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Sammelband 35: Fünf actiongeladene Fälle und über 300 Seiten Spannung zum Sparpreis!
G-Man Jerry Cotton hat dem organisierten Verbrechen den Krieg erklärt! Von New York aus jagt der sympathische FBI-Agent Gangster und das organisierte Verbrechen, und schreckt dabei vor nichts zurück!
Damit ist er überaus erfolgreich: Mit über 3000 gelösten Fällen und einer Gesamtauflage von über 850 Millionen Exemplaren zählt er unbestritten zu den erfolgreichsten und bekanntesten internationalen Krimihelden überhaupt! Und er hat noch längst nicht vor, in Rente zu gehen!
In diesem Sammelband sind 5 Krimis um den "besten Mann beim FBI" enthalten:
2950: Es ist nie zu spät zum Sterben
2951: Gangster sterben zweimal
2952: Lady ohne Gewissen
2953: Der Killer fand das falsche Opfer
2954: Tod mit doppelter Buchführung
Jerry Cotton ist Kult - und das nicht nur wegen seines roten Jaguars E-Type.
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Seitenzahl: 672
Veröffentlichungsjahr: 2021
Jerry Cotton
Jerry Cotton Sammelband 35
Cover
Impressum
Es ist nie zu spät zum Sterben
Jerry Cotton aktuell
Vorschau
Es ist nie zu spät zum Sterben
»Einsatz!« Die Stimme unseres Kollegen Steve Dillaggio drang mir über das Headset in die Ohren. Ich fasste die SIG mit beiden Händen und schnellte aus der Deckung. Phil war mir auf den Fersen. Ungefähr dreißig Agents waren an diesem Einsatz in der South Bronx beteiligt. Von allen Seiten näherten sich unsere Kollegen jetzt dem Haus, in dem wir Dexter Cruz vermuteten – einen Crack-Dealer, der dringend verdächtig war, einen unserer verdeckten Ermittler umgebracht zu haben. Ein anonymer Tippgeber hatte uns Cruz’ Aufenthaltsort verraten und behauptet, er wäre allein. Aber darauf verließ man sich besser nicht.
Phil und ich erreichten die Haustür. Überrascht stellten wir fest, dass sie nicht verschlossen war. Sie stand einen Fingerbreit offen.
Phil und ich wechselten einen kurzen Blick. Mein Partner hatte offenbar denselben Gedanken.
»Haustür ist offen«, meldete ich per Headset an die anderen.
»Entweder war schon jemand vor uns bei Cruz zu Besuch – oder der Anrufer wollte uns auf den Arm nehmen«, kam es von Steve Dillaggio aus dem Ohrhörer. Der Italoamerikaner mit den flachsblonden Haaren hatte in diesem Fall die Einsatzleitung.
»Es gibt Einbruchsspuren am Schloss«, meinte Phil unterdessen. Ich konnte die aus meinem Blickwinkel nicht erkennen.
Phil und ich hatten uns rechts und links der Tür postiert.
»Wir gehen jetzt rein«, kündigte ich an, nachdem die Kollegen gemeldet hatten, dass die anderen Eingänge des Hauses gesichert waren. Sofern Cruz sich noch im Gebäude befand, saß er jedenfalls in der Falle.
Aber das machte die Sache nicht unbedingt leichter. Wir wussten, dass Cruz unberechenbar war, wenn er einen Drogencocktail genommen hatte. Es war nicht ausgeschlossen, dass er sich dann gegen jede Vernunft einigelte und um sich schoss. Vor fünf Jahren war das bereits einmal geschehen – und nur Cruz’ geschickten Anwälten in Kombination mit ein paar gravierenden Verfahrensfehlern der Justiz war es zu verdanken, dass er nicht für lange Jahre hinter Gitter gekommen war.
Mit der Waffe in der Hand drangen wir ins Haus ein. Phil war dicht hinter mir. Mit wenigen Schritten hatte ich den Flur hinter mich gebracht und stieß die Tür zum Wohnzimmer auf.
Ich riss die Waffe hoch, umfasste dabei den Griff mit beiden Händen.
Um ein Haar hätte ich jetzt »FBI – Hände hoch und keine Bewegung!« oder etwas Ähnliches gerufen und dabei gehofft, dass Dexter Cruz vernünftig genug war, nicht zu seiner Uzi zu greifen. Aber ich sah auf den ersten Blick, dass das alles nicht mehr nötig war.
Dexter Cruz saß aufrecht in einem Ledersessel. Seine Uzi hielt er in der rechten Hand, die linke umklammerte eine gewöhnliche Automatik.
Aber er stierte uns mit starren, toten Augen an. Eine Spur getrockneten Blutes zog sich senkrecht über sein Gesicht. Das Blut war aus einer Einschusswunde mitten auf der Stirn herausgesickert, und dieser rote eingetrocknete Strom teilte sich an der Nasenwurzel.
Aber da war noch etwas, das mit seinem Gesicht nicht stimmte. Es wirkte eigenartig aufgedunsen. Die Wangen sahen wie gebläht aus. Als ob er den Mund voll hat, dachte ich.
Ein unsinniger Gedanke, glaubte ich in diesem Augenblick. Wie nahe er an der Wahrheit war, wusste ich in diesem Moment noch nicht.
»Dexter Cruz ist tot«, hörte ich Phil unterdessen per Headset an die Kollegen melden. »Anscheinend ist uns jemand zuvorgekommen.«
***
Wenig später wimmelte es am Tatort nur so von FBI-Agenten. Die Kollegen der Scientific Research Division trafen recht bald ein. Schließlich hat die SRD ihren Sitz in der Bronx, und so war der Weg in diesem Fall kurz.
»Es sieht aus, als hätte ihn jemand dort hindrapiert«, meinte unser Kollege Steve Dillaggio.
Sein Partner Zeerookah sah sich Cruz stirnrunzelnd aus der Nähe an.
Dann deutete er auf die Uzi. »Der Mittelfinger ist hinter den Abzug gehakt – das ist sehr ungewöhnlich.«
»Ich glaube, das soll nur verhindern, dass die Waffe herunterfällt«, vermutete Phil.
Ich nickte. »Wir können getrost davon ausgehen, dass er sie nicht in der Hand hatte, als er erschossen wurde.«
Zeery hatte inzwischen den Ledersessel umrundet und sah jetzt, was Phil und ich auch schon bemerkt hatten. »Er muss aber in diesem Sessel erschossen worden sein. Die Kugel ist vorne in den Schädel eingetreten, hat ihn durchdrungen, ist hinten wieder herausgekommen und hat dann den Sessel durchschlagen.«
»Na, wie es scheint, braucht mich hier niemand mehr!«, meldete sich eine heisere Stimme zu Wort. Sie gehörte Dr. Brent Heinz, einem der für die SRD tätigen Gerichtsmediziner. Dr. Heinz war gerade eingetroffen und suchte wohl noch nach einem Platz, wo er seine Arzttasche abstellen konnte, ohne damit gleich Spuren zu vernichten.
»Keine Sorge, für ein paar ergänzende Angaben wären wir sehr dankbar«, stellte Steve klar.
»Genaueres lässt sich natürlich erst nach der Obduktion sagen«, erklärte Dr. Heinz, während er sich die Latexhandschuhe überzog.
Zeery hatte inzwischen das Projektil gefunden, das Dexter Cruz mutmaßlich durch den Kopf geschossen worden war. Es steckte im Mauerwerk.
»Dieser Mann hat noch einen zweiten Schuss abbekommen – ungefähr in der Herzgegend«, stellte Dr. Heinz fest.
»Aber die Kugel muss noch irgendwo im Körper stecken«, erklärte Zeery. »Oder im Sessel. Jedenfalls ist sie nicht ausgetreten.« Er tütete das Projektil, das er gefunden hatte, ein. »Kaliber.22 – nichts Ungewöhnliches.«
»Ich wette, dass irgendeiner seiner Drogenfreunde ihn umgelegt hat«, vermutete Steve.
»Vielleicht jemand, der nicht wollte, dass Cruz auf die Idee käme, uns gegenüber auszupacken«, ergänzte Phil.
»Cruz hat sehr wahrscheinlich einen verdeckten Ermittler umgebracht«, gab ich zu bedenken. »Ich glaube nicht, dass er angesichts dieses Umstands mit dem Entgegenkommen der Staatsanwaltschaft oder irgendeinem Deal hätte rechnen können.«
»Auch wieder wahr«, erwiderte Phil.
»Es kommt immer darauf an, was einer zu bieten hat«, hielt Steve dem entgegen.
»Und was sollte Dexter Cruz an Informationen zu bieten gehabt haben?«, fragte ich zurück. »Wenn da was gewesen wäre, hätte er sich nicht hier eingeigelt und auf den letzten Showdown gewartet. So sieht es nämlich fast aus.«
»Aber dann kam jemand, mit dem er nicht gerechnet hat«, glaubte Phil. »Ich frage mich nur, wieso Cruz seinem Mörder nicht zuvorkam. Die Tür wurde aufgebrochen, das ist unübersehbar. Und Cruz muss das doch bemerkt haben!«
»Möglicherweise hatte er sich mit einem Drogencocktail versorgt«, glaubte Steve.
Und dann starrten wir alle gebannt auf das, was Dr. Heinz gerade tat. Normalerweise will niemand so genau sehen, was ein Gerichtsmediziner macht. Vor allem dann nicht, wenn er eine Obduktion durchführt – denn selbst die häufig noch am Tatort durchgeführte Erstuntersuchung der Leiche kann ziemlich unappetitlich sein.
