. Hauptsache raus aus New York«, sagte sie sich.

Ihr unsteter Blick schoss hinüber zur Eingangstür, durch die soeben zwei Männer und eine Frau das Diner betraten. Sandrine spürte eine Welle von Übelkeit in sich aufsteigen, so hart packte die Angst zu. Sie rutschte ein Stück tiefer und versuchte sich hinter dem Rücken des Gastes am Tisch vor ihr zu verbergen. Als das Trio in die andere Richtung schaute, schlüpfte Sandrine eilig aus der Sitzbank und hastete zu den Toiletten. Es fiel ihr zunehmend schwerer, einen klaren Gedanken zu fassen.

***

Wir hatten uns vom Foyer des Geschäftshauses aus im Büro von Judd Mills angemeldet. Als Phil und ich aus dem Fahrstuhl traten, erwartete uns bereits ein nervös wirkender Mann von Ende zwanzig.

»Terence Kramer. Ich bin der Assistent von Mister Mills«, sagte er.

»Special Agent Cotton, und das ist Special Agent Decker«, erwiderte ich.

Wir zeigten unsere Dienstausweise vor, was Kramer mit einem dankbaren Nicken quittierte.

»Mister Mills bittet Sie um ein wenig Geduld. Er führt ein Telefonat mit Übersee und steht Ihnen bald zur Verfügung«, sagte Kramer.

Wir folgten dem Assistenten zu einer Sitzgruppe, zu der auch ein Sideboard mit Kaffeeautomat sowie einem Kühlschrank mit diversen Getränken gehörte. Kramer forderte uns auf, davon regen Gebrauch zu machen. Dann eilte er davon und verschwand in einem der Büros.

»Kaffee?«, fragte Phil.

Ich hatte nichts gegen einen Kaffee einzuwenden. Während Phil die Tassen unter die Düsen stellte, schaute ich mich ein wenig um. Auf dem Tisch lagen die üblichen Einrichtungsmagazine sowie die aktuelle Ausgabe der Times und des Ledgers. Ich setzte mich in einen der Sessel, die bequemer waren, als sie aussahen. Anschließend suchte ich mir den Sportteil der Times und lehnte mich zurück. Nachdem Phil mir die Tasse hingestellt hatte, griff ich zu und trank einen Schluck. Die ganze Zeit verspürte ich ein merkwürdiges Gefühl, das meine Konzentration störte.

»Seltsam ruhig hier«, sagte Phil.

Das war es! Ich stellte die Tasse so abrupt ab, dass sie klirrend auf dem Unterteller tanzte. Mein Partner schaute mich verwundert an.

»So schlecht?«, fragte er.

Es lag nicht am Kaffee, sondern an seiner Bemerkung.

»Du hast recht. Wieso läuft hier kein Mensch herum? Kein Telefon klingelt. Irgendetwas ist faul hier«, antwortete ich.

Mit einem Ruck erhob ich mich und öffnete eine Tür unweit der Sitzgruppe. Leer. Ich eilte weiter und schaute ins Büro, in das wenige Minuten zuvor Kramer gegangen war.

»Und?«

Phil tauchte hinter mir auf.

»Keine Menschenseele mehr da«, antwortete ich.

Wir suchten das Eckbüro auf, in dem angeblich Judd Mills sein Telefonat mit einem Kunden in Übersee führen sollte. Doch der Architekt saß nicht hinter seinem Schreibtisch.

»Hallo? Was suchen Sie denn hier?«

Phil und ich drehten uns zu dem Sprecher um. Es war ein Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes, der uns misstrauisch musterte.

»FBI!«

Während ungläubiges Staunen in sein Gesicht aufstieg, präsentierte ich dem verblüfften Wachmann meine Marke.

»Special Agent Cotton. Das ist Special Agent Decker.«

Ich schilderte dem Mann, wie wir in die Büroräume des Architektenbüros gelangt waren.

»Mister Kramer ist tatsächlich der Assistent von Mister Mills. Das ist sehr merkwürdig, Agent Cotton«, erwiderte der Wachmann.

Wir fuhren mit ihm hinunter ins Foyer, wo er im Computer die Einträge prüfte. Jeder, der das Geschäftshaus betrat beziehungsweise verließ, wurde vom Sicherheitsdienst notiert.

»Mister Mills hat drei Minuten nach Ihrem Eintreffen das Gebäude verlassen. Mister Kramer elf Minuten später«, sagte der Wachmann.

Der Stararchitekt hatte sich schlicht abgesetzt, was naturgemäß unser Misstrauen weckte. Ich ließ mir die Anschrift seiner Privatwohnung geben und schickte einen Streifenwagen des NYPD dorthin.

»Ich bin sehr gespannt, wie Mister Mills uns dieses Verhalten erklären möchte«, sagte Phil.

Er hatte parallel eine Ortung des Mercedes des Stararchitekten angeordnet, nachdem er mit der Leasingfirma telefoniert hatte. Dank des eingebauten GPS-Senders gelang es sehr schnell.

»Falls Mills mit seinem Wagen unterwegs ist, kenne ich jetzt seine aktuelle Position«, meldete Phil.

Wir machten uns sofort auf den Weg und stießen fünfzehn Minuten später auf den Mercedes, der an einer Bar abgestellt worden war.

Über Funk traf eine Meldung ein, die Phil entgegennahm.

»Das war einer der Cops, die sich bei der Wohnung von Mills umgesehen haben. Er ist nicht zu Hause«, sagte Phil.

Wir stiegen aus und betraten die Bar, um uns nach Mills umzusehen.

»Wo finden wir Judd Mills?«, fragte ich den Barmann.

Er schaute mich verwirrt an. Im nächsten Augenblick heulte ein Automotor auf.

»Mills ist in einen schwarzen Cadillac gezerrt worden«, rief Phil.

Wir hetzten wieder hinaus zum Jaguar. Mein Partner gab bereits eine Fahndung nach dem Cadillac CTS Sport Wagon heraus.

»Erst flieht Mills vor uns und dann wird er vor unserer Nase entführt. Verstehst du das?«, fragte ich.

Phil schaute mit grimmiger Miene durch die Windschutzscheibe, während ich den Jaguar mit hoher Geschwindigkeit über den Broadway jagte. Die eingeschalteten Warnlampen in Verbindung mit der heulenden Sirene verschafften uns freie Bahn, sodass wir zügig zu dem Cadillac aufschlossen.

»Der Wagen ist auf Domenico Basile zugelassen«, antwortete er.

Offenbar lag dem Vater von Enzo sehr viel daran, dass wir mit unseren Ermittlungen nicht vorankamen. Mit unserem Besuch hatten wir offensichtlich eine Menge Staub aufgewirbelt.

»Vorsicht!«

Der Fahrer des Cadillac bog ohne jede Vorwarnung in die Tiefgarage eines Veranstaltungszentrums ab, wobei er nur knapp einem Frontalzusammenstoß mit einem Taxi entging. Dessen Fahrer wich auf die Gegenfahrbahn aus, verursachte um Haaresbreite ebenfalls einen Unfall und zwang seinen Wagen dann brutal zurück in die bisherige Fahrspur. Unvermittelt brach vor uns ein Chaos aus, sodass ich alle Hände voll damit zu tun hatte, den Jaguar unbeschädigt in die Einfahrt der Tiefgarage zu lenken.

»Das war höllisch knapp!«, stieß Phil hervor.

Der Cadillac Sportwagon war auf einem der Plätze abgestellt worden. Ich ging davon aus, dass Basiles Männer mit dem Architekten ihre Flucht zu Fuß fortsetzten.

»Sie versuchen wahrscheinlich auf der Straße ein Taxi anzuhalten oder ein zweites Team sammelt sie ein«, sagte ich.

»Ich suche sie im Zentrum. Fahr du zurück zum Haupteingang«, rief Phil.

Kaum hatte ich den Jaguar auf Schritttempo gedrosselt, stieß mein Partner die Beifahrertür auf. Seine Füße berührten den Beton, kaum dass der Flitzer zum Stehen kam. Aus dem Augenwinkel nahm ich das helle Aufblitzen wahr, bevor sich der Knall des Schusses an den Wänden der Tiefgarage brach. Phil stürzte zu Boden und mich erfasste ein eisiger Schrecken. Basiles Männer hatten uns in eine hinterhältige Falle gelockt und machten kurzen Prozess.

***

Ich handelte instinktiv, indem ich durch den Spalt der geöffneten Fahrertür die ersten Schüsse abgab. Es mussten zwei Männer sein, denn ich wurde aus zwei Richtungen unter Feuer genommen. Obwohl es extrem gefährlich war, schlüpfte ich aus dem Wagen und schoss in schneller Folge weiter. Meine ganze Sorge galt Phil, der wehrlos auf dem Beton lag und ein allzu leichtes Ziel abgab.

»Bist du lebensmüde?«

Eine Welle der Erleichterung erfasste mich, als ich die ärgerliche Stimme meines Partners vernahm. Phil kauerte am Heck des roten Flitzers und beteiligte sich nunmehr an der Schießerei.

»Ich wollte dir nur ein wenig Zeit verschaffen«, erwiderte ich.

Phil schnaubte nur und dann machte er eine Geste. Wir wollten uns nicht länger passiv verhalten, sondern zum Gegenangriff übergehen. Ich bestätigte sein Vorhaben und nahm abwechselnd beide Gegner unter Beschuss, sodass sie hoffentlich Phils Verschwinden nicht mitbekommen würden.

»Dann wollen wir doch einmal sehen, wie ihr hiermit zurechtkommt«, murmelte ich.

Die ausgemachte Zeitspanne war vorbei und Phil befand sich an seinem neuen Standort. Ich führte ein neues Magazin in die SIG ein und begann meinen Vorstoß. Dabei bewegte ich mich zügig zwischen den abgestellten Fahrzeugen in Richtung der beiden Angreifer, die ungefähr auf gleicher Höhe mit geringem Abstand voneinander postiert waren.

»FBI! Waffe fallen lassen«, rief Phil.

Er hatte sich offenbar einem der Männer so weit nähern können, dass er seiner Aufforderung genügend Nachdruck verleihen konnte. Es fielen nur noch drei Schüsse schnell hintereinander, dann wurde es ruhig in der Tiefgarage.

»Jerry? Bist du in Ordnung?«

»Ja, alles klar«, erwiderte ich.

»Die Kerle haben sich abgesetzt«, sagte Phil.

Ich erhob mich vorsichtig aus der Deckung und schaute zu meinem Partner, der neben dem Cadillac stand. Als ich bei ihm angekommen war, hatte Phil bereits die Heckklappe geöffnet. Eigentlich rechnete ich nicht damit, dass wir Judd Mills lebend vorfinden würden. Als ich in seine vor Schreck geweiteten Augen schaute, stieß ich den angehaltenen Atem aus.

»Das hätte ich auch nicht gedacht«, sagte Phil.

Wir befreiten den vor Angst schlotternden Architekten von seinen Fesseln. Kaum waren die Plastikbänder von Hand- und Fußgelenken entfernt, klappte Mills in sich zusammen. Phil und ich reagierten gleich schnell, sodass der Architekt nicht unsanft auf dem Betonboden landete.

»Ich rufe einen Krankenwagen«, sagte Phil.

Da er sich um Mills kümmerte, nahm ich die Verfolgung der Gangster wieder auf. Ich verließ die Tiefgarage und eilte ohne Umwege zum Büro des Sicherheitsdienstes des Veranstaltungszentrums. Dort stieß ich auf einen Mann und eine Frau, die sich als Leiterin des Sicherheitsdienstes entpuppte.

»FBI, Special Agent Cotton. Mein Partner und ich haben zwei Kidnapper bis in die Tiefgarage des Zentrums verfolgt«, erklärte ich.

Die Frau reagierte sehr schnell und wies ihren Mitarbeiter an, die Aufzeichnungen der Überwachungskameras nach den Flüchtigen abzusuchen.

»Geben Sie uns einfach eine Beschreibung der beiden Flüchtigen, Agent Cotton. Dann finden wir sie sicherlich schnell«, sagte die Leiterin.

Damit konnte ich leider nicht dienen, wodurch die Suche erheblich erschwert wurde. Im Veranstaltungszentrum gab es insgesamt vier Ebenen der Tiefgarage, sodass ein beständiger Fluss an Menschen hinein- und hinausging. Uns blieb schließlich nichts weiter übrig, als alle Aufzeichnungen innerhalb einer gewissen Frist auszuwählen.

»Die Kopien kann ich Ihnen sofort aushändigen, Agent Cotton«, sagte die Leiterin.