In diesem Fall konnte keiner von uns den Blick abwenden.
Dr. Heinz hatte dem Toten den Mund geöffnet und es fiel etwas heraus: mehrere Steine. Der Gerichtsmediziner fuhr der Leiche mit dem Finger in den Mund und holte weitere Brocken hervor. Der größte war so groß wie eine Kastanie. Die anderen waren im Durchschnitt etwa halb so groß.
»Ich kann mir kaum vorstellen, dass Cruz diese Mahlzeit freiwillig zu sich genommen hat«, stellte Zeery trocken fest.
»Jedenfalls sollten wir die Steine genau unter die Lupe nehmen«, meinte ich. »Vielleicht können sie uns etwas über den Täter verraten.«
***
Die Ermittlungen am Tatort zogen sich hin. Zur Unterstützung der SRD-Kollegen kamen auch noch Sam Steinburg und Mell Forster hinzu, zwei Erkennungsdienstler aus unserem FBI Field Office.
Steve telefonierte mit dem Field Office: zuerst mit unserem Chef, Mr High, und anschließend mit Walter Stone, einem unserer Innendienstler.
Es ging darum, dass die Aufzeichnung des anonymen Anrufers, der den ganzen Einsatz überhaupt erst ausgelöst hatte, noch mal genauer untersucht wurde. Ich hatte nur mitbekommen, dass die Stimme verzerrt gewesen war. Aber die Spezialisten waren trotzdem möglicherweise in der Lage, etwas über den Anrufer herauszubekommen – und sei es anhand der Analyse der Nebengeräusche.
Wir überließen den Erkennungsdienstlern das Feld. Cruz’ Leichnam wurde abgeholt und wir hofften, möglichst schnell einen Autopsie-Bericht von Dr. Heinz zu bekommen. Von den Steinen, die man Cruz in den Mund gesteckt hatte, machten wir noch am Tatort Fotos mit dem Smartphone. Anschließend sahen wir uns in der Umgebung um. Wenn die Steine nicht aus der unmittelbaren Umgebung des Hauses stammten, dann hatte der Täter sie mitgebracht – was sie für uns noch interessanter machte.
Zusammen mit weiteren Kollegen unseres Field Office sowie Beamten der City Police suchten wir den Garten ab. Er war nicht groß und ziemlich verwildert. Mauern grenzten das Grundstück ab. Die Nachbarhäuser waren deutlich höher. »Vielleicht hat da jemand was gesehen, Phil«, meinte ich.
»Steve hat bereits die Kollegen der City Police losgeschickt«, sagte Phil. »Hast du das nicht mitgekriegt?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Da muss ich wohl mit den Gedanken woanders gewesen sein.«
»Vielleicht sind deine Gedanken ja jetzt mal, wo sie sein sollten, Jerry!«
»Wieso?«
»Weil du in der Luft herumguckst anstatt auf den Boden. Wir suchen nach Steinen, die möglichst irgendeine Ähnlichkeit mit denen haben sollten, die Dr. Heinz zwischen den Zähnen von Dexter Cruz hervorgeholt hat.«
»Ja, ja …«, murmelte ich und ließ meinen Blick bogenförmig ein Stück weiterschweifen. Mir fiel ein Mann auf. Er stand auf dem Absatz einer Feuerleiter an der Rückfront eines fünfstöckigen Brownstone-Hauses und beobachtete uns.
Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig, aber auf die Entfernung konnte das unter Umständen sehr täuschen. Sein Haar war dunkel und hing ihm darüber hinaus ziemlich tief im Gesicht. BLACKBIRD stand auf dem Sweatshirt, das unter der offenen Lederjacke zu sehen war.
»Was interessiert dich der Typ?«, fragte Phil.
»Was interessiert den, was wir hier machen?«
»Jerry, der ist einfach nur neugierig.«
»Ach, ja?«
In diesem Moment lenkte mich der Ruf eines Kollegen ab. Es handelte sich um Joe Brandenburg, der zusammen mit seinem Partner Les Bedell bei dieser Operation für die Absicherung des Hintereingangs mitverantwortlich gewesen war. »He, Jerry, hier sind Steine! Seht euch die mal an!«
Wir kamen an ein verwildertes, von Gras und Unkraut überwuchertes Blumenbeet, das tatsächlich mit Steinen abgegrenzt war, deren Form und Größe denen entsprach, die der oder die Täter Dexter Cruz in den Mund gestopft hatten.
Joe wog einen der Steine in der Hand und betrachtete ihn kritisch. Ich nahm mein Smartphone und rief die Bilder vom Tatort auf.
»Die sehen ein bisschen anders aus«, meinte ich.
»Ein Stein sieht nie wie der andere aus«, gab Joe zu bedenken. »Ich bin zwar kein Experte dafür, aber für mich sieht das so aus, als hätte der Täter sie hier weggenommen.«
Phil unterstützte meine Ansicht. »Nein, Joe, da braucht man doch kein Geologe zu sein, um zu erkennen, dass die Steine nicht von hier kommen.«
»Also erstens: Wie wollt ihr das so genau wissen? Das hier ist doch eine Mischung aus allem Möglichen. Auch wenn sie sich unterscheiden, woher sollte der Täter die Steine sonst genommen haben? Glaubst du, der trägt eine Tasche voll davon durch die Stadt?«
»Wir machen Fotos und lassen das Leute klären, die was davon verstehen«, schlug ich vor. »Und wenn du mich schon direkt fragst, Joe: An der Stelle des Mörders hätte ich mich nicht darauf verlassen, im Garten Steine zu finden, die genau die Größe haben, dass man sie jemandem in den Mund stecken kann.«
»Die Frage ist, wie gut der Täter sich hier auskannte«, gab Phil zu bedenken.
Offizieller Eigentümer des Hauses war ein gewisser Roger Sams. Aber Sams war nur ein Strohmann von Dexter Cruz gewesen, von dem wir wussten, dass er über die ganze Stadt verstreut über Immobilien verfügte, die zwar offiziell nicht ihm gehörten, die er aber uneingeschränkt nutzen konnte. So hatte Cruz immer die Möglichkeit, irgendwo unterzutauchen, wenn er Ärger mit der Justiz oder der Konkurrenz im Drogengeschäft hatte.
Ich sah noch einmal zu dem Kerl auf der Feuertreppe, aber der war nicht mehr dort.
Hat vielleicht auch nichts zu bedeuten, dachte ich.
Ich bekam einen Anruf auf meinem Handy. Es war Walter Stone aus dem Innendienst unseres Field Office.
»Jerry, seid ihr immer noch auf dem Grundstück, wo ihr Cruz gefunden habt?«
»Sind wir«, bestätigte ich. »Und so, wie es aussieht, wird sich unser Job hier auch noch eine Weile hinziehen.«
»Ich hab was für euch.«
»Immer raus damit!«
»Sag vorher Joe, dass er mit dem Stein nicht so leichtsinnig herumhantieren soll, den er in der Hand hält.«
»Wie bitte?«
»Sonst fällt er ihm auf den Fuß.«
»Aber …«
»Wir haben gecheckt, ob es in der Nähe des Tatgrundstücks Webcams gibt, und sind fündig geworden. Ich sehe euch sehr gut hier bei mir auf dem Schirm – allerdings bist du aus dem Bild raus, wenn du noch zwei Schritte nach links gehst. Ich schicke dir einen Link auf dein Smartphone.«
»Wer betreibt diese Kamera?«
»Ein gewisser Cory Thompson. Adresse steht auf der Website, die zu dem Link gehört. Muss ganz bei euch in der Nähe sein.«
***
Cory Thompson wohnte im obersten Stock des Hauses, auf dessen Feuertreppe ich den Mann mit dem BLACKBIRD-Sweatshirt gesehen hatte.
Wir klingelten an der Wohnungstür. Auf dem Schild stand C. Thompson.
Einige Augenblicke vergingen. Von drinnen waren Stimmen zu hören. Sie mischten sich mit weiteren Geräuschen. Irgendetwas schien zu Boden zu fallen und zu zerplatzen. Eine weibliche Stimme schimpfte. Ein kleines Kind schrie.
Endlich wurde die Tür geöffnet. Eine Frau von Mitte bis Ende dreißig sah uns entgegen. Sie trug einen Säugling auf dem Arm. »Wer stört?«, fragte die Frau und versuchte dabei ihr Kind zu beruhigen.
»Special Agent Jerry Cotton, FBI Field Office New York«, sagte ich und hielt ihr meine ID-Card hin. Aber dafür hatte sie ohnehin im Moment keinen Blick. Ich deutete auf Phil. »Dies ist mein Kollege Phil Decker.«
»Tut mir leid, wenn wir ungelegen kommen«, sagte Phil.
»Wir wollen zu Mister Cory Thompson«, erklärte ich.
»Mister Cory Thompson«, äffte sie meine Stimmlage nach. »Dass ich nicht lache.«
»Falls Sie Cory Thompson sind, dann entschuldigen Sie bitte, aber …«
»Ich?« Sie sah mich mit großen Augen an. »Ich bin Catherine Thompson. Mein Sohn Cory ist gerade nicht da, kommt aber gleich wieder.«
»Ich dachte nur, Cory ist ja manchmal auch ein weiblicher Vorname.«
»Was hat Cory angestellt? Wieder illegal was runtergeladen? Aber nein, deswegen kommt nicht das FBI.«
»Hören Sie …«
»Sagen Sie jetzt nicht, dass es irgendwas mit diesen Pillen zu tun hat. Nein, nicht schon wieder.« Das Kind begann zu schreien, und den Rest von dem, was sie sagte, verstand ich nicht mehr.