Ich dankte ihr wenige Minuten später für die Unterstützung und kehrte zu meinem Partner zurück.

»Der Notarzt hat Mills untersucht und einen schweren Schock diagnostiziert. Zwei Cops begleiten den Rettungswagen und bewachen Mills«, sagte er.

Weitere Officer sperrten bereits diesen Teil der Tiefgarage ab, damit die Kriminaltechniker die Spuren sichern konnten.

»Wir haben einige Aufnahmen des Überwachungssystems, auf denen vermutlich die beiden Gangster zu finden sind«, sagte ich.

Phil schaute auf die CD, die ich in der Hand hielt.

»Einen der Kerle konnte ich ziemlich gut sehen, Jerry. Das sollte genügen, um sie ausfindig zu machen«, erwiderte er.

***

Als Sandrine Lescout das hohe Fenster in der Frauentoilette entdeckte, stieg neue Hoffnung in ihr auf. Sie hängte sich kurzerhand die Handtasche um den Hals und öffnete das Fenster. Ein schneller Blick hinaus erhöhte ihren Puls, denn sie konnte ungehindert auf einen Müllcontainer steigen, den jemand unmittelbar unter dem Fenster abgestellt hatte. Behände schwang sich die junge Französin hinaus und sprang eine halbe Minute später auf den Boden der Seitengasse.

»Das Konsulat muss mir helfen«, sagte sie sich.

Irgendwie musste es Sandrine gelingen, dem Konsul von Frankreich ihre außergewöhnliche Situation zu vermitteln. Wie hätte sie auch ahnen können, dass sich ihr Aufenthalt als Au-pair so drastisch entwickeln würde! Einmal mehr verfluchte sie Amber Palmer und noch mehr die Teufelin, wie sie die andere Frau nur noch nannte.

»Das Geld muss reichen«, murmelte sie.

Sandrine hatte immer einen kleinen Betrag an Bargeld bei sich, da gewisse Leute keine Kreditkarten als Zahlungsmittel akzeptierten. Bisher hatte sie es meistens verflucht, doch heute erwies es sich als Glücksfall. Sandrine eilte zur Straße und hielt nach einem Taxi Ausschau. Sie winkte mehrfach, doch die Fahrzeuge waren bereits besetzt oder die Fahrer wollten lieber Geschäftsleute einsammeln. In Marseille wäre es einfacher gewesen, doch in New York gab es nun einmal andere Spielregeln.

»He, was soll das denn?«, rief Sandrine. Für einen kurzen Augenblick hatte sie sich ihren Erinnerungen hingegeben und wurde daher von dem harten Griff an ihren Schultern überrascht.

»Keinen Laut oder du bereust es«, fauchte der Mann.

Ein silberner Van hielt urplötzlich neben Sandrine an und sie wurde blitzschnell durch die hintere Seitentür geschoben. Erst jetzt erkannte die Französin, in welcher Gefahr sie schwebte, und so trat sie wild um sich.

»Bring sie endlich zur Ruhe!«

Der Befehl vom Beifahrersitz brachte den Entführer dazu, Sandrine Lescout zweimal brutal mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. Mit einem Wimmern sackte sie in sich zusammen und verlor das Bewusstsein.

***

Als wir uns am nächsten Vormittag zu einer Besprechung am Konferenztisch in Mr Highs Büro einfanden, war meine Laune nicht die beste.

»Die Ärzte bestehen darauf, dass wir Judd Mills zurzeit nicht vernehmen dürfen. Der Schockzustand ihres Patienten sei zu erheblich, um es zu riskieren«, sagte ich.

Unser Chef lächelte kühl. Er hatte vermutlich bereits etwas in dieser Richtung erwartet und sah sich bestätigt. Mills war ein sehr bekannter Architekt, der über einigen Einfluss verfügte. Ich war mir aber nicht so sicher, ob seine Weigerung daher rührte.

»Sie denken, es ist mehr eine Angstreaktion?«, fragte Mr High.

Wie immer verstand er es hervorragend, meine Gedanken zu lesen.

»Allerdings, Sir. Leider haben wir die Entführer nicht als Angehörige des Basile-Clans identifizieren können, sodass uns auch in dieser Hinsicht ein Druckmittel fehlt«, antwortete ich.

Nach der deutlichen Absage des behandelnden Arztes folgte der zweite Rückschlag, nachdem mein Partner die Entführer anhand der Videoaufzeichnungen identifiziert hatte.

»Beide Männer sind Gangster der einfachen Kategorie, die man für eine Handvoll Dollars anheuern kann. Domenico Basile hat den Cadillac als gestohlen gemeldet und ist damit vorerst aus dem Schneider«, berichtete Phil.

»Was Sie jedoch nicht glauben, richtig?«, hakte Mr High nach.

»Es erscheint uns ein zu großer Zufall zu sein, zumal die Kleinganoven einfach nicht das Format für eine Entführung haben«, antwortete Phil.

Unser Chef nahm es stumm zur Kenntnis und dachte nach. »Können Sie mit absoluter Sicherheit davon ausgehen, dass diese beiden Gangster auch wirklich die Entführer von Mister Mills sind?«

Seine Frage irritierte Phil genauso wie mich. Immerhin hatten wir gesehen, wie jemand den Architekten in den Cadillac Sports Wagon gestoßen hatte.

»Wir sind dem Wagen von der Bar aus gefolgt und haben die Insassen in der Tiefgarage gestellt«, antwortete ich.

»Daran zweifle ich nicht, Jerry. Könnte es nicht vielleicht so gewesen sein, dass Enzo Basile panisch reagiert hat und ein Problem aus der Welt schaffen wollte, von dem sein Vater besser nichts erfahren sollte?«, fragte Mr High.

Jetzt verstand ich, worauf unser Chef hinauswollte. Während ich darüber nachdachte, stiegen einige Erinnerungen an unseren Besuch bei Domenico Basile und seinem Sohn in mir auf.

»Ja, das wäre denkbar. Enzo hat bei weitem nicht das Format seines Vaters oder seines älteren Bruders. Er könnte tatsächlich auf die verrückte Idee verfallen sein, zwei drittklassige Gangster anzuheuern und mit ihnen Mills zu entführen«, stimmte ich zu.

Damit stand fest, an welcher Schraube wir als Nächstes drehen mussten. Solange uns Judd Mills nicht als Gesprächspartner zur Verfügung stand, blieb uns immer noch Enzo Basile.