Sie ging ein paar Schritte im Flur hin und her. Phil und ich traten ein, auch wenn Catherine Thompson uns nicht ausdrücklich dazu eingeladen hatte. Phil schloss die Tür.
Aus dem Nebenraum hörten wir, wie sie ein Lied summte. Der Säugling beruhigte sich daraufhin etwas. Catherine Thompson kehrte schließlich ohne das Kind zu uns zurück.
»Er ist vom vielen Schreien so müde, dass er wohl gleich einschlafen wird«, sagte sie in gedämpftem Tonfall. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und fuhr dann fort: »Hören Sie, ich versuche mich so gut es geht um Cory zu kümmern, aber er ist wie sein Vater, und wenn es so weitergeht, treffen die sich in Zukunft beim Hofgang auf Rikers Island.«
»Ihr Mann sitzt dort ein?«, fragte ich.
»Er ist nicht mein Mann. Zum Glück habe ich den Bastard nicht geheiratet.«
»Und was die Pillen angeht, von denen Sie gerade sprachen …«
»Ich schwöre Ihnen, er hat sich an die Bewährungsauflagen gehalten. Aber er hat es getan, weil er mir helfen wollte. Wir hatten in dem Monat fast kein Geld, verstehen Sie?«
»Wovon sprechen Sie jetzt eigentlich?«
»Na, reden Sie nicht von der Sache mit den falschen Viagra-Tabletten, die Cory über das Internet zu verkaufen versucht hat? Ich betone, versucht. Das steht auch in den Gerichtsunterlagen.« Sie verengte die Augen und sah mich misstrauisch. »Sind Sie wirklich vom FBI? Ich dachte, die wüssten da alles … Vielleicht sollte ich mir Ihren Ausweis noch mal ansehen.«
»Kein Problem«, sagte ich und hielt ihr erneut meine ID-Card hin. Um ehrlich zu sein, hatte ich an ganz andere Pillen gedacht, als Catherine Thompson über ihren Sohn sprach. Synthetische Drogen zum Beispiel.
Diesmal nahm Catherine Thompson meine ID-Card in die Hand und sah sie sich sehr genau an. Als ich meinen Dienstausweis zurückbekam, war ihr Gesicht ziemlich blass geworden. Sie schluckte. »Sie sind wegen etwas ziemlich Ernstem hier, oder?«
»Cory ist ein Zeuge«, erklärte ich. »Wir beschuldigen ihn keines Verbrechens oder Vergehens.«
Catherine Thompson schien daraufhin wirklich sehr erleichtert zu sein. »Wissen Sie, das ist die erste gute Nachricht, die ich seit langer Zeit höre. Jedenfalls was Cory betrifft. Ich habe ewig nur Ärger mit ihm. Wenn ich im Telefondisplay sehe, dass jemand von der Schule anruft, nehme ich schon gar nicht mehr ab – und jetzt steht das FBI vor der Tür. Da denkt man natürlich wer weiß was.«
»Wie alt ist Ihr Sohn?«, fragte Phil.
»Fünfzehn.«
»Ein schwieriges Alter.«
»Das wird sich schon einrenken«, versicherte Phil verständnisvoll.
»Eigentlich hatte ich gehofft, er würde bald etwas erwachsener werden und weniger Probleme machen. Er könnte wirklich langsam aus dem Gröbsten raus sein. Stattdessen habe ich manchmal den Eindruck, es wird immer schlimmer.«
»Man sollte immer optimistisch bleiben.«
»So wie Sie reden, haben Sie sicher auch Kinder, Mister …«
»Agent Decker«, erinnerte Phil sie an seinen Namen.
Sie lächelte kurz. »Habe ich recht?«
»Nein, ich habe keine Kinder.«
»Ich dachte. Sie schienen zu wissen, wovon Sie reden.«
»Ich war selbst mal fünfzehn«, erwiderte Phil.
»Verstehe.«
In diesem Moment ging die Tür auf. Ein Junge mit Baseballkappe und einem viel zu großen Sweatshirt trat ein und stutzte. Er trug in jeder Hand eine Einkaufstüte.
»Ich hoffe, du hast nicht wieder die Hälfte vergessen, Cory«, sagte Catherine Thompson. »Die beiden Agents vom FBI haben ein paar Fragen an dich.«
***
Cory führte uns in sein Zimmer, in dem es ziemlich chaotisch aussah. Am Fenster stand ein Tisch mit einem Laptop darauf. Und die Webcam war am Fensterrahmen befestigt.
»Ich habe nichts Ungesetzliches getan, und außerdem habe ich das Recht zu schweigen und mit einem Anwalt zu telefonieren«, sagte Cory.
»Du schaust anscheinend zu viel Fernsehen«, sagte Phil.
»Ich schaue überhaupt kein Fernsehen«, erwiderte er. »Meine Mutter besetzt doch dauernd das Gerät.«
Ich sah währenddessen aus dem Fenster. Eine schöne Aussicht hatte Cory Thompson von seinem Zimmer aus. Das Haus, in dem wir Dexter Cruz aufgreifen wollten, war von hier aus hervorragend zu überblicken. Man konnte sogar sehen, ob jemand in die Einfahrt fuhr und zur Haustür ging. Nur der Bereich um die Haustür selbst war nicht zu sehen.
»Gibt es einen besonderen Grund, weshalb du deine Webcam so ausgerichtet hast?«, fragte ich.
»Keine Ahnung, was Sie meinen«, behauptete Cory. »Davon abgesehen hat mein Zimmer nur dieses eine Fenster. Wohin sollte ich meine Kamera also sonst ausrichten?«
»Wir brauchen deine Aufzeichnungen.«
»Es gibt keine Aufzeichnungen«, behauptete Cory. »Wenn ich alles aufnehmen würde, was die Kamera ins Visier nimmt, dann hätte ich doch sehr schnell die Festplatte voll.«
»Dann wirst du ja sicher nichts dagegen haben, dass wir deinen Rechner mitnehmen und sich die Spezialisten unseres Field Office davon überzeugen, dass es auch stimmt, was du sagst«, schlug ich vor.
»Dürfen Sie das überhaupt? Mum! Ich will einen Anwalt!«
Der Säugling begann wieder zu schreien.
»Siehst du, was du angerichtet hast!«, rief Catherine Thompson aus dem Nebenraum.
Ich holte tief Luft. »Hör zu, Cory. Wir können das kompliziert machen, einen Richter beschäftigen oder deinen Laptop einfach mitnehmen, wenn Gefahr in Verzug ist und wir den Verdacht haben, dass du Beweismittel vernichten könntest.«
»Aber …«
Ich deutete zum Fenster hinaus auf das Nachbargrundstück. »Da vorne ist vor kurzem ein Mann ermordet worden. Er war zwar selbst ein mutmaßlicher Mörder und ganz sicher ein Drogenhändler, aber das bedeutet nicht, dass wir nicht alles daransetzen werden, herauszufinden, wer ihn umgebracht hat. Und deine Fotos oder Videoaufzeichnungen könnten wertvolle Hinweis enthalten, denn wenn deine Kamera schon länger so ausgerichtet ist wie zurzeit, dann müsste darauf zu sehen sein, wer ins Haus gegangen und wer wieder herausgekommen ist. Uns interessieren weder Pornos, illegale Spiele-Downloads oder Musik-Raubkopien, die du vielleicht auch noch auf deinem Rechner hast. Dafür sind andere zuständig. Aber wenn wir erst einen Richter damit befassen müssen und einen offiziellen Beschluss haben, deinen Rechner auseinanderzunehmen …«
Das schien Eindruck auf Cory zu machen. »Okay, okay …«, wehrte er ab. »Sie können alles haben, was ich aufgenommen habe. Sind nur wenige Videosequenzen dabei. Meistens war die Webcam so eingestellt, dass sie alle fünf Minuten ein Bild macht. Und was die Ausrichtung angeht – ich habe da etwas herumexperimentiert. Die Kamera hat nicht immer dorthin gezeigt, wo sie es jetzt tut.«
»Wir werden sehen, was wir damit anfangen können.«
»Ich ziehe Ihnen alle Daten auf einen Stick.«
»Gut«, nickte ich.
»Kriege ich den Stick ersetzt?«
»Ich bezahle ihn dir und hoffe, dass ich das von unserem Field Office zurückbekomme. Aber sieh zu, dass der Datensatz vollständig ist. Unsere Spezialisten bekommen es heraus, wenn da was fehlt, glaub’s mir.«
»War’s das?«, fragte er, als er mir wenig später den Datenträger gab und meinte: »Kostet zwanzig Dollar.«
Ich gab ihm fünf.
»He, was soll das?«
»Für mich sieht das aus wie das Werbegeschenk eines bekannten Elektronik-Marktes – und nicht wie die Hightech-Luxusvariante. Du bist also gut bedient.«
Er knurrte etwas vor sich hin, was ich nicht verstand. Und das war vermutlich auch besser so.
»Komm, wir gehen«, sagte Phil.
»Eine Frage noch«, wandte ich mich noch mal an Cory. Ich deutete aus dem Fenster. »Du siehst die Feuertreppe dort?«
Er nickte gelangweilt.
»Da war vorhin ein Mann. Dunkle Haare, die ihm auf der Stirn beinahe bis in die Augen herunterhingen. Er trug eine Lederjacke und ein Sweatshirt darunter, auf dem BLACKBIRD stand – in großen Buchstaben.«
Er zuckte die Achseln. »Ich war doch gerade einkaufen.«
»Wie lange warst du weg?«
»Zehn Minuten. Der Laden ist im Nebenhaus im Erdgeschoss.«
»Dann warst du vor zehn Minuten noch hier im Raum?«
»Ja.«
»Eigentlich kannst du den Typ nicht übersehen haben«
»Kann sein, dass da jemand war. Aber ich habe nicht weiter darauf geachtet.«
»Ist dir sonst in letzter Zeit irgendetwas aufgefallen, was mit eurem Nachbarhaus zu tun hat? Egal was. Uns kann jede Kleinigkeit weiterhelfen.«
Zum ersten Mal während unseres Gesprächs wirkte Cory jetzt wirklich nachdenklich. Eine Falte bildete sich mitten auf seiner Stirn oberhalb der Nasenwurzel. Er schüttelte schließlich den Kopf. »Nein, nicht, dass ich wüsste.«
Ich zeigte ihm ein Foto von Dexter Cruz auf meinem Smartphone.
»Ist das der Kerl, der umgebracht wurde?«
»Ja. Ich nehme an, du hast ihn ab und zu mal gesehen.«
»Der war nur zu Besuch hier. Er kam vor drei Tagen. Jemand hat ihn mit dem Wagen abgesetzt, er ist ausgestiegen und hatte eine Tasche dabei.«
»Wer hat ihn abgesetzt?«
»Der fuhr einen Lamborghini. Nur deswegen ist er mir aufgefallen. Von dem Mann am Steuer konnte ich nicht viel sehen. Ich könnte Ihnen keine Beschreibung geben.«
Phil machte mir ein unmissverständliches Zeichen. Gehen wir jetzt, das bringt nichts mehr!, hieß das. Vielleicht hatte mein Kollege sogar recht. Aber andererseits sagte mir mein Instinkt, dass ich an irgendetwas ganz nahe dran war, was den Fall vielleicht im Handumdrehen gelöst hätte. Eine Kleinigkeit, die im Moment vielleicht nicht wichtig zu sein oder keinen Sinn zu ergeben schien. Es war zum Greifen nahe, aber ich kam einfach nicht drauf. Vielleicht hatte es etwas mit dem Kerl auf der Feuerleiter zu tun, vielleicht auch mit etwas ganz anderem.
Bevor wir gingen, zeigte ich Cory noch ein Foto von den Steinen, die man Dexter Cruz in den Mund gestopft hatte.
»Hast du eine Ahnung, wo man so etwas herbekommt?«
»Nein. Hat man die dem Toten in den Mund gestopft?«
»Wie kommst du denn darauf?«
»Angeblich machen das manche Gangs mit Verrätern.«
»Und was für Gangs sind das?«
»Das sind die Jungs, mit denen ich nicht sprechen darf. Keine Ahnung, die erzählen so etwas nur. Wer ein falsches Wort verliert, der soll auf Granit beißen, wenn er stirbt.« Cory hob die Augenbrauen. »Ich kann mich ja mal umhören. Aber mit irgendwelchen Prozessen will ich nichts zu tun haben. Wenn ich vor Gericht aussagen muss, behaupte ich, dass Sie mir Geld für meine Informationen gegeben haben.«
»Wie bitte?«
»Fünf Dollar sind auch Geld«, erinnerte er mich.
***
»Der hat es faustdick hinter den Ohren, dieser Cory«, sagte ich, als wir die Wohnung verlassen hatten und schon ein Stück den Flur entlanggegangen waren.
»Der weiß nichts, Jerry«, war Phil überzeugt. »Ich meine, was uns weiterbringen könnte.«
»Bin trotzdem mal gespannt, was seine Webcam so alles aufgenommen hat.«
»Vielleicht sehen wir auf den Bildern ein paar alte Bekannte, über die es bereits umfangreiche Dossiers gibt«, meinte Phil.
»Der Junge kann von Glück sagen, dass Dexter Cruz und seine Leute offenbar nicht bemerkt haben, dass eine Webcam auf sie gerichtet war«, meinte ich.
Phil nickte. »Die hätten wohl kurzen Prozess mit ihm gemacht.«
»So wie mit unserem verdeckten Ermittler.«
Ich blieb stehen. Phil sah mich fragend an. »Hier gibt es nichts mehr für uns zu tun, Jerry«, war er sich sicher. Er ahnte wohl, dass ich in diesem Punkt anderer Ansicht war.
»Der Kerl mit dem BLACKBIRD-Sweatshirt geht mir nicht aus dem Kopf«, sagte ich.
»Wahrscheinlich ein Hausbewohner, der da herumgelungert hat, weil er neugierig war.«
»Dann hätte der Junge gerade gewusst, von wem ich rede.«
»Was willst du jetzt machen?«
»Die Leute fragen, ob ihnen jemand aufgefallen ist, auf den seine Beschreibung passt, was denn sonst?«
»Jerry, wir vertun damit wertvolle Zeit.«
»Ich habe einfach so ein Gefühl, dass das nicht so ist.«
»Aber jemand, der es mit dem Mord an Dexter Cruz zu tun hat, der würde doch nicht ganz seelenruhig in der Nähe herumstehen und dem FBI bei den Ermittlungen zusehen!«
»Und wieso nicht?«
»Zum Beispiel deswegen, weil jemand wie du auf ihn aufmerksam werden könnte! So was ist doch auffällig, Jerry!«
Ich atmete tief durch. »Phil, überleg doch mal, wie Dexter Cruz umgebracht wurde! Auf dem Sessel drapiert und mit Steinen im Mund. Allein in diesem Arrangement steckt so viel Hass, dass ich mir sehr gut vorstellen kann, dass so ein Täter sich ansehen will, wie ein Werk auf diejenigen wirkt, die das Opfer finden. Und vor allem will er sicher sein, dass man ihn überhaupt gefunden hat, denn das ist doch ein wesentlicher Bestandteil dieser ganzen widerlichen Inszenierung.«
»Du denkst an ein persönliches Motiv.«
Ich hob die Schultern. »Ich bin mir nicht sicher.«
»Und was der Junge über die Gangs in der Gegend sagte?«
»Vielleicht sind wir schlauer, wenn wir unsere Datenbank mal nach ähnlichen Fällen in der Vergangenheit durchforstet haben.«
***
Wir klingelten noch bei einem Dutzend anderer Mieter in dem Haus, in dem Cory Thompson mit seiner Mutter lebte. Jedes Mal gab ich eine möglichst detaillierte Beschreibung von dem Mann mit dem BLACKBIRD-Sweatshirt. Aber niemand konnte damit etwas anfangen. Immerhin war eine ältere Dame sich nicht ganz sicher, ob das nicht jemand aus der Gegend sei. Aber sie konnte so schlecht hören und sehen, dass ich auf ihre Aussage wohl nicht viel geben konnte. Und bei anderen hatte ich den Eindruck, dass man sich auch nicht die Mühe machen wollte, sich zu erinnern.
War an der Bemerkung des Jungen über die Gangs und die Schauergeschichten, die offenbar im Umlauf waren, doch etwas dran?
Wir kehrten schließlich zum Tatort zurück.
Die Kollegen hatten inzwischen zwanzig Kilo Kokain entdeckt. »Stoff von besonderem Reinheitsgrad«, berichtete uns Steve. »War gut versteckt. Aber ich glaube, der Täter hat danach auch nicht gesucht. In Dexter Cruz’ Hosentasche steckte ein Geldbündel von zehntausend Dollar. Das wollte der Täter offenbar auch nicht haben.«
»Nein«, murmelte ich. »Dem ist es um etwas ganz anderes gegangen.«
Unser Erkennungsdienstler Sam Steinberg hatte seinen Laptop dabei. Auf dem sahen wir uns an, was auf dem Datenstick zu sehen war. Unsere Innendienstler würden sich zwar noch etwas genauer damit beschäftigen müssen, aber wir wollten schon mal grob sichten, ob wir vielleicht irgendetwas Entscheidendes zu sehen bekamen.
Die Webcam war mehrmals umjustiert worden, und nicht jeder Blickwinkel, der dabei eingenommen wurde, war für uns nützlich. Immerhin war immer eindeutig zu sehen, wann die Aufnahme jeweils gemacht worden war.
Eine der wenigen Videosequenzen, die mit der Kamera aufgezeichnet worden waren, war interessant.
Ein Lamborghini fuhr in die Einfahrt ein – ungefähr eine Stunde, bevor wir am Tatort eintrafen. Ein Mann stieg aus. Leider konzentrierte sich der Blick auf den Lamborghini, der Cory Thompson offenbar besonders interessiert hatte.
»Ein Kerl mit einem so dicken Schnauzbart, der irgendwas mit Dexter Cruz zu tun hat – das müsste doch herauszukriegen sein«, meinte Phil.
»Kann man nicht das Nummernschild des Lamborghini näher heranholen?«, schlug Zeery vor.
»Sehen wir uns doch erst mal an, was passiert«, wandte Steve ein.
Der Kerl mit dem Schnauzbart ging in Richtung Tür. Was dort geschah, konnte man nicht sehen. Ein paar Minuten geschah gar nichts, aber das Video war noch nicht zu Ende.