»Wir werden ihn damit konfrontieren. Er wird sicherlich reagieren und sich dabei verraten«, sagte ich.

»Falls Enzo es nicht vorzieht, wegen des Fehlschlags eine Weile auf Tauchstation zu gehen«, warf Phil ein.

Wir nahmen seinen Einwand sehr ernst. Tatsächlich konnte ein zu direktes Vorgehen den Sohn von Domenico Basile verschrecken und ihn zu einem Tapetenwechsel veranlassen.

»Bisher ahnt Enzo noch nicht, dass wir ihn mit der Entführung in Verbindung bringen. Vielleicht sollten wir ein zufälliges Treffen arrangieren«, schlug ich vor.

Phil grinste schief.

»Wie zum Beispiel heute Abend im Vanity, meinst du?«, fragte er.

Das war mein Plan, und da es keine Einwände seitens Mr High gab, konzentrierten wir uns für den restlichen Tag auf den Freundeskreis von Amber Palmer. Mr High musste unterdessen weiterhin die Medienvertreter besänftigen und mit dem Rathaus verhandeln. Ich fand, dass Phil und ich das bessere Los gezogen hatten.

Mittlerweile lag die Auswertung des Labors vor, in dem die Angaben von Enzo bestätigt wurden. Amber Palmer hatte Drogen konsumiert, und da war sie sicherlich nicht die Einzige aus der Clique.

***

Als Detective Emily Boyd die Handtasche der Toten endlich ansehen durfte, fluchte sie leise. Ihr Partner hockte noch neben dem Leichnam und schaute amüsiert zu Boyd hinauf.

»Wieder nicht der Jackpot?«, fragte er.

»Kein Führerschein, der uns mehr über die Tote verraten könnte. Nur die Visitenkarte einer Agentur hier in New York«, antwortete sie.

Detective Hank Farmer erhob sich und trat neben seine Partnerin. Während die Mitarbeiter des Labors sich um den Abtransport des Leichnams kümmerten, schaute Farmer nachdenklich auf die Visitenkarte in der Hand von Boyd.

»Agentur? Hast du eine Idee, um welche Art von Agentur es sich dabei handelt?«, wollte er wissen.

Seine Partnerin schüttelte den Kopf und zog ihr Mobiltelefon heraus. Sie beschaffte sich alle verfügbaren Informationen zu der Agentur und teilte sie anschließend Detective Farmer mit.

»Dann war unser Opfer vermutlich ein Au-pair. Shit! Das gibt Ärger«, schimpfte er.

»Allerdings. Erst der Mord an der Tochter des englischen Konsuls und nun das hier. Der Captain wird uns mächtig die Hölle heißmachen«, sagte Detective Boyd.

Da sie am Tatort nichts mehr ausrichten konnten, fuhren sie und Farmer zu der Geschäftsadresse der Agentur. Dort wurde ihnen bestätigt, dass ihr Opfer eine Stelle als Au-pair bei einer angesehenen Familie in New York hatte. Als die beiden Detectives wieder in ihren Dienstwagen stiegen, kannten sie den Namen der Toten.

»Sandrine Lescout. Ihre Familie lebt also in Marseille«, sagte Farmer.

»Dann müssen die Kollegen dort der Familie die traurige Nachricht überbringen. Das bleibt uns wenigstens erspart«, erwiderte Detective Boyd.

Ihr nächster Besuch galt der Gastfamilie, die sich tief erschüttert über den Tod der jungen Französin zeigte. Die Detectives konnten einen Laptop mitnehmen, der Sandrine gehört hatte. Als sie zurück im Revier waren und ihrem Captain einen ersten Bericht erstatteten, fiel sein Kommentar wie erwartet aus.

»Die Tote ist eine Ausländerin? Das wird übel, Leute. Besser, Sie klären den Fall schleunigst auf. Warum muss das ausgerechnet in meinem Revier passieren?«, rief er aus.

Die beiden Detectives sparten sich eine Antwort und ihr Vorgesetzter erwartete auch keine von ihnen. Was er wollte, hatte der Captain unmissverständlich formuliert, und so konzentrierten sich die Ermittler auf diesen Fall. Andere Ermittlungen mussten vorerst zurückstehen, darüber waren Boyd und Farmer sich ohne Absprache einig.

»Wir haben eine Liste der Kontaktadressen aus Lescouts Laptop vom Labor erhalten«, sagte Emily Boyd.

Die Techniker hatten zu den elektronischen Kürzeln bereits Klarnamen ermittelt und sie dem Revier zukommen lassen. Die beiden Detectives teilten sich die Namen auf und hängten sich ans Telefon.

***

Da Phil und ich nicht zu früh im Club auftauchen wollten, damit Enzo nicht mölglicherweise gewarnt wurde, fuhren wir nach einem späten Feierabend zu unserem Italiener.

»Alles scheint um das Vanity zu kreisen. Ist dir das auch schon aufgefallen?«, fragte ich.

Bei den Gesprächen, die ich im Laufe des Nachmittags mit den Freunden von Amber Palmer geführt hatte, tauchte der Club immer wieder auf.

»Die Clique von Amber scheint sich regelmäßig dort aufzuhalten. Du gehst also davon aus, dass wir den Mörder ebenfalls im Club finden werden?«, erwiderte Phil.

Diese Möglichkeit wurde immer wahrscheinlicher für mich.

»Ja, allerdings. Was ich aber nicht erkennen kann, ist das Motiv für den Mord. Ist dir dazu etwas eingefallen?«

»Hattest du den Eindruck, dass den Freunden von Amber ihr Tod sehr naheging?«, fragte Phil.

»Nein, aber bei jungen Menschen kann ich es auch schwer erkennen. Vielleicht gehen sie mit ihrer Trauer einfach anders um«, antwortete ich.

Wir diskutierten das Thema so lange, bis es Zeit zum Aufbruch wurde. Die Fahrt ins East Village wurde zu einer Geduldsprobe, weil es auf einer Kreuzung einen Unfall gegeben hatte, bei dem ein Hydrant zu Schaden gekommen war. Wasserkaskaden schossen aus dem defekten Gerät und sorgten für ein mittleres Chaos. Es war eine Störung, die Phil und ich mit Gelassenheit ertrugen.

»Der Club scheint sehr angesagt zu sein«, sagte ich.