Dann kehrte der Mann zurück. Er hielt sich die rechte Hand, so als hätte er sie sich verletzt. Mit schnellen Schritten umrundete er den Lamborghini, riss die Fahrertür auf, stieg ein und legte dann einen Schnellstart hin. Mit völlig überhöhter Geschwindigkeit raste er davon.
Sam Steinberg ließ die Aufzeichnung zurückfahren. Es gab eine Einstellung, in der das Nummernschild ziemlich gut zu sehen war. Die zoomte er heran.
»Na bitte. Jetzt müssten wir ihn gleich haben.«
***
Der Mann auf dem Video hieß George Mingella – und er war ein guter Bekannter. Es gab ein langes Vorstrafenregister und ein umfangreiches Dossier, das über das Datenverbundsystem NYSIS abrufbar war. Mingella galt als ein Mann fürs Grobe in der Szene. Jemand, der sich dafür anheuern ließ, jeden fertigzumachen, der im Drogengeschäft irgendwie aus der Reihe tanzte.
Ihm gehörte ein Club in der Avenue A. Vermutlich fungierte er nur als Strohmann für irgendeinender großen Bosse und der Club selbst war ein Objekt, das in erster Linie der Geldwäsche und dem Umschlag von Drogen diente. Variety hieß der Laden, und wir hofften, Mingella dort anzutreffen.
Außer Phil und mir waren auch unsere Kollegen Joe Brandenburg und sein Partner Les Bedell bei dieser Aktion dabei. Und unser Kollege Agent Fred Nagara war direkt vom Bundesgebäude an der Federal Plaza aus zur Avenue A aufgebrochen – mit einem Haftbefehl in der Tasche.
Mingella war zur Tatzeit am Tatort gewesen. Das Video lieferte zumindest Indizien dafür, dass er sich gewaltsam an der Tür zu schaffen gemacht hatte. Jedenfalls konnte man die verletzte Hand so deuten.
Wir parkten in der Nähe des Variety. Um diese Zeit war dort natürlich noch nichts los. Lieferanten sorgten dafür, dass am Abend auch genug Getränke vorhanden waren. Ein paar Männer, die untereinander Spanisch sprachen, schleppten die Kisten herein. Phil und ich gingen einfach mit ihnen, Fred folgte uns. Joe und Les sicherten währenddessen den Hintereingang.
Ein baumlanger, breitschultriger Kerl hielt uns an. Schon seine körperliche Erscheinung war einschüchternd. Sein breites Kreuz und die gewaltigen Bodybuilder-Muskeln prädestinierten ihn als Rausschmeißer und Türsteher.
»He, wer seid ihr?«
»Wir haben eine Eintrittskarte«, sagte Phil und zeigte ihm seine ID-Card.
Der Muskelmann runzelte die Stirn. Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich.
»Das sieht nach Ärger aus«, vermutete er.
»Das hängt ganz davon ab«, erwiderte Phil.
»Ach, ja? Wohl eher, ob ihr G-men uns etwas anhängen wollt oder nicht.«
»Wir hängen niemandem etwas an«, sagte Phil. »Und im Moment wollen wir auch eigentlich nur zu Mister Mingella.«
»Keine Ahnung, wo der steckt«, behauptete der Muskelmann und grinste dabei breit.
Ich hatte Mingella allerdings bereits entdeckt. Er war soeben durch eine Seitentür getreten und unterschrieb gerade einen Beleg für einen der Getränkelieferanten.
George Mingella blickte in unsere Richtung und schien gleich zu begreifen, dass wir Cops waren und dass wir außerdem seinetwegen das Variety betreten hatten. Er griff unter seine knielange Lederjacke und riss eine Automatik hervor. Ein schlecht gezielter Schuss pfiff in Kopfnähe an mir vorbei. Mingella machte gleichzeitig eine Seitwärtsbewegung, schoss noch einmal und stolperte dann auf eine offenstehende Tür zu. Im nächsten Augenblick war er verschwunden.
Wir hatten unsere Dienstwaffen herausgerissen und folgten ihm. Fred hielt den großen Muskelmann in Schach und nahm ihm die Waffe ab, die sich schon vorher sehr deutlich unter seiner Jacke abgezeichnet hatte.
»FBI, niemand bewegt sich!«, rief Phil unterdessen, während ich bereits hinter Mingella her hetzte. Mit der SIG in der Hand stieß ich die Tür auf, hinter der Mingella verschwunden war. Ein langer Flur erstreckte sich vor mir. Links ging es zu den Toiletten. Rechts befanden sich zwei Türen, die vermutlich zu Abstellräumen führten.
Ich stoppte im Lauf.
Entweder Mingella war bereits Les und Joe in die Arme gelaufen oder er hatte sich ausgerechnet, dass am Hinterausgang jemand auf ihn warten würde. Mein Instinkt sagte mir, dass Mingella zu clever war, um einfach durch den Hinterausgang davonzulaufen.
Phil war mir inzwischen gefolgt. Er verstand mich wortlos.
Während ich die Toiletten überprüfte, sicherte er den Flur. Aber von Mingella war nirgends eine Spur zu finden, weder bei den Herrentoiletten noch bei den Damen. Es roch nach scharfen Reinigungsmitteln und der Boden glänzte. Alles war frisch gewischt. Meine eigenen Spuren waren unübersehbar, und wenn Mingella hier gewesen wäre, hätte man das zweifellos sehen können.
Ich kehrte auf den Flur zurück und schüttelte nur den Kopf.
Dann deutete ich auf eine der Türen zu den Abstellräumen.
Phil nickte. Mit einem wuchtigen Tritt ließ ich die Tür aufspringen. Phil war mit der Dienstwaffe in der Faust zur Stelle. In dem engen Raum vor uns gab es kein Fenster und kein Licht. Nur der Schein aus dem Flur sorgte für etwas Helligkeit. Putzmittel waren sorgfältig in Regale eingeordnet. Und dazwischen saß George Mingella auf einem Karton, die Waffe in beiden Händen, und wartete ab.
»Waffe sofort fallen lassen«, wies Phil ihn an.
Er hatte offenbar nicht damit gerechnet, dass wir ihn fanden. Sein Gesicht drückte das überdeutlich aus. Mingella wirkte einen Moment lang wie erstarrt. Aber glücklicherweise war er klug genug, nicht seine Waffe hochzureißen.
***
»Sie haben auf FBI-Agents geschossen, sich der Festnahme entzogen und stehen im Verdacht, Dexter Cruz umgebracht zu haben«, stellte unser Verhörspezialist Malcolm Snyder fest, als George Mingella uns später in einem Vernehmungszimmer im Field Office gegenübersaß. »Da kommt einiges zusammen. Und selbst bei einer freundlichen juristischen Auslegung der Umstände sollten Sie …«
»Hey, Mann, ich konnte doch verdammt noch mal nicht riechen, dass das Cops sind!«
»Dann schießen Sie einfach so um sich, wenn Sie mal einen Fremden im Variety erblicken?«, mischte ich mich ein.
»Verdammt, es gibt ein paar Leute, mit denen ich zurzeit Ärger habe und die nicht gerade zimperlich sind. Da war ich eben ein bisschen nervös, aber mir gegenüber hat sich auch niemand ordnungsgemäß ausgewiesen!«
»Für wen haben Sie uns denn gehalten?«, fragte ich.
»Geht Sie nichts an.«
»Ganz wie Sie wollen. Aber es geht uns etwas an, dass Sie offenbar bei Dexter Cruz waren, kurz bevor man den umgebracht hat.«
»Wie bitte? Ich habe ihn nicht getroffen! Das ist doch alles Unsinn! Und umgebracht habe ich ihn schon gar nicht.«
»Kann es sein, dass Sie vielleicht mit Dexter Cruz irgendwelchen Ärger hatten?«, hakte Malcolm nach. »Tatsache ist jedenfalls, dass Sie bei Cruz waren, kurz bevor wir ihn gefunden haben. Sie haben offensichtlich eine üble Prellung an der Hand …«
»Weil ich bei der Festnahme misshandelt wurde!«, unterbrach Mingella unseren Vernehmungsspezialisten.
»Wohl eher, weil Sie sich beim Aufbrechen der Haustür verletzt haben«, stellte ich sachlich klar. »Oder vielleicht ist Ihnen ein Missgeschick mit den Steinen passiert.«
Wir hatten dem Verdächtigen gegenüber bisher bewusst nicht erwähnt, dass man dem Opfer Steine in den Mund gestopft hatte. Es wäre schließlich nicht das erste Mal gewesen, dass sich ein Täter durch die unabsichtliche Preisgabe von Täterwissen selbst überführt hätte.
Unser Kollege Malcolm Snyder sah mich mit einem Blick an, der mir sehr deutlich zu verstehen gab, dass er meine Bemerkung über die Steine in Dexter Cruz’ Mund missbilligte. Er war wohl der Ansicht, dass es zu früh war, Mingella damit zu konfrontieren. Aber ich hatte einfach wissen wollen, wie Mingella darauf reagierte, denn je mehr ich über die Sache nachdachte, desto stärker wurden meine Zweifel, ob er überhaupt unser Mann war.
Mingella starrte mich für den Bruchteil einer Sekunde auf eine Weise an, die mich vollkommen überzeugte.
Er war überrascht. So überrascht, wie man nur sein konnte. Und in diesem kurzen Augenblick war er so ehrlich gewesen, wie er es wahrscheinlich selbst nach wochenlangem Verhör und mit der Aussicht auf einen Deal mit der Staatsanwaltschaft plus gutem Zureden seines Anwalts wohl nicht mehr sein würde.
Ich war zufrieden.
»Was für Steine, Mann?«, fragte er. »Was reden Sie da eigentlich, G-man?«
In diesem Moment flog die Tür des Vernehmungszimmers zur Seite. Ein kleiner, kahlköpfiger, aber sehr energiegeladen wirkender Mann im grauschwarzen Dreiteiler trat ein.
»Sagen Sie nichts, Mister Mingella. Der Zirkus hier hat jetzt ein Ende.« Er zog mehrere Visitenkarten aus der Westentasche seines Dreiteilers und warf sie auf den Tisch. »Larry Callahan von der Kanzlei Callahan, Dole & Janavadra. Wir vertreten Mister Mingella, und der steht für weitere Aussagen zunächst nicht zur Verfügung.«
»Es wäre durchaus in Mister Mingellas Interesse, mit uns zu kooperieren«, gab Malcolm Snyder zu bedenken.
Aber bei einem Anwalt wie Larry Callahan biss er da auf Granit. Ich hatte schon von ihm gehört. Die Kanzlei Callahan, Dole & Janavindra hatte in letzter Zeit eine auffallend große Zahl von Mandantschaften übernommen, die mit Drogenhandel und Geldwäsche in Zusammenhang standen. Zwischenzeitlich hatte es sogar Ermittlungen gegeben, ob die Kanzlei nicht selbst an Geldwäschegeschäften beteiligt war. Allerdings waren diese Ermittlungen schließlich ohne Ergebnis wieder eingestellt worden. Die Beweislage war wohl zu verworren – und der juristische Abwehrkampf von Larry Callahan und seinen Kollegen beinhart.
***
»Jerry, was fällt dir ein? Das ist ein Anfängerfehler!«, fuhr mich Malcolm Snyder an, nachdem wir allein waren. »Ich hätte das mit den Steinen noch erwähnt – aber sicher etwas geschickter, als du das getan hast!«
»Falls man dir dazu noch die Gelegenheit gelassen hätte, Malcolm«, gab Phil zu bedenken. »Der Anwalt war ja wohl eher einer für den kurzen Prozess – wenn du verstehst, was ich meine.«
»Darum geht es hier nicht«, schimpfte Malcolm.
»Im Prinzip muss ich ihm recht geben«, stellte sich Phil auf Malcolms Seite.
»Mingella wusste nichts von den Steinen«, war ich überzeugt. »Dem war wirklich nicht klar, wovon ich rede, davon bin ich hundertprozentig überzeugt.«
»Aber er war dort, Jerry! Du hast die Aufzeichnungen dieser Webcam doch gesehen.«
»Wir haben nur gesehen, wie er zur Tür ging«, stellte ich klar. »Vielleicht war er wütend, vielleicht gab es irgendetwas zu regeln zwischen den beiden – das wird er uns jetzt wahrscheinlich nie offenbaren, nachdem sein Anwalt ihn entsprechend geimpft hat. Aber es kann doch gut sein, dass Cruz zu diesem Zeitpunkt noch lebte. Vielleicht hat er ihm nicht geöffnet und Mingella hat mit der Faust gegen die Tür gehauen und sich dabei verletzt. Dann ist Mingella abgezogen.«
»Dann hätten wir in den Videoaufzeichnungen aber sehen müssen, wie jemand anders das Grundstück betrat, um ins Haus einzudringen«, erklärte Phil.
»Die Aufnahmen sind lückenhaft, Phil. Der Junge Cory hat mit seinen technischen Spielzeugen herumhantiert, wie es ihm Spaß gemacht hat, aber er konnte ja auch nicht ahnen, dass wir das Material mal brauchen, um einen Mord aufzuklären. Wir müssen den wahren Mörder keineswegs auf den Bildern gesehen haben.«
»Aber vielleicht enthalten die Webcam-Aufzeichnungen trotzdem noch Hinweise, die uns weiterbringen. Unsere Spezialisten sollen sich das Material noch mal genauestens ansehen«, meinte Malcolm. »Trotzdem – für mich ist vorerst George Mingella der Verdächtige Nummer eins in diesem Fall. Die Indizien weisen klar in seine Richtung, der Fall dürfte glatt durch die Grand Jury gehen und in ein Hauptverfahren münden. Und das könnte selbst dieser Calahan mit seinen juristischen Verfahrenstricks nicht verhindern.«
Etwas später trafen wir uns im Büro unseres Chefs. Inzwischen lagen die ersten Ergebnisse aus den Labors vor. Außer Phil und mir nahmen auch die meisten an dem Fall beteiligten Kollegen an der Besprechung teil. Außerdem hatten Walter Stone und unser Chefballistiker Dave Chesnut interessante Neuigkeiten zu berichten, und Mr High selbst trug uns die wesentlichen Punkte aus dem vorläufigen Obduktionsbericht vor, den Dr. Brent Heinz unserem Field Office inzwischen übermittelt hatte.
»Der Obduktionsbericht enthält keine Besonderheiten«, erklärte Mr High. »Todesursache waren die beiden Schüsse. Dr. Heinz geht davon aus, dass der Schuss in den Kopf zuerst abgegeben wurde und der Schuss in die Herzgegend erst danach. Cruz saß dabei offenbar im Sessel. Die Waffen wurden ihm anschließend in die Hände gegeben. Ebenso wie ihm die Steine erst ganz zum Schluss in den Mund gestopft wurden. Der Eindruck einer Inszenierung dürfte sich wohl mehr und mehr bestätigen.«
»Jemand, der Verrat an seiner Gang begangen hat, könnte so bestraft werden«, vermutete Steve.
»Oder es steckt ein sehr persönliches Motiv dahinter«, warf ich ein. »Es könnte aber auch eine Kombination aus beidem sein.«
»Ich habe noch etwas über die Bestrafungsrituale innerhalb von Drogengangs nachgeforscht«, berichtete Walter Stone. »Wir hatten vor zehn Jahren ein paar Verbrechen, die Ähnlichkeiten mit diesem Fall haben – in der South Bronx. In Verdacht stand damals eine Gang namens Alien Invaders, aber das konnte nie bewiesen werden.«
»Wieso kommt diese Parallele erst jetzt auf den Tisch?«, fragte Mr High stirnrunzelnd.
»Ganz einfach: Es handelte sich nicht um Mordfälle, sondern lediglich um Fälle von schwerer Körperverletzung. Den Betroffenen wurden auf ziemlich brutale Weise Steine in den Mund gestopft. Außerdem wurden sie furchtbar geschlagen, und manch einer hat daraufhin lange Zeit in der Klinik verbracht. Von den anschließend notwendigen zahnärztlichen Maßnahmen will ich gar nicht erst reden.« Walter, dessen Laptop vor ihm auf dem Tisch stand und mit einem Beamer verbunden war, deutete zur Wand. »Ich kann euch ein paar Fotos zeigen, bei denen sich jedem der Magen umdreht. Aber ich denke, wir können darauf verzichten, oder?«
»Stellen Sie eine Liste sämtlicher Personen zusammen, die damals verdächtig waren oder auch nur verdächtigt wurden, mit dieser Gang zusammenzuarbeiten«, verlangte Mr High. »Und außerdem will ich Namen, Adressen und alles, was wir sonst noch bekommen können von den Opfern.«
»Die haben schon damals geschwiegen. Ich nehme nicht an, dass sie diesmal redseliger sind«, erklärte Walter. »Ihre Angst war einfach zu groß.«
»Aber sie müssen die Täter doch erkannt haben«, war Mr High überzeugt.
Walter nickte. »Natürlich. Die wussten ganz genau, wer ihnen das angetan hat.«
»Und vermutlich kannten sie auch den jeweiligen Grund ihrer Bestrafung«, ergänzte Steve. »Aber es ist eben immer dasselbe: Die blanke Angst sorgt dafür, dass das Gesetz des Schweigens eingehalten wird.«
»Trotzdem – wer von den Betroffenen von damals noch in der Gegend wohnt, sollte befragt werden«, bestimmte Mr High.
Immerhin gab es aufgrund der ballistischen Untersuchungen inzwischen ein abschließendes Urteil. Dexter Cruz – bis dahin nur des Mordes an einem verdeckten Ermittler verdächtig – war durch die Arbeit unseres Chefballistikers Dave Chesnut quasi posthum überführt worden.
»Eine der Waffen, die bei Cruz gefunden wurde, ist definitiv die Tatwaffe gewesen«, berichtete er. »Daran gibt es keinen Zweifel mehr. Die am Tatort gefundene Automatik war die Waffe, mit der unser Kollege erschossen wurde. Was die Maschinenpistole vom Typ Uzi betrifft, so ist auch die bereits aktenkundig. Bei mehreren Schießereien in der South Bronx wurde sie verwendet. Die meisten dieser Vorfälle sind ungeklärt, aber ein Zusammenhang mit Streitigkeiten zwischen den rivalisierenden Drogengangs liegt nahe.«
In diesem Moment öffnete sich die Tür von Mr Highs Büro. Seine Sekretärin Helen trat ein. Aber anstatt ein Tablett mit dampfenden Kaffeebechern hereinzubringen, wie es mancher von uns sicherlich erhofft hatte, wandte sie sich an Mr High. »Sir, Dr. McFadden ist da.« Helen sprach in gedämpftem Tonfall – und das bedeutete, es ging um etwas wirklich Wichtiges.