Wir hatten das Ziel unserer abendlichen Fahrt erreicht und mussten erkennen, dass auch an einem Wochentag viele Gäste ins Vanity strömten. In dem weitläufigen Lokal empfing uns laute Popmusik, die aus diversen Boxen auf die Gäste einhämmerte.

»Teilen wir uns auf?«, fragte Phil.

Ich nickte als Antwort und deutete eine umfassende Bewegung gegen den Uhrzeigersinn an. Mein Partner verstand den Hinweis und umkreiste die Tanzfläche in der Gegenrichtung. Die vielen frei stehenden Tische sowie die Nischen waren rund um die Fläche gruppiert. Vier lange Tresen zogen sich an den Wänden entlang, von denen aus ein Heer von Kellnern die Versorgung der durstigen Gäste übernahm.

»Enzo wird sich nicht mit irgendeinem Tisch zufriedengeben«, dachte ich mir.

Ich konzentrierte mich daher zunächst auf die abgeschirmten Gruppen in den Nischen. Dabei entdeckte ich einige Gesichter bekannter Broadwayschauspieler sowie junge Angehörige des Jetsets. Das Vanity gehörte ganz offenkundig zu den Clubs, in denen sich bevorzugt junge Gäste tummelten, immer in der Hoffnung, eines der bekannten Gesichter zu entdecken.

»Ich habe Enzo gefunden.«

Phil trat zu mir und rief mir ins Ohr, damit ich ihm anschließend folgen konnte. Meine Vermutung in Bezug auf eine Nische war korrekt gewesen. Domenico Basiles Sohn saß mit etwa zwanzig anderen Besuchern an einem großen Tisch, an dem es ausgesprochen lebhaft zuging.

»Er scheint irgendwelchen Ärger zu haben«, stellte ich fest.

Ein Mann in einem konservativen Anzug stand zusammen mit einer Frau am Tisch und schien die Aufmerksamkeit der Gäste auf sich zu ziehen. Es wurde lebhaft diskutiert, während Phil und ich näher herantraten.

»Bleiben Sie bitte zurück«, sagte die Frau entschieden.

Als sie sich zu uns umwandte, blitzte die Dienstmarke an ihrem Hosengürtel auf. Ich klappte meinerseits den Ausweis auf, sodass der Detective mich mit neuem Interesse betrachtete.

»FBI, Special Agent Cotton, und das ist mein Partner, Special Agent Decker«, sagte ich.

Mein Blick wanderte kurz über die Schulter des Detective, die sich als Emily Boyd vorstellte.

»Das ist mein Partner, Hank Farmer«, sagte sie.

»Gibt es Probleme mit den Gästen, Detective?«, fragte ich.

Sie wölbte verwundert die Augenbrauen und tauschte einen Blick mit Farmer aus.

»Warum fragen Sie, Agent Cotton? Sind wir einem Ihrer Schützlinge auf die Füße getreten?«, fragte Boyd.

Ich erklärte den Grund, warum Phil und ich an einem der Gäste am Tisch interessiert waren.

»Sie ermitteln im Mordfall Palmer? Das ist jetzt aber ein seltsamer Zufall«, erwiderte Detective Farmer.

Er berichtete von dem Mord an Sandrine Lescout und dass er mit seiner Partnerin dazu die Freunde der Toten befragen wollte.

»Enzo Basile zählte auch zu den Freunden Ihres Opfers?«, fragte Phil ungläubig.

Unser kurzer Dialog wurde mit einiger Verwirrung am Tisch registriert, die unserer vermutlich wenig nachstand.

»Wir sollten die ganze Gruppe mit aufs Revier nehmen und dort einzeln vernehmen«, schlug Detective Boyd vor.

Der Vorschlag fand unsere Zustimmung, sodass die Kollegin für den nötigen Abtransport durch das NYPD sorgte. Der Aufbruch weckte natürlich die Aufmerksamkeit vieler Gäste, doch die Dienstmarken beziehungsweise Uniformen verhinderten eine Einmischung. Lediglich Stefano Pizarro erschien mit finsterer Miene und verlangte den Grund für diese Maßnahme zu erfahren.

»Es gibt bereits die zweite Tote, die Stammgast in Ihrem Club war. Der Freundeskreis von Enzo Basile wird uns bessere Antworten als bisher geben müssen. Wir glauben nämlich nicht mehr an einen Zufall«, antwortete ich.

Als Detective Farmer den Namen seines Opfers gegenüber dem Inhaber des Vanity äußerte, zuckte Pizarro erschrocken zusammen.

»Schon wieder eine Ausländerin? Was hat das zu bedeuten, Agent Cotton?«, fragte er.

Spielte er uns den Unwissenden vor, um seine Person aus der Schusslinie der Ermittlungen zu bringen?

»Das werden wir herausfinden, Mister Pizarro. Vorerst vernehmen wir jeden Gast, der mit einem der Opfer in Kontakt gestanden hat«, erwiderte ich.

Ich überließ es seiner Fantasie, welche Rückschlüsse er aus dieser Antwort zog. Phil und ich folgten dem zivilen Dienstwagen der Detectives zu dem Revier.

»Agent Decker und ich möchten zuerst mit Enzo Basile sprechen, Detective Farmer. Er steht unter dem dringenden Verdacht, Judd Mills’ Entführung veranlasst zu haben«, sagte ich.

Als die beiden Detectives von diesem neuen Vorwurf erfuhren, stimmten sie sofort zu.

»Hat es hier jemand auf Prominente abgesehen, Agent Cotton? Mills bewegt sich ja ebenfalls in der Highsociety der Stadt«, fragte Detective Boyd.

»So etwas können wir zurzeit nicht ausschließen, Detective. Wir sehen aber durchaus eine Verbindung zum Mord an Amber Palmer. Möglicherweise dann auch zu Ihrem Fall«, antwortete ich.

Wenige Minuten später betraten Phil und ich das Vernehmungszimmer, in dem ein nervöser Enzo Basile auf dem Stuhl hin und her rutschte.

***

Unser Gespräch mit Enzo Basile dauerte kaum fünf Minuten, als es auch schon wieder vorbei war. Wir mussten ihn laufen lassen.

»Der Rechtsanwalt war keine Stunde nach der Razzia im Club auf dem Revier. Wie konnte der es so schnell erfahren?«, staunte Detective Boyd.

Phil und ich schauten uns kopfschüttelnd an.

»Einer der anderen Gäste arbeitet entweder für Basile oder wollte sich bei ihm einschmeicheln. Wir können es nicht ändern. Wir werden später noch Gelegenheit bekommen, uns mit Enzo zu unterhalten«, erwiderte ich.

»Außer Daddy schafft seinen leichtfertigen Sohn aus der Stadt«, knurrte Detective Farmer.

Ich wollte ihm gerade zustimmen, doch die Schüsse von der Straße ließen uns alle herumfahren.

»Da wird vor der Tür geschossen!«

Der Sergeant am Desk löste Alarm aus und brachte uns dazu, gemeinsam mit den Cops des Reviers nach dem Rechten zu sehen. Detective Boyd stieß die Ausgangstür auf und verschwand blitzartig aus meinem Sichtfeld.

»Cop am Boden!«

Die Ereignisse überschlugen sich und aus den einzelnen Schüssen wurden lange Salven, die von der Gegenwehr der Cops scheinbar verursacht worden waren.

»Wer greift ein Polizeirevier an?«, fragte Phil.

»Niemand, der seinen Kopf zum Denken benutzt«, antwortete ich.

Kein Profi wäre so verrückt und würde freiwillig einen Krieg mit dem NYPD anzetteln. Mir war diese Schießerei ebenfalls ein totales Rätsel, doch vorerst galt es, sie schnellstmöglich zu stoppen.

»Hier, Agent Cotton.«

Einer der Cops drückte mir eine Schutzweste in die Hand, genauso wie Phil. Ich legte das Sakko ab und zog die Weste über.

»Es sind drei SUV, hinter denen die Schützen Deckung genommen haben«, erklärte Detective Farmer.

Nachdem er mitbekommen hatte, dass seine Partnerin sich bei dem Versuch, in Deckung zu springen, lediglich einen Knöchel verstaucht hatte, übernahm Farmer die Leitung des Gegenangriffs.

»Sie ziehen sich zurück!«

An allen SUV brüllten die Motoren laut auf und die Fahrzeuge jagten in unterschiedlichen Richtungen davon. Aus den Seitenfenstern deckten uns die Schützen mit langen Salven ein, sodass wir ihre Flucht nicht effektiv behindern konnten. Phil und ich leerten die Magazine unserer SIG, aber mehr als harmlose Treffer in den Karosserien der SUV erzielten wir leider nicht.

»Die Verfolgung läuft bereits an«, teilte Detective Farmer mit.

Obwohl es reichlich herumfliegende Projektile gegeben hatte, mussten die Cops und wir nur einen Streifschuss eines Officer sowie den verstauchten Knöchel von Detective Boyd beklagen. Doch die erste Entspannung war schnell wieder dahin, als einer der Cops das von Kugeln durchsiebte Fahrzeug mit Enzo Basile und dem Anwalt entdeckte. Beide Männer waren tot.

»Da wollte offensichtlich jemand verhindern, dass Enzo mit uns redet«, sagte Phil.

»Das war ihr Ziel. Es gab nie einen Angriff auf das Revier, da man nur Domenicos Sohn töten wollte. Die Cops waren schneller vor der Tür, als vermutlich erwartet worden war«, stimmte ich zu.

Wie aus dem Nichts tauchten mehrere Übertragungsfahrzeuge verschiedener Fernsehstationen auf, die vermutlich den Polizeifunk abgehört und von der Schießerei erfahren hatten. Die Cops drängten die aufdringlichen Kamerateams mit den Reportern zurück, um eine weitläufige Straßensperre zu errichten.

»Dann hoffen wir nur, dass Domenico Basile noch nichts von dem Mord gehört hat«, sagte ich.

Es würde unmöglich sein, ihn von einem Rachefeldzug abzubringen. Mir stellte sich jedoch die Frage, ob der Anschlag mit den Morden an Amber Palmer sowie Sandrine Lescout zusammenhing.

»Detective Farmer?«

Der Cop löste sich aus einer Gruppe uniformierter Kollegen und kam zu uns.

»Ab sofort übernimmt das FBI die Mordermittlung im Falle von Sandrine Lescout«, teilte ich mit.

Normalerweise würde ich solche Entscheidungen nicht ohne Rücksprache mit Mr High fällen, aber unter den aktuellen Bedingungen hielt ich es für erforderlich.

»Verstanden, Agent Cotton. Ich stelle Ihnen sofort alle Informationen zur Verfügung«, stimmte Farmer zu.

Er wandte sich ab, um die Übertragung der Dateien aus dem System des NYPD ans FBI zu veranlassen. Farmers schnelle Bereitschaft, die laufenden Ermittlungen an uns abzutreten, war ein deutliches Signal.

»Die Cops wissen auch, dass diese Ermittlungen immer größere Kreise ziehen werden«, sagte Phil.

Bevor ich ihm antworten konnte, lenkte mich ein lauter Tumult an einer der Straßensperren ab. Ich schaute hinüber und erkannte im Licht der aufgebauten Scheinwerfer Domenico Basile.

»Er scheint seine Informanten überall zu haben«, schimpfte Phil.

»Das ist möglicherweise gar nicht übel, wenn er jetzt hier ist«, widersprach ich.

Phil schaute mich zwar fragend an, folgte mir aber trotzdem zur Absperrung.

»Das übernehmen wir, Officer.«

Der junge Cop war sichtlich erleichtert, als wir ihm den tobenden Gangsterboss abnahmen. Domenico Basile war in Begleitung von gleich sechs finster dreinschauenden Bodyguards zum Revier gekommen. Für mich stand fest, dass er bereits den Kriegspfad eingeschlagen hatte. Alles, was ihm noch fehlte, war das Ziel für seinen Vergeltungsschlag.

»Ich will Enzo sehen!«, blaffte er mich an.

Nachdem er durch die Absperrung getreten war, hielt ich seine Begleiter mit einer Handbewegung zurück.

»Sie bleiben schön hinter der Sperre! Wer sich gegen meine Anweisung verhält, wandert umgehend in Haft«, sagte ich.

Obwohl in den dunklen Augen von Domenico Basile ein gefährliches Feuer loderte, blieb sein Denken offenbar noch einigermaßen klar.

»Bleibt, wo ihr seid! Ich gehe allein zu meinem Sohn«, ordnete er an.

Als sich Mr High auf meinem Mobiltelefon meldete, reichte ich es an Phil weiter. Mein Partner verstand den Wink und zog sich einige Schritte zur Seite zurück, um in aller Ruhe mit dem Chef sprechen zu können.