»Soll sofort hereinkommen«, erwiderte Mr High etwas unwirscher, als es sonst seine Art war.
»Ja, Sir.«
»Schließlich warte ich ja schon eine Weile auf Dr. McFadden.«
»In Ordnung, Sir.«
Helen verschwand, schloss dabei sorgfältig die Tür hinter sich und kehrte Augenblicke später in Begleitung einer rotblonden Frau von Ende vierzig zurück.
Sie kam mir irgendwie bekannt vor, aber ich konnte sie im Moment nirgendwo einordnen. Als ich einen kurzen Blick mit Phil wechselte, sah ich bei ihm die gleiche Ratlosigkeit. Er zuckte nur mit den Schultern.
»Dies ist Dr. Francine McFadden«, erklärte Mr High. »Die meisten von Ihnen werden ihr noch nie begegnet sein, obwohl Sie alle wohl schon von ihrer Arbeit profitiert haben dürften. Sie ist Expertin für die Bestimmung und Zuordnung von Fingerabdrücken bei der Scientific Research Division und hat ein Verfahren zum Vergleich von Teilabdrücken entwickelt, das es möglich macht, auch aus fragmentarischen Spuren, die nach den geltenden forensischen Richtlinien bislang nicht zur eindeutigen, gerichtsfesten Identifikation von Personen ausreichen, Rückschlüsse zu ziehen, die für unsere Ermittlungen wertvoll sind.«
Dr. McFadden senkte leicht den Kopf. Jetzt fiel mir auch wieder ein, woher mir ihr Gesicht bekannt vorkam. Sie war mir mal begegnet, als Phil und ich uns in den Labors der SRD mit den dortigen Spezialisten ausgetauscht hatten. Allerdings hatte sich Dr. McFadden immer sehr im Hintergrund gehalten. Abgesehen von der Begrüßung war mir keine einzige Äußerung von ihr in Erinnerung. Dass sie im Hintergrund eine so herausgehobene Rolle spielte, war mir bis jetzt nicht bekannt gewesen.
»Es tut mir leid, dass ich etwas zu spät bin, aber der Weg von der Bronx zur Federal Plaza ist an manchen Tagen zeitlich einfach unberechenbar, wenn Sie verstehen, was ich meine«, begann Dr. McFadden, und hier und da war ein verständnisvolles Nicken zu sehen. Den alltäglichen Verkehrsinfarkt des Big Apple kannte schließlich jeder von uns zur Genüge.
»Ich will Sie auch nicht mit Einzelheiten meines Verfahrens langweilen, sondern möglichst zügig zu den Ergebnissen kommen«, fuhr sie anschließend fort. Sie holte einen Laptop aus ihrer Tasche und schloss einen Beamer an. Wenig später sahen wir ein Gewirr aus Linien an der Wand, bei dem es sich mutmaßlich um Vergrößerungen irgendwelcher Spuren handelte. Markierungen verwiesen darauf, dass gewisse Merkmale hervorgehoben und verglichen worden waren. Mit plötzlich sehr viel durchdringenderer Stimme fuhr McFadden dann fort:
»Auch wenn ich versprochen habe, Sie nicht mit Einzelheiten meiner Methode zu belästigen, müssen Sie doch genug darüber wissen, um zu verstehen, dass wir hier keine vollständigen Fingerabdrücke haben, sondern Fragmente, die keineswegs für eine sichere Identifizierung ausreichen. Das liegt teilweise an der Anzahl von Übereinstimmungen, die notwendig sind, damit zwei Abdrücke als übereinstimmend gelten. Und diese Anzahl ist im Grunde eine willkürliche Festlegung, die getroffen wurde, um Rechtssicherheit zu schaffen. Ich habe jetzt ein Programm entwickelt, das Übereinstimmungen von schlecht erhaltenen Fragmenten mit dem Datenbestand abgleicht. Dazu muss ich vorausschicken, dass die an den Plastikbeuteln mit Kokain gefundenen Spuren wirklich allesamt nicht gut zu untersuchen waren. Anscheinend achten Drogendealer inzwischen schon bei der Auswahl ihrer Verpackungen darauf, es der Justiz möglichst schwer zu machen.«
Dr. McFadden führte uns anhand einiger Beispiele vor, wie ihr Programm funktionierte, und vor allem wurde sie nicht müde, uns daran zu erinnern, dass die daraus resultierenden Übereinstimmungen eben nicht die vom Gesetz geforderte Eindeutigkeit aufwiesen.
Trotzdem waren die Resultate interessant.
Es gab eine Liste von fünf Personen, deren in unseren Datenbanken gespeicherten Fingerabdrücke auffällige Übereinstimmungen mit den Spurfragmenten aufwiesen. »Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass diese Personen die Beutel angefasst haben.«
»Aber ich verstehe Sie richtig: Wir können aufgrund dieser Erkenntnisse trotzdem keine Haftbefehle beantragen«, meinte Mr High stirnrunzelnd, während er seine Hände in den tiefen Taschen seiner Flanellhose vergrub.
»Das trifft leider zu«, nickte Dr. McFadden. »Andererseits reichen die von mir dargestellten Anhaltspunkte, um weitere Beweise beschaffen zu können – etwa bei Hausdurchsuchungen. Und dann müssen Sie nur noch die Puzzleteile zusammenfügen und die Staatsanwaltschaft daraus eine wasserdichte Anklage formulieren lassen.«
Alles lief darauf hinaus, dass wir jetzt jede Menge Namen hatten, die wir der Reihe nach durchgehen konnten. Da gab es also die Liste derer, die irgendwie mit den Bestrafungsritualen zu tun hatten, wie sie vor zehn Jahren kurzzeitig mal praktiziert worden waren, und die Liste von Personen, die Dexter Cruz immerhin geschäftlich so nahe gestanden hatten, dass sie sein Rauschgift anfassen durften.
Ich fragte, ob es da irgendeine Überschneidung gab. Leider war das nicht der Fall.
Aber das wäre wohl auch zu schön gewesen, um wahr zu sein.
***
Es war schon sehr spät, als Phil und ich das Bundesgebäude an der Federal Plaza verließen und in meinem Jaguar Richtung Upper Westside fuhren. Ein paar Stunden Schlaf würden uns immerhin noch bleiben.
Phil unterdrückte ein Gähnen.
Wir hatten gerade die Ecke erreicht, an der ich Phil immer absetzte, als uns ein Anruf erreichte.
»Um diese Zeit kann das nichts Gutes bedeuten«, meinte mein Partner.
Ich aktivierte die Freisprechanlage. Im Display des Smartphones sah ich, dass es Mr High war, der uns zu erreichen versuchte.
»Es gibt einen zweiten Mord, bei dem jemandem Steine in den Mund gestopft wurden«, berichtete uns unser Chef.
Die Tote war in ihrer Wohnung gefunden worden – zwei Blocks von der Ecke entfernt, an der ich Phil normalerweise abends absetzte und morgens abholte. Die Homicide Squad des zuständigen Reviers der City Police war schon bei der Arbeit – und natürlich begaben wir uns auch dorthin.
Die relativ große Anzahl von Einsatzfahrzeugen machte es unmöglich, in unmittelbarer Nähe des Wohnblocks zu parken, sodass wir ein Stück laufen mussten.
Das Opfer hieß Jarmila Mendoza, war fünfunddreißig Jahre alt und alleinstehend. Ihre Wohnung lag im achten Stock – ein winziges Ein-Zimmer-Apartment, an dessen Tür uns Lieutenant Rita McCauly von der zuständigen Homicide Squad erwartete. »Schön, dass Sie da sind.«
»Sie scheinen die aktuellen Ermittlungen und Fahndungsaufrufe des FBI ja intensiv zu verfolgen, wenn Sie gleich an uns gedacht haben«, sagte ich.
»Das mit den Steinen ist ja nun auch wirklich ungewöhnlich«, bekannte Rita McCauly. »So ungewöhnlich, dass die Parallelen nicht zu übersehen sind – selbst dann, wenn man sich mit den Einzelheiten Ihres Falles nur oberflächlich auskennt.«
Die Tatsache, dass Dexter Cruz der Mund mit Steinen gefüllt worden war, hatten wir zwar den Kollegen der City Police mitgeteilt und sie stand natürlich auch in unseren Fahndungsdossiers. Allerdings war es bisher vermieden worden, die Medien darüber zu informieren, um zumindest einen gewissen ermittlungstaktischen Vorteil zu behalten.
Dass so etwas mit der Zeit durchsickerte, wenn quasi sämtliche Polizeieinheiten des Landes vom NYPD bis zum letzten County Sheriff über das Datenverbundsystem NYSIS Zugang zu diesen Daten haben, lag auf der Hand. Aber das wurde hoffentlich noch etwas dauern. Und abgesehen davon waren wir auf die Unterstützung der Kollegen einfach angewiesen.
Die Tote saß in ihrer Couch – allerdings nicht ganz so aufrecht, wie es bei Dexter Cruz der Fall gewesen war. Der Kopf war etwas zurückgefallen, der Mund stand dadurch ein Stück offen. Einer der grauen Steine, die man ihr in den Mund gesteckt hatte, ragte ein Stück heraus. Spuren aus getrocknetem Blut zogen sich wie Spinnenbeine über ihr Gesicht. Der Ursprung war eine Schusswunde mitten auf der Stirn.
Und auch bei Jarmila McCauly gab es noch eine zweite Schusswunde in der Herzgegend.
»Ja, die Parallelen sind wirklich mehr als eindeutig«, stellte ich tonlos fest.
»Sieht nach der Inszenierung eines Racheplans aus«, äußerte sich Lieutenant Rita McCauly. Als ich sie ansah, zuckte sie wie beiläufig mit den Schultern. »Das ist mein spontaner Eindruck, Agent Cotton. Und der basiert immerhin auf einigen Jahren Berufserfahrung in der Homicide Squad. Ein bisschen lernt man da schon darüber, aus welchen Gründen ein Mensch einen anderen für gewöhnlich umbringt und wie sich das in den Einzelheiten widerspiegelt, die man am Tatort vorfindet.«
»Ich habe Ihnen nicht widersprochen«, gab ich zurück.
»Wir haben uns bereits in der Nachbarschaft umgehört. Seit drei Tagen hat niemand die Frau mehr gesehen. Sie kommt aus Puerto Rico, arbeitet als Raumpflegerin für einen Putzdienst. Eine Kollegin, die auch für diesen Dienst tätig ist, wohnt ebenfalls hier im Haus. Ihre Angaben stimmen, denn wir haben entsprechende Unterlagen in der Wohnung gefunden.«
»Drogen?«, fragte ich.
»Nein. Wir haben ihre Daten überprüft. Da scheint es überhaupt keine Flecken zu geben. Keine Straftaten, kein Verstoß gegen die Aufenthaltsgesetze, und selbst ihre Sozialversicherungsnummer ist in Ordnung.«
»Wir sollten mit dieser Arbeitskollegin mal sprechen«, schlug Phil vor. »Gibt es sonst noch jemanden, der mehr über sie weiß?«
Rita McCauly schüttelte den Kopf. »Nein, es scheint sich hier jeder in erster Linie um seinen eigenen Kram zu kümmern. Und Jarmila Mendozas Familie lebt in Puerto Rico. Sie hatte hier keine weiteren Angehörigen.«
Ich trat an die Leiche heran, nahm mein Smartphone hervor und verglich die Bilder von den Steinen, die man Dexter in den Mund gesteckt hatte, mit dem Stück, das aus Jarmila Mendozas Mund herausragte. »Ohne dass ich jetzt behaupten will, ein Experte dafür zu sein, aber das scheint dieselbe Sorte zu sein.«
»Wenn wir wüssten, woher diese Steine genau kommen, dann wären wir vielleicht auch dem Täter schon dichter auf der Spur«, glaubte Phil.
»Das muss doch herauszukriegen sein!«
***
Die Arbeitskollegin, die zusammen mit Jarmila Mendoza bei derselben Gebäudereinigungsfirma gearbeitet hatte, hieß Della Patterson und wohnte einen Stock tiefer. Sie war ebenfalls Mitte dreißig und hatte bis vor einem Jahr bei einer Investmentfirma gearbeitet. »Jetzt bin ich froh, mich mit dieser Putzerei über Wasser zu halten, nachdem man unsere Abteilung so zusammengestutzt hat, dass fast nichts davon übrig geblieben ist«, berichtete sie uns. »Leider sieht es in der Finanzbranche immer noch nicht besser aus.«
»Dann kennen Sie Jarmila Mendoza seit einem Jahr?«, fragte ich.
»Nein, ich kannte sie schon vorher. Allerdings nur flüchtig. Und auch wenn wir danach oft zusammen eingesetzt wurden, sind wir uns nie besonders vertraut gewesen. Sie hat ab und zu mal etwas über ihre Familie in Puerto Rico erzählt, aber das war es auch schon. Wissen Sie, zuletzt haben wir in den Majestic Apartments am Central Park West die Böden zum Glänzen gebracht. Kennen Sie das Gebäude?«
»Liegt in der Nähe von Strawberry Fields und in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Dakota Apartments«, gab ich zurück.
»Dann wissen Sie ja, was für ein Riesenklotz das Majestic ist. Unser Boss hat sehr viele zusätzliche Kräfte einstellen müssen, als er den Auftrag dort bekam. Darunter auch Jarmila.«
»Jarmila soll schon ein paar Tage nicht zur Arbeit gekommen sein.«
»Ja, stimmt.«
»Hat Sie das nicht gewundert?«
»Sicher. Aber Jarmila hatte noch einen zweiten Job.«
»Wissen Sie, als was? Und wo?«
»Tut mir leid, das weiß ich nicht. Aber sie hat mal erwähnt, dass sie vielleicht bald was Besseres in Aussicht hätte.« Die Zeugin zuckte mit den Schultern und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich habe mich schon gewundert, dass sie einfach nicht mehr aufgetaucht ist. Aber, mein Gott, ich konnte ja nicht wissen, dass ihr was passiert ist.«
»Nein, das konnten Sie nicht«, gab ich ihr recht.
Della Patterson sah mich an. »Ich mache mir trotzdem Vorwürfe«, bekannte sie. »Wenn ich …« Sie sprach nicht weiter, sondern schluckte nur angestrengt. Schließlich fuhr sie mit belegter Stimme fort: »Ich hätte nur etwas hartnäckiger sein müssen, dann wäre sie zumindest früher gefunden worden. Aber ich dachte, dass sie einfach keine Lust mehr auf den Job hatte.«
Ich zeigte ihr ein Bild von Dexter Cruz.
»Kennen Sie diesen Mann?«, fragte ich.
»Nein.«
»Sie haben gar nicht richtig hingeschaut. Sehen Sie ihn sich genau an. Haben Sie ihn vielleicht mal mit Jarmila zusammen gesehen? Oder hat Jarmila von ihm gesprochen? Sein Name war Dexter Cruz.«
Jetzt wurde sie etwas aufmerksamer. »War?«, echote sie.
Ich nickte. »Er ist auf dieselbe Weise umgebracht worden wie Ihre Arbeitskollegin Jarmila Mendoza. Man hat beiden Steine in den Mund gesteckt. Können Sie sich irgendeinen Reim darauf machen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Und diesen Mann habe ich wirklich nie zusammen mit Jarmila gesehen. Der Name, den Sie erwähnten, sagt mir übrigens auch nichts.«
»Und was ist mit dem hier?« Ich wischte über mein Smartphone, bis ich ein Bild parat hatte, das George Mingella zeigte. Diesmal sah Della wenigstens von Anfang an etwas aufmerksamer hin. Aber das bedeutete leider nicht, dass sie ihn wiedererkannte. »Der Typ sieht aus wie viele«, meinte sie. »Wurde der auch umgebracht?«
»Nein. Aber es sprach zeitweilig einiges dafür, dass er der Täter ist.«
Phil gab ihr seine Karte. »Falls Ihnen noch irgendetwas einfällt, sollten Sie sich bei uns melden«, schlug er vor.
»Das werde ich. Aber ich glaube, ich kann Ihnen da nicht viel Hoffnung machen.«
Das befürchtete ich auch. »Eine Frage noch«, sagte ich, als Phil schon bei der Tür war.
»Ja?«
»Haben Sie irgendwann in den letzten Tagen ein Geräusch gehört, das ein Schuss gewesen sein könnte?«
»Nein. Aber ich bin auch nicht viel zu Hause.«
»Danke, Ma’am.«
***
Wir wollten noch einige andere Leute in demselben Haus befragen. Falls jemand einen Schuss gehört hatte, half uns das vielleicht, die genaue Todeszeit zu ermitteln. Und falls nicht, hatte der Täter vielleicht einen Schalldämpfer benutzt. Auch das konnte ein wertvolles Detail sein.
Der Aufzug war außer Betrieb gesetzt worden. Die Kollegen der Spurensicherung nahmen ihn sich gerade vor, denn wenn der Mord in Jarmila Mendozas Apartment geschehen war, bestand eine große Wahrscheinlichkeit, dass der Täter den Lift benutzt und auch Spuren hinterlassen hatte.
Im Treppenhaus herrschte allerdings inzwischen ein ziemlich großes Gedränge. Eine Reihe von Hausbewohnern war aus ihren Wohnungen gekommen, um zu sehen, was eigentlich los war. Dr. Heinz wurde gerade von zwei resoluten Officers der City Police der Weg nach oben gebahnt. Wir wollten genau in die entgegengesetzte Richtung und hatten uns dafür offenbar den falschen Zeitpunkt ausgewählt.
Dr. Heinz ächzte. Der Gerichtsmediziner grüßte uns knapp.
»FBI, machen Sie Platz«, sagte Phil.
Ein älterer Mann redete auf Phil ein. Er hätte einen Schuss gehört, aber gedacht, dass es der Fernseher sei.
»Wann war das?«, fragte Phil.
»Ja, das könnte vorgestern gewesen sein. Oder doch der Tag davor.«
»Ach, war das nicht die Fehlzündung von dem alten Ford, der eigentlich auf den Schrott gehört?«, mischte sich ein jüngerer Mann ein. »Immer wenn Will damit zur Arbeit fährt, knallt es doch. Und du weißt, er hat in letzter Zeit häufig Nachtschicht.« Der Mann, ein Mittvierziger mit lichtem Haar, wandte sich ebenfalls an Phil. »Das ist Will Gordon aus dem zweiten Stock. Den sollten Sie vielleicht auch mal befragen. Allerdings ist der im Moment nicht da.«
»Ich nehme an, weil er Nachtschicht hat«, murmelte Phil.
»So ist es. Er arbeitet drüben im Bethesda Hospital als Pfleger und abgesehen davon hat er …«