»Es ist kein schöner Anblick, Basile. Wollen Sie Ihren Sohn nicht lieber so in Erinnerung behalten, wie Sie ihn zuletzt gesehen haben?«, fragte ich.

Doch mein Appell blieb ungehört. Domenico Basile näherte sich dem Wagen mit den vielen Einschusslöchern. Er wäre vermutlich so weit gegangen, Enzo noch mal in seine Arme zu schließen, doch die mittlerweile eingetroffenen Kriminaltechniker hielten ihn zurück. Aus Basiles Brust löste sich ein Schmerzensschrei, bei dem diverse Cops erschrocken herumwirbelten. Ich hob die Hand, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.

»Wer hat das getan, Basile? Haben Sie Probleme mit der Konkurrenz und Enzo musste dafür bezahlen?«, fragte ich.

Es war sehr hart, den offenkundig trauernden Vater mit diesen Fragen zu konfrontieren. Doch Domenico Basile war kein normaler Bürger, sondern der Kopf einer Gangsterorganisation. Mir war es wichtiger, das Morden auf unseren Straßen baldmöglichst zu beenden, daher ging ich dermaßen brutal vor.

»Ich? Enzo wurde nicht meinetwegen gekillt! Das würde niemand riskieren, der nicht lebensmüde ist«, stieß er hervor.

»Kommt sehr darauf an, wem Sie in die Quere gekommen sind«, blieb ich hartnäckig.

Basiles Hand schoss vor und verkrallte sich im Revers meines Sakkos. Einer der Cops wollte eingreifen, doch ein Blick von mir hielt ihn zurück.

»Es gibt keinen Konkurrenten, der mir oder meiner Familie schaden wollte. Das hier ergibt keinen Sinn!«, sagte Domenico Basile.

Ich neigte dazu, ihm zu glauben. Wenn es sich aber so verhielt, blieb nur Enzos Verbindung zu den toten Frauen. Mein Blick ging hinauf zu den erleuchteten Fenstern des Reviers, hinter denen die Freunde von Amber Palmer und Sandrine Lescout auf ihre Vernehmungen warteten. Irgendjemand von ihnen wusste mehr, und den galt es schleunigst zu finden.

***

Für Ted Barker stand noch nicht fest, ob der Auftrag seinen Vorstellungen entsprach. Die Eltern eines französischen Au-pair hatten die Privatdetektivagentur mit eigenen Nachforschungen zum Tod ihrer Tochter beauftragt. Zusammen mit seinem Kollegen Tyler Hamilton sollte Ted diese Arbeit übernehmen.

»Vermutlich wieder eines der Girls aus Europa, die mit den vielfältigen Angeboten in New York überfordert sind«, sagte er.

Normalerweise teilte Tyler seine Auffassung über junge Menschen, die aus einer Kleinstadt oder sogar dem Ausland nach New York kamen. Zu Barkers Verwunderung schüttelte dieses Mal Tyler jedoch den Kopf.

»Da steckt eindeutig mehr dahinter. Das FBI ermittelt im Mordfall Lescout«, widersprach er.

Jetzt war auch Teds Neugier geweckt, der den neuen Auftrag bislang als Routine eingeordnet hatte.

»Das klingt interessant. Hat dein Kontaktmann Zugang zu der Fallakte?«, fragte er.

Tyler Hamilton war selbst acht Jahre als Agent beim FBI tätig gewesen, bevor er sich mit dem lukrativen Gehalt der Detektei locken ließ. Er nutzte regelmäßig seine alten Verbindungen und daher war die Frage seines Kollegen nicht so abwegig.

»Nein. Der Grund dafür macht unseren Job aber nur noch spannender«, antwortete er.

Ted schätzte keine Ratespiele und schnaubte verärgert.

»Die Ermittlungen im Fall Sandrine Lescout sind mit dem Mord an Amber Palmer verbunden«, erzählte Tyler.

Sofort vergaß Ted seinen Ärger und trat zu seinem Kollegen, um über Tylers Schulter auf den Bildschirm seines Computers zu schauen.

»Da hat man uns ein ganz dickes Ei ins Nest gelegt«, staunte er.

»So kann man es auch ausdrücken. Für mich bedeutet es, dass wir sehr auf der Hut sein müssen. Meine ehemaligen Kollegen schätzen es nämlich nicht sonderlich, wenn ihnen private Ermittler in die Quere kommen«, antwortete Tyler Hamilton.

In den folgenden zwei Stunden trugen die beiden Privatdetektive alle Informationen zusammen, die sie für ihre Arbeit benötigten. Dann besprachen sie ihre Ergebnisse und einigten sich auf den Besuch bei Stefano Pizarro.

»Bei ihm laufen alle Fäden zusammen. Ich denke doch, dass Pizarro wenig Wert auf zu viel Publicity legt«, sagte Ted Barker.

Obwohl es erst später Nachmittag war, machten die beiden Ermittler sich auf den Weg. Sie hatten nicht vor, den Inhaber des Vanity in seinem Club zu besuchen. Dorthin würden sie später gehen, um sich den Ort anzusehen, der im Mittelpunkt der Morde an Amber und Sandrine zu stehen schien.

Als ihnen der Clubbesitzer öffnete, zeigte Pizarro sich sehr misstrauisch.

»Wir möchten ein faires Gespräch und keine schmutzigen Tricks anwenden«, beruhigte ihn Tyler.

Da ihre Detektei einen seriösen Ruf hatte, ließ der Clubbesitzer die beiden Männer schließlich in sein Apartment und stellte sich den Fragen.

»Nein, verdammt! Mir war nicht bewusst, dass Sandrine Lescout zur Clique von Amber Palmer gehörte. Das wechselt doch ständig, und ich schere mich normalerweise nicht darum, welcher Gast mit wem verkehrt«, sagte Pizarro.

»Haben Sie mit Ihren Angestellten darüber gesprochen?«, fragte Ted.

Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es jemanden völlig kalt ließ, wenn zwei Gäste seines Clubs kurz hintereinander brutal ermordet wurden. Pizarros Antwort belehrte ihn eines Besseren.

»Nein, wozu auch? Himmel, die Geschichte mit dem Polizeieinsatz kommt mich teuer zu stehen. Viele der Prominenten werden sich eine ganze Weile nicht mehr blicken lassen, und dann bleiben auch andere Gäste aus, besonders nach dem Mord an Enzo Basile«, antwortete er.

»Einen Augenblick, bitte. Wieso bringen Sie jetzt den Anschlag gegen Enzo Basile mit den beiden Frauenmorden in Verbindung?«, wollte Tyler wissen.

Der Clubbesitzer erklärte es und sorgte für sehr nachdenkliche Mienen bei den beiden Privatermittlern. Schließlich verabschiedeten sie sich und kehrten zurück zu ihrem Wagen.

»Basile? Wieso kommt mir der Name so vertraut vor?«, fragte Tyler Hamilton.

Sein Kollege grinste hart.

»Weil wir vor einigen Monaten einen Fall hatten, bei dem es um die Kinder einer Zahnarztfamilie ging. Du erinnerst dich?«, erwiderte er.

Hamilton krauste nachdenklich die Stirn und dann hellte sich seine Miene auf.

»Die dreisten Kids haben ihren Eltern zuerst Bargeld, dann die Kreditkarten und zum Schluss sogar die Autos gestohlen. So wollten sie ihren Drogenkonsum finanzieren«, sagte er.

»Genau. Und weißt du auch noch, von wem die Drogen geliefert wurden?«, fragte Ted.

Tatsächlich war damals der Name Basile im Gespräch gewesen, ohne dass man Enzo hätte etwas nachweisen können. Die Cops hatten nicht einmal in dieser Richtung ermittelt, wie sich Ted Barker voller Grimm erinnerte.

»Und jetzt taucht der gute Enzo schon wieder in gleich zwei Mordfällen auf, bei denen junge Frauen die Opfer sind. Schon ein wenig auffällig, oder?«, sagte er.

Für die beiden Ermittler stand damit fest, dass sie vor dem Besuch im Club noch einige Kleindealer aufsuchen wollten. Sie besorgten sich die Namen von den Kollegen, die damals die Ermittlungen bei der Zahnarztfamilie geführt hatten.

»Hast du einige Scheine in der Tasche?«, fragte Tyler.

Ted hatte auch daran gedacht, um den Dealern die Zunge zu lösen. Sie verbrachten drei Stunden mit der Suche und den Befragungen einiger schmieriger Typen.

»Ja, Basile hat die Drogen organisiert. Er hat davon geredet, dass er in einem Club eine schier unerschöpfliche Quelle aufgetan hat. Mehr weiß ich auch nicht«, sagte ein Kleindealer.

Das genügte Ted und Tyler, die sich ihrer Sache immer sicherer wurden.

»Vermutlich hat er Sandrine und andere Frauen angefixt, um über sie an die Töchter oder Söhne der wohlhabenden Familien zu kommen«, sagte Ted.

»Ja, und so kam er auch mit Amber Palmer in Berührung. Das würde erklären, wieso diese unterschiedlichen Menschen in einer Clique zu finden sind«, stimmte Tyler zu.

Eine Stunde später schlenderten sie getrennt durch die Räume des Vanity. Während Ted die Angestellten befragte, nahm Tyler Kontakt zu den Freunden von Sandrine Lescout auf.

***

An der morgendlichen Besprechung im Büro von Mr High nahmen auch June Clark und Blair Duvall teil. Der Chef hatte es mit der Aufteilung der Ermittlungen begründet.

»Sie und Phil konzentrieren sich weiterhin auf den Mordfall Amber Palmer. Die Ermittlungen im Fall Lescout übernehmen June und Blair«, sagte er.

Da uns die Medien mächtig auf den Füßen standen, fand ich seine Entscheidung absolut nachvollziehbar. Es reichte völlig, wenn Phil und ich permanent von Reportern verfolgt wurden. Dann bat der Chef mich um einen Bericht über die Geschehnisse des Vortages. Besonders die Schießerei am Polizeirevier löste ungläubiges Kopfschütteln bei den Kollegen aus.

»Domenico Basile schwört Stein und Bein, dass der Mord an seinem jüngeren Sohn nicht in Verbindung mit irgendwelchen Konkurrenzkämpfen stehen kann«, sagte ich.

Damit blieb die Verbindung zu der Gruppe um Amber Palmer und Sandrine Lescout als wahrscheinlicher Anlass für die Ermordung im Raum stehen.

»Das muss ein bunt zusammengewürfelter Freundeskreis sein, wenn die Tochter eines Konsuls, das französische Au-pair sowie der Sohn eines Gangsterbosses dazugehören«, stellte June fest.

»Stimmt. Phil und ich sehen im Vanity den zentralen Ort, an dem sich offenbar alles trifft«, sagte ich.

»Wie sieht es denn mit dem Inhaber des Clubs aus? Ist der sauber oder könnte er der Auslöser für die Morde sein?«, fragte Blair.

»Wir haben Stefano Pizarro gründlich überprüft. Es gibt keinen Hinweis, der ihn in den Kreis der Verdächtigen bringt«, antwortete Phil.

Mr High wollte von mir wissen, ob es Probleme mit Domenico Basile geben würde.

»Er gehört sicherlich nicht zu den Menschen, die den Mord an ihrem Sohn ungesühnt lassen. Auf unsere Ermittlungen wird er sich vermutlich nicht verlassen, oder?«, fragte er.

»Ich habe sozusagen ein Agreement mit ihm. Solange wir offen nach allen Richtungen ermitteln, will er sich ruhig verhalten«, erwiderte ich.

Die besorgten Mienen des Chefs sowie der anderen Kollegen sprachen Bände.

»Ich bezweifle auch, dass er sich daran hält. Es wäre gut, wenn wir ihn eine Weile unter Beobachtung stellen könnten«, sagte ich.

Mr High wollte sich darum kümmern, sodass wir zu der Planung unseres weiteren Vorgehens kommen konnten.

»Wir erhalten die Vernehmungsprotokolle der Freunde von Sandrine Lescout. Die solltet ihr euch ansehen«, sagte ich zu June.

Nach dem Anschlag auf Enzo Basile hatten die Detectives des Reviers die Befragungen wieder aufgenommen, sodass uns die Aussagen der Mitglieder der Clique zur Verfügung standen. June nickte zustimmend.

»Phil und ich werden eine Fragerunde durch die Stadt antreten. Für einen Mordanschlag dieser Größenordnung muss man mehrere Killer anheuern, und so etwas sollte sich herumgesprochen haben. Wenn wir die Mörder von Enzo Basile haben, könnten wir an die Auftraggeber kommen«, erklärte ich.